Protocol of the Session on October 23, 2014

Aber er hat ja hier alleine keine Mehrheit. Wie ist denn die Position von Rot-Grün im Niedersächsischen Landtag zu den wichtigen Infrastrukturprojekten? Sind Sie für die A 39, wie der Ministerpräsident es immer öffentlich sagt? Unterstützen Sie den Ministerpräsidenten da? Oder hat er bei einem wesentlichen Zukunftsprojekt in Niedersachsen, nämlich dem Ausbau der Infrastruktur - der A 39, der A 20 - und damit der Zukunftschancen von Menschen, bei Ihnen in seiner eigenen Koalition gar keine Mehrheit? Machen Sie hier Menge, oder machen Sie hier Weil?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Menge, Sie wollen antworten, wie Sie vorhin schon gezeigt haben. - Meine Damen und Herren, ich weiß, dass das eine sehr angeregte Debatte ist. Versuchen Sie aber bitte, sich gegenseitig zuzuhören! Frau Menge hat sich vorhin schon dar

über beschwert, dass es hier sehr laut wird. Es ist natürlich immer eine Frage, was man sagt und wie es aufgenommen wird. Das hat Herr Bode gerade auch gemerkt. Versuchen wir, uns auf den Redner zu konzentrieren! Jeder bekommt die entsprechenden Redezeiten. Dann können wir das auch sachlich miteinander austragen. Herr Minister Lies hat sich auch schon zu Wort gemeldet; das ist klar.

Jetzt kommt Frau Menge mit der Antwort.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Lieber zuerst der Minister! Das ist von be- sonderem Interesse! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Er kann auch etwas zur A 20 sagen!)

Wollen Sie eine Antwort haben, oder wollen Sie lieber weiter rumbrüllen und sich untereinander unterhalten?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt muss ich noch einmal eingreifen. Wir müssen es hier schon verstehen können, damit das eine vernünftige Debatte wird. Wenn wir es hier nicht mehr verstehen, wird es keine vernünftige Debatte. Ich bitte Sie, jetzt einmal konzentriert zuzuhören. - Frau Menge, Sie haben das Wort.

Eigentlich möchte ich nur sagen: Die ewig wiederkehrende Debatte darüber, dass die Grünen ein Problem mit diesen Autobahnen haben und sie nicht bauen wollen und dass der Verkehrsminister angeblich gesagt hat, die Autobahn werde unter allen Umständen gebaut,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ja!)

hat so einen Bart, meine Damen und Herren! Das hat so einen Bart!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wann hören Sie endlich damit auf? - Das ist allen bekannt. Allen Journalisten ist bekannt, dass wir hier eine unterschiedliche Haltung haben.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Ach so! - Zuruf von der CDU: Dann sind Sie ja gar nicht handlungsfähig! - Weitere Zurufe von der CDU - Gegenrufe von den GRÜNEN - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wie ich an dieser Stelle schon einmal gesagt habe, darf eine Partei auf ihrem Parteitag Infrastrukturmaßnahmen diskutieren. Sie darf auch ihre Haltung dazu haben. Es ist das Recht einer jeden Partei, das zu diskutieren.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nur die FDP hat diese Haltung nie in An- spruch genommen! Die kennen das nicht!)

- Ja. Deshalb: Das hat so einen Bart! Ich habe schon einmal etwas zu lebendiger Demokratie gesagt. Ich habe etwas dazu gesagt, wie - - -

(Zurufe von der CDU und von der FDP - Unruhe)

- Gut. Ich antworte nicht.

Meine Damen und Herren, wenn es nicht anders funktioniert, müssen wir zur Beruhigung der Gemüter die Sitzung unterbrechen. Es hat so keinen Zweck. Natürlich ist es eine anregende und schöne Diskussion. Aber sie muss auch akustisch verständlich bleiben.

Jetzt hat sich der Kollege Dirk Toepffer, CDU, gemeldet. Bitte schön, Herr Toepffer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kehren wir zunächst einmal zu dem vorliegenden Antrag zurück. Darin steht in der Tat einiges. Vieles, was heute hier angesprochen worden ist, Herr Will, steht aber nicht darin, beispielsweise die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz und die Y-Trasse. Das alles taucht darin nicht auf. Ich stelle erst einmal fest, dass dieser Antrag unglaublich viel Verpackung und unglaublich wenig Inhalt enthält. Die Stiftung Warentest würde sagen: Mogelpackung!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie beginnen, liebe Frau Menge, mit Selbstverständlichkeiten, nämlich mit der Feststellung, dass alle Verkehrsträger unter Vernetzungspunkten zu planen sind. Uralt! Das ist ein Bart!

Die Landesregierung wird aufgefordert, für gesamtstaatliche Aufgaben Bundesmittel einzuwerben. - Ich hoffe, das tut sie auch ohne diese Aufforderung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei den Prioritäten: höchster verkehrlicher Nutzen bei möglichst geringer Belastung für Mensch und Natur. - Das ist so oberflächlich, dass es praktisch nicht erwiderungsfähig ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Kommen wir zum Inhalt: Die wenigen inhaltlichen Aussagen sind allerdings wirklich brandgefährlich. Da ist die Forderung, erst zu planen, wenn in vertretbarer Zeit - was das ist, ist hier nicht gesagt worden - Baureife erlangt wird. Das war in der Tat das Einfallstor dafür, dass Sie auf Ihrer Landesdelegiertenkonferenz in Walsrode den zweiten bahnbrechenden Antrag neben Fracking beschließen konnten, dieses sogenannte Moratorium, das im Prinzip nichts anderes heißt als Alternativen zu Neubauvorhaben. Letztendlich ist das nichts anderes als der klar formulierte Ausstieg aus der A 20 und der A 39.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Menge, diskutieren wir einmal über den Bart. Wissen Sie, was uns auf den Senkel geht? - Stellen Sie sich doch bitte hier einmal als Parlamentarierin hin und sagen Sie: Wollen Sie die A 39, ja oder nein?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das hat sie doch oft genug gemacht! Sie hören nur nicht zu!)

- Nein, sie weicht wieder aus, Kollege Limburg.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie rufen ja immer dazwischen!)

- Herr Limburg, was die Zwischenrufe angeht, da schlagen Sie mich aber um Längen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Danke für das Kompliment!)

Ich gehöre eher zu den ruhigen Vertretern. Das wissen wir beide.

(Beifall bei der CDU)

Frau Menge, ich habe Ihnen eben sehr wohl zugehört. Sie stellen sich dann nämlich hin und sagen: Man kann unterschiedlicher Meinung sein. Auf Parteitagen können wir immer etwas anderes sagen. - Das ist es! Sagen Sie doch auch hier einmal das, was Sie auf den Parteitagen sagen! Dann könnten wir auch einmal über die Inhalte diskutieren und müssen diese Diskussion nicht weiter führen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Grascha [FDP]: So ist es!)

Wenn Sie sich hier einmal als Parlamentarierin hinstellen würden, dann wüssten wir: Die Koalition hat für solche Vorhaben keine Mehrheit. - Das ist doch der Punkt!

Aber alle haben es verstanden, liebe Frau Menge. Da gebe ich Ihnen recht. Die Presse hat verstanden, was Sie wollen. Der Minister hat es verstanden. Er ist erneut düpiert und zieht durch die Gegend. Der zahnlose Löwe brüllt ein weiteres Mal und versucht, für die Vorhaben zu werben, aber er weiß im Prinzip: Die Mehrheit hat er nicht.

Nun tun wir aber einmal so, als hätten Sie es geklärt, als wären Sie tatsächlich hier gewesen und hätten gesagt: Ich möchte die A 39 nicht. - Diskutieren wir einmal über die unmittelbaren Folgen, die sich daraus für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land ergeben, für die Menschen, deren Sorgen und Nöte bei Ihnen wohl schon lange nicht mehr ankommen.

Herr Will, Sie haben eben ein schönes Stichwort geliefert: Bahnstreik, GDL. Eine Petitesse, die ich eigentlich gar nicht erwähnen wollte: Ich habe es mir am Wochenende angetan, die Liveberichterstattung auf der Website der Grünen über ihre Landesdelegiertenkonferenz anzugucken. Das war grenzwertig, unheimlich retro. Ich habe gedacht, dass Sie weiter sind.

(Gerald Heere [GRÜNE] lacht)

Ich kann Ihnen eines sagen: Da gab es am Anfang eine einleitende Bemerkung Ihrer Tagungspräsidentin zum Bahnstreik. Jeder Delegierte, der mit dem Auto gekommen ist, der das unglaubliche Verbrechen begangen hat, nicht die Bahn zu nutzen, weil er sie nicht nutzen konnte, der möge im Frühjahr einen Baum pflanzen!

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Ich will Ihnen eines sagen: Es gibt Menschen in diesem Land, die sich in der Tat Gedanken darüber gemacht haben, wie sie ihren Arbeitsplatz erreichen können. Die saßen irgendwo in Deutschland fest. Die wussten nicht mehr, wie sie wegkommen. Einige konnten glücklicherweise auf ein Auto ausweichen. Aber die können sich den Luxus eines solchen schlechten Gewissens gar nicht leisten. Was Sie da auf Ihrem Parteitag erklärt haben, ist ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die in dieser Situation ein Auto benutzen mussten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Grascha [FDP]: So ist es! Sehr richtig!)

Da überrascht es doch überhaupt nicht, dass Sie kein Herz für Menschen haben, die einfach einmal ein Auto benutzen müssen.