Interessant fand ich - das habe ich eingangs schon gesagt -, dass sich infolge dieser Abfrage in den Hochschulen viele gute Debatten darüber entwickelt haben, wie wir zukünftig mit diesem Thema umgehen. Denn mancher Hochschulangehörige hat sich tatsächlich verwundert die Augen gerieben, als er gesehen hat, welche Projekte gemeldet wurden.
Man muss aber dazusagen: Wir haben sehr offen nach „militärisch relevanten“ Forschungsprojekten gefragt. Das heißt, es sind auch Projekte gemeldet worden, die nichts mit klassischer Rüstungsforschung zu tun haben. Es sind Projekte gemeldet worden, in denen es darum ging, wie man mit traumatisierten Soldatinnen und Soldaten umgeht, die aus Kriseneinsätzen zurückkommen, oder in denen es um klassische Logistikfragestellungen ging, die die Deutsche Bahn, die Post oder DHL genauso betreffen.
Es waren aber durchaus auch Forschungsprojekte dabei, die, wenn auch nur in Einzelkomponenten, durchaus in den Bereich der Rüstungsforschung eingeordnet werden können. Natürlich würde nicht jemand einer deutschen Hochschule den Auftrag geben, eine Kampfdrohne zu bauen oder zu konzipieren, sondern die entsprechenden Fachwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen kümmern sich um einzelne Forschungsaspekte. Deshalb ist es wichtig, dass diese Senatskommissionen für Forschungsethik eine Plattform bieten, auf der die einzelnen Wissenschaftler die Möglichkeit haben, darüber zu beraten, welche Folgen und Konsequenzen sich aus ihrer Forschung ergeben und ob sie das verantworten können oder nicht.
Von daher glaube ich, dass wir beim Thema „zivile oder militärische Forschungsaufträge an Hochschulen“ mit unseren Instrumenten auf dem richtigen Weg sind.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage - für ihn ist es dann die zweite - stellt der Kollege Ottmar von Holtz. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, wird es erneut eine solche Abfrage zu militärisch relevanter Forschung geben?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir gehen natürlich davon aus, dass sich solche Abfragen zu einzelnen Aspekten oder Fragestellungen - das muss ja nicht nur militärisch relevante Forschung betreffen - in Zukunft insofern erübrigt haben werden, als nicht nur in den Hochschulen öffentlich wird, welche Forschungsprojekte dort gerade laufen, sondern auch durch die entsprechenden Veröffentlichungen im Internet die interessierte Öffentlichkeit und die Medien immer einen zeitnahen Einblick - zugegebenermaßen über eine Stichtagsregelung - in die jeweiligen Forschungsprojekte in den Hochschulen bekommen.
Vielen Dank. - Die nächste Zusatzfrage kommt aus der Fraktion der CDU. Kollege Burkhard Jasper, bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gibt es in Niedersachsen im Bereich der Biosicherheit Forschungsarbeiten, die aufgrund des Förderbescheids Vorgaben der DURC-Kommission beachten müssen?
Das sind Sicherheits- oder Transparenzregelungen, die sich jenseits des Rechtsrahmens befinden, über den wir gerade sprechen. Das kann ich jetzt auswendig nicht sagen, aber diese Antwort reichen wir Ihnen gerne nach.
(Jörg Hillmer [CDU]: Die Frage war ja auch nicht vorbereitet, kein Problem! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Schlauer Zwischenruf!)
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich bitte gleichwohl darum, die Ministerin bei ihren Ausführungen nicht zu stören.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Ministerin, inwieweit wird in den Leitlinien die sogenannte Dual-Use-Problematik berücksichtigt?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Dual-Use“ bedeutet ja eigentlich, dass Dinge nicht von vornherein pauschal beurteilt werden können, sondern in einer Einzelfallbetrachtung beurteilt werden müssen. „Dual-Use“ heißt nichts anderes, als dass ein bestimmter Forschungsauftrag oder ein bestimmtes Forschungsergebnis sowohl nützlich als auch schädlich sein kann - je nachdem, wie man es einsetzt.
Aber faktisch gibt es heutzutage, insbesondere an technischen Hochschulen, vermutlich fast keine Forschungsfragestellung mehr, die nicht in irgendeiner Weise letztendlich auch militärisch relevant wäre. Denn der militärische Komplex ist inzwischen in allen Bereichen - von Waffen über Sicherheitssysteme bis hin zu Logistik, Kommunikation, Optik usw. - hoch technisiert.
Von daher glaube ich, dass die Einrichtung solcher Senatskommissionen, über die die Möglichkeit gegeben wird, zu einer Einzelfallbetrachtung zu kommen und zu prüfen, ob die Folgen eines bestimmten Forschungsprojektes nicht letztlich als hoch riskant eingeschätzt werden müssen, genau der richtige Weg ist, um dieser Problematik ein Stück weit gerecht zu werden.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage kommt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Heere, bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin, als Haushalts- und Finanzpolitiker interessiert mich insbesondere die finanzielle Dimension dieser Transparenzoffensive. Deshalb frage ich die Landesregierung: Wie hoch ist die Summe der Drittmittelforschung in Niedersachsen insgesamt?
Die gesamten Drittmitteleinnahmen - hierzu will ich eine Größenordnung für einen längeren Zeitraum angeben, von 2000 bis 2013 - haben etwa 5 Milliarden Euro betragen.
Man muss dazusagen: Wer die Hochschullandschaft in Deutschland kennt und einen Ländervergleich anstellt, erkennt, dass wir hier in Niedersachsen bzw. grundsätzlich in Norddeutschland sicherlich eher in kleineren Größenordnungen unterwegs sind. Wenn man auf Bayern oder Baden-Württemberg blickt, stellt sich das sicherlich anders dar. Trotzdem befinden wir uns in Niedersachsen - jenseits der Länder Bayern und BadenWürttemberg - mit unserem Drittmittelanteil auch aus privaten Quellen durchaus im oberen Drittel.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich möchte noch einmal auf den Komplex der militärischen Forschungen zurückkommen. Sie haben dazu einiges ausgeführt. Können Sie noch darstellen, welche Hochschulen bzw. welche Forschungseinrichtungen besonders viel militärisch relevante Forschung betreiben?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind naturgemäß eher die technischen Universitäten bzw. technisch stark ausgeprägten Universitäten, nämlich die TU Braunschweig, die Leibniz Universität Hannover und sicherlich auch die TU Clausthal. Die meisten dieser Projekte wurden uns von der TU Braunschweig und der Leibniz Universität gemeldet. Die TU Braunschweig hat 36 und die Leibniz Universität 37 Projekte gemeldet, wobei dies allesamt Projekte waren, die unter dem klassischen Aspekt „Dual Use“ zu subsumieren sind.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Seine zweite Zusatzfrage stellt jetzt der Kollege Heere von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der Antwort auf meine erste Frage interessiert mich zusätzlich, wie hoch der Anteil der privaten Drittmittel an der Forschung in Niedersachsen ist.
Der hat im genannten Zeitraum von 2000 bis 2013 bei 3,2 % gelegen, also ein zusammengefasster Wert. - Nein, das ist falsch. Der Wert von 3,2 % ist jüngeren Datums, ich glaube, von 2012.
Dabei muss man sagen, dass wir hierbei einen stetigen Anstieg zu verzeichnen haben, der in den letzten Jahren besonders stark war. Das hat es umso dringender gemacht, sich dem Thema Transparenz zu widmen, weil mit der Zunahme privater Drittmittel an den Hochschulen auch die Frage wichtiger wird, welchen Anspruch die Gesellschaft darauf hat, zu wissen, was hinter den Hochschultüren passiert.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage kommt vom Kollegen Ulf Prange von der SPD-Fraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, Sie haben die Einrichtung von Ethikkommissionen an den Hochschulen angesprochen. Meine Frage dazu ist: Gibt es bereits Erfahrungen mit Ethikkommissionen an Forschungseinrichtungen und Universitäten? Gegebenenfalls: Welche?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein Nachtrag zu meiner Antwort auf die letzte Frage: „3,2 %“ bezieht sich auf das Jahr 2013 und nicht auf das Jahr 2012. Ich bitte, mich korrigieren zu dürfen.
Zu der Frage, welche Erfahrungen es bereits mit Ethikkommissionen gibt: Wir haben in Niedersachsen durchaus eine ganze Reihe von Hochschulen, die sich bereits solche Kommissionen mit unterschiedlicher Aufgabenstellung und in unterschiedlicher Zusammensetzung gegeben haben. Das sind die Leibniz Universität, aber auch die MHH, die Uni Osnabrück, die Ostfalia und die Universität Lüneburg.
Besonders engagiert - um ein Beispiel herauszugreifen - ist die Universität in Oldenburg, die sich als junge Universität traditionell grundsätzlich dem Aspekt der Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung gestellt hat, was auch in der Namensgebung durchaus ausgedrückt wird. Die Uni Oldenburg hat bereits eine solche Senatskommission, die paritätisch besetzt ist. Sie hat zum einen die Aufgabe, zu beraten und zu beurteilen, wenn sich einzelne Forscherinnen und Forscher mit ihren Fragestellungen an diese Kommission wenden. Sie diskutiert zum anderen auch die Aspekte der Folgenabschätzung.
Interessant ist hierbei im Hinblick auf die Relevanz und die Akzeptanz an den Hochschulen, dass Sie, wenn Sie die Universität Oldenburg nach den Erfahrungen mit dieser Senatskommission fragen, hören werden, dass in den letzten Jahren die Zahl der Befassungen bzw. der Anträge deutlich zugenommen hat. Das heißt, auch in den Hochschulen selbst wird die Notwendigkeit erkannt, hier tätig zu werden.