Protocol of the Session on October 23, 2014

Da überrascht es doch überhaupt nicht, dass Sie kein Herz für Menschen haben, die einfach einmal ein Auto benutzen müssen.

Reden wir einmal über die A 39. Niedersachsen ist ein Flächenland und hat unglaublich viele Pendler, gerade im Nordosten des Landes. Das hängt mit VW zusammen. Das Werk hat 120 000 Beschäftigte. In Wolfsburg wohnen etwa genauso viele Menschen. Das heißt, etwa 70 000 Menschen pendeln jeden Morgen durch Nordostniedersachsen auf einer Bundesstraße und anderen Straßen nach Wolfsburg und müssen sich wirklich durch die Landschaft schlagen. Da sind viele Fernpendler dabei. Es gibt einige Fernpendler, die aus Magdeburg über die Autobahn kommen. Die schaffen das in 50 Minuten. Aber wenn sie aus Bad Bevensen kommen, dann brauchen sie etwa 100 Minuten. Ich kann Ihnen sagen: Diese arbeitenden Menschen würden diese Wegezeit sicherlich lieber zu Hause verbringen als im Auto. Mit dem Zug geht es übrigens auch nicht schneller.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun verweisen Sie auf die B 4, die bekanntlich derzeit gesperrt ist, weil eine Brücke jetzt umgebaut und erneuert werden muss. Das soll zwei Jahre dauern. Haben Sie eine Ahnung, wie lange es dauern wird, die B 4 so umzubauen, dass sie irgendwann den Erfordernissen einer Autobahn gleichkommt? Wie lange wollen Sie es denn den Menschen noch zumuten, sich da jeden Morgen durch die Landschaft zu quälen? - Das sind sicherlich keinen Grünen - davon gehe ich aus -, wie vermutlich auch die Menschen, die bei VW am Fließband stehen, keine Grünen sind. Aber trotzdem muss man sich doch für sie einsetzen!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wissen Sie, wie weit Sie von den Menschen weg sind? - Das sehen wir an einem anderen Beispiel. Ich erinnere mich an die bahnbrechende Rede, die Sie hier zum Thema Wasserstraßen und Vertiefung der Oberweser gehalten haben. Das war wirklich faszinierend.

Berichterstattung NDR, 27. März 2014:

„Niedersachsen wird sich nicht für eine Vertiefung der Mittelweser einsetzen. … Die Grünen sprechen sich prinzipiell gegen die

Vertiefung von Flüssen aus. ‚Wir sind davon überzeugt, die Schiffe an die Flüsse anzupassen und nicht die Flüsse an die Schiffe‘, sagte die Abgeordnete Susanne Menge im Landtag.“

Wissen Sie eigentlich, dass wir eine Binnenschifffahrtsflotte von etwa 4 000 Schiffen haben? Die sind fast alle in Familienbesitz. Ein solches Schiff kostet etwa 1 Million, Frau Menge. Nun sagen Sie diesen Binnenschiffern, die heute fast kein Geld mehr verdienen, sie mögen sich doch bitte ein neues Schiff kaufen, damit Sie die Flüsse nicht vertiefen müssen. So weit sind Sie bei den Menschen!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frank Oesterhelweg [CDU]: So ist es!)

Frau Menge, Ihr Problem ist schlichtweg Ihre Ökologie, Ihre Form von Nachhaltigkeit. Die kann sich draußen kein Mensch mehr leisten. Sie sind tatsächlich zur Partei der Besserverdienenden geworden.

(Christian Grascha [FDP]: So ist es!)

Lernen Sie endlich, was alle anderen wissen: Wohlstand muss man sich erarbeiten! Geld kommt nicht primär von der Sparkasse und anderen Banken.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Toepffer. - Das Wort hat jetzt Frau Gabriela König von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Toepffer, Sie haben eine ganze Menge Richtiges gesagt. Das kann ich weiß Gott unterstreichen. Es ist wichtig, dass das hier einmal in dieser Art gesagt worden ist. Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wie besonders wichtig Infrastruktur für unsere Wirtschaft hier in Niedersachsen ist, zeigt der globale Wettbewerb, dem wir uns selbst auch hier im Land täglich stellen müssen. Ich glaube, das wird von den Grünen immer gerne ausgeblendet. Ihr Antrag trägt dem nämlich in keiner Weise Rechnung. Auf drei Seiten nichts anderes als weiße Salbe und warme Worte!

Selbst bei den drei Forderungen an die eigene Landesregierung bleibt es unkonkret. Dort heißt es: erstens beim Bund Mittel einwerben, zweitens zusätzliche Mittel einwerben und drittens neue Verkehrsprojekte erst dann planen, wenn auch in vertretbarer Zeit Baureife erreicht werden kann. - Eine solche Formulierung ist doch der Einstieg in den Ausstieg von notwendigen Neuplanungen wie der A 20, der A 39, der A 33 Nord und der E 233. Das sind ganz wichtige Verkehrsprojekte, die bei Ihnen absolut keine Rolle spielen. Das ist sehr schwierig.

Ich muss auch einmal ganz klar sagen: Herr Lies hat hier wirklich eine ausgesprochen schwierige Aufgabe zu leisten. Wenn in der Nordwest-Zeitung geschrieben wird: „Lies warnt: Grüne gefährden Arbeitsplätze“ oder „Lies sagt: Land wird trotz alledem Autobahnen bauen“, dann frage ich mich, wie er dies mit Ihnen umsetzen will. Das wird eine verdammt schwierige Aufgabe. Aber wir werden ihn dabei unterstützen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der Ansatz dieses Antrags ist falsch und ein schlechtes Signal an den Bund und an die heimische Wirtschaft. Wissen Sie eigentlich, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen, dass der Bund - im letzten Jahr wohlgemerkt - 2 Milliarden Euro für wichtige Infrastrukturmaßnahmen nicht umsetzen konnte, weil die Planung nicht fertig war? - Das ist Geld, das für Investitionen verloren gegangen ist. Genau deshalb ist es wichtig und richtig, im Voraus zu planen und Visionen zu entwickeln, statt Dienst nach Vorschrift zu verordnen.

Wie verträgt sich die vorliegende Entschließung eigentlich mit den aktuellen Parteitagsbeschlüssen der Grünen? - Wir haben es ja gerade gehört. Gibt es jetzt ein Neubaumoratorium für Straßen? Was machen Sie denn? Suchen, suchen, aber bloß nichts finden, oder wie sieht das aus?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Ganz ehrlich: Nach der letzten Landesdelegiertenkonferenz der Grünen sehe ich da eine düstere Zukunft für unser Land. Die Grünen werden weiter die Besserwisser und die notorischen Bremser im Land sein, egal ob die Menschen das richtig finden oder nicht.

(Zustimmung bei der FDP - Volker Ba- jus [GRÜNE]: Diese Klischees lang- weilen langsam!)

Meine Damen und Herren, setzen Sie endlich mehr Energie in die Planung, in die Beschleunigung, in die Umsetzung der wichtigen Infrastrukturmaßnahmen! Reden Sie nicht, handeln Sie doch endlich! Dem Land Niedersachsen, dem Wirtschaftsstandort, läuft jetzt doch die Zeit davon, und das gerade in der jetzigen Problematik, die wir sehen. Dass die Wirtschaft nicht mehr wächst und Niedersachsen sogar hinter den Bundesdurchschnitt zurückfällt, das können wir uns nicht leisten.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Herr Minister Lies, Taten müssen folgen. Wenn Ihre Ausführungen zutreffen, dass die Beschlüsse des Landesparteitags der Grünen diese vielen Arbeitsplätze kosten, dass sie Hindernisse aufbauen und dass sie kontraproduktiv sind, dann muss dieses Land vor dieser Ökopartei und deren verheerenden Beschlüssen, die Sie selber laut Nordwest-Zeitung scharf kritisieren, geschützt werden.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich bin gespannt, was Sie auf Ihre scharfe Kritik zu diesen Beschlüssen Ihres Koalitionspartners nun folgen lassen. Ich bin gespannt, wie Minister Wenzel den Spagat zwischen Realpolitik und Parteirhetorik hinbekommen wird. Und ich bin gespannt, wann Ministerpräsident Weil das Steuer übernimmt und diese Geisterfahrer der Regierungskoalition in Fragen des Infrastrukturausbaus stoppt. Letztlich wird sich Ihre Regierungsfähigkeit an umgesetzten Infrastrukturmaßnahmen messen lassen müssen und nicht an warmen Worten und weißer Salbe.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Christian Grascha [FDP]: So ist es! Sehr gut!)

Danke, Frau Kollegin König. - Für die SPD-Fraktion hat noch einmal der Kollege Gerd Ludwig Will das Wort, und zwar für eine Restredezeit von 2:31 Minuten. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau König, auf Ihrer Autobahn kommen Ihnen verdammt viele entgegen. Das kann ich Ihnen nur sagen.

(Zuruf von der FDP: Geisterfahrer, oder was?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um die Frage des Ausbaus von Straßen. Natürlich, die FDP kann nur in Straßen. Dazu war Toepffers Beitrag ja schon richtig ermutigend, indem er sich hier auch einmal über andere Themen geäußert hat. Aber Sie können wirklich nur in Beton.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Und Sie können gar nichts!)

Das ist eben nicht die Verkehrspolitik, die wir machen wollen.

Aber ich will Ihnen etwas ankündigen: Wir gehen verstärkt in den Straßenbau, insbesondere was die Landesstraßen angeht. Da müssen wir nämlich viel nachholen,

(Anja Piel [GRÜNE]: Warum eigent- lich? - Christian Grascha [FDP]: Wa- rum kürzen Sie dann?)

was Sie liegen gelassen haben. Die Landesstraßen sind kaputt. Wir müssen sie reparieren. Dort wird zusätzliches Vermögen eingesetzt, was ja Ihr Finanzpolitiker nicht will. Wir schaffen aber Sondervermögen, verstetigt für die nächsten Jahre, um Landesstraßen wieder die Bedeutung zukommen zu lassen, die sie in Niedersachsen haben.

Herr Kollege Will, der Kollege Thiele möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?

Nein, das hilft uns an der Stelle nicht weiter.

(Lachen bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Das wissen Sie doch gar nicht!)

Dann reden Sie bitte weiter.

Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass wir bei den Fragen A 39, A 20 klare Koalitionsaussagen haben. Unser Antrag, den wir heute beraten, orientiert sich klar an unserem Koalitionsvertrag. Insofern sollte das nicht überraschend sein, wenn Sie den Koalitionsvertrag von Rot-Grün gelesen hätten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Haben wir! - Jörg Bode [FDP]: Aber nicht verstan- den! - Christian Grascha [FDP]: Doch!)

Meine Damen und Herren, halten wir nur fest: Von den sieben Planungsabschnitten für die jeweiligen Autobahnen ist in zehn Jahren schwarz-gelber Regierungszeit nicht ein Planungsabschnitt erledigt worden. Sie haben an den Stellen, an denen Sie geplant haben, nie bauen können. Das wird sich ändern, weil diese Landesregierung die Planungen mit Nachdruck vorantreibt.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung macht das auch dadurch, dass wir eine neue Akzeptanz schaffen, indem wir die Menschen ganz anders mitnehmen und indem wir ein Beteiligungsmodell schaffen. Wenn wir Großprojekte umsetzen, dann sollen die Bürgerinnen und Bürger kurzfristig und am Anfang beteiligt werden, also nicht erst am Ende.