Protocol of the Session on September 25, 2013

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Rundt. - Ich kann die Beratung schließen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/261 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Landtag ist der Ausschussempfehlung gefolgt.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 14: Abschließende Beratung: Rundfunkgebühren müssen der Grundversorgung dienen - Deutschsprachiger Seewetterbericht muss für die küstenferne Kleinschifffahrt und für die Sport- und Freizeitschifffahrt erhalten bleiben - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/54 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/543

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Es liegt mir die Wortmeldung von Uwe Santjer von der SPD vor.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wird den Antrag der FDP „Deutschsprachiger Seewetterbericht muss für die küstenferne Kleinschifffahrt und für die Sport- und Freizeitschifffahrt erhalten bleiben“ ablehnen.

Auf den ersten Blick war ich über diesen Antrag ziemlich verwundert. Einerseits ist mir die FDP als eine Fraktion bekannt - und wird von mir hin und wieder als solche geschätzt -, die die wirtschaftlichen Interessen des Landes zusammenhalten will und die immer wieder guckt, wie es den kommunalen Finanzen und denen der öffentlichen Hand geht.

Auf der anderen Seite frage ich mich, wie es zu diesem Antrag kommen konnte. Einerseits vertreten Sie zwar die wirtschaftlichen Interessen. Aber andererseits ist auch bekannt, dass Sie sich immer wieder für eine bestimmte Klientel einsetzen, die nicht unbedingt am Rande dieser Gesellschaft steht. Das sagt heute selbst Christian Lindner; dpa berichtet darüber, dass er zugibt, dass die FDP immer Anlässe für Klientelverdacht und für Lobbyarbeit bietet. Ich glaube, das sieht man auch ein Stück weit an diesem Antrag, in dem es darum geht, den Seewetterbericht zu erhalten.

Zum Glück können wir hierzu aber auch die Fachwelt hören. Die Fachwelt vertritt eindeutig die Meinung, dass die Ausstrahlung von Seewetterberichten über Mittel- und Langwelle schon lange antiquiert ist. Als hervorgehobene Vertreter dieser

Meinung sind u. a. zu nennen: Hafenkapitäne, die hoheitliche Aufgaben für das Wirtschaftsministerium wahrnehmen, Kapitäne, die für die niedersächsischen Häfen zuständig sind, sowie das Staatliche Fischereiamt in Bremerhaven.

Die Einstellung der Ausstrahlung der Seewetterberichte über Mittel- und Langwelle würde in einer vierjährigen Beitragsperiode Kosten in Höhe von 79 Millionen Euro einsparen. Pro Jahr würde das eine Ersparnis in Höhe von ungefähr 20 Millionen Euro bedeuten. Vor dem Hintergrund, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter einem so großen Kostendruck stehen, dass sie mehrere Hundert Stellen abbauen müssen, ist die Weiterführung eines kaum noch nachgefragten Dienstes für 79 Millionen Euro für uns Sozialdemokraten nicht zu rechtfertigen. Wir müssen uns einmal vorstellen, dass es viele gibt, die in dem Bereich eine Ausbildung machen: Volontärinnen und Volontäre können nicht übernommen werden, weil der Kostendruck so groß ist. Aber auf der anderen Seite sollen wir Geld für einen Bereich investieren, der noch nicht einmal mehr vom NDR messbar ist.

Sofern in der Begründung des Antrags von den Gefahren für diejenigen die Rede ist, die auf See unterwegs sind, ist es keinesfalls so, dass die Seewetterberichte nicht mehr über das Radio ausgestrahlt werden. Seewetterberichte werden auch weiterhin von den Rundfunkanstalten, z. B. vom Deutschlandradio und vom NDR, über UKW in ausreichendem Maße verbreitet. Aber das ist nur der eine Bereich, über den wir diskutieren. Der andere ist die Vielzahl der modernen Technologien, die zur Verfügung stehen. Hier ist die immer weiter steigende Anzahl von Apps und Websites zu nennen, die dank des Internets aktuell und regelmäßig Seewetterberichte liefern, die also viel aktueller sind und die Berichte zu jeder Tages- und Nachtzeit liefern, dann, wenn sie gebraucht werden.

Darüber hinaus gibt es auch noch die Satellitentechnologie. Satellitengeräte sind unabhängig von örtlicher Infrastruktur, weil sie ihre Signale direkt vom Satelliten empfangen. Dadurch hat man über die Satellitengeräte praktisch immer und weltweit Empfang. Sie bieten so die Möglichkeit, auch in schwer erreichbaren Gebieten im Kontakt mit der Außenwelt zu bleiben. Gerade diese Tatsache macht diese Technologie für die Schifffahrt so attraktiv.

Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses, ich bin sehr froh darüber, dass wir bei der Ablehnung auch Verbündete haben. So erklärt der für die Schifffahrtsbelange zuständige CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Werner Kammer in einer Presseerklärung:

„Im Gegensatz zu kleineren Parteien, die sich leichter als Vertreter einer ganz bestimmten Bevölkerungsgruppe positionieren können, muss eine Volkspartei wie die Christlich-Demokratische Union im Vorfeld einer Entscheidungsfindung eine sehr weitgehende Abwägung aller in Betracht kommenden Interessen vornehmen.“

Er kommt zu dem Entschluss, der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten zu folgen: nämlich Einstellung.

Der Chef der schleswig-holsteinischen FDP würde nach meiner Auffassung Ihren Antrag ablehnen. Ich zitiere aus den Lübecker Nachrichten vom 6. Juni 2013:

„Für die küstennahe Sportschifffahrt ist die damit einhergehende Gefahr beherrschbar, weil es eine weitreichende Mobilfunknetzabdeckung gibt und die Berichte auch über Internet oder Apps abgefragt werden können.“

Ich finde, wir haben damit gute Partner für unsere heutige Ablehnung. Von daher werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Santjer. - Jetzt hat für die FDP-Fraktion Frau Kollegin König das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Rundfunkgebühren müssen der Grundversorgung dienen, erst recht, wenn es um die Sicherheit der Menschen geht. Leider ist das beim Seewetterbericht nicht der Fall. Hier soll die Ausstrahlung über Mittel- und Langwelle abgeschaltet werden, obwohl es noch viele Sport-, Freizeit- und Kleinschiffer gibt, die sich eine Umstellung auf DAB+ oder Satellitenempfang in der gebotenen Zeit bis 2014 nicht leisten können.

Der Norddeutsche Rundfunk versorgt mit dem Programm NDR Info Spezial 972 vom Sender Hamburg auf gleicher Frequenz die Deutsche Bucht und Teile der Ostsee. Auch das Deutschlandradio versorgt über den Langwellensender Oranienburg 177 kHz große Teile der Ostsee bis hinauf in das Kattegat und den Skagerrak. Seeleute schildern, wie froh sie waren, als sie beispielsweise in Estland ohne Zugang zu irgendwelchen Kommunikationsmöglichkeiten den Sender mit den Seewetterberichten und anderen Hörsendungen empfangen konnten, weil sie sonst von der Welt abgeschnitten gewesen wären.

Im Rahmen der meteorologischen Sicherung der Seefahrt versorgt der Deutsche Wetterdienst die Sender mit dem Seewetterdienst, der zu den Kernaufgaben des DWD gehört. Ohne diese Information ist hier grundsätzlich Gefahr im Verzug. Die Witterungsbedingungen wechseln nämlich oft sehr schnell und überraschend. Das kann auf hoher See Leben kosten. Ohne Seewetterbericht sind kleine Schiffe quasi schutzlos den Naturgewalten übergeben.

„Düstere Zukunft: 2015 stirbt die Mittelwelle“ schreibt auch die ARD. Weiter liest man - ich zitiere -:

„Analoge Mittel- und Langwellensignale zeichnen sich hingegen durch eine gute Reichweite aus. Sie eignen sich zur Versorgung von Gebieten ohne funktionierende UKW- oder DAB-Sendernetze, wie etwa Teile der offenen See oder von Naturkatastrophen betroffene Landstriche. Die Aufrechterhaltung einiger MW-Sender als ‚Backup’ dürfte sich vermutlich jedoch nur schwer rechtfertigen lassen.“

Dänemark allerdings hat per Gesetz den Langwellensender Kalundborg auf 243 kHz hauptsächlich zwecks Übertragung des Seewetterberichtes erhalten.

(Unruhe)

Bei der Verbreitung dieser Seewetterberichte und Warnungen ist der Deutsche Wetterdienst auf die Unterstützung dieser öffentlich-rechtlichen Hörfunksender angewiesen.

(Anhaltende Unruhe)

Moment, bitte, Frau König! - Ich möchte Sie darum bitten, der Rednerin Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. - Vielen Dank.

Die über die Mittel- und Langwellensender ausgestrahlten Wetterinformationen sind speziell auf die küstenferne Kleinschifffahrt und die Sport- und Freizeitschifffahrt zugeschnitten.

„Da die Einführung von Digitalradio (DAB+) keinerlei Ersatz für die geplante Einstellung der MW/LW darstellt, haben sich die Kreuzer-Abteilung des DSV und der DWD dafür eingesetzt, dass, schon aus Gründen der Daseinsvorsorge, entgegen der Forderung der KEF, eine möglichst lange Übergangsfrist vorgesehen wird. Nur damit wird gewährleistet, dass für die meteorologische Sicherung der Kleinschifffahrt und der Sport- und Freizeitschifffahrt ein weicher Übergang zu alternativen Empfangstechnologien sichergestellt ist.“

Dieses Zitat macht klar, dass das so wichtig ist, dass man sich dem beugen sollte. Das sind nämlich Gründe genug, um die Abschaltung noch mindestens um ein Jahr hinauszuschieben. Hier geht es nicht um Ideologie, sondern es geht um Sicherheit für die Menschen auf hoher See.

Wenn Dänemark diese Daseinsvorsorge sogar gesetzlich festschreibt, dann sollten wir uns zumindest Gedanken darüber machen, ob wir nicht in der Lage sind, wenigstens noch ein Jahr zu warten, bis auch die Letzten eine andere Versorgung haben und wir diese Sicherheit auch wirklich gewährleisten können.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau König. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Menge das Wort. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau König, weil Sie so spät gekommen sind, hatte ich gedacht, Ihnen ist klar geworden, dass dieser Antrag so überflüssig ist wie High Heels für Kühe.

(Heiterkeit bei der SPD)

Aber Sie sind nun doch noch gekommen. Deshalb möchte ich zu diesem unsäglichen Antrag gerne etwas sagen.

Erstens. Dem Grundversorgungsauftrag, den Seewetterdienst aufrechtzuerhalten, kommen, wie auch bisher, die Rundfunkanstalten sehr wohl nach. Seewetterberichte werden nach wie vor vom Deutschlandradio, vom NDR über UKW, über DAB+ und über Satelliten verbreitet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An vielen Häfen ist auch das 21. Jahrhundert angekommen, und es wird bereits kostenlos ein WLAN-Zugang angeboten.

Die Berufsschifffahrt, das Fischereigewerbe sowie ein Großteil der Freizeitkapitäne haben längst auf Informationen über Satellit umgerüstet, sodass sie durchaus in der Lage sind, Sturmwarnungen und Wetterinformationen zu empfangen. Sie nutzen z. B. das Informationssystem über Seewetter, die eigene Software oder den SEEWIS-Internetservice mit speziellen Informationen für die Nord- und Ostsee bis hin zu Angeboten rund um Wetter und Klima im Ausland.

Zweitens. Dass sich die Mittelwelle wirtschaftlich nicht rentiert, hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten - kurz: KEF - ermittelt. Die KEF hat von den Rundfunkanstalten folgerichtig gefordert, ein Abschaltkonzept für die Lang- und Mittelwellenausstrahlung vorzulegen. Um, wie von der FDP gefordert, die unwirtschaftliche Mittelwelle für eine Übergangszeit aufrechtzuerhalten, müssten die Sendeanstalten ein Finanzvolumen von zusätzlich 20 Millionen Euro in die Hand nehmen - Geld, das sie nicht haben, Geld, das an anderer Stelle wesentlich wichtiger wäre.