Tagesordnungspunkt 12: Abschließende Beratung: Anpassung der Dümmer und Steinhuder MeerVerordnung (DStMVO) an die aktuellen touristischen und wirtschaftlichen Belange - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/5823 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/6590
Wir treten in die Beratung ein. Für die Antragsteller hat Herr Abgeordneter Dr. Gero Hocker, FDPFraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anforderungen und Wünsche, die Menschen im Jahr 2016 an die Nutzung von Natur haben, sind andere als noch vor 50 oder 100 Jahren. Man erklimmt Berge nicht mehr allein auf Schusters Rappen, sondern vielleicht mit dem Mountainbike; man joggt in atmungsaktiver Kleidung statt in Baumwolle; Frauen sitzen beim Reiten im Damensitz,
(Helge Limburg [GRÜNE]: Herr Dr. Hocker! Die sitzen ja wohl nicht mehr im Damensitz! Die sitzen im Sportsattel!)
Meine Damen und Herren, auch wenn Sie es nicht wahrhaben möchten: Die Menschen möchten sich im Jahr 2016 anders in der Natur bewegen, als das vor 50 oder 100 Jahren der Fall gewesen ist. Sie möchten sie anders erleben und erfahren. Und wenn wir nicht die entsprechenden Verordnungen an diese veränderten Nutzungswünsche anpassen, die die Menschen an die Natur haben, dann werden die Menschen nicht aufhören, ihren Hobbys nachzugehen, sondern dann werden sie diese Hobbys eben anderswo ausüben, und dann schauen touristisch relevante Regionen des Lan
Das gilt, Herr Kollege Limburg - ich hoffe, Sie werden sich gleich noch zu Wort melden, damit all die Kommentare, die von Ihnen kommen, für alle hier vorne hörbar werden; da wird es offensichtlich das eine oder andere humoristische Bonmot geben -, übrigens genauso für den Wassersport. Gerade an Sie von den Grünen gerichtet, sage ich: Die Zeiten, in denen der einzige Wassersport darin bestand, dass Menschen in geschlechtlich getrennten, abgesperrten Bereichen und nach heutigen Maßstäben häufig in voller Montur ins Wasser gehen, sind seit 100 oder 150 Jahren vorbei. Wir kennen das nur noch von alten Postkarten mit Sütterlinschrift.
Heute wird auf unseren Binnengewässern, Herr Kollege Limburg, gesegelt, gesurft, getaucht, Motorboot gefahren etc. pp. Auch das Kiten gehört zu diesen modernen Formen von Gewässer- und Naturnutzung, auf die die Politik eine Antwort finden muss, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ihre Verweigerungshaltung wird nicht dazu führen, dass sich Menschen vom Kite- oder Wakeboard wieder ins Ruderboot setzen und wie vor 100 Jahren Wassersport betreiben,
(Helge Limburg [GRÜNE]: Wenn alle im Ruderboot sitzen würden, würden wir noch mehr Medaillen bei Olympia holen!)
sondern sie werden einfach nicht mehr ans Steinhuder Meer oder an den ohnehin schon gebeutelten Dümmer fahren, Herr Kollege Limburg, und dann schaut der Tourismus in Niedersachsen mit vielen Tausenden Arbeitsplätzen - viele davon am Dümmer und am Steinhuder Meer - in die Röhre. Das wollen wir verhindern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Man würde das Präsidium als Abgeordneter von diesem Pult aus natürlich nie kritisieren, aber es ist manchmal schon schwierig, sich Gehör zu verschaffen,
(Zurufe von den GRÜNEN: Oh! - Ott- mar von Holtz [GRÜNE]: Das sind ge- nau die Zurufe, die Sie bei uns auch immer machen!)
verehrter Herr Präsident, wenn der Kollege Limburg ganz tief Luft holt und sich das dann hier in Worten Bahn bricht.
Ich sage nur eines, Herr Kollege Limburg: Auch die Natur an Steinhuder Meer und Dümmer wird von Ihrer Verweigerungshaltung nicht profitieren. Denn wenn weniger Menschen die Chance haben, Natur auch auf diesem Wege zu erleben - z. B. beim Kitesurfen -, dann sinkt auch die Akzeptanz für Naturschutzbelange bei denjenigen, die diesen Sport ausüben möchten, und auch bei denjenigen, die davon profitieren, wenn Menschen in ihre Region kommen.
Ihre Strategie, am liebsten über Dümmer und Steinhuder Meer eine Käseglocke zu stülpen, den Menschen auszuschließen und sich modernen Nutzungsformen der Natur nicht zu öffnen, erinnert fatal an den Mann, der die Uhren zurückstellt, um Zeit zu gewinnen - am besten gleich in Frack und Zylinder und mit Opas Taschenuhr. Genauso altmodisch wie diese Erscheinung kommt mir Ihre Naturschutzpolitik beim Dümmer und beim Steinhuder Meer vor.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Jens Nacke [CDU] - Anja Piel [GRÜ- NE]: Noch tiefer in die Mottenkiste konnten Sie nicht greifen!)
Vielen Dank, Herr Dr. Hocker. - Wir alle haben Sie noch verstanden; wir hatten das im Ohr und im Blick und auch im Griff, was sich hier tut. Aber es ist wieder einmal so: Es geht auf den Feierabend zu; es wird später und dunkel draußen, und die Geräuschkulisse und die Zahl lang anhaltender Zwischenrufe steigen an.
Im Interesse aller Rednerinnen und Redner, die heute noch sprechen: Bitte fahren Sie die Geräuschkulisse ein bisschen herunter! Bitte beschränken Sie sich auf kurze Zwischenrufe, die die Würze des Parlaments sind, wie ich es immer for
Jetzt geht es weiter mit der Wortmeldung aus der SPD-Fraktion. Frau Kollegin Luzia Moldenhauer hat das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war ja sehr blumig, was Sie erzählt haben, Herr Dr. Hocker. Also reden wir über das Kitesurfen. Aber reden wir über das Kitesurfen im Allgemeinen? - Nein, wir reden über das Kitesurfen auf dem Dümmer, das unserer Meinung nach nicht erlaubt werden sollte. Deshalb empfehlen wir mit der Mehrheit des Umweltausschusses dem Landtag, den Antrag der FDP-Fraktion abzulehnen.
Es mutet schon etwas merkwürdig an, wenn ein Antrag auf Genehmigung eines Sachverhalts gestellt wird, den man selbst dreieinhalb Jahre zuvor abgelehnt hat. Was ist passiert? - Das Kitesurfen auf dem Dümmer war nicht erlaubt, weil es einer ausdrücklichen Zulassung durch die Wasserbehörde bedarf, und die war und ist nicht gegeben. Wegen der gemeinsamen Verordnung für beide Wasserflächen gab es aber wohl immer wieder Anfragen, ob das Kitesurfen auf dem Dümmer nicht doch erlaubt sei, so wie es - Stand heute - seit fast 15 Jahren in einer festgelegten Zone und zu bestimmten Zeiten auf dem Steinhuder Meer erlaubt ist.
Aus diesem Grund hat sich der NLWKN zur Klarstellung des Sachverhalts für die Formulierung eines Kiteverbots auf dem Dümmer in Abstimmung mit dem Umweltministerium entschieden. Die Änderung wurde am 15. Februar 2013 vorgenommen. Es war der damalige Umweltminister Dr. Birkner, der dem Ansinnen des Verordnungsgebers, also des NLWKN, ein ausdrückliches Verbot des Kitesurfens in die Verordnung aufzunehmen, zustimmte.
Was hat sich denn in den vergangenen dreieinhalb Jahren geändert? Ist der Dümmer größer geworden? Sind weniger Rast- und Watvögel gezählt worden? - Nein, meine Damen und Herren, an den Gründen für ein Verbot hat sich eben nichts geändert. Es gab und gibt gute Gründe des Naturschutzes und der Sicherheit, die für die getroffene Ent
Ich sprach schon kurz über die Größe. Der Dümmer ist nur etwa halb so groß wie das Steinhuder Meer. Etwa 80 ha Wasserfläche sind auf dem Steinhuder Meer für das Kitesurfen freigegeben. Diese wird im Übrigen von den Surfern selbst als zu klein angesehen. Aber diese Größe ist schon problematisch für den kleineren See. Eine vergrößerte Zone wäre für den Dümmer nicht umsetzbar.
Ich will hier gar nicht auf die Nutzungskonflikte in Form von Regelübertretungen auf dem Steinhuder Meer eingehen, über die wir im Ausschuss von der Region Hannover informiert wurden. Dafür reicht meine Zeit nicht.
Doch ist nicht nur die Wasserfläche des Dümmers für die Ausübung der Sportart zu klein, sondern auch die infrage kommenden Einsatzstellen bieten nicht genügend Raum, um Konflikte mit weiteren Nutzungsarten am und auf dem See zu vermeiden. Hierbei wird auch auf mögliche Unfallrisiken hingewiesen, auf Unfälle, die nicht unerheblich tragisch enden können. Sicherheitsaspekte stehen hier einer Nutzung entgegen. Sollte nicht auch hier die Sicherheit des Menschen oberste Priorität haben?
Frau Kollegin Moldenhauer, ich darf Sie einmal unterbrechen. Herr Dr. Hocker würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?
Wir haben es an und auf dem Dümmer auch mit einem FFH- und Vogelschutzgebiet zu tun, und wir wissen, dass dort besonders hohe Schutzanforderungen bestehen, bezogen auf die dort lebenden Brut- und Rastvogelarten.
Mehrfach wurde vom Umweltministerium darauf hingewiesen, dass es durch das Kitesurfen zu erheblichen Störeffekten auf Wasser- und Watvögel kommen kann. Wenn die Wasserfläche groß genug ist, dass surfender Mensch und Ruhe suchender Vogel genügend Platz zwischen sich lassen können, sind Ausübung der Sportart und Naturschutz miteinander vereinbar. Deshalb geht es überhaupt nicht um eine grundsätzliche Ablehnung des Kitesurfens oder um ein Vertreiben der Menschen aus der Natur. Das ist populistisch.
Auf dem Dümmer sind die Voraussetzungen andere als auf dem Steinhuder Meer, und die haben sich auch in den letzten dreieinhalb Jahren nicht geändert.