Protocol of the Session on July 25, 2014

Erstens. Dobrindt plant parallel zwei Gesetze: eines für die Pkw-Maut, das andere zur Absenkung der Kfz-Steuer. Sollte der Europäische Gerichtshof die Entlastung für die Inländer als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot kippen, bleibt womöglich die Maut für alle übrig, womit der letzte Autokrat im Land, Herr Seehofer, bekommen hätte, was er wollte. Gleichzeitig könnte sich die CSU zurücklehnen und mit dem Finger auf Brüssel zeigen.

Zweitens. Dobrindt will eine Kompensation für die Autofahrer. Zu diesem Zweck soll die Kfz-Steuer gesenkt werden, also ausgerechnet die Steuer, die sich am CO2-Ausstoß bemisst und damit ökologisch orientiert ist. Besitzer von großen, spritfressenden Pkw werden also stärker belastet als die Fahrer von kleinen Autos mit einem geringeren CO2-Ausstoß; denn diese zahlen heute eine niedrigere Kfz-Steuer als den Preis für die Vignette von 75 bis 100 Euro. Außerdem ist es ganz egal, ob jemand 100 oder 10.000 km fährt, der Vignettenpreis bleibt bei 75 bis 100 Euro. Das zweite wichtige Argument, die Pkw-Maut entfalte irgendeine verkehrspolitische oder ökologische Lenkung,

taugt also ebenfalls nicht. Da sie vor allem Berufspendler und -pendlerinnen betreffen wird, ist sie auch sozial ungerecht.

Was nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringender ist als der trotzige Durchsetzungswille eines bayerischen Landesfürsten, der vorgeht, als wolle er Vegetarier mit Fleischsalat zwangsernähren, sind u. a. die Feststellung und die daraus folgenden Handlungsstrategien, dass die Hauptverursacher von Straßenschäden Lkw sind. Ein Lkw belastet die Straße 60.000-mal mehr als ein Pkw. Bei einer Maut muss genau das abgebildet werden. Ich zitiere aus unserem Koalitionsvertrag:

„Steigende Einnahmen aus der Lkw-Maut müssen für den Substanzerhalt und den klimafreundlichen Umbau der Infrastruktur genutzt werden.“

Genau das ist das aktuelle Problem, dass wir nämlich Maut-Ausweich-Verkehre auf den Landes- und

Bundesstraßen haben. Genau das wäre der richtige Weg, hier mit einer Maut anzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Dr. Gabriele Andretta [SPD])

Geringer Ertrag, enorme Bürokratie, Konfliktansage an unsere EU-Nachbarn, fehlende Wirkung - eigentlich wären das gute Argumente, die Pläne still und leise einzukassieren. Aber Bayern bestimmt nicht nur selbst seine Schulferien oder entscheidet darüber, wann ein Gesamtschulabitur zu einem Studium auf seinem Hoheitsgebiet reicht, sondern wenn die CSU sagt „Die Maut ist eine prima Idee“, dann ist sie eine prima Idee! Bayern ist ein Königreich, und die Erde ist eine Scheibe.

Ich freue mich auf die Diskussion im Fachausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Menge. - Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Karl-Heinz Bley für die CDUFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt plant eine Pkw-Maut als Infrastrukturabgabe. Er plant eine Anhebung der Lkw-Maut. Wir fragen uns: Hat Dobrindt dazu überhaupt Anlass? - Ich glaube, schon.

Gründe für weitere Einnahmen gibt es genug: Erstens Schäubles Haushalt mit geplanter Schuldenbremse, zweitens Fehlbetrag von 7 Milliarden Euro für den Erhalt und die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur, drittens die Verkehrsprognose 2030; wachsende Verkehrsströme stellen die Infrastruktur auf die Belastungsprobe.

Ich nenne hier nur drei Beispiele, obwohl es viele weitere Einzelpunkte gibt, weswegen der Bundesverkehrsminister Pläne schmiedet, um die Einnahmesituation zu verbessern. Ein Grund ist sicherlich auch, die Infrastrukturnutzer zur Kasse zu bitten, die bisher keinen Beitrag für diese Infrastruktur zahlen.

Meine Damen und Herren, die Pläne von Dobrindt finden aber keine Zustimmung, sondern werden von allen Seiten massiv kritisiert. Ich kenne keine Partei, die geschlossen hinter den Dobrindt-Plänen

steht: Weder die SPD noch die Grünen, auf keinen Fall will die FDP diese Pläne unterstützen. Die CDU sieht sie auch als schwierig an. Die CSU ist in sich gespalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Presse ist zu lesen, dass sich alle Parteien zu diesen Mautplänen negativ äußern. Ich bin da völlig bei unserem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Björn Thümler, der die Parteien auffordert, sich mit der Sache zu beschäftigen und nicht alles pauschal zu verurteilen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Das heißt nicht, dass die CDU den vorliegenden Pkw- und Lkw-Mautplänen kommentarlos zustimmt. Das wäre an den Wünschen von 80 % der Bevölkerung vorbei. Viele Verbände - vom Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes, Unternehmerverbände, Handwerk und Mittelstand bis hin zu den Handelsverbänden - lehnen die Pkw-Maut ab.

Ein großes Problem wird bundesweit für die Wirtschaft im Grenzbereich erwartet.

Für europarechtskonform halte ich die Einführung der Pkw-Maut in der in den Vorlagen angedachten Form auf keinen Fall.

Wie die Einführung der Infrastrukturabgabe oder Pkw-Maut die Fahrzeuge an den Kosten beteiligen will, die nicht in Deutschland zugelassen sind, aber auch die einheimischen Fahrzeuge nicht weiter belasten will, wie es im Koalitionsvertrag steht, ist mir noch ein Rätsel.

Wenn die Europäische Kommission das deutsche Pkw-Maut-Konzept im Grundsatz begrüßt, bedeutet das noch lange nicht eine Zustimmung. Viele Detailfragen sind noch offen. Sie müssen geklärt und abgearbeitet werden. Insofern sind die Hausaufgaben zu machen.

Meine Damen und Herren, ich bin der FDP aber dankbar dafür, dass sie hier diesen Antrag eingebracht hat. Somit beschäftigen wir uns im Landtag auch mit diesem Thema.

Fakt ist, dass in Deutschland ca. 55 Milliarden Euro von den Kraftfahrzeugnutzern über Steuern, beispielsweise Mineralölsteuer und Lkw-Maut, in die Kassen gespült werden. Wir wissen alle, dass Steuern nicht, wie es bei Gebühren der Fall ist, zweckgebunden gezahlt werden. Aber ist es in Ordnung, meine Damen und Herren, wenn von den 55 Milliarden Euro gezahlten Steuern und

Abgaben nur 17 Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur zurückfließen?

Für mich ist klar: Der Gesetzgeber sucht beim Straßenverkehrsnutzer die Milchkuh der Nation. Ich bin strikt gegen eine weitere Belastung der Autofahrer, ob es nun Private, Pendler oder Handwerker und Mittelständler sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Folge wird sein, dass nach Einführung der Pkw-Maut für Fahrzeuge bis 3,5 t, Erhöhung der Lkw-Maut und Einführung der Lkw-Maut für Fahrzeuge ab 7,5 t bis 12 t auch eine Maut für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t bis 7,5 t eingeführt werden wird.

Die Pkw-Maut ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie bringt bestenfalls 700 oder 600 Millionen Euro. Ein Drittel davon muss wieder für den Aufwand eingesetzt werden, und zwar beim Zoll, der die Pkw-Maut erheben wird. Wer für die Durchführung der Kontrolle zuständig ist, bleibt offen. Die Polizei ist dafür sicherlich nicht zuständig.

Die Frage, wie viel für Herrn Dobrindt bleibt und wie viel die Länder und Kommunen bekommen, wäre ebenfalls noch zu klären.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie mich fragen, handelt es sich bei dieser Pkw-Maut um ein unausgegorenes, von fast allen Seiten abzulehnendes Konzept.

Wir sollten uns aber realistisch mit dem Thema der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur auseinandersetzen, wie es unser Fraktionsvorsitzender Björn Thümler aufgezeigt hat.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, laut der Verkehrsprognose 2030 stellen die wachsenden Verkehrsströme die Infrastruktur vor eine Belastungsprobe. Ein Verkehrsinfarkt ist vorprogrammiert. Der neue Bundesverkehrswegeplan steht uns bevor. Hier darf es nicht bei Wünschen bleiben. Das Ganze ist auch zu finanzieren.

Lassen Sie mich einige Zahlen nennen: Im Güterverkehr erwarten wir von 2010 bis 2030 eine Zunahme von 38 % bei den Tonnenkilometern und eine Zunahme von 13 % bei den Personenkilometern. Wir haben eine hohe Dynamik bei dem grenzüberschreitenden Verkehr von plus 42 % und bei den Transitverkehren von plus 52 %. Auch der Binnenverkehr wächst um 31 %. Sowohl bei der Bahn als auch bei den Lkw wächst die Belastung.

Sowohl bei den kombinierten Verkehren als auch beim Personenverkehr sind starke Zunahmen zu verzeichnen. Trotz zurückgehender Bevölkerungszahlen beträgt der Zuwachs beim motorisierten Personenverkehr 10 %.

Meine Damen und Herren, die Fahrzeughersteller haben mit den Zahlungen aus dem Bereich der Autofahrer den CO2-Ausstoß aufgrund technischer Verbesserungen massiv reduzieren können. Von 2010 bis 2030 beträgt die Reduzierung dann 26 %.

Meine Damen und Herren, mein Fazit: Es fehlen in der Kasse für den Erhalt und die Sanierung der Verkehrswege 7 Milliarden Euro und mehr.

600 Millionen Euro für die stark umstrittene PkwMaut reichen hier nicht aus. Lassen Sie uns gemeinsam nach einer Lösung suchen, die nicht den Pendler in der Fläche belastet, sondern, wie im Koalitionsvertrag beschrieben, keine Mehrbelastung für die deutschen Fahrzeughalter bedeutet und zudem EU-konform ist!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Bley. - Zu Wort gemeldet hat sich der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Herr Lies, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Debatte zu folgen, war nicht ganz einfach. Selten haben wir hier ein Thema so umschwoben diskutiert, das wir uns übrigens gar nicht selber eingebrockt haben. Eingebrockt wurde es uns von einer Partei, die es in Niedersachsen gar nicht gibt. Das ist schon eine spannende Diskussion, die wir hier gerade führen. Das will ich ganz offen sagen. Ich bin mir auch nicht sicher, was bei einer geheimen Abstimmung im Bundestag am Ende wirklich herauskommen würde. Das wird, glaube ich, schwer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit Monaten diskutieren wir dieses Thema. Ich gebe zu, dass ich mich bei der Rede von Herrn Dürr an einige Worte erinnert habe, die ich auch schon einmal benutzt habe. Das zeigt im Übrigen, dass der gesellschaftliche Diskurs über diese Frage bereits sehr intensiv geführt wurde. Dabei ist einer zusätzlichen Belastung der Autofahrer auch schon eine klare Absage erteilt worden.

Trotzdem haben wir, wie Herr Bley gerade auch gesagt hat, einen Mehrbedarf an Geld für die Infrastruktur. Ich will jetzt gar nicht darüber diskutieren, wie viel eine Pkw-Maut bringt oder nicht bringt. Wir alle wissen, dass die Summen nicht allzu erheblich sein werden.

Meine allergrößte Sorge ist aber, dass der Bund und das Bundesverkehrsministerium an dieser Stelle von der eigentlichen Problematik, nämlich dem Mehrbedarf an Geld für den Erhalt der Infrastruktur, fürchterlich ablenken. Jetzt beschäftigen wir uns überall in Deutschland mit der Frage der Pkw-Maut, die ohnehin nur einen Bruchteil lösen würde. Das eigentliche Problem beziffert sich auf 7 Milliarden Euro, mindestens 5 Milliarden Euro pro Jahr, die wir mehr brauchen, damit der Erhalt der Infrastruktur sichergestellt ist. Deswegen müssen wir bei der Debatte über die Pkw-Maut immer wieder darauf achten, dass wir uns nicht ablenken lassen und über Monate in eine Diskussion über etwas verstricken, was am Ende selbst dann, wenn es kommt, nichts bringt. Und wenn es nicht kommt, ist es erst recht keine Lösung für das Problem, dass wir zusätzliches Geld für die Infrastruktur brauchen.

Meine Damen und Herren, am 7. Juli dieses Jahres hat uns Herr Dobrindt ein Konzept bzw. den Entwurf eines Konzepts vorgelegt; viel weiter ist man ja noch gar nicht. Ein mit anderen Ressorts auf Bundesebene abgestimmter Gesetzentwurf liegt uns überhaupt nicht vor. Insofern bleiben auch große Zweifel an der Europarechtskonformität und allem, was in diesem Zusammenhang diskutiert wurde.

Neben den diversifizierten Meinungsäußerungen, die wir hier aus allen Fraktionen gehört haben - wobei ich mir, ehrlich gesagt, kaum ein Meinungsbild machen könnte und nicht wüsste, wie wir abstimmen würden, wenn wir abstimmen müssten -, stellen wir fest - auch das ist genannt worden -, dass selbst in Bayern die Kritik wächst. Der bayerische Verkehrsminister Herrmann von der CSU, den ich aus den Verkehrsministerkonferenzen kenne, ist wahrlich niemand, der sich ständig hinstellt und irgendetwas sagt. Die Kritik, die er gerade in Bezug auf den grenzüberschreitenden Verkehr geäußert hat, sollte schon nachdenklich stimmen.

In diesem Zusammenhang möchte ich etwas zitieren - diesmal nicht aus einem Bericht, sondern aus der Karikatur, die wir vorgestern in der HAZ gese