Protocol of the Session on October 26, 2016

Deswegen finde ich den Antrag der FDP wirklich wegweisend. Es tut mir, ehrlich gesagt, leid, dass wir da nicht zusammengekommen sind. Das soll jetzt nicht irgendwie dahingesagt sein, sondern ich halte das in dem Zusammenhang mit dem, was wir schon machen, wirklich für eine wertvolle Initiative.

Ich wiederhole es: Es wird schon viel gemacht. Aber es würde sehr helfen, wenn wir das machten, was die FDP vorgeschlagen hat. Da eigentlich wir alle kleine Museen zu Hause haben, hatte ich ei

gentlich gedacht, dass auch Sie ein Herz für kleine Museen haben

(Helge Limburg [GRÜNE]: „Zu Hause“ ist schön!)

und dass Sie sich heute vielleicht doch noch einmal Ihre Haltung gegenüber diesem Antrag überlegen. Es tut nicht weh - wirklich nicht -, und Sie würden zu Hause, ehrlich gesagt, viel gewinnen. Versuchen Sie es doch einmal! Die Museen werden es Ihnen danken.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich gebe die Hoffnung nicht auf und bin gespannt, was Sie sagen werden.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kohlenberg, für die freie Rede. - Jetzt hat sich Ulf Prange von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hoffnung werde ich leider nicht erfüllen können.

(Gudrun Pieper [CDU]: Schade!)

Das Thema ist aber in der Tat spannend. Die Überschrift des Antrags hat durchaus auch Interesse geweckt. Deswegen, Frau von BelowNeufeldt, haben wir uns ja mindestens zweimal, glaube ich, zu diesem Thema getroffen und ausgetauscht.

(Ulf Thiele [CDU]: Ihr könnt ja nicht al- les ablehnen!)

Von Ideenlosigkeit kann nicht die Rede sein. Ich glaube auch, dass uns diese Schwarzmalerei nicht weiterhilft.

Dass Sie das Thema angesprochen haben, ist nicht falsch, und auch die Zielsetzung, die hinter dem Antrag steht, ist ja nicht falsch. Dass die Lagerbedingungen in Museen nicht gut sind, will ich auch nicht in Abrede stellen. Trotzdem sind die Vorschläge, die Sie in Ihrem Antrag aufgezeigt haben, aus unserer Sicht nicht die geeigneten, um dieses Ziel zu erreichen.

Es fängt damit an, dass Sie in Ihrem Antrag darauf hinweisen, dass nur ein Bruchteil - 5 bis 10 % - der Gesamtbestände gezeigt wird. Das haben Sie eben auch noch einmal ausgeführt. Aber das sug

geriert ja ein bisschen, dass das ein niedersächsisches Phänomen sei. Das ist aber mitnichten der Fall. Ich glaube, es liegt in der Natur der Sache, dass Museen nicht alles zeigen können. Das ist räumlichen Gründen geschuldet. Wenn man eine Ausstellung macht, muss man immer eine Auswahl treffen. Das macht ja auch das Konzept aus, das dahinter steht. Es gibt Sonderausstellungen, es gibt Leihgaben, sodass die Bestände aus Niedersachsen auch den Weg an andere Orte finden. Vor allen Dingen gibt es viele Exponate - gerade im naturwissenschaftlichen Bereich -, die gar nicht erworben worden sind, um sie auszustellen, sondern die Forschungszwecken dienen.

Das, was an diesem Antrag etwas ärgerlich ist, sind aus unserer Sicht zwei Punkte: Das eine ist, dass alles das, was im Prinzip schon gemacht wird, nicht in den Blick genommen wird, dass man an vielen Stellen einfach wieder bei null anfängt und dass man zentrale Lösungen für das ganze Land fordert, ohne zu gucken, was bereits in den Regionen vorhanden ist. Das zu stärken, wäre sicherlich der bessere Ansatz.

Der zweite Punkt ist natürlich die Kostenfrage. Das, was Sie fordern - das gilt insbesondere, wenn wir über Lagerbedingungen, zusätzliche Depots, Zentraldepots oder was auch immer sprechen -, ist natürlich mit einem hohen Kostenaufwand verbunden. Hier stehen Land und Kommunen sicherlich beide in der Pflicht. Wenn Sie das hier aufrufen, erwarte ich aber auch, dass Sie konkrete Finanzierungsvorschläge machen. In Zeiten von SchwarzGelb ist im Kulturbereich ja eher gekürzt als aufgesattelt worden. Wir machen das Gegenteil. Wir haben jetzt auch mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf wieder Aufwüchse im Kulturbereich. Das ist auch eine Entwicklung entgegen dem Bundestrend. Ich denke, wenn man solche Forderungen, die Kosten auslösen, in den Raum stellt, gehört auch ein Finanzierungsvorschlag dazu.

Ich will noch kurz etwas zu den einzelnen Punkten sagen. Sie fordern eine Bestandsaufnahme über die Situation der Depots. Das Museumsgütesiegelverfahren ist bereits angesprochen worden. Circa 100 Museen sind zertifiziert. Aber eine viel größere Zahl der Museen - etwa 300 - sind im Verfahren bzw. haben daran teilgenommen. Damit haben wir über das Museumsgütesiegelverfahren eigentlich schon diese Bestandsaufnahme, die Sie einfordern. Für alle 700 Museen - gerade für die kleinen Häuser - ist das vermutlich auch gar nicht leistbar.

Der zweite Punkt betrifft die Verbesserung der Lagerbedingungen. Auch heir gilt: Bestandteil des Gütesiegelverfahrens ist es gerade, sich die jeweilige Situation vor Ort anzuschauen und auch Empfehlungen z. B. aus den ICOM-Standards für Museen abzuleiten, die ja im Museumsgütesiegelverfahren festgelegt sind, und daraus passgenaue Konzepte für die einzelnen Häuser zu entwickeln und insbesondere auch eine Sensibilisierung in den Museen für das Thema Lagerbedingungen herzustellen.

Sie fordern auch Rahmenbedingungen und Empfehlungen für die Annahme, die Inventarisierung von neuen Exponaten. Dazu gibt es einen Leitfaden „Nachhaltiges Sammeln“ vom Museumsverband. Auch das MWK hat 2014 einen Leitfaden zum Erwerb von Museumsgut herausgegeben.

Sie fordern neue Sammlungsstrukturen. Dazu schlagen Sie vor, in Niedersachsen Zentralmagazine auf den Weg zu bringen. Diesen Vorschlag halten wir für nicht umsetzbar, weil der Bedarf ja vor Ort erfüllt werden muss. Depots und Magazine müssen sich in räumlicher Nähe zu den Ausstellungsräumen befinden. Zentralmagazine sind insofern sicherlich nicht die beste Lösung.

Im Rahmen der Anhörung, die wir durchgeführt haben, haben wir uns ja auch über das Projekt „Kunst auf Lager“ unterrichten lassen. Dabei hat sich gezeigt, dass es da ja einen sehr guten Weg gibt, Geld zur Verfügung zu stellen, um in vorhandene Strukturen zu investieren und diese zu stärken.

Des Weiteren fordern Sie Rettungskonzepte für besondere Exponate. Auch da ist, glaube ich, ein Konzept für das ganze Land, für alle Museen, die im Flächenland Niedersachsen ja ganz unterschiedlich sind - vom kleinen Heimatmuseum bis zum Landesmuseum -, sicherlich schwierig. Auch da ist es sicherlich sinnvoller, die Beratungsangebote des Museumsverbandes noch einmal in den Fokus zu rücken. Da gibt es eine gute Beratung. Im Übrigen gibt es auch Brandschutzvorschriften usw.

Wir hatten in der Anhörung auch Herrn Lochmann vom Museumsverband zu Gast, der gesagt hat, dass außer dem Fall in Braunschweig, den Sie angeführt hatten, keine Fälle bekannt seien, in denen es schwerwiegende Probleme in dem Bereich gebe.

Sie haben auch das Thema Internetauftritt angesprochen. Darüber haben wir schon beim letzten

Plenum gesprochen. Das betrifft die Digitalisierungsinitiative Kultur 4.0 der FDP. Es ist durchaus richtig, dass man Kultur für Digitalisierung öffnet. Dafür gibt es aber das Kulturerbe-Portal und das Portal des Museumsverbandes, die miteinander verlinkt sind und für Museen umfassende Möglichkeiten bieten, ihre Exponate dort einzustellen und sichtbar zu sein. Dafür brauchen wir keine zweite Struktur, die wiederum eine Menge Geld kostet. Das Geld, das dafür aufgewendet werden müsste, sollte man stattdessen in andere Dinge investieren, z. B. in neue digitale Formate usw. Ich glaube, das wäre der bessere Ansatz.

Schlussendlich: Ich glaube, wir sind uns relativ einig darin, dass das Ehrenamt und die Museumspädagogen wichtig sind. Ich will im Namen der SPD-Fraktion ausdrücklich allen denjenigen danken, die sich ehrenamtlich in Museen engagieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ohne diese Helfer wäre vieles nicht möglich. Das muss und sollte man an dieser Stelle hervorheben. Ich finde es sehr wichtig, herauszustellen, dass das ein großer Beitrag für kulturelle Vielfalt im Land ist - gerade in der Fläche, in der wir auf das Ehrenamt angewiesen sind. Aber auch dort gibt es Konzepte. Uns ist im Ausschuss vom Haus vorgestellt worden, wie man das Ehrenamt in diesem Bereich stärken will.

Was Museumspädagogen anbelangt, weise ich darauf hin, dass es vor Ort in den Regionen Strukturen gibt, aus denen Museumspädagogen über die regionalen Bündnisse zur Verfügung gestellt bzw. abgefragt werden können.

Insofern ist vieles von Ihrem Antrag schon in Arbeit. Wir können daher nicht zustimmen, weil Sie insbesondere die Kostendeckung hier schuldig geblieben sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Prange. - Jetzt hat sich Volker Bajus, Bündnis 90/Die Grünen, gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin immer beeindruckt, wenn ich den

starken Einsatz der vielen engagierten Menschen in Museen sehe, z. B. beim Gestalten von Ausstellungen oder beim lebhaften Erklären der Exponate, vielfach ehrenamtlich in der Freizeit. Wir erfreuen uns in Niedersachsen an einer großen Vielzahl und Vielfalt von Museen. Rund 500 dürften es sein, laut Wikipedia sogar 625. Ich glaube, da sind die Heimatstuben mitgezählt.

Es kommen nicht nur hauptamtliche, sondern auch unzählige ehrenamtliche Stunden zusammen. Dafür - alle meine Vorrednerinnen und -redner haben es betont - ganz besonders herzlichen Dank!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Mit ihrem Antrag nimmt die FDP die Beständearchive und Depots der Museen in den Fokus. Das Aufbewahren und Lagern sind grundsätzlich zentrale Aufgaben von Museen. Angesichts der schieren Menge und der technischen Anforderungen der potenziell zu lagernden Materialien sind aber alle Museen quasi gezwungen auszuwählen. Dabei geht es nicht um die Quantität, sondern um die Qualität. Hierüber zu entscheiden, ist eher keine zentrale Aufgabe, sondern muss jeweils durch die Fachleute vor Ort verantwortet werden. Dafür ist es wichtig, dass die Museen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich stets für diese Aufgabe qualifizieren.

Sehr hilfreich für solche Prozesse ist das 2006 eingeführte Museumsgütesiegel, welches ausdrücklich auf organisatorisches Lernen, ja auf Qualitätsentwicklung setzt. Übrigens gibt es nicht nur zum Thema Sammeln, Deponieren und Lagern Standards des Internationalen Museumsrates. Entsprechende Handreichungen liegen u. a. vom Deutschen Museumsverband vor. Ausdrücklich erwähnen möchte ich auch den bundesweit einmaligen Leitfaden des Niedersächsischen Kulturministeriums zum Erwerb von Kunst, der einen besonderen Schwerpunkt auf Provenienzfragen legt. Nicht nur der Fall Gurlitt hat uns gezeigt, wie aktuell und wichtig gerade auch dieses Thema ist.

Dann ist da noch das Bündnis „Kunst auf Lager“, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Museen bei der Aufgabe des Aufbewahrens zur Seite zu stehen - mit Know-how, Beratung und Förderung. Aus Niedersachsen sind die Sparkassen, die VGH und die VW-Stiftung dabei, außerdem natürlich die Kulturstiftung der Länder.

Ausführlich haben wir uns über die gute Arbeit der Stiftung im Ausschuss informiert und auch den Museumsverband dazu gehört. Einen aktuellen Handlungsbedarf in Sachen Lagerung und Depots sahen die Experten allerdings nicht. Im Gegenteil sei es angesichts knapper Ressourcen wichtig, Doppelstrukturen und falsche Prioritäten zu vermeiden, aber auch lokales Engagement nicht durch Zentralismus zu demotivieren. Am Ende unserer durchaus ergiebigen und informativen Ausschussberatung blieb von den Anforderungen und Forderungen des Antrags nichts, was nicht doch schon gemacht wird oder was wirklich zielführend ist. Das sieht wohl auch die FDP-Fraktion selber so; denn in ihren Haushaltsanträgen für 2016 hat sie nicht einen Cent für diesen bereits im Sommer 2015 vorgelegten Antrag vorgesehen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aha!)

Warum Sie dennoch auf diesen Antrag beharren, bleibt Ihr Geheimnis.

Natürlich kann man alles mit beliebig mehr besser machen. Aber es bleibt dann genau das, nämlich beliebig.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir museal vor anderen Herausforderungen stehen. Die Frage ist doch: Wie interessieren wir Menschen für unsere Museen? Wie erreichen wir neue Zielgruppen? Was bedeuten der demografische Wandel, die Zuwanderung und der Wandel bei der Freizeitnutzung für den Vermittlungsauftrag der Museen? - Dafür aber setzt der Antrag die falschen Akzente. Wir brauchen Museen, keine Mausoleen -

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

lebendige Orte der Begegnung, der kulturellen Bildung und Teilhabe. Insofern können wir diesem Antrag nicht zustimmen.