Gisela Konrath

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Entzug der Freiheit ist der schwerste Eingriff des Staates in die persönliche Lebensgestaltung eines Menschen.
Bei der Personengruppe der Sicherungsverwahrten handelt es sich um Menschen, die schwerste Gewaltstraftaten begangen haben, die verurteilt wurden und langjährige Strafen verbüßt haben und die heute nicht frei sind, weil Wiederholungsgefahr besteht.
Dabei befinden wir uns in dem Interessenkonflikt zwischen dem allgemeinen Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft und dem Recht des einzelnen Sicherungsverwahrten auf seine individuelle Freiheit. Die Güterabwägung ist hier im Einzelfall schwierig.
Niedersachsen ist das erste Bundesland, das ein solches Gesetz auf den Weg bringt, welches den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgt, das Abstandsgebot zum Strafvollzug einzuhalten. Wir sind hier auf einem guten Weg. Wer kürzlich beim Richtfest in Rosdorf dabei war, konnte sich davon überzeugen, dass baulich enorm viel geschaffen worden ist. Schon nach wenigen Monaten war ein Gebäude zu besichtigen, bei dem bereits die Apartments erkennbar waren: helle große Räume mit eigenem Bad und Gemeinschaftsküche. Es ist möglich, nicht nur die Anstaltskost einzunehmen, sondern auch eigenes Essen, auch in Gemeinschaft, zuzubereiten. Es werden also hervorragende Voraussetzungen geschaffen, und ich bin ganz sicher, dass der Bau bis Mai fertiggestellt sein wird.
Neben den baulichen Voraussetzungen ist es wichtig, dass der Geist dieses Hauses ein guter ist. Hier sind die Mitarbeiter des Vollzugs gefordert - das werden besonders geschulte Beamte sein -, aber auch die Therapeuten, die die Menschen
darauf vorbereiten sollen, dass sie nicht für immer dort bleiben, sondern irgendwann auch in die Freiheit entlassen werden.
Damit dies gelingt, bedarf es natürlich nicht nur eines sehr guten Baus, sondern auch der Menschen, die darin arbeiten. Deswegen wünsche ich allen, die in wenigen Monaten in Rosdorf tätig sein werden, dass sie dabei eine glückliche Hand haben. Ich denke, wir haben in Niedersachsen schon gezeigt, dass wir im Justizvollzug eine Menge bewegen können. Ich bin ganz sicher, das wird auch in diesem Bereich gelingen.
- Meine Redezeit ist um, das ist schade. Man könnte noch so viel darüber reden.
Aber vielleicht darf ich noch so viel sagen, Frau Präsidentin: Es war eine große Freude, im Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ zu arbeiten. Oft war ich auch bei den Beratungen im Rechtsausschuss dabei. Ich habe die konstruktive Diskussion über diesen Gesetzentwurf als höchst erfreulich empfunden und möchte mich bei den Mitarbeitern des Justizministeriums, beim GBD, aber auch bei denen, die bei der Anhörung im September mitgewirkt haben, bedanken. Alle haben ein großes Interesse daran gezeigt, hier etwas Gutes und Positives für eine ganz schwierige Gruppe von Menschen zu schaffen.
Vielen Dank.
Liebe Frau Kollegin Groskurt, ich weiß nicht, wie lange Sie diesen Antrag im Sozialausschuss beraten haben. Im Wirtschaftsausschuss haben wir ihn jedenfalls mehrfach und sehr ausführlich beraten. Wir haben uns Experten dazugeholt und die ent
sprechenden Referenten aus den Ministerien befragt.
- Das kann man alles im Protokoll nachlesen!
Dabei haben wir festgestellt, dass die Situation nicht so ist, wie sie in dem Antrag beschrieben wird.
Insofern möchte ich den Vorwurf, den Frau Groskurt soeben erhoben hat, nämlich dass wir einfach darüber hinweggehen und den Antrag pauschal ablehnen, zurückweisen.
Ich werde in meinem Wortbeitrag gleich noch ausführen, welche Maßnahmen in Niedersachsen bereits ergriffen worden sind.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist richtig: Die Hälfte aller sozialversicherten teilzeitbeschäftigten Frauen und zwei Drittel der Minijobberinnen wünschen sich eine Vollzeitbeschäftigung. Eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen bedeutet mehr Gerechtigkeit für Männer und Frauen und ist ein Beitrag zur erfolgreichen Bekämpfung des prognostizierten Fachkräftemangels.
Die Landesregierung handelt seit 2003 zielgerichtet, um bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Das Thema familienbewusste Arbeitswelt ist in der niedersächsischen Wirtschaft angekommen und wird im eigenen Interesse gut umgesetzt, um gut ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen und im Unternehmen zu halten. Mit der Qualifizierungsoffensive Niedersachsen hat die Landesregierung im Jahr 2009 mit den Partnern aus der Wirtschaft die richtigen Weichen gestellt.
Die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu steigern, ist im Jahr 2012 wichtiger Bestandteil des Handlungskonzepts „Demografischer Wandel“ der Landesregierung. Mit dem FIFA-Programm - Förderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt - fördert das Land die Gleichstellung von Frauen und Männern im Arbeitsleben und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit insgesamt 6,2 Millionen Euro Haushaltsmitteln pro Jahr. Schwerpunkte sind Maßnahmen zur Beratung und Qualifizierung, innovative Projekte zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und bessere Aufstiegschancen von Frauen in Führungspositionen.
In Niedersachsen gibt es landesweit 21 Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft, die sich gezielt um die Förderung von Berufsrückkehrerinnen nach längeren familienbedingten Auszeiten, von Alleinerziehenden, von arbeitslosen Frauen und von Frauen mit Migrationshintergrund kümmern. Die Koordinierungsstellen arbeiten in enger Vernetzung mit den Arbeitsmarktakteuren und niedersachsenweit mit mehr als 1 000 Unternehmen zusammen.
Seit 2008 sind in Niedersachsen 25 000 Krippenplätze entstanden. 10 000 werden bis 2013 hinzukommen. Seit der Regierungsübernahme im Jahr 2003 haben wir die Zahl der Ganztagsschulen von 155 auf 1 500 verzehnfacht.
- Ja, auch das ist ein Beitrag für Frauen in der Arbeitswelt.
Vielfältige Veränderungen für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Arbeitsleben sind erforderlich, die nur - das ist wichtig - in gemeinsamer Anstrengung von Politik, Arbeitsmarktakteuren und den Unternehmen in der Wirtschaft gelingen können.
Niedersachsen hat die richtigen Schritte eingeleitet und wirksame Maßnahmen für mehr Gerechtigkeit für Männer und Frauen im Arbeitsmarkt getroffen. Wir sind auf einem guten Weg. Programme, Handlungskonzepte und Geld - auch das brauchen wir ja dazu - sind vorhanden.
Dennoch sage ich: Das Ziel ist noch nicht erreicht, und es bleibt auch für die nächste Legislaturperiode ein gemeinsames Ziel, daran weiterzuarbeiten. In diesem Sinne sage ich auch: Einen zusätzlichen Aktionsplan benötigen wir nicht.
Vielen Dank.
Frau Kollegin Weisser-Roelle, wenn Sie gehört hätten: Ich habe nicht gesagt, dass wir hier in einem Wirtschaftswunderland für Frauen leben. Ganz im Gegenteil. Es bleibt viel zu tun, und wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten. Aber es reicht eben auch nicht, nur einen Aktionsplan aufzustellen, und hinterher ist alles gut.
Man muss daran arbeiten, und es ist auch noch ein weiter Weg. Das liegt natürlich auch an dem Gesellschaftsbild, das in vielen Familien in Bezug auf Frauentätigkeit herrschte. Über viele Jahrzehnte war es nun einmal so, dass der Mann die Vollzeitstelle hatte und die Frau etwas dazu verdiente. Bei den jüngeren Frauen sind wir heute schon ein ganzes Stück weiter, wenn ich es mit meiner Jugend vergleiche. Insoweit haben wir schon ein Stück geschafft, sind aber noch lange nicht am Ziel.
Ich finde, es war eine maßlose Übertreibung, als Frau Twesten vorhin von einer „massenhafter Unterbeschäftigung von Frauen“ gesprochen hat.
Damit können wir nicht mehr sachlich diskutieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zukünftige Regelung der Sicherungsverwahrung in Niedersachsen stellt für den Gesetzgeber eine Herausforderung dar. Höchste Priorität besitzt der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Gewaltstraftätern, die ihre Haftstrafe zwar verbüßt haben, von denen aber weiterhin eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung ausgeht. Gleichzeitig fordert das Bundesverfassungsgericht andere Unterbringungsstandards für Sicherungsverwahrte, die sich vom Vollzug der Strafhaft deutlich unterscheiden.
Diese Kernforderungen werden mit dem eingebrachten Gesetzentwurf erfüllt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts konsequent umgesetzt. Seit April 2012 wird in Göttingen auf dem Gelände der JVA in Rosdorf ein neues Unterkunftsgebäude mit 45 Plätzen gebaut, bezugsfertig im Mai nächs
ten Jahres. Kosten: 12,5 Millionen Euro. Geplant sind drei behindertengerechte Unterbringungsmöglichkeiten, sechs Wohngruppen mit jeweils sieben ca. 23 m² großen Appartements zuzüglich Bad mit Dusche, Küche in jeder Wohngruppe, Freizeitbereich mit zentralen Gruppenräumen, Fitnessraum, eigener Außenbereich. Die Sicherungsverwahrten können sich im Gebäude und im Außenbereich außerhalb der Nachtruhe frei bewegen, ihre Appartements mit eigenen Möbeln ausstatten, sich auf Wunsch selbst verpflegen, wöchentlich einkaufen, mehr Besuch empfangen als bisher und - deutlich abgegrenzt zum Strafvollzug - Briefe und Pakete senden und erhalten sowie telefonieren. Die Versorgung mit Kommunikationstechnologien wird sicherlich noch ein Thema im Unterausschuss sein.
Für die Behandlung und Betreuung soll ein multidisziplinäres Team qualifizierter Fachkräfte bereitgestellt werden, für das 2013 mit dem Haushaltsgesetz 30 Planstellen geschaffen werden.
Die Sicherungsverwahrung ist ein schwieriger, kostenintensiver und sensibler Bereich innerhalb des Justizvollzuges. Für die Unterbringung eines Sicherungsverwahrten wird das Land zukünftig pro Jahr 150 000 Euro aufzubringen haben. Viele Menschen mit geringem Einkommen dürften es schwer haben, diesen Lebensstandard zu erreichen. Auf der anderen Seite bedeutet der Entzug der Freiheit den am schwersten wiegenden Eingriff in die Rechte eines Menschen.
Die Abwägung zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit und dem Opferschutz auf der einen und der Freiheitsrechte verurteilter Straftäter auf der anderen Seite ist ein schwieriger Spagat. Hier muss in jedem Fall individuell genau geprüft werden.
Darüber sollten wir uns auch immer im Klaren sein: Jeder Fall ist anders und vor allen Dingen auch nicht immer unbedingt voraussehbar. Vor kurzem wurde in der Presse über den Fall eines vor vier Jahren durch Urteil des Landgerichts Göttingen aus dem Maßregelvollzug Freigesetzten berichtet, der in Graz ein 15-jähriges Mädchen missbraucht hat und jetzt natürlich wieder festgesetzt werden musste. Das heißt, wir haben nicht die Möglichkeit, in jedem Fall genau vorauszusehen, wie sicher oder unsicher das ist. Das muss man den Menschen, die mit diesem Personenkreis zu tun haben, auch zugestehen.
Im Mittelpunkt dieses Gesetzentwurfs stehen intensive Behandlung und umfassende Therapie. Ich
verweise darauf, dass wir in Niedersachsen als eines der ersten Bundesländer seit 2007 mit KURS - „Konzept zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern“ - eine Konzeption haben, um Rückfälle von Sexualstraftätern zu verhindern und ihre Reintegration zu verbessern. Das umfassende Kommunikationsmanagement von KURS hat im Sommer 2010, als es zu einem kurzzeitigen Aufenthalt eines entlassen Sicherungsverwahrten in Bad Pyrmont kam, sofort gegriffen. Trotz der kurzfristigen Betreuungsübernahme waren Polizei und Ambulanter Justizsozialdienst ständig vor Ort, um den Fall mit der betroffenen Kommune praktisch ohne Vorbereitung handhaben zu können.
Die Bevölkerung reagiert mit Unruhe und Angst auf entlassene Sicherungsverwahrte in ihrer Nachbarschaft. Diese haben es dann schwer, eine Wohnung zu finden. Um Rückfälle zu verhindern, ist eine intensive Bewachung und Begleitung rund um die Uhr erforderlich, was erhebliche Kosten verursacht.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wurde eine vertretbare Lösung entwickelt, um die Gerichtsurteile auf Bundes- und Europa-Ebene umzusetzen, den bestmöglichen Opferschutz zu gewährleisten und gleichzeitig die Interessen der Sicherungsverwahrten nach mehr Freiraum zu berücksichtigen.
Ich gebe Ihnen Recht, Herr Adler: Natürlich muss das Abstandsgebot mit einer Freiheitsorientierung in der Praxis umgesetzt werden. Wir werden sicherlich sehr interessante Diskussionen darüber führen.
Vielen Dank.
Danke schön. - Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zentraler Grundsatz unseres Rechtsstaates ist: Niemand darf vom Gericht verurteilt werden, wenn seine Schuld nicht zweifelsfrei bewiesen ist.
Aber, meine Damen und Herren: Nicht jeder Freispruch beruht auf der tatsächlichen Unschuld des Beschuldigten. Gerichtsverwertbare Tatspuren besonders bei Sexual- und Gewaltstraftaten reichen nicht immer aus, um den Täter zu überführen. Wir wollen in Niedersachsen flächendeckend die Möglichkeit schaffen, Tatspuren professionell und gerichtsfest sichern zu lassen, ohne als ersten
Schritt Anzeige erstatten und ein Strafverfahren führen zu müssen. Das sind wir den Opfern schuldig. Damit tragen wir der besonderen Problemlage eines Personenkreises Rechnung, der durch das Geschehene zutiefst verletzt und traumatisiert ist, um unmittelbar nach der Tat ein Strafverfahren durchzustehen. Stammt der Täter aus dem sozialen Umfeld des Opfers, ist die Hemmschwelle, z. B. den Lebenspartner anzuzeigen, groß.
Ein zweiter Bereich betrifft oftmals junge Frauen, die in Diskotheken unwissentlich K.-o.-Tropfen zu sich genommen haben und Opfer einer Vergewaltigung wurden.
Angst und Scham nützen nur den Tätern. Das Verfahren der anonymen Beweissicherung ist ein niedrigschwelliges Angebot, das es Gewaltopfern in Niedersachsen zukünftig ermöglicht, objektive Beweismittel einer Straftat schon vor der Entscheidung über die Anzeigenerstattung zeitnah zur Tat zu sichern.
Die Opferambulanzen sollen flächendeckend als Grundversorgung allen Opfern von Gewalttaten zur Verfügung stehen. Damit führt Niedersachsen als erstes Bundesland landesweit die anonyme forensisch verwertbare Beweissicherung von Tatspuren für eine erfolgreiche Strafverfolgung ein.
Denn entschließen sich Betroffene erst zu einem späteren Zeitpunkt, Strafanzeige zu stellen, ist es zu spät für die professionelle Sicherung der Beweismittel. K.-o.-Tropfen lassen sich im Blut und Urin nur wenige Stunden lang feststellen.
Unser Anliegen ist es, die Phase, in der das Opfer die Entscheidung für oder gegen das Strafverfahren trifft, zu professionalisieren. Polizei und Justiz sollen an diesem kritischen sensiblen Punkt noch nicht beteiligt sein. Keinesfalls soll das strafrechtliche Verfahren ersetzt oder in seiner Bedeutung gemindert werden.
Opfer von Gewaltstraftaten schrecken oft aus Unsicherheit und Unkenntnis über das Strafverfahren vor einer Anzeige zurück. Das bestätigen Opferverbände und Justizexperten gleichermaßen, wie eine Veranstaltung der CDU-Landtagsfraktion im letzten Sommer mit Vertretern der Justiz, der Opferhilfeeinrichtungen und Verbänden gezeigt hat. Die Expertenrunde begrüßt diese Initiative; denn nur stabile Opferzeugen bestehen gut. Wer Opfer einer Gewaltstraftat geworden ist, soll nicht alleingelassen werden.
Ermutigung und Unterstützung sind notwendig, um Strafanzeige zu erstatten und als Zeugin oder Zeuge im Strafverfahren mitzuwirken. Die Zeitspanne von der Spurensicherung bis zur möglichen Strafanzeige sollte intensiv zur Beratung genutzt werden. Das Opfer gewinnt Zeit und kann sich Klarheit verschaffen, um mit Unterstützung der Opferhilfeeinrichtungen die Entscheidung zu treffen, wie es weitergehen soll.
Als zentrale Anlaufstellen sollen die Opferambulanzen am Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover und ihre Außenstelle in Oldenburg dienen. Außerhalb der rechtsmedizinischen Standorte sollen unter Leitung der Rechtsmedizin Partnerkliniken zu dem Konzept der verfahrensunabhängigen Beweissicherung und den Methoden der Spurensicherung geschult und mit Spurensicherungssets versorgt werden.
Die fachgerechte gesicherte Lagerung und weitergehende Untersuchungen übernimmt die Rechtsmedizin. Diese neuen Opferambulanzen sollen den Hilfesuchenden an sieben Tagen in der Woche, von morgens bis in die Abendstunden hinein, zur Verfügung stehen,
und die Ärzte unterliegen der Schweigepflicht. Das ist wichtig.
Zugleich beinhaltet das Projekt umfassende Fortbildungen für niedergelassene Ärzte und Klinikärzte, um gewaltbelastete Patienten besser zu erkennen und in der gerichtsfesten Beweissicherung von Tatspuren zu schulen. Die Opferambulanz soll zukünftig die Brücke zwischen der Spurensicherung und dem Kontakt zu den Opferhilfeeinrichtungen bilden. Bestehende Netzwerke der Opferhilfeeinrichtungen - bitte bedenken Sie: im letzten Jahr
hatten wir das Jubiläum „10 Jahre Stiftung Opferhilfe in Niedersachsen“ - können genutzt, ausgebaut und neu geknüpft werden. Es ist das Ziel, am Ende der Projektphase ein flächendeckendes Netz von Anlaufstellen für Gewaltopfer in Niedersachsen vorhalten zu können. Ich freue mich, dass unser Einsatz für das Projekt erfolgreich war
und es mit der Unterstützung der Landesregierung möglich ist, die verfahrensunabhängige Beweissicherung in Niedersachsen auf den Weg zu bringen. Für die Haushaltsjahre 2012 und 2013 stehen im Haushalt 540 000 Euro bereit.
Es ist Verdienst der Stiftung Opferhilfe Niedersachsen und der anderen Opferverbände, dass die Opferperspektive heute stärker im Vordergrund steht und der Staat sich nicht nur um die angemessene Bestrafung und Behandlung des Täters kümmert.
Die Zeiten, als Opfer von Straftaten bestenfalls als Zeugen vor Gericht eine Rolle spielten, sind überwunden. Die Stiftung Opferhilfe steht allen Menschen zur Seite, die Opfer einer Straftat geworden sind, ausdrücklich auch jenen, die noch keine Strafanzeige erstattet haben. Das Projekt „Verfahrensunabhängige Beweissicherung“ wahrt die Interessen von Gewaltopfern, die nach der Tat aus verständlichen Gründen zunächst keine Anzeige erstatten.
Niedersachsen leistet nicht nur eine hervorragende Arbeit im Justizvollzug - das sage ich im Hinblick auf die Verbesserungen, die wir seit 2003 in diesem Bereich geschafft haben, mit ganzem Stolz -, sondern bei der verfahrensunabhängigen Beweissicherung handelt es sich auch um den bestmöglichen Opferschutz für Niedersachsen. Zukünftig darf es in Niedersachsen bei Sexual- und Gewaltstraftaten nicht mehr heißen „mit oder ohne Strafverfahren“, sondern „noch ohne Strafverfahren“.
Ich danke Ihnen.
Danke schön. - Herr Präsident! Herr Haase, ich freue mich darüber, dass wir uns in so vielen Punkten einig sind. Wir haben uns gleich darangemacht, dieses erfolgreiche Projekt umzusetzen. Voraussetzung war, dass Geld bereitsteht. Der Landtag hat dem dankenswerterweise zugestimmt. Insofern sind wir in der Situation, überhaupt anfangen zu können.
Die Vorbereitungen - ich habe mich erkundigt - laufen. Das Projekt soll in wenigen Monaten, noch vor der Sommerpause, starten. Die Opferambulanzen sollen dann zur Verfügung stehen.
In der Bundesrepublik gibt es ein solches Projekt noch nicht, sondern es gibt regionale Zentren. Ein Flächenland hat da natürlich besondere Schwierigkeiten.
Ich bin jetzt erst einmal sehr froh darüber, dass wir die erfahrenen Ärzte der Rechtsmedizin in Hannover und Oldenburg einbeziehen; denn die haben Erfahrung in diesem Bereich.
Wenn Sie meine Rede nachlesen, dann werden Sie ihr entnehmen können, dass ein Netz über das ganze Land hinweg aufgebaut werden soll, und zwar in Kliniken, in den gynäkologischen Abteilungen. Natürlich sollen auch niedergelassene Ärzte einbezogen werden. Wenn es gut läuft, dann können wir in Niedersachsen in zwei Jahren, wenn wir wieder neue Mittel beschließen, vielleicht ein neues Netz aufbauen, das wir dann neben das Netz der Stiftung Opferhilfe und des Weißen Ringes setzen können. Dann sind wir beim Opferschutz wirklich gut aufgestellt.
Vielen Dank.
Frau Twesten, Ihr Beitrag zeigt, dass die Beratung im Ausschuss ganz wichtig ist. Ich bin sicher, wir werden dort ganz viele Ihrer Fragen und Zweifel beantworten bzw. ausräumen können.
Im Übrigen setzen nicht wir von den Fraktionen der CDU und der FDP dieses Projekt um, sondern das sollten Fachleute tun. Ich habe es schon gesagt: Die Fachleute sind schon dabei; sie sind bei den Vorbereitungen. Bald wird eine Ausweitung des Angebots erfolgen.
Eines ist mir noch wichtig: Dieses Projekt richtet sich nicht nur an Frauen.
Opfer von Gewaltstraftaten können auch Männer sein. Wahrscheinlich sind es zahlenmäßig mehr Frauen, aber wir wollen die Männer nicht ausnehmen.
Ich denke, die Diskussion wird fruchtbar sein. Wir liegen ja nicht so weit auseinander.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn die Zeit fortgeschritten ist, möchte ich auf diesen Antrag doch noch einmal inhaltlich näher eingehen und bitte Sie um Aufmerksamkeit.
Das ist es wert; denn in der Einschätzung der zentralen Bedeutung des Gesundheitsmanagements für die Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten, für mehr Arbeitsfreude und Zufriedenheit und die Senkung des Krankenstandes sind wir uns einig. Doch ich merke an: Die in Ihrem Antrag aufgestellten Forderungen sind auf Landesebene bereits umgesetzt, oder es wird intensiv daran weitergearbeitet, und das beinhaltet auch, dass diese Arbeit innovativ fortgesetzt wird. Es kommen ja immer neue Entwicklungen.
Die berufsbedingten Belastungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Vielfältige technische Geräte wurden und werden entwickeln, erleichtern körperlich schwere Arbeiten und helfen, die Krankenquote solcher berufsbedingter Krankheiten zu senken.
Dafür haben - das haben wir eben schon mehrfach betont - die psychischen Belastungen des Arbeitslebens zugenommen. Das belastet die Unternehmen und die Volkswirtschaft insgesamt und verursacht hohe Kosten. Es ist unser aller Anliegen, dies zu senken.
Es ist allerdings auch ein ganz schwieriger Bereich. Die psychischen Krankheiten sind medizinisch einfach viel schwerer zu behandeln, als wenn man sich ein Bein bricht. Das ist nun einmal so. Das ist ein schwieriger Sachverhalt.
Für die Mitarbeiter der niedersächsischen Landesverwaltung verweise ich auf den umfassenden und systematischen Ausbau des Gesundheitsmanagements, denn auch die wurden ja in Ihrem Antrag angesprochen.
In die Liste des Deutschen Netzwerkes für betriebliche Gesundheitsförderung der 16 bundesweit beispielhaften Leuchtturmprojekte wurde das niedersächsische Gesundheitsmanagement aufgenommen.
Die Internetseite „Gesundheitsmanagement Niedersachsen“ bietet Beschäftigten, Führungskräften und Interessierten umfassendes Material zum Beratungsservice der Landesregierung, stellt Hand
lungskonzepte bereit, veröffentlicht erfolgreiche Praxisbeispiele und benennt konkrete Ansprechpartner. Schauen Sie sich das einmal an.
Viele Ihrer berechtigten Feststellungen und Forderungen sind für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes tägliche Praxis. Das Projekt „Arbeit ‚fair’bessern“ bietet Landesbehörden an, mit Unterstützung von externen Beratern eine systematische Analyse der jeweiligen Arbeitsbedingungen zu erarbeiten und gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die Arbeitsabläufe gesundheitsförderlich und erfolgreich zu gestalten. Davon profitieren die Beschäftigten, das Land Niedersachsen als Arbeitgeber und die Bürgerinnen und Bürger durch gute Dienstleistungen.
Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universität Göttingen sind führend tätig, Ursachen und Zusammenhänge psychischer Arbeitsbelastung zu verstehen und wirksame Präventionskonzepte zu entwickeln.
In niedersächsischen Unternehmen gibt es viele nachahmenswerte Beispiele für gutes betriebliches Gesundheitsmanagement. Die Unternehmer haben nämlich schon lange erkannt, dass sie das machen müssen; das ist erforderlich.
Im Übrigen sind dafür laut Gesetzgeber die Krankenkassen und nicht die staatlichen Gewerbeaufsichtsämter, wie Sie es darstellen, zuständig. Informationen, praktikable Lösungswege und Motivation sind erforderlich, um die Situation der Beschäftigten weiter zu verbessern, und nicht die Abänderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Bund und Länder und auch das Land Niedersachsen haben das Problem des demografiebedingten Mangels an Betriebsärzten mit dem Ziel aufgegriffen, gemeinsame Lösungen zu finden. Leider kann man sich diese ja nicht backen. Aktuell werden Maßnahmen erarbeitet, um die Nachwuchssicherung von Betriebsärzten zu verbessern. In der zweiten Jahreshälfte findet dazu übrigens ein Kongress statt.
Gewerbeärzte als Bestandteil der staatlichen Gewerbeaufsicht führen bereits intensive arbeitsmedizinische Beratungen durch. Davon habe ich mich schon in der Praxis überzeugen können. Hier besteht kein Handlungsbedarf.
Die Rentenversicherungsträger als selbstverwaltete Körperschaften wenden geltendes Recht eigenverantwortlich an. Gesundheitliche Präventions
maßnahmen gehören nicht zu den Pflichtaufgaben. Sie initiieren aber freiwillige Projekte. Rehabilitationsmaßnahmen werden sowohl von den Rentenversicherungsträgern als auch von den Krankenkassen durchgeführt. Einen Stau gibt es dabei nachweislich nicht.
Inzwischen existieren in elf Branchen vereinbarte Mindestlöhne. Jetzt muss es darum gehen, für Branchen, in denen keine Tarifverträge existieren, eine Untergrenze festzulegen. Wir stehen für eine verbindliche Lohnuntergrenze, die marktwirtschaftlich von den Tarifpartnern gefunden wird. Einen politischen Mindestlohn lehnen wir ab.
Ihr Antrag behandelt ein wichtiges Thema: die Erhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ihre Forderungen und Vorschläge sind von den aktuellen Entwicklungen in Niedersachsen allerdings schon überholt.
Wir werden - und ich hoffe, das ist damit deutlich geworden - diesem Antrag nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anders als Herr Brunotte sehe ich, dass im niedersächsischen Justizvollzug hervorragende Arbeit geleistet wird.
Niedersachsen nimmt bundesweit einen Spitzenplatz ein. Das ist - da sind wir uns einig - zuallererst Verdienst unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Justizvollzugsanstalten und in anderen Bereichen. Dafür danke ich ausdrücklich.
Es ist mir eine besondere Freude, hervorzuheben, dass wir 2012 die letzte Stufe des insgesamt fünfjährigen Hebungsmodells für den mittleren Dienst umsetzen. Fraktionen und Landesregierung sind sich da einig.
Von der Ausschöpfung der Obergrenzen profitieren im nächsten Jahr 144 Beschäftigte mit einem Volumen von insgesamt 486 000 Euro. Beginnend mit dem Jahr 2008, wurden damit insgesamt 676 Stellen des mittleren Justizvollzugsdienstes mit einem Volumen von 2,1 Millionen Euro angehoben. Versprochen - gehalten. Meine Damen und Herren, das ist Verlässlichkeit!
Die Bediensteten können sich auf unsere Personalpolitik verlassen. Mit den verlässlich umgesetzten Hebungen tragen wir den gestiegenen Anforderungen im Justizvollzug Rechnung.
Die Landesregierung arbeitet seit der Regierungsübernahme 2003 mit aller Kraft daran, die Rahmenbedingungen für Gefangene und Beschäftigte zu verbessern. Die Bilanz ist ausgesprochen erfolgreich.
Mit den Neubauten in Sehnde 2004 und Rosdorf 2007 - die mussten bei sehr angespannter Haushaltslage finanziert werden - und nach Abschluss der Baumaßnahme in Bremervörde 2012 werden rund 1 500 Unterbringungs-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten nach modernstem Standard zur Verfügung stehen. Das ist bundesweit Spitze.
Die alten Anstalten können wir dann schließen. Ich denke, das ist fortschrittlich.
Auch in den älteren Anstalten unternehmen wir große Anstrengungen, diese an neuzeitliche Standards anzupassen. Sie wurden in den vergangenen Jahren, soweit es die Haushaltslage zuließ, saniert und umgestaltet. Da gilt es weiterzuarbeiten. Da ist noch viel zu tun.
Es wird innovativ gedacht: In der JVA Wolfenbüttel mit 380 Haftplätzen im geschlossenen Vollzug wurde der Pilotversuch „Haftraummediensystem“
eingeführt, der es Gefangenen ermöglicht, in kontrollierter Form moderne Kommunikationsmedien zu nutzen. Das verbessert die Lebensqualität in den Anstalten und vermittelt wichtige Kompetenzen für das Leben nach der Strafhaft.
Besonders hervorheben möchte ich, dass die Einzelunterbringung der Gefangenen auf aktuell 85 % erhöht werden konnte. Zur Erinnerung: 2000 waren es noch 50 %. Mehrfachbelegungen haben wir nur noch in wenigen Fällen. Es wird aktuell daran gearbeitet, auch das zu verbessern.
Der konsequente Ausbau der Ausbildungs- und Arbeitsplätze hat sich ausgesprochen positiv auf die Beschäftigungsquote der Gefangenen ausgewirkt. Mit 76 % ist die Vollbeschäftigung im Vollzug erreicht.
Eine besondere Herausforderung stellt im nächsten Jahr der Neubau eines Gebäudes für Sicherungsverwahrte auf dem Gelände der JVA Rosdorf dar, sowohl im Hinblick auf die Finanzierung mit 12,5 Millionen Euro als auch im Hinblick auf die konzeptionelle und räumliche Gestaltung. Daran wird intensiv gearbeitet. Ich prophezeie Ihnen: Niedersachsen wird die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in vollem Umfang zeitgerecht erfüllen.
Bürgerinnen und Bürgern, die Opfer einer Straftat geworden sind, steht die Stiftung Opferhilfe Niedersachsen zur Seite. In diesem Jahr hat die Stiftung ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Die elf Opferhilfebüros in Niedersachsen haben mit zahlreichen Veranstaltungen ihre Arbeit dargestellt. Schirmherrin Dunja McAllister hat unermüdlichen Einsatz gezeigt und breite öffentliche Aufmerksamkeit für diese wichtige Aufgabe erzielt. Dafür sage ich ganz ausdrücklich herzlichen Dank.
Opferschutz gilt natürlich auch für Betroffene, die nicht bzw. noch nicht Strafanzeige erstattet haben. In diesem Bereich wollen wir noch besser werden und für Opfer von Gewalt und Sexualstraftaten die Möglichkeit einer anonymen Beweissicherung schaffen. Für das Projekt „anonyme Beweissicherung“ mit zwei Facharztstellen und einer Verwaltungsstelle an den Standorten Hannover und Oldenburg stellen wir insgesamt 540 000 Euro in den Doppelhaushalt 2012/2013 ein.
Als Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Opferhilfe freue ich mich, dass wir die Anregungen während der von der CDU-Landtagsfraktion organisierten Expertendiskussion im August jetzt umsetzen können. Denn, meine Damen und Herren, Voraussetzung für eine erfolgreiche Strafverfolgung bei Gewaltdelikten ist die schnelle Sicherung der Tatspuren. Eine Spurengewinnung erst Tage nach der Tat verhindert oft eine Verurteilung. Die Opfer, besonders häufig Frauen, sind traumatisiert. Der Täter stammt vielfach aus dem sozialen Umfeld. Eine Strafanzeige unterbleibt in vielen Fällen. Die anonyme professionelle Beweissicherung ohne die Notwendigkeit, sofort ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, kann hier Abhilfe schaffen und die Interessen der Opfer schützen.
Mit diesem Projekt schaffen wir ein niedrigschwelliges Angebot, das den Opfern konkret Hilfe und Unterstützung leistet, zeitnah und professionell objektive Beweismittel sichert und die Chancen zur Verurteilung der Täter erhöht.
Ein gestärkter Opferschutz nach außen und sichere, nach innen offene, auf den Behandlungsvollzug ausgerichtete Justizvollzugsanstalten mit hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind die Kennzeichen des niedersächsischen Justizvollzuges.
Meine Damen und Herren, diesen Weg wollen wir weitergehen. Dafür steht der Haushaltsentwurf im Bereich Justizvollzug 2012/2013. Ich lade Sie ein, uns dabei zu unterstützen, und bedanke mich jetzt für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Arbeit ist ein wesentlicher Teil unseres Lebens. Sie ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und soziale Gerechtigkeit.
Aber Arbeit kann auch krank machen. Regelmäßig überhöhte Arbeitsanforderungen bei gleichzeitiger Ausschöpfung der Ressourcen sind mit gesundheitlichen Risiken für die Beschäftigten verbunden.
In der Zielsetzung, die Gesundheit und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes für eine leistungsstarke, zukunftsfähige Verwaltung zu erhalten, sind wir uns einig. Erforderlich ist ein umfassendes Gesundheitsmanagement, das die Betroffenen aktiv einbezieht.
Die Niedersächsische Landesregierung hat die Herausforderungen des Gesundheitsmanagements für eine optimale Personalentwicklung längst erkannt und handelt danach. Das seit 2002 praktizierte Gesundheitsmanagement wurde zwischen 2006 und 2008 intensiviert und soll zukünftig noch stärker auf den demografischen Wandel ausgerichtet sein.
Die im Frühjahr dieses Jahres eingerichtete ressortübergreifende Arbeitsgruppe Gesundheitsmanagement im Rahmen eines ressourcenbewussten und demografiesicheren Personalmanagements in Niedersachsen richtet dabei den Fokus auf die Schwerpunkte Alter, psychische und physische Belastungen und die Rückkehr in den Beruf nach einer längeren Erkrankung. Die Bediensteten haben Anspruch auf Unterstützung, um ihr hohes Leistungsniveau und ihre Gesundheit zu erhalten, gerade auch in Zeiten des demografischen Wandels und notwendiger Personaleinsparungen.
Wir werden im Rahmen der Beratungen im Ausschuss als gemeinsames Ziel die Gesundheit und das Wohlergehen der Beschäftigten des Landes im Blick haben - übrigens auch im privaten Bereich.
Auf zwei Punkte in Ihrem Antrag will ich noch kurz eingehen. Sie kritisieren, die Beschäftigten der Zeitarbeitsbranche seien durch ihre Arbeitsverhältnisse stärker gesundheitlich belastet als andere Arbeitnehmer, und wiederholen Ihre Forderung
nach der Einführung eines gesetzlichen branchenübergreifenden Mindestlohns.
Nach meiner Überzeugung ist ein flächendeckender Mindestlohn ohne Rücksicht auf regionale Gegebenheiten und Besonderheiten der Branche nicht zielführend.
Im Gegenteil: Insbesondere für gering Qualifizierte würde ein gesetzlicher Mindestlohn den Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten.
Schauen Sie sich einmal Statistiken und Darstellungen aus der letzten Zeit dazu an.
Wir wollen Beschäftigungschancen in allen Bereichen, gerade auch für jene, die keine Berufsausbildung haben. Besonders die Zeitarbeitsbranche hat hier in den letzten Jahren zum Beschäftigungsaufbau beigetragen. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen belegen das erneut. Im September wurden in Niedersachsen über 49 000 offene Stellen gemeldet. Einen deutlichen Anstieg neuer Stellen verzeichnete die Regionaldirektion bei der Zeitarbeit.
Wir setzen auf die im Grundgesetz verankerte Tarifautonomie und die Verantwortung der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände.
Für die Stabilität des Standortes Deutschland ist die Tarifautonomie weiter zu stärken. Zur sozialen Marktwirtschaft gehört unabdingbar die Tarifautonomie. Lohnfindung darf nicht verstaatlicht werden, sondern muss Aufgabe der Tarifpartner bleiben.
Ein Mindestlohn unter eng definierten Bedingungen für bestimmte Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt, wo weder Gewerkschaften noch Arbeitgeberverbände genügend Einfluss haben, schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dagegen vor Lohndumping und ist notwendig und sinnvoll. In zehn Branchen existieren inzwischen Mindestlöhne.
Wirtschaftlicher Erfolg ist mit sozialer Gerechtigkeit zu verknüpfen. Wer Vollzeit arbeitet, muss mit seiner Entlohnung einen angemessenen Lebensunterhalt sichern können. Das gilt selbstverständlich auch für die Zeitarbeitsbranche. Menschen, die ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis eingehen, dürfen für ihre Flexibilität nicht finanziell benachteiligt werden. Tariffreie Zonen dürfen nicht zum Lohndumping führen. Die Zeitarbeit hat sich wie die Kurzarbeit während der Finanzkrise als effizientes Arbeitsmarktinstrument erwiesen. Auch zukünftig müssen Arbeitgeber auf dieses Instrument zurückgreifen können. Dabei muss gewährleistet sein, dass Löhne tarifvertraglich festgelegt werden. Einen staatlich verordneten Mindestlohn lehnen wir ab.
Ich denke, wir werden bei den Beratungen im Ausschuss noch spannende Diskussionen führen. Es ist insgesamt ein uns einendes, gemeinsames Ziel, auf dem Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer gerechte und vernünftige Bedingungen herzustellen. Wir werden im Ausschuss ausgiebig darüber diskutieren. Darauf freue ich mich.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die stärkere Teilhabe von Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft wird seit dem letzen Frühjahr mit hohem Interesse in Deutschland diskutiert. Dabei hat die Diskussion erheblich an Fahrt aufgenommen und zeigt erfreulicherweise Wirkung. Auf Bundes- und Europaebene wurden Initiativen gestartet, die Medien berichten ausführlich, und das Thema ist positiv besetzt.
So unterschiedlich die Ansätze auch sein mögen, sie verfolgen ein gemeinsames Ziel: mehr Frauen in Führungsverantwortung, bis in die Spitzenpositionen der Wirtschaft, zu bringen.
Wir brauchen das Potenzial der Frauen. Vielfalt ist eine Stärke. Wir können es uns mit Blick auf die demografische Entwicklung und auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel schlichtweg nicht länger leisten, auf qualifizierte Frauen zu verzichten, nicht nur in Führungspositionen, sondern auf allen Ebenen der Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland hat diese Entwicklung in den letzten Jahren verschlafen. Das belegen die dürftigen Zahlen von weiblichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern. Inzwischen ist jeder zweite Hochschulabsolvent weiblich. Das Anliegen, gut ausgebildete Frauen für mehr Geschlechtergerechtigkeit und unternehmerischen Erfolg angemessen in die Arbeitswelt zu integrieren, ist ohne Zweifel berechtigt und notwendig.
Strittig ist, ob eine gesetzlich verankerte Quote als Allheilmittel taugt. Auch in meiner Partei wird - das wurde schon erwähnt - um die Einführung einer Quote gerungen.
Ich bin davon überzeugt, dass die Einführung der gesetzlich verankerten Quote zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend ist.
In letzter Zeit hat unter dem Stichwort „Diversity“ ein Umdenken in der Wirtschaft stattgefunden. Große Unternehmen besetzen zunehmend die Position eines Diversity-Managers bzw. einer Diversity-Managerin, deren Aufgabe es ist, in Führungsetagen mehr Frauen und internationale Kräfte zu rekrutieren.
Auch der Corporate Governance Kodex ist diesem Ziel verpflichtet. Der Kodex empfiehlt Aufsichtsräten, sich selbst Ziele für eine bestimmte Frauenbeteiligung zu setzen und kontinuierlich über den Fortschritt zu berichten. Der im Dezember 2010 veröffentlichte Bericht der Regierungskommission zeigt, dass die Empfehlung des Kodex für eine gute Unternehmensführung eine hohe Akzeptanz genießt. 95 % der großen Dax-Unternehmen gaben an, die Empfehlungen umsetzen zu wollen.
Jetzt ist es Zeit für eine stärkere Beteiligung von Frauen an Führungspositionen. Die Selbstregulierung durch den flexiblen Kodex ist der beste Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Konzerne wie Daimler, Siemens und die Telekom gehen bereits diesen Weg und stecken Ziele für die Umsetzung. Die Telekom will bis 2015 30 % weibliche Führungskräfte und setzt Maßnahmen wie Bildungsinitiativen für technische Berufe, Trainees für Frauen und spezielle Mentoringprogramme in die Tat um. Heute steht in der Zeitung, dass bei Daimler im Vorstand heute erstmals eine Frau ihre Arbeit aufnehmen wird.
Viele Unternehmen haben erkannt, dass Fragen wie Gestaltung der Arbeitszeit, räumliche Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht
zu einer unüberwindlichen Hürde für potenzielle Führungskräfte werden dürfen.
Deshalb wurden die firmeninternen Betreuungsplätze für Kinder massiv ausgebaut. Hierzu wird das Land Niedersachsen auch weiterhin seinen Beitrag leisten und neue Modelle in betriebseigenen Kinderbetreuungseinrichtungen fördern.
In jüngster Zeit sind in Niedersachsen eine Menge Führungspositionen mit Frauen besetzt worden. Ich erinnere nur daran - weil die Zeit jetzt knapp wird -, dass im Vorstand der NORD/LB seit Sommer letzten Jahres eine Frau tätig ist und die NORD/LB insofern die erste Landesbank in Deutschland ist, in deren Vorstand eine Frau tätig ist.
Ich verweise auch auf die Äußerungen des Ministerpräsidenten McAllister, der kürzlich davon gesprochen hat, bei VW auf der Kapitaleignerseite zukünftig eine Frau in den Aufsichtsrat zu berufen. Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt das ausdrücklich.
Eine gesetzliche Regelung wäre meiner Überzeugung nach zum jetzigen Zeitpunkt der Entwicklung nicht nützlich. Die Unternehmen sind jetzt gefordert, ihre Anstrengungen zu erhöhen. Sollten die Unternehmen diese öffentliche Diskussion jedoch nicht umgehend zum Anlass nehmen, Frauen in Führungspositionen zu berufen, werden wir die gesetzlich verankerte Quote brauchen und dann auch umsetzen.
- 2012!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Brunotte, eines eint uns: Wir haben gemeinsam positive Ziele, nämlich zum einen das Ziel, den sich seit 2003 in Niedersachsen ausgesprochen positiv entwickelnden Justizvollzug weiter auszubauen. Das eint uns. Es eint uns auch das Konzept: Menschlich sicher und auf gesellschaftliche Wiedereingliederung ausgerichtet soll der Vollzug sein.
Die Gestaltungsspielräume des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes, inzwischen auch Vorbild für andere Bundesländer, werden konsequent genutzt.
Der Strafvollzug unseres Landes zeichnet sich durch eine ausgeglichene Belegungssituation aus. Aktuell sind 82 % der Gefangenen in Einzelhafträumen untergebracht. Arbeitsfähige Gefangene haben einen Arbeitsplatz oder nehmen an schulischen oder beruflichen Maßnahmen teil. Mit einer Beschäftigungsquote von 74 % ist nahezu Vollbeschäftigung erreicht. Der Vollzug in Niedersachsen bietet den Betroffenen vielfältige Behandlungskonzepte für die Vorbereitung auf ein straffreies Leben nach der Haft. Die Zahl der Haftplätze für den offenen Vollzug entspricht dem Bedarf.
Diese gute Bilanz ist Ausdruck einer erfolgreichen Justizpolitik in Niedersachsen.
Sie ist aber vor allem das Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich mit den rund 6 000 Gefangenen arbeiten, diese auf ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereiten und für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen. Sie sind es in erster Linie, die das Niedersächsische Justizvollzugsgesetz durch ihren engagierten Einsatz mit Leben füllen.
Zur weiteren Stärkung des mittleren Dienstes im Justizvollzug führen wir deshalb das Fünfjahresprogramm der Stellenhebungen im Haushaltsplan 2011 fort. Insgesamt werden im nächsten Jahr 167 Stellen mit einem Volumen von rund 550 000 Euro angehoben. Die Bediensteten des Justizvollzuges können sich auf unsere Personalpolitik verlassen.
Der Sicherheitsaspekt für die Bevölkerung und für unsere Justizvollzugsbediensteten wird in Nieder
sachsen großgeschrieben. Deshalb investieren wir in die Modernisierung der Sicherheitstechnik in den Anstalten. Im kommenden Jahr ist die Erneuerung eines Großteils der Personennotrufanlagen notwendig. Diese Anlagen müssen dem neuesten Stand der Technik entsprechen; denn sie sind für die Sicherheit in der Anstalt lebenswichtig.
Das Thema Sicherheit betrifft natürlich auch die Sicherheit der Gefangenen selbst. Schätzungen gehen davon aus, dass 20 bis 50 % von ihnen mindestens einmal Gewalterfahrungen im Gefängnis gemacht haben. In Niedersachsen ist die Sicherheit der Gefangenen besonders durch die hohe Quote von 82 % Einzelunterbringung im geschlossenen Vollzug gesteigert worden. Das ist eine ganz beachtliche Leistung.
Aber auch der ständige Ausbau von Sozialtherapie, Antigewalttrainingsmaßnahmen und Beschäftigungsangeboten bedeutet ein Plus an Sicherheit.
Um Gefangene zukünftig noch wirksamer vor Gewalt von Mithäftlingen zu schützen, hat die Landesregierung eine Studie in Auftrag gegeben, die alle Inhaftierten in Niedersachsen mit einbeziehen soll. Wir begrüßen die Initiative des Ministers ausdrücklich, das Thema offensiv anzugehen. Der Bereich Gewaltprävention ist uns wichtig.
Ich freue mich, dass es gelungen ist, im Haushalt 2011 für den Einstieg in die Finanzierung des Wohngruppenumbaus der Jugendvollzugsanstalt in Hameln 250 000 Euro bereitzustellen.
Die differenzierte Unterbringung der jugendlichen Straftäter in Wohngruppen in der Jugendanstalt Hameln je nach Bereitschaft zur Mitarbeit hat sich bewährt. Mitarbeitende Gefangene werden vor schädlichen Einflüssen und möglicher Gewalt geschützt, sich verweigernde Insassen sind in Abteilungen mit höherem Sicherheitsstandard untergebracht, wo sie spezielle Programme und Maßnahmen durchlaufen, die sie zur Mitarbeit motivieren sollen.
Die CDU-Landtagsfraktion steht hinter dem geplanten Neubau der Justizvollzugsanstalt Bremervörde und unterstützt die zügige Umsetzung der Baupläne.
Mit der neuen JVA und mit den JVAs in Oldenburg, in Rosdorf und in Sehnde werden wir die Neuordnung der Justizvollzugslandschaft erfolgreich fortsetzen. Die Inbetriebnahme wird die Sicherheit zusätzlich verbessern, die Qualität des Vollzugs weiter voranbringen, die Wirtschaftlichkeit erhöhen und eine Lücke in der heimatnahen Unterbringung von Gefangenen im Elbe-Weser-Raum schließen.
Ich denke, wir Politiker im Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ sind uns einig: Wir könnten noch viele gute Maßnahmen nennen, bei denen es lohnt, Geld einzusetzen. Doch sie müssen natürlich auch der Realität des Haushalts angepasst wirken. Wir werden aber diese Politik, die uns seit 2003 voranbringt, auch 2011 und darüber hinaus voranbringen. Insgesamt ist der Justizvollzug ausgesprochen erfolgreich und liegt im bundesweiten Wettbewerb absolut vorne.
Mit den veranschlagten Mitteln werden wir auch 2011 diese erfolgreiche Politik weiterführen können. Helfen Sie, machen Sie mit!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 159 Antworten auf insgesamt 18 Fragenkomplexe, die eines deutlich zeigen: Der Strafvollzug ist in Niedersachsen seit 2003 eine Erfolgsgeschichte.
Er ist sicherer, qualitativ besser, wirtschaftlicher und zukunftsfähiger geworden und orientiert sich am Leitgedanken für eine menschenwürdige, rechtmäßige und sichere Vollzugsgestaltung.
Die ausführlichen Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geben uns wirklich einen umfassenden und detailreichen Einblick in nahezu alle Bereiche des Justizvollzuges. Sie haben auch mir noch einmal deutlich gemacht, welchen Anforderungen und Herausforderungen die Bediensteten des Justizvollzuges täglich gegenüberstehen und was sie täglich leisten. Dafür sage ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des niedersächsischen Justizvollzuges herzlichen Dank.
Ich fasse das Ergebnis der umfangreichen Bestandsaufnahme zusammen: eine landesweit ausgeglichene Belegungssituation, mehr als 80 % Haftraumeinzelunterbringung, nahezu Vollbeschäftigung der Gefangenen, bedarfsgerechte Bildungsangebote, eine vielfältig behandlungsorientierte Vollzugsgestaltung, genügend Haftplätze im offenen Vollzug, ein hohes Maß an Sicherheit. Das ist in erster Linie ein Erfolg der Menschen, die mit großem Engagement täglich mit den Gefangenen arbeiten.
Die Voraussetzungen für die beachtlichen Fortschritte wurden mit dem im Januar 2008 in Kraft getretenen Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz geschaffen, dessen zentrale Aspekte in den letzten beiden Jahren mit Leben gefüllt wurden. Auf fünf Themen werde ich näher eingehen.
Sicherheit und Resozialisierung sind in Niedersachsen gleichrangige Vollzugsziele. Das Niedersächsische Justizvollzugsgesetz betont den Aspekt der Sicherheit keineswegs stärker als die Resozialisierung der Gefangenen, wie Sie in Ihrer Großen Anfrage behaupten.
- Daran können Sie nichts ändern, auch wenn Sie hier dazwischenrufen.
Zwischen der sozialen Integration der Gefangenen und der Aufgabe, die Bevölkerung vor weiteren Straftaten zu schützen, besteht überhaupt kein Widerspruch - ganz im Gegenteil -; denn ein Straf
täter, der seine Haft verbüßt hat, der erfolgreich in die Gesellschaft integriert ist und der im Übrigen nicht nur weggesperrt worden ist, sondern viele Angebote erhalten hat, um seine Situation zu verbessern, bedeutet nach seiner Entlassung für die Bevölkerung selbstverständlich mehr Sicherheit. Diese Auffassung vertreten übrigens auch die Landesregierung und das Bundesverfassungsgericht.
Nun zur Vollzugspraxis im Bereich Sicherheit. Die Zahl der Entweichungen aus dem geschlossenen Vollzug - ich rufe noch einmal in Erinnerung: 2000 bis 2003 waren es 54 - ist in den vergangenen sieben Jahren auf acht gesunken. Die Zahl der Entweichungen aus dem offenen Vollzug ist sogar um 80 % zurückgegangen. Diese erfreuliche Entwicklung ist dem standardisierten Aufnahmeverfahren zu verdanken, das in Niedersachsen im Jahr 2005 eingeführt wurde. Das Verfahren hat sich eindeutig bewährt, bedeutet aber nicht, dass sich der offene Vollzug zum Ausnahmevollzug entwickelt hat, wie Sie behaupten.
Ich bin davon überzeugt: Die kompetenten, erfahrenen und hervorragend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Justizvollzugsanstalten entscheiden in jedem Einzelfall sehr sorgfältig. Die durchgängige Betreuung der Gefangenen und ihre Verantwortung für die eigene Lebensgestaltung sind Vollzugsstandards in Niedersachsen. Deshalb setzen die Resozialisierungsbemühungen in Niedersachsen gleich zu Beginn der Haft ein. Dem Ziel, jede JVA in Niedersachsen mit Plätzen für Untersuchungshaft, Strafhaft, geschlossenem und offenem Vollzug, Sozialtherapie und durchgehender Betreuung auszustatten, ist die Landesregierung in den letzten Jahren ein großes Stück näher gekommen, und sie beabsichtigt, dieses gerade auch mit der JVA Bremervörde weiter auszugestalten.
Die Zahl der Therapieplätze für Gewalt- und Sexualstraftäter hat sich seit 2002 von 136 auf 268 fast verdoppelt.
Noch in diesem Jahr folgen 10 Plätze in Celle und 20 in Wolfenbüttel. Für nächstes Jahr sind Plätze in der Jugendanstalt in Hameln und im Frauenvollzug in Vechta vorgesehen.
Die behandlungsorientierte Vollzugsgestaltung ist und bleibt ein wichtiges Anliegen dieser Landesregierung. Die Einrichtung des ambulanten Justizsozialdienstes beim Oberlandesgericht Oldenburg im
Februar 2009 und die Benennung von Entlassungskoordinatoren im Herbst 2009 markieren ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zu einem besseren Übergangsmanagement in Niedersachsen.
Arbeit und Ausbildung haben Vorrang im niedersächsischen Vollzug. Das ist wichtig für die soziale Integration nach der Haft. Mit rund 74 % ist die Vollbeschäftigung in den Anstalten erreicht. Ich rufe an dieser Stelle das Jahr 2000 in Erinnerung. Seinerzeit waren es lediglich 50 %. Die Vorteile liegen auf der Hand: Arbeit strukturiert den Tagesablauf, verschafft den Betroffenen eine sinnvolle Beschäftigung, gewöhnt sie an eine berufliche Tätigkeit und bedeutet eigene Einnahmen. - Gute Startbedingungen für die Zeit nach der Haft.
Auch die Bilanz der schulischen und der beruflichen Ausbildungsmaßnahmen kann sich sehen lassen. In Hameln z. B. hat sich die Zahl der Ausbildungsabschlüsse von 272 im Jahr 2003 auf 472 im letzten Jahr fast verdoppelt.
Wir wollen in Niedersachsen einen menschenwürdigen Vollzug. Dazu gehören vor allem die heimatnahe Unterbringung und Einzelhafträume, die eine Größe von 8,5 m
2 plus Sanitärbereich haben sollen.
Wir haben schon darüber gesprochen: Die Einzelraumhaftbelegung ist ein großer Erfolg, auf die man zu Recht stolz sein kann. Die positiven Auswirkungen sind deutlich spürbar. Es kommt zu weniger Gewalt und Subkultur unter den Gefangenen. Auch für die Bediensteten stellt sie eine Erleichterung ihrer Arbeit dar.
Ich möchte einen Ausblick auf einen Teilbereich lenken, an dem sich der Erfolg des Justizvollzuges deutlich darstellen lässt, nämlich auf den Frauenvollzug. Frauen machen in Niedersachsen und bundesweit nur etwa 5 % aller Gefangenen aus. Wegen ihrer geringen Zahl - in Niedersachsen sind es aktuell 262 Mädchen und Frauen - können sie nicht flächendeckend heimatnah untergebracht werden. Sie sind zentral in der Frauenanstalt in Vechta mit ihrer Außenstelle Hildesheim inhaftiert. Daher ist es schon eine Herausforderung, den wenigen weiblichen Gefangenen vergleichbare Chancen wie den männlichen Gefangenen zu eröffnen, und zwar im Bereich der Aus- und Fortbildung, der Arbeit, der Behandlungs- und Betreuungsangebote und auch der Freizeitgestaltung.
Wenn Sie sich die Antworten auf die Fragen 114 bis 132 ansehen, werden Sie ebenso wie ich feststellen, dass der niedersächsische Justizvollzug
hier Vorbildliches leistet. Besonders beeindruckt hat mich das breit gefächerte Behandlungsangebot, das von der Sozialtherapie über das soziale Training, Theater- und Kunstworkshops bis hin zum Kommunikationstraining und zur Förderung der sozialen Kompetenzen - u. a. der Eigen- und Fremdwahrnehmung - reicht. Herr Limburg, Sie waren in Hildesheim ebenso wie ich voll des Lobes.
Die Zahl der Frauen im offenen Vollzug ist in den letzten Jahren ständig gestiegen. Seit 2005 können Frauen erstmals auch über den Weg des Vollstreckungsplans direkt in den offenen Vollzug eingewiesen werden. Ein richtiges Highlight ist die Beschäftigungsquote im Frauenvollzug, die von 47 % im Jahr 2004 auf 83 % im letzten Jahr gesteigert wurde. Die Zahl der Frauen, die erfolgreich eine Aus- und Weiterbildungsmaßnahme abgeschlossen haben, hat sich von 2003 auf 2009 um mehr als 50 % erhöht.
Meine Damen und Herren, der Frauenvollzug in Niedersachsen ist vorbildlich und bekanntermaßen bundesweit wegweisend. In diesem Teilbereich spiegeln sich die Leistungen wider, die den gesamten niedersächsischen Vollzug auszeichnen. Nochmals Dank an die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen wir diesen Vollzug ganz wesentlich zu verdanken haben!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion begrüße ich das Vorhaben der Landesregierung, in Bremervörde den Neubau einer Justizvollzugsanstalt zu errichten, und begrüße ebenso, dass in Kürze mit der Umsetzung begonnen werden soll.
Das von der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagene Moratorium werden wir ablehnen, und zwar aus guten Gründen, wie ich darlegen werde. Mit dem Bau einer neuen Anstalt setzen wir die 2003 begonnene erfolgreiche Umgestaltung der Justizpolitik in Niedersachsen fort und verfolgen konsequent diese Ziele: mehr Sicherheit im Vollzug, Steigerung der Qualität des Vollzuges und mehr Wirtschaftlichkeit.
Die Planung des Baus als ÖPP-Projekt, also in öffentlich-privater Partnerschaft, ist ein mutiges, wohldurchdachtes Vorhaben und für Niedersachsen ein Pilotprojekt.
Der Fraktion DIE LINKE empfehle ich: Sehen Sie sich in Niedersachsens Justizvollzugsanstalten um, und beurteilen Sie dann, ob sich in Häusern mit großem Sanierungsbedarf Vollzug nach hohen Qualitätsansprüchen umsetzen lässt. Vergleichen Sie auch in Betrieb befindliche teilprivatisierte Anstalten vor Ort in anderen Bundesländern und ziehen Sie daraus Schlüsse. Dann werden Sie feststellen, dass sich das Projekt in Hünfeld von den Planungen in Bremervörde unterscheidet. Es ist ganz anders gestaltet, als wir es in Niedersachsen vorhaben.
Der Bau der Justizvollzugsanstalt in Bremervörde ist ein in die Zukunft gerichtetes Reformprojekt für mehr Sicherheit durch mehr Qualität im Strafvollzug. Die Einrichtung mit 300 Haftplätzen nach neuesten Qualitätsstandards wird neun kleine, teilweise stark sanierungsbedürftige und nicht mehr wirtschaftlich zu führende Häuser an verschiedenen Standorten des Landes ersetzen. Überlegen Sie doch einmal selbst, ob es Sinn macht, wenn 18 Gefangene von 17 Bediensteten betreut werden, die auch noch Überstunden haben. So etwas habe ich mir zeigen lassen.
Die JVA Bremervörde wird für Gefangene eine durchgängige Betreuung und die gesamte Palette des Übergangsmanagements als Vorbereitung für die Entlassung bieten. In der modernen Anstalt erhalten die Inhaftierten verbesserte Arbeitsbedingungen. Zudem wird dadurch für Strafgefangene im Elbe-Weser-Raum eine heimatnahe Unterbringung geschaffen.
Mehr Haftplätze werden in Niedersachsen durch den Bau der JVA Bremervörde nicht entstehen. Die Gefangenenzahlen sind rückläufig; das haben Sie erwähnt. Mit rund 6 000 Inhaftierten sind die Zahlen deutlich niedriger als noch vor wenigen Jahren. Das ist ein günstiger Umstand für den Vollzug. Ich verweise darauf, dass die Politik auf diese Zahlen keinen Einfluss hat. Die Zahlen können sich auch wieder anders entwickeln.
Für den offenen Vollzug werden nicht weniger Hafträume benötigt, wie Sie in Ihrem Antrag argumentieren, sondern Haftplätze mit anderer Ausrich
tung. Man kann die Leute ja nicht nachts draußen auf der Straße lassen.