Protocol of the Session on October 26, 2016

Auf dem Dümmer sind die Voraussetzungen andere als auf dem Steinhuder Meer, und die haben sich auch in den letzten dreieinhalb Jahren nicht geändert.

Ich bin auch nicht der Meinung des Kollegen Dr. Hocker, dass die Verordnung angepasst werden müsse - Zitat! -, „damit alle Interessen gewürdigt und berücksichtigt würden“. - Das Zitat ist aus der Ausschussniederschrift vom 8. August.

Frau Moldenhauer, Herr Dr. Hocker lässt nicht locker. Er hat das nicht verstanden, wie Sie das mit „lieber noch nicht“ meinten. Später oder heute gar nicht?

Heute gar nicht, Herr Dr. Hocker. Klare Ansage. - Bitte!

Es gibt viele Situationen, in denen nicht immer alle Interessen berücksichtigt werden können, weil gute Gründe dagegen sprechen. Ich frage mich in diesem Zusammenhang auch, ob es sinnvoll ist, dass wir immer alles überall möglich machen müssen. Sie, Herr Dr. Hocker, haben doch selbst von Schwerpunktsetzungen gesprochen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ja!)

Ich denke auch an das 77 Seiten umfassende Dokument des Vereins Love it like a local e. V. Der Internetauftritt trägt den erläuternden Untertitel „Gemeinsam gegen Surf- und Kiteverbote“. In diesem Dokument, das uns vorlag, wird rasant durch die in diesem Jahr vorgelegte Studie des NLWKN zur Auswirkung von Kitesurfing auf Brut-, Rast- und Zugvögel gesurft und mit Wind und hohem

Wellenschlag versucht, die Aussagen der Studie zu widerlegen. Mit wenig Erfolg.

Ich erwähne das Schreiben der Kitesurfer aus einem ganz anderen Grund. Dort lesen wir auf Seite 31 der Zusammenstellung, „Kitesurfen findet immer nur an wenigen Tagen statt“. Damit möchte der Verein den Argumenten der Naturschützer entgegentreten. Ich möchte dagegen den Blick auf den Antrag werfen. „An wenigen Tagen“ - wo, bitte, ist da die touristische Wertschöpfung für die Dümmer-Region? Wie sollen damit eine nachhaltige Verbesserung der Gästezahlen und eine wirtschaftliche Erholung des Dümmer-Tourismus geleistet werden, wie in Ihrem Antrag beschrieben wurde?

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Problematik, mit der wir es am Dümmer und um ihn zu tun haben, ist durch die Genehmigung des Kitesurfens mitnichten aufzuheben. Um die Dümmer-Region attraktiver zu machen, das Potenzial im Tourismusbereich zu heben und zu fördern, bedarf es anderer Maßnahmen. Das wissen wir hier alle.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Welcher Maßnahmen denn?)

Etliche dieser Maßnahmen sind bereits in Arbeit.

Noch ein Zitat von Herrn Hocker, das ich gern noch anbringen möchte. Am 23. Oktober 2012, bei einer Podiumsdiskussion in Hüde am Dümmer, sagte er: Allerdings dauern politische Prozesse länger, und ich bitte darum um Nachsicht.

Wir werden Sie ab und an daran erinnern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Moldenhauer. - Herr Dr. Hocker hat sich jetzt zu einer Kurzintervention auf Ihre Rede gemeldet. Er hat für 90 Sekunden das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Verehrte Frau Kollegin Moldenhauer, zuerst einmal herzlichen Dank dafür, dass Sie ein vier Jahre altes Zitat von mir herausgesucht haben. Das freut mich sehr. Dazu stehe ich nach wie vor. Denn bereits damals haben wir - ich glaube, sogar gemeinsam - darüber diskutiert, welche touristischen Konzepte gerade für den Dümmer geplant werden können.

Da interessiert es mich, hier jetzt ganz konkret einmal von Ihnen, die Sie ja lokale Abgeordnete sind, zu hören, wenn Sie heute gegen diesen Antrag stimmen werden: Welche touristischen Konzepte haben Sie denn für eine derartig gebeutelte Region, in der seit Jahren Fische sterben, in der Sie Milliarden und Abermilliarden Fliegen haben, die letztlich auch das Segeln immer unattraktiver werden lassen? Was sind Ihre touristischen Konzepte für den Dümmer? - Darauf sind Sie heute leider jede Antwort schuldig geblieben.

(Beifall bei der FDP)

Ich stelle fest, es gibt keine Wortmeldung aus der SPD-Fraktion zur Erwiderung. Deswegen fahren wir in der Redeliste fort. Das Wort hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege HansJoachim Janßen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen der FDP in Niedersachsen haben wieder ein Thema gefunden, um die Freiheit in Niedersachsen zu verteidigen.

(Christian Grascha [FDP]: So ist das!)

Freiheit für Kitesurfer, Kiten auch am Dümmer! So fordert es der vorliegende Antrag.

(Jörg Bode [FDP]: Was ist daran schlecht?)

Meine Damen und Herren, das Kitesurfen wird in Niedersachsen genauso behandelt wie alle anderen Wassersportarten. Für Gewässerbenutzungen wie das Segeln, das Windsurfen oder auch das Tretbootfahren gilt grundsätzlich ein Erlaubnisvorbehalt. Da, wo es sich um besonders geschützte Gewässer handelt, muss abgewogen werden, ob und wie die Auswirkungen der Gewässernutzungen verträglich sind.

Dümmer und Steinhuder Meer sind beliebte Erholungsorte, die für verschiedene Wassersportarten genutzt werden. Dümmer und Steinhuder Meer sind aber auch wertvolle Naturräume, die als FFH- und Vogelschutzgebiete ausgewiesen sind.

(Heiner Schönecke [CDU]: Kann nur kein Mensch nutzen!)

Die Interessen der Freizeitsportler müssen also mit den Belangen des Naturschutzes abgewogen werden. Beides angemessen unter einen Hut zu bringen, ist das Ziel der Dümmer und Steinhuder Meer-Verordnung.

Jede Gewässernutzung hat Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt. Das Kiten ist ja eine relativ junge Sportart. Dennoch liegen verschiedene Studien vor, die dokumentieren, welches Störpotenzial das Kitesurfen hat. Wenn der Wind ordentlich weht, sind auch Amateursportler mit Geschwindigkeiten von 30 bis 40 km/h unterwegs. Die Kitedrachen an den langen Lenkschnüren sind weithin sichtbar. So werden beispielsweise Wasser- oder Watvögel aufgeschreckt oder beim Brüten gestört.

Am Steinhuder Meer, dem größten See Niedersachsens, gibt es eine Kitesurfzone. Auf dieser ausgewiesenen Wasserfläche ist das Kiten von März bis November ausdrücklich erlaubt. Wie die Region Hannover in der Unterrichtung im Umweltausschuss allerdings dargestellt hat, ist es dennoch nicht ganz einfach, die Nutzung tatsächlich auf diese Zone zu begrenzen. Für den Ranger wurde extra ein Boot angeschafft, damit er Kitern hinterherkommt, die die Grenzen der Kitezone missachten. Ein solcher Kompromiss zwischen Wassersport und Naturschutz ist in der Umsetzung also ein täglicher Balanceakt. Das sehen wir übrigens auch im Nationalpark Wattenmeer, wo es ebenfalls Kitesurfzonen gibt.

Der Dümmer ist aber nicht einmal halb so groß wie das Steinhuder Meer, und auch der Dümmer steht als FFH- und Vogelschutzgebiet unter besonderem Schutz. Am Dümmer ist daher keine ausreichend große Fläche gegeben, auf der das Kiten mit den Naturschutzanforderungen vereinbar wäre. In diesem Fall geht der Naturschutz vor. Wenn eine verträgliche Nutzung nicht möglich ist, kann das Kiten hier nicht zugelassen werden. Denn Natura2000-Gebiete sind die Filetstücke im Naturschutz. In diesen wenigen Gebieten in Niedersachsen hat der Naturschutz ausnahmsweise einmal Vorrang.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Janßen. - Für die CDUFraktion hat Herr Kollege Martin Bäumer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich meinen Redebeitrag mit zwei Fragen beginnen. Entwickelt sich Natur dynamisch? Besteht deshalb von Zeit zu Zeit Anpassungsbedarf? - Ich glaube, dass man diese beiden Fragen mit Ja beantworten kann. Natur ist dynamisch. Die Dinosaurier sind ausgestorben, Mammuts gibt es auch seit vielen Tausend Jahren nicht mehr, und das ohne menschliches Zutun. Das hat sich einfach so entwickelt.

(Zuruf von Hans-Joachim Janßen [GRÜNE])

Tiere, lieber Kollege Janßen, passen sich an. Ich möchte Ihnen noch die folgende Frage stellen: Können sich auch Menschen an bestimmte Veränderungen, an neue Gegebenheiten und an Dinge, die sich entwickelt haben, anpassen? - Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, Menschen können sich anpassen, wenn sie denn wollen. Aber von „wollen“ kann gerade in Zusammenhang mit diesem Antrag überhaupt keine Rede sein. Denn dieser Antrag wurde von den Regierungsfraktionen leider Gottes durch das Plenum gejagt. Ein Termin jagte den anderen. Insofern war hierzu keine vernünftige Beratung möglich.

Aus unserer Sicht war der Gipfel der Unverfrorenheit, dass man es abgelehnt hat, eine vernünftige Anhörung durchzuführen. Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz deutlich: Wir hätten uns gerne mit denen unterhalten, die das Kitesurfen propagieren - nicht um ihnen das Wort zu reden, sondern um zu hören, welche Argumente sie dafür haben, dass sie ihren Sport vernünftig ausüben wollen. Aber das war mit den Fraktionen von SPD und Grünen überhaupt nicht möglich.

Wir hätten gerne diskutiert, aber Sie haben gesagt: Wir wollen das nicht, wir lehnen das ab. - Das ist nicht zum ersten Mal passiert, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich weiß nicht, wie das in anderen Ausschüssen gehandhabt wird. Im Umweltausschuss ist es immer so: Wenn irgendein Thema unangenehm werden könnte, wenn Gruppen in den Landtag kommen könnten, die ihre Sicht der Dinge darlegen könnten, dann lehnen Rot und Grün, SPD und Grüne, Anhörungen konsequent ab,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Marcus Bosse [SPD]: Unfug!)

weil sie Angst davor haben, dass hier andere Meinungen zu Wort kommen.

Lieber Herr Kollege Bosse, das ist kein Unfug. Wenn Sie das weiterhin behaupten, dann fange ich einmal an zu zählen.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Dann mal los!)

Dann werden Sie irgendwann rot, weil Sie nämlich zugeben müssen, dass die Zahl 10 schon längst überschritten ist.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei den GRÜNEN)

Ich persönlich bin immer dafür, dass man auch mit den Menschen, die einem unangenehm sind, in einen Dialog eintritt. Aber Dialog ist für Sie hier auf der linken Seite ein Fremdwort. Ich finde das schade.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ronald Schminke [SPD]: Das ist ja abenteuerlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, dass man manchmal verkürzt wiedergegeben wird. Natürlich werden Sie gleich behaupten, die CDU wolle keinen Naturschutz. Das ist kompletter Blödsinn. Auch wir als CDU, auch wir als konservative Partei wollen Naturschutz - aber einen Naturschutz, bei dem auch der Mensch seine Berechtigung hat.