Protocol of the Session on June 10, 2016

Das ist das, was wir wollen: Wir wollen eine befristete Notmaßnahme haben, und wenn es zusätzliche Hilfsgelder gibt, dann sollen sie dem Ziel dienen, dass die Menge reduziert wird. Bei Obst und Gemüse haben wir das übrigens wegen des Russland-Embargos. Das hat der Bund gerade wieder abgefragt. Es gibt einen Topf zur Ausfallentschädigung. Ein Obstbauer in Polen kann sagen: Ich entlaste den Markt, ernte nicht und bekomme dann eine Entschädigung dafür. - Diese Möglichkeit gibt es auch für den Milchmarkt. Das ist die Notbremse, die wir ziehen wollen.

Bevor die Unterstellung kommt: Wir haben niemanden vorab informiert. Die Informationen, auf die sich der Kollege Siebels bezogen hat, stehen in der Unterrichtung für den Agrarausschuss zum Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 17/5277 - „Landwirtschaftliche Betriebe retten - Liquiditätshilfen durch Landesbürgschaft zur Verfügung stellen“. Von daher wissen Sie spätestens seit dem 13. Mai - das ist das Datum dieser Unterrichtung -, dass es in Niedersachsen die Möglichkeit von Landesbürgschaften gibt.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das hat sich auf eine Frage von Helmut Dammann-Tamke bezogen, Herr Mi- nister! Lesen Sie doch mal das Proto- koll!)

Da brauchen Sie jetzt nicht zu schreien. Lesen hilft!

(Weitere Zurufe von der CDU-Frak- tion)

Wir haben Sie darüber informiert. Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf, nicht zu behaupten, es gebe kein Landesbürgschaftsprogramm.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Es folgt jetzt Frau Miriam Staudte. Bitte sehr!

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das war eine Frage von Dammann-Tamke! - Gegenruf von Wiard Siebels [SPD]: Ja, und darauf gibt es eine Vorlage! Du musst deine Unterlagen lesen! - Gegenruf von Frank Oesterhelweg [CDU]: Es ging um die Frage!)

Herr Siebels, Herr Oesterhelweg, bitte stellen Sie das Gespräch ein.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wir wollen das Geheimpapier haben!)

Bitte sehr, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund, dass die Opposition permanent eigentlich alle Maßnahmen zur Mengenreduzierung kritisiert hat, z. B. hat der Kollege Herr Dammann-Tamke - eigentlich wollte ich den Namen weglassen, aber da Sie vorhin wieder so permanent dazwischengerufen haben, nenne ich ihn - noch vor Kurzem am 23. Juni wörtlich gesagt, die Rückkehr zu Mengenregulierungsinstrumenten, wie der Landwirtschaftsminister sie fordere, sei der falsche Weg: Könnten Sie einmal einen Überblick darüber geben, wer inzwischen eigentlich für eine Mengenreduzierung plädiert?

Danke, Frau Kollegin. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Länderagrarminister plädieren für eine Mengenreduzierung. Da gibt es keine Fußnote. Das ist von CDU, CSU, SPD und Grünen die wichtigste Aussage. Der Agrarausschuss des Bundesrats hat mit übergroßer Mehrheit bei, glaube ich, zwei bis drei

Enthaltungen beschlossen, dass das unbedingt erforderlich ist. Bei dem Treffen mit den Molkereien in Niedersachsen gab es zwar eine Diskussion, ob das auf nationaler oder Landesebene gelten soll. Aber wenn Sie die Äußerungen in der Presse auch von der DMK von Herrn Stürtz verfolgen, dann stellen Sie fest, dass dort gesagt wird, wenn es eine europäische Mengenreduzierung gäbe, hätte man nichts dagegen, aber man warnt davor, es in einem Land im Alleingang zu machen. Das sehen wir auch so. Auch die Molkereien sind also dafür. Auch der Bauernverband sagt mittlerweile: Die Menge muss reduziert werden; wir haben dort ein Überkapazitätsproblem.

Der Einzige, der immer noch meint, an der Milchpreiskrise sei der Minister schuld, ist der von Ihnen erwähnte Kollege Dammann-Tamke. Ich habe hier eine Pressemitteilung vom 26. Mai 2016 zur Milchpreiskrise, also noch frischer: „Meyers langes Zögern hat Situation für viele Betriebe unnötig verschärft.“ Der Minister ist also schuld. - Dann kommt es eben wieder: Die Verhandlungsposition der Molkereien auf dem Milchmarkt müsse gestärkt werden. Es müsse eine Milchplattform eingerichtet werden. Ich hätte das ignoriert.

Ich habe Ihnen gerade berichtet: Die Molkereien wollen das nicht; fast alle wollen das nicht. Vielleicht sollten wir überlegen, ob es wirklich ein sinnvoller Vorschlag ist, jetzt eine quasi staatliche Plattform für alle Molkereien einzurichten. Das Problem ist nicht die Verhandlungsmacht, sondern das Problem sind in der Marktwirtschaft Angebot und Nachfrage. Die Menge klafft auseinander, und deshalb gibt es immer mehr Mehrheiten.

Zur europäischen Ebene habe ich Ihnen berichtet: Gestern haben Frankreich, Polen und Bundesminister Schmidt gefordert, die Menge zu senken. Hogan hat klargestellt, dass er mengenreduzierende Maßnahmen unterstützt. Auf der letzten Agrarministerkonferenz war der neue Kollege aus Rheinland-Pfalz noch nicht da. Welche Position er jetzt hat, weiß ich nicht, weil Sie im Gegensatz zu ihm - - -

(Christian Dürr [FDP]: Können Sie be- legen, dass der rheinland-pfälzische Minister das auch so sieht, oder ist es die Unwahrheit, die Sie sagen?)

- Herr Dürr, ich konnte leider nicht am Gipfel teilnehmen, sonst hätte ich ihn fragen können. Aber Sie wollten ja nicht, dass ich teilnehme, weil Sie - anders als der Kollege Wissing - diesen Gipfel für unnötig halten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Er hat es auch für unnötig gehalten, nebenbei gesagt!)

- Ach so. Aber er ist hingefahren, okay. - Sie haben gesagt, ich soll nicht hinfahren, um die Interessen Niedersachsens zu vertreten. Gut, das ist Ihre Entscheidung.

(Unruhe - Anhaltende Zurufe von der CDU und von der FDP)

Einen Moment, Herr Minister. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun ist es aber gut mit der Dazwischenruferei.

(Anhaltende Zurufe)

Wir fangen erst an, wenn Ruhe ist. - Jetzt dürfen Sie weitermachen.

Um auf die Frage der Kollegin Staudte zurückzukommen: Am Anfang war das, wie gesagt, noch nicht so. Bei der vorletzten AMK war das noch umstritten. Da durfte das Wort „Mengenreduzierung“ nicht auftauchen, sondern da wurde ein Prüfauftrag mit dem Wort „Angebotsflexibilisierung“ hineingestimmt, weil wir dort immer einstimmige Beschlüsse fassen müssen.

Diesmal war es völlig unstrittig, auch europäisch. Ich habe geschildert, wie es in Frankreich und Polen ist. Auch in den Niederlanden wird über so etwas diskutiert. Im Europäischen Parlament fordern gerade Konservative und Sozialisten immer wieder eine solche Mengenreduzierung bzw. Regulierung ein.

Ich nehme an, dass sich auch der Bundesrat dieser Positionierung anschließen wird. Selbst der Bundesminister scheint sich ja ein Stück weit - möglicherweise aufgrund von Druck der Bayerischen Staatskanzlei ist - zu bewegen. Von daher nimmt die Zustimmung zu, obwohl das eine Notbremse ist, weil man keine Alternativen zu einer Mengenreduzierung sieht.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Uwe Strümpel von der SPD-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sind neben der sinnvollen Mengenreduzierung aus Ihrer Sicht weitere Hilfspakete durch die Europäische Union notwendig?

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das erste Hilfspaket, das wir begrüßt haben - 500 Millionen Euro der Europäischen Union -, ist noch nicht ausgeschöpft. Nach Angaben der EU-Kommission sind von den Mitgliedstaaten 200 Millionen bis 220 Millionen Euro noch nicht verausgabt worden. Auch die 69 Millionen Euro, die Deutschland bekommen hat, sind noch nicht vollständig ausgegeben worden.

Für den Fall, dass es ein neues Hilfspaket gibt, fordern wir, dass es zur Marktentlastung und zur Mengenreduzierung beiträgt. Das, was Bundesminister Schmidt auf seinem Gipfel mit 100 Millionen Euro beziffert hat und was Herr Dammann-Tamke als Soforthilfe bezeichnet hat - das müsste er mir noch einmal erklären -, ist aus meiner Sicht keine Hilfe für notleidende Milcherzeuger, sondern eine Liste mittelfristig wirkender Maßnahmen, die immer schon einmal geplant waren.

Der Zuschuss zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung soll noch einmal um 80 Millionen Euro erhöht werden. Sie kennen die parlamentarischen Abläufe. Das muss der Bundeslandwirtschaftsminister erst einmal mit dem Bundesfinanzminister besprechen. Dann braucht er einen Nachtragshaushalt. Der Bundestag muss dem zustimmen. Dann wird der Betrag an die landwirtschaftliche Unfallversicherung ausgezahlt. Wann dann eine Beitragssenkung erfolgt, weiß ich nicht.

Ich weiß aber: Wenn man einen Zuschuss von 80 Millionen Euro nicht auf die Milchbauern, sondern auf alle landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland - alle zahlen Beiträge zur Unfallversicherung - umrechnet, ergibt sich im Schnitt durch diese „Sofortmaßnahmen“ des Bundesministers für jeden landwirtschaftlichen Betrieb in Deutschland eine Entlastung um 350 Euro. Meine Damen und Herren, das verliert jeder Milchbauer in Niedersachsen zurzeit pro Tag! Von daher ist das wirklich nur ein Tröpfchen. Ich habe die Verluste genannt, mit denen wir zu tun haben. Wir sollten ehrlich

sein. Das kann man machen, das steht auch in unserem Beschluss, aber das ist keine Sofortmaßnahme.

Bei dem zweiten Vorschlag - es geht um 80 Millionen Euro, aber er kommt auf 100 Millionen Euro - handelt es sich ebenfalls nicht um Sofortmaßnahmen. 20 Millionen Euro rechnet er im Zusammenhang mit einer Änderung im Einkommensteuerrecht ein. Die Länder bzw. der Bundesrat müssen zustimmen. Schließlich handelt es sich um ein geschlüsseltes System. Es geht um eine Gewinnglättung für die Zukunft. Derzeit besteht die Möglichkeit zur Verrechnung über zwei Jahre. Das soll auf drei Jahre ausgeweitet werden. Ich weiß nicht, wie es sich mit Ihren Steuererklärungen verhält. Üblicherweise macht man aber Steuererklärungen nicht sofort. Bis das im Einkommensteuerrecht mit Zustimmung durch Bundestag und Bundesrat geändert ist - das bezieht sich im Übrigen auf zukünftige Gewinne -, dauert recht lange.

Das hilft - das ist unsere Kritik - nicht gerade den Milchbauern, die jetzt große Verluste machen. Mir ist nicht bekannt, dass auf Verluste Steuern erhoben werden.

Auch die dritte Maßnahme, die Schmidt vorgeschlagen hat, finde ich ziemlich erschreckend. Er hat vorgeschlagen, für die Fälle, in denen Landwirte ihre Flächen verkaufen, einen Steuerfreibetrag von 150 000 Euro einzuführen. Damit wird die Betriebsaufgabe unterstützt.

(Zuruf von Frank Oesterhelweg [CDU])

Wir hingegen würden uns wünschen, dass Hilfsgelder gezielt für notleidende Milcherzeuger gewährt werden, die sofort wirken, und dass die Unterstützung daran gekoppelt wird, dass zu einer Marktentlastung beigetragen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Seine erste Zusatzfrage stellt der Kollege Ronald Schminke, SPDFraktion. Bitte!

Nun gibt es das Hilfspaket des Bundes, Herr Minister. Uns interessiert erstens die Einschätzung der Landesregierung zu diesem Hilfspaket.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Ein Hilfspaket des Landes wäre auch einmal etwas Schönes!)

Zweitens möchte ich die Einschätzung der Landesregierung dazu haben, was die Bayern auf ihrem Milchgipfel besprochen haben. Dort gab es ja Ergebnisse. Dazu hätte ich gern eine Einschätzung.

Vielen Dank, Herr Kollege. Sie haben selbst von „zweitens“ gesprochen. Es waren in der Tat zwei Fragen. Ihre weitere Wortmeldung nehmen wir damit zur Seite. - Bitte, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Bewertung des Milchgipfels des Bundesministers und den 100 Millionen Euro plus X sagen die meisten, wenn ich in die Zeitungen schaue: Das ist ein Tröpfchen. Das reicht ohnehin nicht. Das ist nicht zielgerichtet. Das folgt eher dem Gießkannenprinzip. - Wir wollten uns auch darüber unterhalten, wie wir die vom Bund angekündigten Gelder zielgerichtet als Hilfe für die Milchbauern einsetzen können, damit wir wieder zu annehmbaren Preisen kommen - das wird das Entscheidende sein - und die Landwirte nicht von kurzfristigen Hilfen abhängig sind.

Bayern sieht das ähnlich. In Bayern gab es am Montag in der Staatskanzlei einen Milchgipfel unter Herrn Seehofer. Herr Bundesminister Schmidt musste dort