Protocol of the Session on April 27, 2010

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das haben wir immer gemacht!)

Nein, „im Rahmen der Möglichkeiten des Landeshaushaltes“.

(Heinz Rolfes [CDU]: Daran habt ihr euch nicht gehalten! Das ist es!)

Sie haben hier zum ersten Mal, sogar schriftlich verbrieft, zugegeben: Wir von CDU und FDP verabschieden uns von unserem Wahlversprechen und von der Koalitionsvereinbarung, ja, sogar von den Vereinbarungen des Bildungsgipfels, und verwenden die frei werdenden Ressourcen im Bildungsbereich nur im Rahmen haushaltswirtschaftlicher Möglichkeiten.

(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Was haben Sie denn ge- macht? Sie haben über den Haushalt hinaus Lehrer eingestellt!)

Dabei, meine Damen und Herren, hätten Sie so viel zu tun, um die Bildungs- und Aufstiegschancen unserer Kinder in Niedersachsen zu verbessern. Ich nenne nur einige Beispiele: Niedersachsen ist Schlusslicht bei der Betreuungsquote der unter Dreijährigen.

(Karl-Heinz Klare [CDU] lacht)

Niedersachsen ist mit 5 000 Euro pro Kind auf dem viertletzten Platz bei den Bildungsausgaben. Niedersachsen ist im unteren Drittel bei der Schulabschlussquote von Kindern mit Migrationshintergrund. Niedersachsen ist am unteren Ende der Skala hinsichtlich der Integration von Kindern mit Behinderung. Von Inklusion in Niedersachsen, meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich noch gar nicht reden.

In Niedersachsen ist die Wahrscheinlichkeit für ein Kind, das Abitur zu machen, in Braunschweig oder Wolfsburg mehr als doppelt so hoch wie im Landkreis Peine oder im Ammerland. Wir haben einen Riesenunterschied bei der Abiturquote zwischen den Landkreisen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie sind sich ja nicht einmal zu schade, hier eine falsche Statistik vorzutragen! Haben Sie die Statistik - - -)

Herr Kollege Klare, Sie haben seitens der CDUFraktion noch jede Menge Redezeit. Ich finde es nicht so schön, wenn Sie ständig dazwischenreden.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss aber noch einmal unterbrechen, weil Herr Dr. Sohn und Herr Perli im Gespräch sind: Auch das Telefonieren erlaube ich hier im Plenarsaal nicht.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich rufe da- zwischen, weil es die Sache belebt! Das mache ich, solange ich dazu Lust habe!)

Frau Kollegin Heiligenstadt, ich bitte um Nachsicht. - Ein Zwischenruf, Herr Kollege Klare ist durchaus gestattet.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Eben!)

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich bereits für permanente Zwischenrufe einen Ordnungsruf erteilt habe, weil die Rednerin oder der Redner hier vorne die inhaltlichen Ausführungen auch in Gänze vortragen können muss. Ein Zwischenruf ist ohne Probleme möglich, aber nicht Dauerzwischenrufe.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU] - an Karl-Heinz Klare [CDU] gewandt -: Jetzt hast du aber einen auf den De- ckel gekriegt! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Bei Herrn Jüttner ist das etwas anderes! Wir reden darüber noch einmal im Ältestenrat! - Zuruf von der SPD: Das ist eine Drohung! - Unruhe)

- Das können wir gerne machen. - Ich bitte Sie jetzt um Ruhe. Sonst erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Bitte seien Sie jetzt ruhig!

Frau Kollegin Heiligenstadt, Sie haben jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich wollte zusammenfassen: In Niedersachsen hängt der Bildungserfolg leider nicht nur vom sozialen Status des Elternhauses ab, sondern in Niedersachsen hängt

der Bildungserfolg auch davon ab, wo ein Kind wohnt.

In Niedersachsen haben wir durch G 8 und das Turboabitur an den Gesamtschulen Situationen mit hohem Stress an den Gymnasien und Gesamtschulen. Wir haben einen Fachlehrermangel. Ich könnte noch einiges ergänzen.

(Björn Thümler [CDU]: Lieber nicht!)

Aber eines ist eindeutig klar geworden: Wie die Situation im Bildungsbereich in Niedersachsen ist, ist heute noch einmal offenkundig geworden, indem beide Bildungsminister, die in diesem Kabinett zuständig waren, abgelöst worden sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung versäumt heute in der Antwort auf die Große Anfrage, sich endlich einmal mit den Herausforderungen von morgen zu beschäftigen. Wie z. B. kann die Schule gestaltet werden, wenn wir das Ziel „10 % mehr für Bildung“ vor Augen haben? - Sie gestalten in Niedersachsen leider nichts - Sie verwalten!

Was aber viel schlimmer ist: Sie geben in Ihrer Antwort selbst zu, die sogenannte Demografierendite nicht zur Verbesserung der Bildung einzusetzen, sondern - ich zitiere wörtlich -:

„Aufgrund der infolge der Weltwirtschaftskrise deutlich verschlechterten haushaltswirtschaftlichen Rahmenbedingungen“

(Hartmut Möllring [CDU]: Wollen Sie das bestreiten?)

„prüft die Landesregierung, inwieweit die sich aus der demografischen Entwicklung ergebenden Ressourcenspielräume sowohl für die Konsolidierung des Haushalts als auch zur Verbesserung der Bildungsqualität genutzt werden können.“

Meine Damen und Herren, so geht das nicht! Sie können nicht überall versuchen, die Probleme, die an Schulen vorhanden sind, damit zu erklären, dass der Doppelabiturjahrgang vor der Tür steht, die Schülerzahlen zurückgehen und alles besser wird, und gleichzeitig das Geld dafür für die Haushaltskonsolidierung verfrühstücken.

(Beifall bei der SPD - Hartmut Möllring [CDU]: Für den Unsinn müsste es ei- gentlich einen Ordnungsruf geben!)

Wenn wir ins Detail gehen, dann könnten wir viele Punkte aufführen. Ich will nur zwei nennen.

Zunächst nenne ich die Sprachförderung. Jeder weiß, dass sie für den Bildungserfolg ganz elementar ist, gerade für Kinder mit Migrationshintergrund. Sie fahren sie von 6,6 Millionen Euro auf 4,9 Millionen Euro im Jahr 2008 herunter. Jeder hier im Raum weiß, dass die Sprachförderung, die jetzt vorhanden ist, hinten und vorne nicht ausreicht.

Sie gehen z. B. beim Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern anlässlich der Aussagen des Krippengipfels, bei dem der Bund sagte, dass wir 80 000 zusätzliche Kräfte im Krippenbereich benötigen, davon aus:

„Ein Fachkräftemangel ist unter Berücksichtigung der durch das KiTaG gesetzten Standards, der Ausbildungssituation und des demografischen Wandels nicht zu erwarten.“

Ja, wollen Sie denn wirklich alles so lassen, wie es ist, meine Damen und Herren? Haben Sie keine Vorstellung davon, wie eine Kindertagesstätte ausgestattet sein muss, damit man sich wirklich individuell allen Kindern widmen kann?

Meine Damen und Herren, Sie haben ein grundsätzliches Problem: Sie haben kein Bild davon, wie die Bildungslandschaft in Niedersachsen von der Krippe bis zum Abitur und bis zur Hochschule tatsächlich gestaltet werden soll. Das hatte Frau Heister-Neumann nicht, meine Damen und Herren, und da Herr Althusmann diesem Hause auch schon seit sieben Jahren angehört und schon eine Zeit lang der Regierung angehört hat,

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Er hat diesem Haus schon länger angehört!)

habe ich die Einschätzung, dass leider auch er dieses Bild nicht hat.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: So werden Sie nicht PGF, Frau Heiligenstadt! - Widerspruch bei der SPD - Dr. Gabriele Andretta [SPD] - zur CDU -: Belasten Sie sich doch nicht mit solchen Fragen!)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Frau Kollegin Korter das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel dieser Großen Anfrage lautet: „Aufstieg durch Bildung?“ Frau Ministerin Wanka hat vorhin jedoch hauptsächlich über die Hochschulen gesprochen, d. h. über die 30 % der jungen Menschen, die diesen Aufstieg durch Bildung schon geschafft haben.

(Zuruf von Karl-Heinz Klare [CDU])

Uns interessieren aber 100 % der jungen Menschen, die anderen 70 % also auch.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, erinnert sich noch jemand an die großen Worte, mit denen die Bundeskanzlerin vor zwei Jahren ihren nationalen Bildungsgipfel angekündigt hat? - Bildung für alle sei die zentrale Aufgabe des kommenden Jahrzehnts, hat sie erklärt. Die Bundesrepublik müsse zur Bildungsrepublik werden.

Die Ernüchterung folgte bereits beim ersten Bildungsgipfel im Oktober 2008. Schon die äußeren Bedingungen waren schlecht. „Ein dichter Vorhang aus kleinen und großen Nieseltropfen hängt über Dresden. Mistwetter“ berichtete der Stern. Auch in der Tagungsstätte dicke Luft. Gescheitert war die Kanzlerin nämlich rasch an den CDU-Ministerpräsidenten, auch an Herrn Wulff. Die christdemokratischen Provinzfürsten, allen voran Ministerpräsident Christian Wulff, empfanden das Engagement der Kanzlerin für Bildung schon als föderalen Affront. Das Einzige, was damals in Dresden herauskam, war die vage Absicht, die Bildungsausgaben bis 2015 auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Alles Weitere sollte auf einem Folgegipfel im Dezember 2009 beschlossen werden.

Was geschah dort? - Wir haben es vorhin bereits gehört. Die Länderfinanzminister legten eine geniale Berechnung vor, nach der man jetzt nicht mehr 25 Milliarden Euro brauchte, um das 10-%Ziel zu erreichen, sondern plötzlich nur noch 13 Milliarden Euro. Der Trick: Pensionszahlungen für ehemalige Lehrer, Kosten für die Überlassung von Liegenschaften und sogar das Kindergeld für Volljährige wurden bei den Bildungsausgaben mit eingerechnet. Ja, so kommt man natürlich der