Meine Damen und Herren, diese Feststellung wird als Wettbewerbsfaktor gegenüber den Westhäfen und den Häfen Norditaliens immer wichtiger. Die Nordhäfen können im Wettbewerb nur bestehen, wenn die Hafenhinterlandanbindungen trimodal ausgebaut werden. Das heißt, Straße, Schiene und Wasserstraße sind gleichermaßen wichtig und ergeben im Ganzen das Netz an notwendiger Infrastruktur. Und: Es ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und nicht nur die der betroffenen fünf Küstenländer.
Wir alle wissen, wie schwer es ist, derzeit Großprojekte - ob bei Straße, Wasserstraße oder Schiene - planerisch und baulich auf den Weg zu bringen. Stuttgart 21 ist ein Musterbeispiel dafür, wie man Betroffene nicht mitnimmt, wie man fachlichen Sachverstand der Bürgerinnen und Bürger zu wenig mit einbezieht und fehlende Akzeptanz nicht ernst nimmt, statt sie durch breite Beteiligung auszubauen.
Kritisch müssen wir zu Recht anmerken, dass die ursprüngliche Y-Trasse nach Beendigung des Raumordnungsverfahrens bei keinen wesentlichen Planungsschritten weiter vorangekommen ist. Das ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass auch die DB diesem Projekt in der Vergangenheit nicht die Priorität zugemessen hat, die ihm im Rahmen des Hafenhinterlandverkehrs eigentlich beizumessen war. Durch langes Liegenlassen hat sich das Konzept der alten Y-Trasse allerdings inzwischen überholt.
Das beabsichtigte Ziel, eine Schnellbahnstrecke für Personenbeförderung mit der Güterbahn zu verbinden, sprengte alle logistischen Erwartungen, allerdings auch alle finanziellen Bedarfe.
Meine Damen und Herren, ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen Schwarz-Gelb als Landesregierung von Rot-Grün zur Bereitstellung von Planungsmitteln für die Schiene hier im Landtag verpflichtet werden musste. Da gab es dreimal 5 Millionen, die wir im Haushalt gemeinsam bereitgestellt haben, allerdings auf Initiative der Opposition hin. Was aber haben Sie mit den Mitteln gemacht? - Allein die bereitgestellten Mittel wurden vom damaligen Wirtschaftsminister nie wirkungsvoll für die Weiterführung der Planung eingesetzt. Es wurde auch kein neuer Anlauf unternommen, um die Planung weiter voranzubringen. Im Gegenteil: Die gleichen Abgeordneten der damaligen Regierungsfraktionen beeilten sich, in den Kreista
gen den Ausbau der Bestandsstrecken als kurzfristig umsetzbare Alternative durch Resolutionen möglichst zu verhindern. Herr Schönecke, auch Sie waren in dieser Hinsicht einer der Aktiven.
Meine Damen und Herren, dazu gab es zeitlich und fachlich überholte Planungen einer Y-Trasse, die eigentlich in der Form niemand mehr wollte, mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft, Immissionen, die die Menschen nicht unerheblich belasteten und einem zweifelhaften Nutzen für das große Thema Verbesserung der Hafenhinterlandanbindungen.
Mit der Vorplanung, unter breitester Beteiligung, ist es nun gelungen, das Projekt wiederaufzunehmen. Es gibt ja einen vorläufigen Abschlussbericht dazu, der umfassend darstellt, wer sich an diesem Projekt beteiligt hat. Im normalen Planverfahren wären alle Beteiligten höchstwahrscheinlich nicht so engagiert dabei gewesen. Insofern haben sie schon im Bereich der Vorplanung ihren Beitrag geleistet. Das ist gut so. Das ist eine gute Voraussetzung, um jetzt mit der eigentlichen Planung zu beginnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Will. - Es folgt jetzt für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Jörg Bode. Bitte!
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Dialogforum Schiene Nord hat eine Trassenvariante vorgeschlagen, die auf die wahrscheinlich größtmögliche Akzeptanz im Norden Deutschlands trifft. Am Ende ist in diesem Dialogforum eine Lösung gefunden worden, bei der man am Anfang nicht davon ausgehen konnte, dass es gelingen kann, eine solche Mehrheit hinter ein Abschlussdokument zu bringen. Ich meine deshalb, dass wir an dieser Stelle den aus meiner Sicht wichtigsten Akteuren, nämlich Herrn Wyderka und Frau Dr. Eickmann, in diesem Prozess danken sollten. Beide haben unermüdlich daran gearbeitet, den Streit, den es im Forum gab, zu befrieden und zu einer Position zu gelangen. Herr Wyderka, wahrscheinlich ist es eine Art Lebenswerk, das Sie hier vollendet haben. Dafür herzlichen Dank!
Frau Menge, bei all dem Erfolg muss man aber in Bezug auf die Abläufe und Schritte auch ehrlich sein und darf man das heute nicht in einer Art Glorifizierung betrachten, sondern man muss sich auch den Problemen stellen. Immerhin ein Drittel der Beteiligten konnte dieses Schlussdokument nicht unterzeichnen und somit auch nicht akzeptieren. Der VCD, die Stadt Hamburg, die Stadt Lüneburg und auch Harburg und Schleswig-Holstein haben Argumente und Punkte als Sorge vorgetragen, die wir nicht außer Acht lassen dürfen, sondern im Auge behalten müssen.
Die FDP hat sich vor einigen Monaten ebenfalls für die Alpha-Variante ausgesprochen, allerdings nicht allein. Ich teile nämlich durchaus die Sorge, dass im Jahr 2030 die Kapazitäten auf der Schiene allein nicht mehr ausreichend sein werden, wenn die Güterströme weiterhin so anwachsen und nicht auch andere Maßnahmen - das ist im Wesentlichen der Elbe-Seitenkanal - greifen. Wenn wir in Scharnebeck nicht zu einem weiteren Hebewerk kommen und der Elbe-Seitenkanal keinen substanziellen Beitrag für den Abtransport von Containern aus Hamburg leisten kann, werden wir im Jahr 2025/2030 aller Wahrscheinlichkeit nach wieder über die Kapazitäten im Norden reden müssen. Deshalb ist unser Appell, nicht nur zu sagen: „Alpha - das war es!“, sondern weiterhin für den ElbeSeitenkanal und Scharnebeck zu kämpfen, weil aus unserer Sicht diese Trasse nur in dieser Kombination erfolgreich sein kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir sollten auch den Streit nicht vergessen. Frau Menge, es war in diesem Forum nicht so, dass alle zu jedem Zeitpunkt mit Respekt miteinander umgegangen sind. Ich erinnere mich daran, dass am Anfang der Landrat aus Uelzen das ganze Verfahren als „betreutes Lesen“ bezeichnet hat. Ich erinnere mich aber auch an eine jüngere Sitzung, in der der Umweltgutachter Feldt morgens seine Präsentation nicht halten konnte, weil er sie aufgrund einer - ich sage es jetzt einmal überspitzt - Terrorisierung durch E-Mails mit Beleidigungen und Unterstellungen, die ihn persönlich getroffen haben, abends nicht mehr aufbereiten konnte. Er hat gesagt, wenn das so weiterginge, würde er einfach abreisen und seinen Vortrag nicht halten und seine Untersuchungen nicht fortführen, weil er das sich und seiner Familie nicht antun wolle. Auch das hat es tatsächlich gegeben. Das ist Ausdruck der Ängste, Sorgen und manchmal auch der Unterstellungen, die man anderen dort zum Teil ent
gegengebracht hat. Es müssen für uns Lehren sein, dass auch so etwas dort passiert. Wir müssen Wege finden, dass man dem begegnen kann.
Die Lösung, die gefunden worden ist, ist aus unserer Sicht die richtige. Es ist die Lösung, die die verkehrliche Situation mit dem minimalsten Einfluss auf die Menschen an den entsprechenden Trassenlagen so schnell wie möglich verbessern wird. Die Bedingungen, die zum Lärmschutz etc. formuliert sind, sind richtig. Jetzt gilt es, hier weiter voranzukommen.
Zu den Auswirkungen des Forums und unseren weiteren Vorstellungen werde ich in meinem zweiten Beitrag zu sprechen kommen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Es folgt jetzt für die Landesregierung Herr Verkehrsminister Olaf Lies. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf vorweg sagen: Ich glaube, dass Niedersachsen mit diesem Vorgehen, dem Forum, gezeigt hat, wie gute Beteiligung aussieht. Ich bin mir sicher, dass wir dieses Niedersachsen-Modell an anderer Stelle in Deutschland wiederfinden werden,
und zwar im Unterschied zu dem, was wir auch schon erlebt haben. Das Thema „Stuttgart 21“ hat natürlich auch die Diskussion und den Umgang im Forum geprägt. Deshalb gestatten Sie einen Rückblick: Wo standen wir am Anfang? - Jahrzehntelange Diskussion um eine eventuelle Y-Trasse, die von Beginn an - immer noch - eine andere Zielsetzung verfolgte als den Gedanken, den wir hatten. Die Zielsetzung war eine Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Hamburg, Bremen und Hannover, die wenige Minuten Fahrzeit sparen sollte. Wer sich die Pläne angesehen hat, hat erkannt, dass dort gigantische Überwerfungsbauwerke gebaut werden sollten, die einen riesigen Eingriff in Umwelt und Natur bedeuten würden für etwas, was am Ende nur wenige Minuten Fahrzeit sparen und gar nicht dem Ziel entsprechen würde, das wir verfolgt haben. Wir wollen
nämlich mehr Güter auf die Schiene bringen. Wir brauchen eine Ausweitung der Güterinfrastruktur, um dem wachsenden Güterverkehrsaufkommen gerecht zu werden. Das ist die Zielsetzung, die wir hatten.
Wir standen vor der Situation, dass es nicht einfach war, dieses Ziel zu erreichen. Das SanktFlorians-Prinzip macht sich überall bemerkbar. Jeder ist für Infrastruktur. Jeder ist für die wirtschaftliche Entwicklung. Nur bei sich im Garten soll das möglichst nicht stattfinden. Angesichts der Vielfalt der Varianten, die am Ende herausgekommen sind, kann man sich vorstellen, dass es eine ganze Reihe von Betroffenheiten gegeben hat, die dabei eine Rolle gespielt haben.
Es wäre einfach gewesen, wenn wir uns als Land entschieden hätten, mit dem Finger auf Bund und Bahn zu zeigen. Denn das, was sie seit Jahrzehnten nicht geschafft haben, hätten sie auch jetzt nicht geschafft. Insofern wären wir fein aus der Verantwortung gewesen: Wir sind nicht zuständig - lasst die anderen machen!
Ich glaube, dass es richtig war, in Niedersachsen einen anderen Weg zu gehen. Wir haben uns die Verantwortung genommen und haben gesagt, dass wir dafür sorgen wollen, dass am Ende eine Lösung gefunden wird, ohne dass wir zu dem Zeitpunkt wussten, ob es uns gelingen würde. Ich meine, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben, und finde, dass wir mit diesem Ergebnis am Ende zu Recht belohnt werden.
Dazu gehört natürlich auch die am Anfang erzielte Verständigung. Gerade das Gespräch mit Herrn Dobrindt und Herrn Dr. Grube, das wir geführt haben, bevor wir in die Detailphase eingestiegen sind, hat gezeigt, dass es bei Bund und Bahn verlässliche Partner gibt. Denn nichts ist schlimmer, als sich auf einen Prozess einzulassen und am Ende von Bahn und Bund zu erfahren, dass das Ergebnis nicht umgesetzt wird. Das hat funktioniert. Darüber bin ich sehr froh.
Wir waren uns im Forum einig, dass es nicht um die Frage geht, ob wir mehr Trassenkapazität für Güterverkehre brauchen. Es wäre die einfachste Diskussion gewesen, sich auf diesen Aspekt zu beschränken. Dann hätte sich das Forum mit der Frage beschäftigt, ob wir das überhaupt brauchen, und am Ende hätte man festgestellt, dass man es nicht braucht, und man hätte deswegen gar nicht
ausgebaut. Aber genau das war nicht das Ergebnis. Das Ergebnis war vielmehr, dass wir mit Zahlen für breite Akzeptanz und Klarheit gesorgt haben, dass der Ausbau von Güterinfrastruktur notwendig ist. Nicht das Ob, sondern das Wie hat im Mittelpunkt der Diskussion gestanden. Ich meine, dass das wichtig und ein klares Signal war.
Es wurde auch die Zusammensetzung des Forums diskutiert: Wer macht mit? Wie sind wir dazu gekommen? - Wir haben intensiv diskutiert. Der erste Schritt der Diskussion war die Erkenntnis: Das können wir schlecht selber moderieren. Das wird schwierig, weil wir als Land auch Beteiligter sind. - Also haben wir entschieden, die Moderation einem Dritten, einem Externen, einem Moderator zu überlassen. Der zweite Schritt war die Frage, wie wir ein solches Forum zusammensetzen. - Die Aufteilung war wie folgt: Ein Teil bestand aus einem starken Feld der kommunalen Vertreter - Landkreise, betroffene Kommunen -, die für sich selber entschieden haben, wer teilnahm.
Ein großer Teil bestand aus Bürgerinnen und Bürgern - was im Übrigen auch aufseiten der kommunalen Seite immer der Fall war - und aus Bürgerinitiativen. Der dritte Teil setzte sich zusammen aus Verbänden der Wirtschaft, Umweltverbänden und Vertretern von Bund und Land sowie der Bahn, und zwar in sehr geringer Form. Wir haben uns extrem zurückgehalten, um das Feld für die anderen zu öffnen. 80 waren einmal angedacht, am Ende waren es 94. Man kann sich vorstellen, dass es nicht leicht ist, 94 Leute in einen Diskussionsprozess zu bringen. Ich meine, dass es ein großer Erfolg ist, dass das überhaupt auf diese sehr sachliche Art und Weise gelungen ist.
Wie hat das Forum gearbeitet? - Dem gilt mein Hauptdank an dieser Stelle. Das war eine hervorragende, intensive und mit unheimlich viel Zeit verbundene Arbeit aller Forumsteilnehmer, egal ob sie hauptamtlich, in kommunaler Verantwortung waren oder in Verbänden organisiert oder ehrenamtlich tätig waren. Es ist der Erfolg der Teilnehmer dieses Forums, die sich mit hohem Engagement eingebracht haben.
nen und Mitarbeitern Frau Begemann, Frau Dr. Eickmann und Herrn Wyderka dafür danken, dass sie diesen Prozess mit der notwendigen Zurückhaltung, aber auch mit einem großen Engagement begleitet haben, und das in einer Art und Weise, dass wohl nie jemand das Gefühl hatte, dass hier etwas vorgegeben werden sollte. Wenn dieses Gefühl aufgekommen wäre, wäre das Vorhaben wohl gescheitert.
Ich möchte aber auch dem Moderator danken, der durchaus kritisch betrachtet wurde, auch in der Abschlussveranstaltung. Die Aufgabe, nicht vorzugeben, wohin es geht, und auch den Weg nicht von vornherein zu wissen und trotzdem in der Lage zu sein, den Prozess so zu moderieren, dass am Ende eine solche Entscheidung zustande kommt, ist auch ein Erfolg des Moderators. Er hat das hervorragend gemacht. Auch ihm gilt großer Dank für seine Arbeit.
Jetzt haben wir eine Trasse. Das ist deutlich mehr als das, was wir erwartet haben. Das Ziel war einmal, Kriterien zu entwickeln, zu reduzieren. Dass es gelungen ist, eine Trasse anzumelden, ist richtig. Damit geht es jetzt weiter. Ich werde gleich darauf eingehen. Der Lärmschutz wird die Frage sein, auch die Beseitigung von höhengleichen Bahnübergängen. Ich habe auch den Bürgermeistern gegenüber gesagt, unseren Anteil aus Entflechtungsmitteln bereitzustellen, die kommunalen Mittel durch Landesmittel entsprechend aufzufangen. Das werden die Aufgaben sein. Aber mit Sicherheit gehört auch ein Gesamtkonzept dazu, nämlich zur Verkehrsinfrastruktur im Norden.
Ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Modell eine Menge erreicht haben. Wir haben gezeigt, wie sich die Infrastruktur künftig entwickeln kann - ein „Meilenstein“, ein „Glanzstück“, wie es die Presse formuliert hat. Ich glaube, dass wir in Niedersachsen, auch als Beispiel für den Bund, weiterhin zeigen sollten, wie gute Bürgerbeteiligung in unserem Land aussehen kann.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, wie vereinbart, gehen wir jetzt zu Punkt 2 d der Aktuellen Stunde über:
d) Dialogforum Schiene Nord beendet planerischen Stillstand neue Perspektiven für den Hafenhinterlandverkehr - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 17/4554
Hierzu hat sich der Kollege Gerd-Ludwig Will zu Wort gemeldet. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.