Das spektakulärste Ergebnis des Bildungsgipfels war das 10-%-Ziel, also die Aussage: Wir wollen in Deutschland bis zum Jahre 2015 10 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Bildung ausgeben. Das ist ein sehr, sehr ehrgeiziges Ziel. Wenn man sich auf die Statistik bezieht, wird klar, dass wir es mit einer komplizierten Materie zu tun haben. So wurden z. B. die Versorgungsleistungen in Niedersachsen schon immer in diesen Bereich eingerechnet. Das 10-%-Ziel ist sehr ehrgeizig. Die Entwicklung ist schwer abschätzbar. Dies hat auch etwas mit der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts zu tun. Es hat auch etwas damit zu tun, wie viel Forschungsleistungen privat erbracht werden. Dort liegt Niedersachsen im Mittelfeld aller Bundesländer. Es hat aber auch etwas damit zu tun, in welchem Maße sich der Bund engagieren will und wird. Die Ironie, die an dieser Stelle zum Tragen kam, ist, wie ich glaube, nicht berechtigt. Zunächst einmal ist hoch einzuschätzen, dass es eine Selbstverpflichtung aller Bundesländer gibt. In den nächsten Jahren müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um diese dann auch zu erfüllen.
Ich will jetzt nicht prognostizieren, was man wann schaffen kann. Werfen wir aber einmal einen Blick auf die Antworten auf die Große Anfrage! Dort finden sich konkrete Zahlen. Die Ausgaben für frühkindliche Bildung haben sich in Niedersachsen im Zeitraum von 2003 bis heute verdoppelt. Was den Ausbau der Betreuungsangebote angeht, so ist sogar eine Verdreifachung zu registrieren. Das zeigt, dass es in diesem Land ernsthafte Bemühungen gibt. Man muss hier aber ganz deutlich sagen, dass die Erreichung der gesetzten Ziele sehr schwierig sein wird. Ich erwähne hier das Stichwort „Schuldenbremse“. Ich bin froh, dass es in Niedersachsen einen Diskurs darüber gibt, dass man das, was man bei der Änderung beschlossen hat, auch wirklich realisieren will. Es gibt sogar Überlegungen in Richtung einer Realisierung nicht erst 2019, sondern schon 2017. Darüber ist aber sicher noch zu diskutieren. Das Ziel, schuldenfrei zu sein, ist ein sehr anspruchsvolles Ziel, welches es erfordert, die richtige Balance zu finden. Auf der einen Seite steht die Forderung nach einer Steigerung der Bildungsausgaben, auf der anderen Seite steht die Erreichung des erwähnten Zieles.
Ich komme aus einem Bundesland, in dem der dortigen Regierung die genannte Balance im Moment egal ist. Dort ist Schuldenmachen für die nächsten Jahre überhaupt kein Problem.
Zum Schluss wird dieses Bundesland - ich kenne die Vergleiche, Herr Jüttner - unter Umständen ein Problemfall, wie es jahrelang das Saarland, Bremen oder andere Bundesländer waren. Deshalb ist es, wie ich finde, außerordentlich wichtig, diese Balance zu halten. Es muss wenigstens den Anspruch geben, zu versuchen, beide Ziele miteinander in Korrelation zu bringen.
Ich finde es immer sehr schade, wenn Innovation im Bildungsbereich, über die auf Bildungsgipfeln gesprochen wird, auf bloße Finanzierung reduziert wird. Das ist doch Unsinn. Blicken wir einmal z. B. auf die Betreuungsrelationen im Hochschulbereich! Es gab Zeiten, in denen die Zahl der Ingenieurstudenten so drastisch sank, dass die Betreuungsrelationen super waren. Das hat sich nicht unbedingt in der Qualität niedergeschlagen. Damit will ich nicht sagen, dass gute Betreuungsrelationen nicht wichtig sind. Ich finde es aber schade, wenn plump nur vom Geld her reagiert wird.
Der erste Punkt betrifft Durchlässigkeit und Qualität. Ich finde, es ist noch immer einer der Mängel im deutschen Bildungssystem, dass ganz entscheidend ist, von welcher Stelle aus jemand startet, ob er z. B. an der Fachhochschule oder an der Universität zu studieren anfängt. Man kommt auf diese Weise quasi schnell in ein Kästchen, bei dem der Weg dann vorgezeichnet ist. Das ist in anderen Ländern nicht so. Deswegen ist es wichtig, dass die Durchlässigkeit erhöht wird, dass man also, egal, von welchem Punkt aus man startet, dann, wenn man gut ist und wenn man es intellektuell schafft, alle Möglichkeiten eines Aufstiegs durch Bildung hat. Es stellt sich deswegen die Frage, wie man die Durchlässigkeit organisiert. Man muss dabei das Augenmerk u. a. auf die Übergänge richten. Ebenso ist zu fragen, in welchem Umfang man sich nicht nur mit Quantitäten, sondern auch mit Qualitäten zu beschäftigen hat.
Ich habe in der Antwort auf die Große Anfrage Dinge gelesen, die mir sehr imponieren, z. B. was den Übergang von der Kita zur Schule anbetrifft. In diesem Zusammenhang stellt sich hier noch nicht ein großes Problem, weil es im Kitabereich noch keinen sehr hohen Versorgungsgrad gibt.
Ich weiß, dass in den Bundesländern, in denen der Versorgungsgrad sehr hoch ist, gerade an dieser Schnittstelle unwahrscheinlich viele Informationen zulasten der Kinder verloren gehen. Deswegen gibt es das Modellprojekt Brückenjahr, für das Sie hier eine Menge Geld ausgeben.
- Sie haben aber etwas anderes vor. Sie müssen einmal die Zahlen bezüglich dessen, was von der Regierung für Niedersachsen beschlossen wurde, durchlesen.
Es geht um die Chance des Aufstiegs durch Bildung. Bei uns in Deutschland ist das Abitur das klassische Eingangstor zur Hochschule. In der Diskussion hieß es über viele Jahre, das Abitur dürfe nicht entwertet werden. Später gab es intensive Diskussionen darüber, wie man ein Studium für jemanden ermöglichen kann, der kein Abitur oder einen entsprechenden klassischen Hochschulzugang hat. Aus der Außenperspektive muss ich sagen, dass Niedersachsen immer ein Land war, das in den letzten Jahren in dieser Hinsicht sehr weit vorangekommen ist.
In Niedersachsen können Techniker, Meister und andere jetzt schon seit vielen Jahren ohne Weiteres studieren. Bei der Novelle zum Niedersächsischen Hochschulgesetz, über die jetzt diskutiert wird, ist dies ein wichtiger Punkt. Ich habe mir die Protokolle über die kontroversen Diskussionen nur überblickartig angesehen. Beim Bildungsgipfel, meine Damen und Herren von der SPD und der Linken, ist z. B. vereinbart worden, dass der erwähnte Zugang bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auch für beruflich Qualifizierte ermöglicht wird. Wenn Sie in Niedersachsen angesichts der demografischen Entwicklung in fünf oder sieben Jahren noch genügend Studenten an den Hochschulen haben wollen, ist es ein ganz wichtiger und zentraler Punkt, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die
sich für einen Beruf entscheiden und in diesem Beruf dann auch gut sind, die Möglichkeit haben, ohne eine Eingangsprüfung oder andere Hürden ein Studium aufzunehmen.
Ich glaube, dass der Weg, der hier eingeschlagen wurde, richtig ist. Zugleich weiß ich, dass es auch hier im Niedersächsischen Landtag noch viele Diskussionen in der angesprochenen Hinsicht geben wird, weil man in diesem Bereich mit Althergebrachtem brechen muss.
Der zweite Punkt, auf den ich gern kurz eingehen möchte, sind der Hochschulpakt 2020 und die Frage, wie Niedersachsen damit umgegangen ist und wie Niedersachsen die Möglichkeiten des Hochschulpaktes 2020 ausschöpft. Ich muss hier etwas ausholen.
Aufgrund der unterschiedlichen Pakte - ich nenne hier die Exzellenzinitiative und den Hochschulpakt 2020 - geschieht es seit vielen Jahren zum ersten Mal, dass in das Bildungssystem Deutschlands, insbesondere in die Wissenschaft, richtig viel neues und zusätzliches Geld fließt. Man kann nun immer sagen, es müsse noch sehr viel mehr sein. Es geschieht aber zum ersten Mal, dass in der Größenordnung von Milliarden zusätzliches Geld in diesen Bereich fließt.
Beim Hochschulpakt 2020 ging es darum - ich verweise auf die demografische Entwicklung und auf die doppelten Abiturjahrgänge hier in Niedersachsen und in anderen Bundesländern -, der großen Zahl von jungen Leuten Studienmöglichkeiten zu bieten. Das heißt, dass, nachdem in Deutschland über viele Jahre hin Studienplätze zahlenmäßig reduziert oder abgebaut wurden, die Perspektive nun die sein muss, Studienplätze aufzubauen. Dafür hat der Bund eine bestimmte Summe zur Verfügung gestellt.
In diesem Zusammenhang möchte ich ein Lob in Richtung der alten Bundesländer und gerade auch in Richtung Niedersachsen aussprechen. Es wäre denkbar gewesen, dass man gesagt hätte: Okay, es gibt eine bestimmte Summe vonseiten des Bundes. Damit ist klar: Soundso viele Studienplätze wollen wir einrichten. Für jeden Studienplatz stellt der Bund eine bestimmte Eurosumme zur Verfügung. - In den neuen Bundesländern ist die demografische Entwicklung nicht so, dass sich für die nächsten Jahre sozusagen ein großer Berg von Studenten prognostizieren lässt. Das Gegenteil ist der Fall. In Sachsen hat sich z. B. die Zahl
In dieser Situation haben die KMK und die Ministerpräsidenten eine volkswirtschaftliche kluge Entscheidung getroffen. Sie haben gesagt: Wir wollen nicht, dass in Leipzig z. B. der Bereich Zahnmedizin geschlossen wird, weil es dort zu wenig Studenten gibt, und dass er an anderer Stelle neu aufgebaut wird. Das würde sonst einen riesigen Aufwand an Finanzen bedingen. Wir wollen vielmehr von der Summe, die der Bund zur Verfügung stellt, 15 % dafür verwenden, dass die Kapazitäten, die in den neuen Bundesländern gerade teuer und gut aufgebaut wurden, erhalten bleiben und seitens der Finanzminister nicht einfach gestrichen werden.
Das bedeutet seitens der alten Bundesländer einen Verzicht auf Geld. Ich finde, das ist viele Jahre nach der Wende eine große solidarische Leistung. Ich möchte mich hier an dieser Stelle - ich habe heute dazu die Möglichkeit - dafür bedanken, dass sich auch Niedersachsen im Sinne des genannten Ziels engagiert und dafür gestimmt hat.
Man hat sich im Hochschulpakt 2020 auf Zielzahlen verständigt. Niedersachsen hat sich zum Ziel gesetzt, jedem Studieninteressierten in diesem Lande einen Studienplatz anzubieten. Ich glaube, nach der ersten Phase des Hochschulpaktes ist man hier auf einem sehr guten Weg, weil alles, was an Verpflichtungen eingegangen wurde, auch realisiert wurde. In Niedersachsen ist im Hinblick auf zusätzliche Studienanfänger alles, was an Gegenfinanzierung notwendig war, geleistet worden. Die Verpflichtungen wurden nahezu exakt erfüllt.
Wenn man jetzt durch den Hochschulpakt neue Studienplätze aufbauen kann, dann ist das ein ganz wichtiger Punkt, um Fehlentwicklungen zu korrigieren, um Entwicklungen, auf die man jahrelang, als das Hochschulsystem konstant blieb, keinen Einfluss hatte, zu gestalten. Ich möchte wesentliche Ansätze, die Sie in der Antwort auf die Große Anfrage finden, hervorheben: Der Fachhochschulanteil soll erhöht werden, was auch etwas damit zu tun hat, dass man neue Bevölkerungskreise für ein Studium gewinnen will. Im Ingenieurbereich und im naturwissenschaftlich-technischen Bereich sollen endlich noch mehr qualifizierte Studienplätze angeboten werden. Für sehr wichtig und richtig halte ich die Einrichtung weiterer dualer Studiengänge. Das zeigt, dass man mit dem
Geld des Bundes behutsam umgeht, die Kofinanzierung sicherstellt und es als ein Instrument nutzt, um zukunftsfähig zu werden. Man nutzt diese Gelder auch für gute Lehre, für eine Veränderung der Betreuungsrelation und für eine Verbesserung der Studieneingangsphase.
Ich glaube also, dass die Antwort auf diese Große Anfrage zeigt, dass man in Niedersachsen - einem Land, wo das Geld nicht so ohne Weiteres verfügbar ist - die Bildungschancen der Menschen, also die Möglichkeit des Aufstiegs durch Bildung, wirklich garantiert und sichert und dass man für die Herausforderungen, vor denen Niedersachsen steht - demografischer Wandel, steigende Bildungsanforderungen und drohender Fachkräftemangel -, die richtigen Ansätze hat und auf die sich daraus ergebenden Fragen die richtigen Antworten gibt. Meine Damen und Herren, das ist das Erfreuliche, was man sehr schön aus dieser Antwort auf die Große Anfrage ablesen kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Herren und Damen! Meine Kollegin Frau Dr. Lesemann hat bereits einiges Grundsätzliche zur Diskussion über den Bildungsgipfel gesagt. Bevor ich jetzt konkret auf einzelne Fragen aus dem Kultusbereich eingehe, möchte auch ich mich ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kultusministeriums für die Beantwortung unserer Fragen und die Arbeit, die sie damit hatten, bedanken.
(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Und denen werden Sie jetzt die Antwort um die Ohren hauen!)
„Demografisch bedingt frei werdende Ressourcen wird das Land Niedersachsen im Rahmen der Möglichkeiten des Landeshaushaltes zur Ver
Kein Wort, Herr Klare, mehr davon, dass Sie tatsächlich die frei werdenden Ressourcen zur Qualitätsverbesserung einsetzen wollen!