Protocol of the Session on August 18, 2010

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Quotierung ist ein Weg, um Frauen gleichberechtigt an allen Entscheidungen teilhaben zu lassen. Der Antrag auf Frauenquote in Aufsichtsräten wäre jetzt ein guter Schritt auf einem noch langen Wege.

Aber, liebe Frau Twesten, lassen Sie es mich ganz offen sagen: Auch dieser Antrag wird einen Symbolcharakter haben, so wie jedes Jahr wieder. Aber Symbole können Zeichen setzen, und wir werden Ihrem Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Symbole können Zeichen set- zen? Wie geht das denn? - Gegenruf von der SPD: Ja, das verstehen Sie nicht! - Jens Nacke [CDU]: Nein, Symbole sind doch Zeichen!)

Ich erteile der Kollegin König von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen ist beklagenswert. Darüber sind wir uns einig. Frau Twesten, da geht Ihr Antrag von den Grünen in die richtige Richtung. Wir haben hochintelligente und hoch qualifizierte Frauen. Das fängt schon mit der Anzahl der Abiturientinnen an, setzt sich bei den Studienabgängerinnen fort und muss damit auch in den einzelnen Wirtschaftsbereichen ankommen. Frauen erzielen ausgezeichnete Ergebnisse, bringen neue Akzente in die Unternehmen, verbessern sogar sehr oft die Strukturen und damit auch die Betriebsergebnisse.

(Zustimmung bei der FDP)

Nur leider schaffen sie es nur sehr selten in die Führungsposition. Trotz weitreichender Anreize bei der Kinderbetreuung und der Weiterqualifizierung ist die Hürde noch sehr hoch. Das gibt uns zu denken.

Warum, meine Damen und Herren, nehmen große Betriebe und Konzerne diese positive Entwicklungschance nicht an? Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels ist es geboten, dass die Unternehmen hier stärker tätig werden. Die Firmen stellen sich hierbei meines Erachtens ein schlechtes Zeugnis aus und geben ein großes Entwicklungspotenzial preis.

Die Telekom hat das längst begriffen. Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex ist dahin gehend geändert worden. Aufsichtsrat und Vorstand sind angehalten, Frauen eine angemessene Beteiligung zu ermöglichen. Das soll sich in einem jährlichen Bericht niederschlagen, der veröffentlicht wird. Diese nachhaltige Umsetzung der Chancengleichheit von Frauen auf Basis gesetzlicher Regelungen ist sicherlich hilfreicher als eine Quote.

(Zustimmung bei der FDP)

Schwierig wird es allerdings immer in Unternehmensbereichen, die ein naturwissenschaftliches Know-how voraussetzen. Dort gibt es nachweislich zu wenige Bewerber, insbesondere Bewerberinnen.

Quoten bringen uns also nicht weiter. Sie diskriminieren in vielen Fällen eher. Das ist bereits von vielen Frauen so beurteilt worden, selbst dort, wo es vermehrt Frauen im Berufsumfeld gibt. Die Präsidentin des Unternehmerverbandes Einzelhandel warnt davor, der Quote zu vertrauen. In dieser Branche ist der Anteil der Frauen im Management

besonders hoch. Er liegt hier bei 21 %, der der Topmanagerinnen immerhin bei 14 %. Zu Recht sagt sie, es komme auf die fachliche und persönliche Eignung an und nicht auf das Geschlecht. Da kann ich ihr nur beipflichten, und in der Vergangenheit habe ich immer versucht, es so zu interpretieren.

Lassen wir also die Bemühungen der strategischen Partnerschaft mit der Wirtschaft und der niedersächsischen Qualifizierungsoffensive, die unsere geschätzte Kollegin und damalige Ministerin Ross-Luttmann ins Leben gerufen hat, Früchte tragen. Rund 350 Unternehmensvertreterinnen und -vertreter sind auf Einladung von ihr und Minister Bode zu einer Veranstaltung bei der VGH in Hannover gekommen. Ich bin überzeugt: Hier wird durch Aufklärung mehr bewirkt als durch Zwang und durch Restriktion.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile der Kollegin Groskurt von der SPDFraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Leider musste ich schon wieder eine Hoffnung begraben, nämlich die Hoffnung, gemeinsam mit Frau Twesten die Fraktionen von CDU und FDP im Ausschuss zu überzeugen, diesem guten und dringlichen Antrag zuzustimmen. Trotz meiner Hinweise, dass Frau Ministerin Özkan in einer Pressemitteilung gefordert hat, qualifizierten Frauen eine Chance zu bieten, Führungsaufgaben zu übernehmen, lassen die Fraktionen von CDU und FDP wieder einmal ihre eigene Ministerin im Regen stehen und wollen qualifizierten Frauen keine Chance geben.

(Widerspruch bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nicht noch einmal das prozentuale Verhältnis von Männern zu Frauen in Führungsetagen nennen. Es ist einfach desaströs. Das wissen alle in diesem Haus. Aber mit dieser Kenntnis wird unterschiedlich umgegangen.

Ein Beweis dafür ist auch die gestrige Einlassung der Kollegin Pieper zum Gesetzentwurf der SPDFraktion zum Gleichberechtigungsgesetz. Frau Pieper wirft hier, obwohl sie es besser wissen müsste, undifferenziert Zahlen ins Plenum. Frau

Pieper, Sie haben bei den eindeutigen Aussagen der Landesregierung in der Unterrichtung zur Frauenquote in der Besoldungsgruppe A 13 ignoriert, dass Lehrerinnen gesondert aufgeführt werden. Sie haben die Lehrerinnen wieder hinzugerechnet. Das passt ja auch besser zu Ihrer dürftigen Argumentation.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: So macht man das!)

Die Opposition im Landtag lässt sich aber nicht beirren und macht immer wieder ohne Anzeichen von Müdigkeit gute Vorschläge.

(Zustimmung bei der SPD und Lachen bei der CDU)

Die anderen, die Regierungsfraktionen, sehen keinen direkten Handlungsbedarf, nur vielleicht ein bisschen appellieren, vielleicht ein bisschen auf Freiwilligkeit setzen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die größtmögliche Energie, zu der Sie fähig sind, vergeuden Sie in der Ablehnung guter Anträge der Opposition!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Mit einer Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag könnten Sie ein Signal geben, ohne dass es zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen für das Land kommt. Ganz im Gegenteil, alle Studien beweisen, dass mit zunehmender Höhe des Frauenanteils in Führungspositionen in Unternehmen die Wirtschaftlichkeit deutlich nach oben katapultiert wird. Wollen Sie Niedersachsen vom Wirtschaftsboom abkoppeln?

Seit unserer letzten Beratung dieses Antrags im März 2010 haben sich viele prominente - und nicht nur prominente, sondern auch kompetente - Personen aktuell zur Frauenquote in Aufsichtsräten geäußert.

Kompetente Personen unterstützten die Forderungen dieses Antrages - prominente Personen wie z. B. Frau Bundesministerin Kristina Schröder leider nicht. Ihre Aussage, Firmen sollten auf der Führungsebene eine eigene Frauenquote festlegen und sie veröffentlichen, sind nicht wirklich hilfreich, und schon gar nicht ihr Argument, das Beste an einer angedrohten Quote sei, dass sie wie ein Damoklesschwert wirke.

Sehr, sehr naiv ist es, so etwas zu sagen nach dem Motto: „Heute Abend kommt Papa, der

schimpft mit euch!“ Diese versuchten Erziehungsmaßnahmen waren schon früher erfolglos.

(Daniela Behrens [SPD]: Bei mir auf jeden Fall! - Heiterkeit bei der SPD)

Eine kompetente Person, nämlich Tanja Kühne, die Landesvorsitzende des Verbandes Deutscher Unternehmerinnen, reagierte wie folgt auf die Pressemitteilung von Ministerin Schröder:

„Es gibt keine andere Chance als die verpflichtende Frauenquote.“

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

„Freiwilligkeit hat sich bisher als stumpfes Werkzeug erwiesen.“

Eine weitere kompetente Person, Christine Hohmann-Dennhardt, ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht, schreibt in Böckler-Impulse 09/2010:

„In mehreren europäischen Ländern soll eine Quote mehr Frauen in Führungspositionen bringen. Deutschland setzt weiterhin auf Freiwilligkeit - nach den bisherigen Erfahrungen keine erfolgversprechende Strategie... Dieser Ansatz bringt... nicht mehr Frauen in Führungspositionen, zeigen die Zahlen nach zehn Jahren Selbstverpflichtung.“

Es müssen also gesetzliche Regelungen her. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung äußert sich eindeutig: Für die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen seien hauptsächlich strukturelle und ideologische Barrieren verantwortlich.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP, wollen Sie sich das Vorhandensein ideologischer Barrieren vorwerfen lassen? Das können Sie doch nicht auf sich sitzen lassen! Zeigen Sie also, dass Sie fortschrittlich denken! Lassen Sie sich nicht unterstellen, dass das einzig Fortschrittliche dieser Landesregierung ist, dass ein Mann den Haushalt macht, nämlich Herr Minister Möllring.

(Ursula Körtner [CDU]: Das ist so peinlich, da kann man nur rausgehen! Das tut ja weh! - Minister Hartmut Möllring: Das sagen Sie aber nicht meiner Frau, dann kriegen Sie ganz schön Ärger! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Das glaube ich nicht, Herr Möllring.

Die SPD-Fraktion nimmt die Forderungen der Expertinnen und Experten zum Thema „Gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte“ ernst und stimmt dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich erteile der Kollegin Konrath von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unserem gemeinsamen Ziel, die Zahl der Frauen in Aufsichtsräten und Führungspositionen der Wirtschaft zu erhöhen, sind wir näher gekommen. Die Diskussion der letzten Monate in den Medien, Verbänden und Parteien war förderlich. Das Thema wird allgemein als zeitgemäße und notwendige Reform beurteilt. Die Widersacher sind ruhig geworden.

Am Ziel sind wir noch nicht. Im Sinne einer partnerschaftlichen Gesellschaft muss die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Wirtschafts- und Berufsleben Wirklichkeit werden. Es ist Konsens, dass die gut ausgebildete Frauengeneration von heute die Lösung für den aktuellen und zukünftigen Fach- und vor allem Führungskräftemangel ist. Angesichts des demografischen Wandels ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben und vor allem auf der Führungsebene eine Schlüsselfrage im Wettbewerb und ökonomisch geboten. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass Frauen in den Aufsichtsräten von Großunternehmen entsprechend präsent sein müssen.

Vorausschauend und klug planende Unternehmen haben das erkannt und setzen es um. Im Ziel sind wir uns einig, über den Weg dorthin nicht. Die Grünen wollen die gesetzliche Einführung einer Quote.