Protocol of the Session on May 30, 2013

- Ich habe das ein bisschen aufgelockert, weil die Diskussion zur Bildungspolitik ein bisschen härter war. Ich glaube, beim Thema Bienen sind wir eher konsensfähig.

Nun zur Sache. Ein guter Bekannter von mir arbeitet in seiner Freizeit als Imker. Er besitzt im Südkreis unseres schönen Landkreises Helmstedt, der sonst vernachlässigt wird, mehrere Bienenvölker. Vom Bienensterben hat mir dieser gute Mann schon vor Jahren berichtet. Damals gab es übrigens noch keine offiziellen Untersuchungen. Trotzdem sagte er schon damals: Einer der Gründe für das Sterben meiner Tiere ist mit Sicherheit die Chemie auf den Feldern.

Zu den Fakten - der Kollege Scholing hat zum Teil schon darauf hingewiesen -: Die Bienenpopulation ist in Niedersachsen - wie in der ganzen Welt - dramatisch zurückgegangen. Der vorliegende Antrag beginnt mit der Feststellung, dass mehr als die Hälfte aller Bienenbestände in Deutschland gefährdet sind. Das Deutsche Bienen-Monitoring der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e. V. - kurz „DeBiMo“ genannt - hat festgestellt, dass 12 % der überwachten Völker in den letzten Jahren zugrunde gegangen sind. In der Schweiz ist sogar die Hälfte aller Bienen gestor

ben. Ähnliche Zahlen gibt es aus Frankreich, aus der gesamten EU, aus Nordamerika und aus Afrika.

Als Ursache für das Bienensterben gelten verschiedene Tatbestände. Der Antrag nennt als wichtigste Ursache die Intensivierung der Landwirtschaft in allen ihren Erscheinungsformen - wie Monokulturen oder Beseitigung blühpflanzenreicher Saumkulturen - sowie den exzessiven Einsatz von Pestiziden. In der Fachwelt werden noch weitere Ursachen diskutiert. Am meisten genannt wird die schädliche Varroa-Milbe. Aber auch weitere Faktoren - wie die Buckelfliege, gestörte Eiweißproduktion, Mangelernährung, Stress, Immunschwäche, transgene Pflanzen und sogar der Mobilfunk - sind Gegenstand ernsthafter Untersuchungen.

Inzwischen setzt sich die Meinung durch, dass es die eine Ursache für das Bienensterben nicht gibt. Vielmehr scheint die Kombination aller genannten Faktoren dazu zu führen, dass das Immunsystem der Bienen - und natürlich aller Insekten - Schaden nimmt. Ihre Resistenz gegen Parasiten, Krankheiten und widrige Umwelteinflüsse ist so stark geschwächt, dass zahllose Völker verschwinden. Zudem wird der Lebenszyklus der Bienenköniginnen durch hohe Stressfaktoren halbiert. Ich nenne hier nur den Bienentourismus, der z. B. in den USA zur Mandelblütenbestäubung ausgiebig praktiziert wird.

Dennoch gibt es inzwischen die Überzeugung, dass sich die Ursachen für das Bienensterben klar gewichten lassen. An erster Stelle stehen unbestritten die Pestizide. In von Bienen gesammelten Pollen werden bis zu 31 verschiedene Pestizide wahrgenommen. Neuere Forschungen beweisen, dass schon kleinste Mengen für die Bienen fatal sind. Besonders die Gruppe der Neonicotinoide gilt als hochgefährlich. Hier reichen schon winzige Mengen aus, um Bienen zu vergiften; sie verlieren ihren Orientierungssinn und finden nicht mehr nach Hause zurück - ein Todesurteil. Deshalb ist zu begrüßen, dass die EU - das haben wir auch bei unserer Brüssel-Reise gehört - ab Dezember drei weitere Pflanzenschutzmittel verbietet.

Unsere Bienen sind höchst gefährdet. Einige Forscher meinen - Herr Scholing hat es gesagt -: Wenn die Biene stirbt, stirbt bald auch der Mensch. Das mag übertrieben sein, aber das Problem ist auf jeden Fall ernst genug und man sollte es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir müssen hier gemeinsam gegensteuern. Schließlich sollen auch

unsere Enkelkinder noch das Summen der Bienen im Garten hören.

Die im Antrag genannten Maßnahmen sind weder übermäßig teuer noch besonders schwierig durchzuführen. Übrigens würden viele Pflanzen ohne die Bestäubungsleistung der Bienen keine Früchte tragen. Mehr als jede zweite Nutzpflanze braucht die Bestäubung. Insofern kann man sagen: Bienen verdienen Milliarden und sind ein ganz wesentlicher Wirtschaftsfaktor.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Rekultivierung der Seitenstreifen mit Blühpflanzen ist keine Herkulesaufgabe, sondern das Gebot der Stunde. Die Umsetzung können wir ohne großen finanziellen Aufwand erreichen. Dabei müssen wir unsere Kommunen als Eigner der Flächen unterstützen. Ebenso ist das weniger große Potenzial von Seitenräumen an Landstraßen und Gewässerrandstreifen für Blühpflanzen zu nutzen.

Nicht nur die Bienenschützer fordern ein Niedersachsen ohne Gentechnik. Bienen sterben womöglich übrigens, weil die Eiweißproduktion durch genveränderte Pflanzen gestört wird. Dann aber darf auch der Honig nicht mehr verkauft werden, weil er durch Gentechnik verseucht ist. Das nennt man eine ausweglose Situation. Meine Damen und Herren, nutzbringende Technologie sieht für mich anders aus.

Den letzten Punkt des Antrags, die Neugewichtung der EU-Fördermittel hin zur Ausweitung der Agrarumweltmaßnahmen, brauche ich nicht weiter zu erläutern. Als größtes Agrarland Deutschlands hat Niedersachsen den bundesweit geringsten Anteil der Agrarfördermittel dem Umweltschutz gewidmet. Das zeigt den Stellenwert, den die alte Landesregierung einer nachhaltigen Agrarwirtschaft eingeräumt hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist an der Zeit, Worten Taten folgen zu lassen. Bei all den Diskussionen, die wir hier führen, ist mein Eindruck, dass CDU und FDP angesichts der Dramatik in der Landwirtschaftspolitik schon lange hätten handeln müssen. Es zeigt sich immer mehr - und zwar nicht nur auf diesem Gebiet -, dass die alte Landesregierung viele Probleme nicht gelöst hat. Daher wandele ich jetzt auch einmal den Spruch von Herrn Thümler ab, der uns immer vorhält „Liegen

lassen. Später machen“, und sage: Ihr Motto war „Aussitzen. Andere machen lassen“. Denn jetzt müssen wir die Probleme lösen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, auch im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder sollten wir die in dem Antrag genannten Maßnahmen zügig umsetzen. Ich bitte um einen Wettbewerb der Ideen. Vielleicht fällt uns gemeinsam so viel ein, dass die Bienen endgültig gerettet werden. Verdient haben sie es aus vielerlei Gründen. Die Lage der Bienen ist wirklich sehr ernst.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Strümpel. - Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Heinrich Ehlen, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bienenschutz geht uns alle an. Da brauchen wir uns auch gar nicht gegenseitig zu misstrauen. Ich glaube sogar, wir sind uns alle einig, dass wir dafür sorgen müssen, dass es unseren Bienen letztendlich gut geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Apis mellifera, die Honigbiene, ist für uns eine Gabe, die wir gar nicht hoch genug einschätzen können. Meine Vorredner haben schon dargelegt, welchen Wert die Bestäubungsleistung unserer Bienen für die Menschen und die Dinge, die uns nutzen, hat.

Wir unterstützen den Vorschlag, hier stärker zu fördern. Die Frage ist allerdings - so ist das bei haushaltsrelevanten Sachen nun einmal -, an welcher anderen Stelle wir dann etwas wegnehmen. Dazu will ich ganz klar sagen: Mehr draufzulegen ist gut, aber ich würde mich dagegen verwahren, wenn darunter dann alle anderen auf der Ebene der Landwirtschaft leiden müssten. Ich meine, weil das etwas für die Allgemeinheit, für alle Bevölkerungsschichten ist, sollte etwas dazukommen und nicht irgendwo etwas weggenommen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sehe aber auch noch ein großes Problem. Das Blühstreifenprogramm, das wir seinerzeit in der

EU-Förderung gehabt haben, ist, wenn wir ganz ehrlich sind, ja nie so recht in Gang gekommen. Warum nicht? - Weil uns da ein Verwaltungsmonster aufgedrückt wurde. Wenn jetzt in der Förderung etwas Neues auf den Weg gebracht werden soll, möchte ich also davor warnen, wieder ein solches Verwaltungsmonster zu schaffen. Stattdessen sollten wir lieber die vielen kleinen Dinge, die sich insofern schon etabliert haben, unterstützen.

Ein Beispiel: Unser Landtagskollege Heiner Schönecke ist Biogasanlagenbetreiber und Landwirt mit Leib und Seele. Er schafft jedes Jahr freiwillig 1,5 ha blühende Wiese. Jedes Jahr, freiwillig!

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Wenn ich die einzelnen Landkreise unseres Landes Revue passieren lasse, dann sehe ich, dass es an vielen Stellen Programme gibt, in denen, organisiert über die Jägerschaften, am Rande oder inmitten großer Felder Blühstreifen angelegt werden. So etwas wird freiwillig gemacht. Das ist einfach umzusetzen, kostet nicht viel Geld und kann so gehandhabt werden, wie es den Landwirten als den Nutzern dieser Flächen am besten passt. In dem einem Jahr können sie hier etwas machen, in dem nächsten Jahr dort, ohne dass sie - Stichwort Verwaltungsmonster - einer völlig unangemessenen Kontrolle unterworfen wären.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Antwort auf die Frage, welche Dinge dazu führen werden, dass das Bienensterben eingeschränkt wird, dürfen wir es uns meines Erachtens aber nicht zu einfach machen. Herr Kollege Strümpel hat eben angedeutet, dass das ab Dezember geltende Verbot der Neonicotinoide ein solcher Grund ist.

Ich darf dazu aber Folgendes sagen: Hier geht es um eine Art, Saatgut zu inkrustieren. Um die Pflanze wird eine Hülle gelegt, die bei der Einsaat mit in den Boden kommt, um sie vor Insekten zu schützen. Das Problem ist nicht das Mittel an sich, sondern der Staub beim Ausbringen. Deshalb muss man sich auch fragen, ob wir nicht bei der Technik zur Ausbringung der Pflanzenschutzmittel etwas verändern können.

In Niedersachsen mussten wir im letzten Jahr ein Drittel der Bienenvölker beklagen, die den Winter nicht überlebt haben. Das hatte verschiedene Gründe. Auf der anderen Seite haben in der Schweiz, in der sehr wenig Pflanzenschutzmittel gebraucht werden, 50 % der Bienenvölker den

Winter nicht überlebt. Vor diesem Hintergrund müssen wir uns fragen, ob wir mit unserer Vermutung wirklich richtig liegen.

Ich gehe davon aus, dass sich durch die Herausnahme der Pflanzenschutzmittel hier einiges bewegen lässt. Aber wir müssen natürlich auch sehen, dass Pflanzenschutzmittel nicht aus Jux und Tollerei ausgebracht werden, sondern weil es darum geht, unsere Kulturpflanzen zu schützen. Deshalb muss man sich schon fragen, ob nicht auch andere Dinge eine Rolle spielen können.

Wir sind doch alle z. B. der Meinung, dass die Eichen geschützt werden müssen und wir von daher den Eichenprozessionsspinner bekämpfen müssen.

(Zustimmung bei der CDU)

Zu seiner Bekämpfung wird über die Wälder geflogen und aus der Luft das Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Dabei handelt es sich um ein Insektizid. Im weitesten Sinne hilft das auch gegen Menschen, wenn man es ein bisschen übertrieben darstellen will. Damit will ich sagen: Wir sind nicht nur bei solchen kleinen Dingen, die mit dem Saatgut zu tun haben, sondern auch bei vielen anderen Dingen gefordert, diese Aspekte zu beachten.

Ich glaube, dass wir in der Ausschussberatung dazu einiges einbringen können. - Ich habe übrigens immer den Kugelschreiber unserer Imker in der Tasche.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Heiner Ehlen. - Herr Schönecke, wenn man von einem ehemaligen Landwirtschaftsminister so gelobt wird, dann ist das nachher mindestens einen Kaffee wert.

(Heiterkeit)

Ich rufe als nächsten Redner Hermann Grupe, FDP-Fraktion, auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns einig, dem Bienenschutz gebührt oberste Priorität! Die Biene ist ein wertvolles Nutztier. Niemandem kann das Wohl der Biene mehr am Herzen liegen als uns Landwirten, die wir jeden Tag in der Natur arbeiten. Diese Aufgabe bestmöglich bewäl

tigt und gelöst zu bekommen, ist ein Gradmesser für eine naturverträgliche Landwirtschaft.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Von meinen Vorredner wurde schon darauf hingewiesen, dass sich der letzte Landtag am 16. Februar 2011 mit diesem Thema befasst hat, und zwar anhand eines Entschließungsantrags, der im Kern das „Zusammenwirken von Landwirten, Jägern, Imkern, Naturschützern, Landschaftspflegern, Behörden und Gemeinden im Sinne einer vielfältigen und artenreichen Kulturlandschaft zum Wohle der Bienen“ zum Ziele hatte.