Protocol of the Session on May 29, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, nach Ihren Äußerungen bei der Einbringung des Antrags im März habe ich fest damit gerechnet, dass wir heute gemeinsam mit Ihnen diesen Antrag verabschieden oder vielleicht auch einen gemeinsamen Antrag schreiben werden. Aber dann kam Ihr Änderungsvorschlag und mit ihm - zumindest bei mir - eine ganze Menge an Erstaunen und Irritation.

Den ländlichen Raum zu loben, mag Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, so wichtig sein, dass sich das jetzt in jedem ihrer Papiere wiederfindet. Aber was soll das? Ist das jetzt ein neuer Glaubenssatz, eine Beschwörungsformel oder die Fahne, die Sie hissen, damit Sie einen Grund haben, einem Antrag von uns nicht zustimmen zu müssen? - Genau so kommt mir das jetzt vor.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, ich bin sicher, dass in Ihren Reihen viele sind, die unserem Antrag gerne zustimmen würden.

(Jens Nacke [CDU]: Vielleicht tun sie das sogar!)

- Das wäre großartig. Dann könnten wir die Diskussion vielleicht viel kürzer halten. Verraten Sie dann aber vorher, was Sie machen.

Ihr Verhalten mag zum politischen Rollenspiel gehören. Das kann man auch erst einmal noch akzeptieren. Bei dem vorliegenden Antrag aber wäre es wirklich schade, wenn Sie so verfahren

würden. Enthaltung ist keine Haltung, und gerade in diesem Fall brauchen wir eine sehr klare Haltung. Wir brauchen das deutliche Zeichen eines mit großer Mehrheit unterstützten Antrages als richtige Botschaft gegenüber der EU. Dies ist wirklich nicht der Moment für Parteipolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Liebe Kollegen von der CDU, haben Sie vergessen, dass in sehr vielen Kreistagen Resolutionen gegen die Einbeziehung des Trinkwassers in die Konzessionsrichtlinie gefasst worden sind? Es waren Ihre Kollegen vor Ort, die diese Resolutionen mit verfasst bzw. mit unterschrieben haben. Wollen Sie denen in den Rücken fallen, indem Sie sich hier und jetzt enthalten? - Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zum Schluss noch ein Appell an die Reihen der CDU. Wenn Sie noch zu Ihrem Parteitagsbeschluss von Hannover stehen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. Wenn Sie Frau Merkel, die eine Trinkwasserprivatisierung ablehnt, unterstützen wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. Wen Sie so souverän sein wollen wie Ihre Parteikollegen aus Nordrhein-Westfalen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu.

Nutzen Sie die nächsten Minuten, um in sich zu gehen und um die Zustimmung, die Herr Nacke eben so ganz leicht angedeutet hat, vielleicht doch noch hinzubekommen. Wir haben hier einen guten, wichtigen und mehrheitsfähigen Antrag vorgelegt. Dem sollten Sie alle zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Rakow. - Für die FDPFraktion erteile ich dem Kollegen Dr. Hocker das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die geschätzte Kollegin Rakow hat ihre Rede eben mit den Worten begonnen: „Wasser ist kein gewöhnliches Gut und die Wasserversorgung kein gewöhnliches Geschäft. Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht, das man Renditeinteressen entziehen müsste.“

Ich weiß nicht, ob es eine glückliche Fügung ist, dass wir gleich, in etwa eineinhalb Stunden, unter Tagesordnungspunkt 13 einen Antrag diskutieren werden, mit dem genau festgelegt werden soll, zu welchem Preis und zu welchen Konditionen das Land Niedersachsen eigene Grundwasservorräte nach Hamburg - an die Stadt bzw. die Hamburger Wasserwerke - verkaufen soll.

Der Widerspruch zwischen diesen beiden Anträgen ist für mich ganz offensichtlich. Wenn man tatsächlich nicht mit Wasser handeln dürfte, wenn Renditeinteressen tatsächlich keine Rolle spielen dürften, dann wäre es auch nicht hinzunehmen, dass das Land Niedersachsen ein Verwaltungsabkommen mit der Stadt Hamburg abschließt, das den Verkauf von Grundwasser aus der Nordheide regelt. Ich bin gespannt, wie die Redner nach mir diesen Widerspruch auflösen werden.

Das Hamburger Abendblatt schreibt am 11. November 2011: „Hamburg soll mehr Geld für Wasser aus der Heide bezahlen.“ - In dem Antrag, den wir gleich beraten, ist z. B. formuliert, dass wertvolles Wasser aus der Nordheide mit hohem Gewinn für die Hamburger Wasserwerke verkauft wird.

Beide Formulierungen zeigen eines, nämlich dass mit Wasser an allen Ecken und Enden Handel getrieben wird. Das tut das Land Niedersachsen, und das tut auch die Freie und Hansestadt Hamburg. Ich zitiere aus dem Geschäftsbericht der Hamburger Wasserwerke von 2012: „Die Hamburger Wasserwerke haben trotz schwieriger Randbedingungen den geplanten Jahresüberschuss von rund 30 Millionen Euro erreichen können.“

Überall, in Niedersachsen, in Hamburg, in ganz Deutschland und in der Welt, wird mit Wasser gehandelt. Anzunehmen, dass sich Wasser den Rahmenbedingungen, die für andere Grundnahrungsmittel wie Mehl, Butter, Gemüse oder Obst gelten, entziehen würde, ist nicht nur vollständig der Welt entrückt, sondern auch naiv.

Wer Wasser fördert, reinigt oder aufbereitet, muss dafür Geld investieren, und wer Geld investiert, möchte das investierte Geld wieder zurückbekommen, und das zusätzlich zu einer Rendite. Das gilt übrigens völlig unabhängig davon, ob er privatrechtlich firmiert oder ob es sich um ein öffentlichrechtliches Unternehmen handelt. Das Ganze ist auch nicht nur legitim, sondern die Voraussetzung dafür, dass überhaupt Wasser gefördert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Jetzt noch ein Wort in eigener Sache in Richtung der Partei, die gerade ihren 150. Geburtstag gefeiert hat:

(Johanne Modder [SPD]: Das ist die SPD!)

an die SPD. - Das weiß ich, liebe Frau Modder; vielen Dank für den Hinweis.

In der zweiten Zeile Ihres Antrages ist formuliert, dass der Zugang zu Wasser ein Menschenrecht ist. Liebe Frau Modder, liebe Frau Rakow, ich finde, „Menschenrecht“ ist ein großes Wort. Da sollten Sie verbal ein bisschen abrüsten. In einer Zeit, in der der Ehrenvorsitzende der SPD, der Altkanzler Helmut Schmidt, in einer öffentlich-rechtlichen Fernsehsendung den Kampf von amnesty international für Menschenrechte als - Zitat - „übertrieben“ bezeichnet und behauptet, dass - ich zitiere weiter - „Menschenrechte nur ein Erzeugnis der westlichen Kultur seien, das sich nicht missionarisch auf die ganze Welt übertragen lasse“

(Zuruf von Petra Tiemann [SPD])

- das ist ein Zitat gewesen, verehrte Frau Kollegin - in einer Zeit, in der auch auf von der SPD geduldeten Internetseiten der Bundesvorsitzende meiner Partei wegen seines Äußeren beschimpft und erniedrigt wird, in einer Zeit, in der der JusoVorsitzende von Hannover seine Badewanne gerne mit dem Blut der FDP füllen möchte, würde ich an Ihrer Stelle das Wort Menschenrechte nicht zu inflationär benutzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Peinlich!)

Zu einer Kurzintervention hat sich aus der SPDFraktion die Kollegin Rakow gemeldet. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich will zwischendurch gar keine große Diskussion anfangen, sondern Herrn Hocker nur gerne darüber aufklären, dass es die Vereinten Nationen waren, die Wasser zum Menschenrecht erklärt haben. Das war keine Idee von mir, keine Idee von der SPD, sondern schlicht und ergreifend eine Aussage auf größerer Basis.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Hocker? - Sie verzichten auf eine Erwiderung. Dann hat im Rahmen der Aussprache für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Volker Bajus das Wort. Herr Kollege, bitte schön!

Manche sind ja klüger als die UNO.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausreichend sauberes Wasser ist ein Menschenrecht. Das wiederhole ich hier gerne noch einmal, auch wenn die FDP es nicht wahrhaben will. Bei uns, wo frisches Wasser in erstklassiger Qualität zu jeder Tages- und Nachtzeit in scheinbar beliebiger Menge aus dem Hahn kommt, scheint das selbstverständlich zu sein. Doch die Bilder aus den Dürreregionen, wo Wasser Mangelware ist, wo Menschen - meistens sind es Frauen - kilometerweit laufen müssen, um ein bisschen Wasser für ihre Familien nach Hause zu tragen, sind uns allen präsent.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Trinkwasser ist deswegen völlig zu Recht ein sensibles Thema, das eine besondere öffentliche Aufmerksamkeit hat. Über 1,5 Millionen Menschen haben inzwischen die europäische Bürgerinitiative mitgetragen und unterschreiben gegen die geplante Liberalisierung der Wasserversorgung. In acht EU-Staaten wurde inzwischen das notwendige Quorum erreicht - einmalig bisher. Es ist die Sorge um das Trinkwasser, um das wichtigste Lebensmittel überhaupt. Deswegen ist es ein Menschenrecht, das diese Bürgerinnen antreibt. Sie genauso wie wir wollen nicht, dass ihre Wasserversorgung den Profitinteressen multinationaler Konzerne untergeordnet wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es haben uns in den vergangenen Wochen jede Menge Resolutionen der kommunalen Ebene erreicht, die sich vehement dafür einsetzen, dass die Wasserversorgung in kommunaler Hand bleibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Johanne Modder [SPD]: Ja!)

Ich bin ja noch nicht so lange dabei wie z. B. Herr Hocker. Aber lang gediente Kollegen hier im Hause sagen mir, eine so breite und so eindeutige Positionierung zu einem Thema sei schon selten.

Lüchow-Dannenberg, Oldenburg, Hannover, Celle, Bad Harzburg, Osnabrück, Bothel, Jühnde, Ostrhauderfehn, die Wasserverbände Peine, OOWV usw. Ich habe gar nicht so viel Redezeit, alle aufzuzählen. Sie alle sagen: Finger weg von der Wasserversorgung!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Eigentlich könnte damit alles klar sein. Eigentlich; denn ohne die deutsche Zustimmung im EU-Ministerrat wird es keine Wasserprivatisierung geben. Doch das Problem hat einen Namen. Dieser Name ist Fipsi, wie der Bundeswirtschaftsminister laut Spiegel bei der FDP gerufen wird. Philipp „Fipsi“ Rösler

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist un- möglich!)

ist fest entschlossen, die Wasserversorgung zu privatisieren - so, wie sich das für einen ordentlichen Neoliberalen gehört.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Frau Präsi- dentin, das ist - - - !)

Und was macht Mutti? - Entschuldigung! Was macht die Bundeskanzlerin? - Nichts, sie schweigt.

(Zurufe bei der CDU: Jetzt reicht es aber! Was soll denn das? Unterir- disch!)