Protocol of the Session on May 29, 2013

Da haben wir das Problem, dass wir uns scheinbar um eine kleine Minderheit kümmern, wie Sie es so schön gesagt, liebe Kollegen von der SPD.

Herr Kollege Bode, bitte schließen Sie den Satz jetzt ab! Ihre eineinhalb Minuten Redezeit sind abgelaufen.

Wir kümmern uns nämlich um Ihren Kollegen Schminke, der das elementar gefordert hat und die Forderung eben sogar wieder aufgestellt hat.

Herr Kollege Schremmer, Sie haben die Möglichkeit zur Erwiderung. - Sie verzichten darauf.

Dann hat jetzt für die Landesregierung der Herr Innenminister Pistorius das Wort. Bitte schön, Herr Minister!

(Jens Nacke [CDU]: Der Bereich So- ziales ist doch zuständig!)

Die Landesregierung ist zuständig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zulässigkeit des Betriebes von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen wird seit Jahren thematisiert, nicht nur hier, aber auch gerne hier. Sie war Gegenstand von Landtagseingaben, Kleinen Anfragen und Schreiben an die jeweiligen Landesregierungen. Initiatoren waren allerdings meistens die Betreiber dieser Anlagen.

In der Vergangenheit wurden insbesondere entsprechende Landtagseingaben einstimmig damit beschieden, dass der Landtag keinen Anlass zu einer entsprechenden Gesetzesinitiative gesehen hat. Ich schicke vorweg: Die Landesregierung hält an dieser Auffassung fest.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung betrachtet den Schutz des Sonntags als einen ganz wichtigen Grundsatz des gesellschaftlichen Lebens, und zwar unabhängig davon, ob er religiös motiviert ist und der Kirchgang notwendig oder gewünscht ist. Es geht vielmehr um viele Fragen, die unser tägliches Leben heute beeinflussen.

Wir reden über eine dramatische Steigerung der Anzahl von Burn-out-Erkrankungen in vielen Berufsfeldern. Wir reden von mangelnden Ruhephasen. Wir reden von einer ständigen Reizüberflutung in vielen Lebensbereichen. Deswegen ist die Sonntagsruhe, dieser eine Tag der Ruhe in der Woche, ein wichtiges Element. Von daher müssen wir auf diesen Sonntag achtgeben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn wir stellen fest: Die Sonntagsruhe ist heute schon in vielen Bereichen durchbrochen. Bei jeder wirtschaftlichen Betätigung, die zugelassen wird, muss doch beachtet werden, dass davon eben nicht nur diejenigen profitieren, die in ihrer Freizeit shoppen oder ihr Auto waschen wollen, sondern dass sie auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trifft, die an einem Sonntag vielleicht auch

lieber ihre Freizeit genießen wollen, in die Kirche gehen wollen, oder Nachbarn, die schlicht und ergreifend ihre Ruhe haben wollen.

(Gabriela König [FDP]: Geht es nicht auch um Studentinnen und Studen- ten, die etwas hinzuverdienen wol- len?)

Die Zulassung des Betriebs von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen würde zwar - das räume ich freimütig ein - nicht die verfassungsmäßig geschützte Institution des Sonntagsschutzes grundsätzlich infrage stellen.

(Zurufe von der FDP)

Meine Damen und Herren, andere Länder - Frau König hat es ausgeführt - haben Regelungen erlassen, die einen Betrieb ermöglichen. Ich widerspreche Ihnen jedoch auch an diesem Punkt, Frau König. Zu diesem Punkt haben Sie vorhin davon gesprochen, in Hamburg könne man sonntags sein Auto waschen, 7 km weiter aber nicht mehr, und in diesem Kontext haben Sie von Willkür gesprochen. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass das nach meiner Auffassung kein Ausdruck von Willkür ist, sondern Ausdruck des gewollten deutschen Föderalismus, liebe Frau König.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Hamburg macht das besser!)

Es ist richtig: Die feiertagsrechtliche Welt geht nicht unter, aber es geht um den Grundsatz, dass wir nicht Stein für Stein dieser Sonntagsruhe preisgeben dürfen. Denn mit jeder weiteren Aufweichung etablierter Regelungen nähern wir uns irgendwann dem Kernbereich, der dann wirklich berührt wäre.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung - lassen Sie mich das abschließend sagen - sieht deshalb keine Notwendigkeit einer Lockerung des Gesetzes für eine Tätigkeit, die - das werden Sie mir zugestehen - ohne Schwierigkeiten auch an einem Werktag durchgeführt werden kann. Das können Sie jede Woche und zumindest am Samstag in allen Städten Deutschlands aufmerksam beobachten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Antrag auf Mitberatung durch den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist zurückgezogen worden. Es bleibt also dem federführenden Ausschuss überlassen, den Wirtschaftsausschuss mit zu beteiligen.

Damit stimmen wir jetzt über folgende Ausschussüberweisung ab: federführend an den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration, mitberatend an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das war die deutliche Mehrheit. Damit ist die Ausschussüberweisung so beschlossen worden.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 9: Abschließende Beratung: Privatisierung verhindern - Wasserversorgung muss Teil der kommunalen Daseinsvorsorge bleiben - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/26 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/126 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/206

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU zielt auf eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung ab.

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst der Kollegin Sigrid Rakow für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wasser ist kein gewöhnliches Gut und die Wasserversorgung kein gewöhnliches Geschäft. Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht“. - So steht es in unserem Entschließungsantrag.

Wir alle hier haben auch ein sehr persönliches Verhältnis zum Wasser. Jeder von uns besteht zu 70 % aus Wasser, und die restlichen 30 % sind

dazu da, uns in Form und Funktion zu bringen. Das funktioniert umso besser, je sauberer das Trinkwasser ist, das wir bekommen. Ohne Wasser jedenfalls kann der Körper nicht funktionieren. - So viel zur Bedeutung des Trinkwassers und seiner notwendigen Qualität.

Unsere niedersächsischen Wasserversorger liefern uns die benötigten Mengen in hervorragender Qualität zu vernünftigen Preisen. Das ist gut so, und wir wollen, dass es auch genau so bleibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Was wir nicht wollen, meine Damen und Herren, ist eine Regelung durch die EU, die uns unter dem Titel „Dienstleistungskonzessionsrichtlinie“ in zahlreichen Fällen zwingen würde, unsere bewährten kommunalen Strukturen der Trinkwasserversorgung aufzugeben. Wir wollen keine Regelung, die in bestimmten Konstellationen der Privatisierung Vorschub leistet. Christian Ude, der Präsident des Deutschen Städtetags, warnt:

„Privatisierung ist nur am ersten Tag schön, danach ist man ausgeliefert. Private müssen im nächsten Quartalsbericht Renditen ausweisen, Aktionäre, Analysten und Ratingagenturen zufriedenstellen.“

Und genau darum, meine Damen und Herren, gehört die Wasserversorgung nicht in private Hand!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir brauchen keine Regelung durch die EU, die zahlreiche Wasserversorger möglicherweise zu einer europaweiten Trinkwasserausschreibung verpflichtet. Dagegen wehren wir uns. Die Wasserversorgung soll aus der Konzessionsrichtlinie herausgenommen werden. Das ist unser Ziel - Ziel der SPD, der Grünen, der Koalition, der Landesregierung. Die Landesregierung hat sich auch im Bundesrat schon entsprechend verhalten.

Bei der Diskussion über die Trinkwasserrahmenrichtlinie versuche ich immer noch, eine kleine Lanze für Herrn Barnier, den zuständigen Kommissar, zu brechen, der als Franzose viel Erfahrung mit privaten Anbietern hat und der diese Dienstleistungskonzessionsrichtlinie verantwortet. Er kannte, als er die Richtlinie verfasste, die deutschen Verhältnisse nicht. Das gab er in einem Interview bekannt. Er hatte eher Länder im Auge,

in denen Korruption oder vielleicht Intransparenz an der Tagesordnung sind.

Das Problem ist wahrscheinlich, dass es gar nicht so einfach ist, eine Richtlinie zu formulieren, die für alle Länder der EU gleichermaßen zutreffend ist. Ich vergleiche das immer so ein bisschen mit einer Großfamilie, die ich mit Getränken versorgen soll: Pfefferminztee für alle ist keine Lösung.

(Ulrich Watermann [SPD]: Wieso das denn nicht?)

Pfefferminztee wie auch die Dienstleistungsrichtlinie mögen erträglich sein, sie sind aber nicht das Richtige bezogen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Empfänger. Darum muss man differenzieren. Das muss auch Herr Barnier, und das heißt: Die Trinkwasserrichtlinie muss aus der Konzessionsrichtlinie heraus.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)