Protocol of the Session on April 27, 2010

Unbedingt unterstützt werden müssen Initiativen zur Einbeziehung der Eltern der Einwandererkinder.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass mehr Migrantinnen und Migranten Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer oder Dozentinnen und Dozenten an der Universität werden. Wir wollen außerdem, dass im Ausland erworbene Bildungsabschlüsse leichter anerkannt werden.

All diese Vorschläge wollten wir in einer Anhörung des Ausschusses mit den Migrantenverbänden erörtern. Die Ausschussmehrheit aus CDU und FDP hat dies aber leider abgelehnt. Deshalb haben wir Grünen Anfang 2009 eine eigene Anhörung durchgeführt, zu der nahezu alle großen Migrantenverbände in Niedersachsen gekommen sind. Das hat uns sehr gefreut. Große Unterstützung gab es für unsere Forderungen im Antrag nach längerer gemeinsamer Schulzeit, nach echten gebundenen Ganztagsschulen und nach einer Sprachförderung, wie ich sie gerade skizziert habe.

Auch in der Integrationskommission ist die Diskussion ähnlich geführt worden. Dort wurde genauso wie im Kultusausschuss nach langer Verzögerung von der CDU ein eigener Antrag angekündigt. Vorgelegt wurde leider nichts. CDU und FDP haben lieber darauf hingewiesen, was alles schon an Einzelmaßnahmen läuft. Offensichtlich sehen Sie keinen Handlungsbedarf.

Umso mehr freut es mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die neue Sozialministerin, Frau Özkan, deutlich gemacht hat, dass sie die in unse

rem Antrag formulierten Forderungen für richtig hält und vertreten will. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, Sie müssen sich aber schon fragen lassen, warum Sie heute unseren Antrag, der auf eine bessere Förderung von Einwandererkindern abzielt, ablehnen wollen. Das müssen Sie uns einmal erklären.

Ich hoffe und habe gehofft, die Neubesetzung im Sozialministerium könnte mehr sein als nur ein PR-Schachzug, mit dem die CDU ihr verstaubtes Image aufpolieren will, mehr als nur Symbolpolitik. Nach Ihrem Chaoskurs in der Kruzifixdebatte muss ich das allerdings leider bezweifeln. Beweisen Sie, dass es Ihnen wirklich ernst ist mit der Integration und dass es nicht nur um den Austausch von Köpfen geht! Beweisen Sie das, indem Sie unserem Antrag heute zustimmen! Es stehen lauter wichtige und richtige Forderungen darin.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich erteile Herrn Politze von der SPD-Fraktion jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag befindet sich seit dem 12. November 2008 im Beratungsverfahren, wie die Kollegin Korter gerade ausgeführt hat. Wie schon damals findet er sich leider wieder sehr weit hinten auf der Tagesordnung - eine Platzierung, die zumindest aus meiner Sicht der Wichtigkeit dieses Antrages nicht angemessen ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Herr Ministerpräsident sagte bei Einbringung des Antrages sinngemäß, dass sich der Antrag im Fachausschuss in guten Händen befinde. Das ließ hoffen, dass sich die Regierungsfraktionen endlich sachgerecht mit diesem Thema auseinandersetzen und Maßnahmen dazu entwickeln.

Die Beratung im Fachausschuss ist nunmehr erfolgt, und das Votum der die Regierung tragenden Fraktionen lautet: Ablehnung. - Herr Ministerpräsident, wir stellen fest, dass sich der Antrag offensichtlich nicht in guten Händen befunden hat. Ihre Regierungsfraktionen haben den Antrag unbegründet abgelehnt, ohne selber Konzepte zu entwickeln.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gut eineinhalb Jahre sind seit der Einbringung dieses Antrages vergangen, und in Niedersachsen hat sich leider nichts zum Positiven verändert, außer dass alle im Bildungsbereich tätigen Minister entlassen wurden; das ist an dieser Stelle doch wohl einmalig.

Gute Bildung für unsere Kinder - unabhängig von deren Herkunft -, neue Schulen und Förderung der Wissenschaft - das sind die zentralen Punkte guter politischer Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Zwischen dem öffentlich unterschriebenen Anspruch der Regierung und der konkreten Finanzplanung liegen leider immer noch Welten. Worte und Taten des Ministerpräsidenten liegen noch immer weit auseinander. Auch daran hat sich in diesen anderthalb Jahren leider nichts geändert. Auf diesen Komplex sind meine Kollegin Heiligenstadt und mein Kollege Jüttner ausführlich eingegangen, sodass ich es mir an dieser Stelle ersparen kann, noch einmal auf die finanziellen Bedingungen einzugehen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Hat Herr Jüttner schon gesprochen?)

- Er hat sich vorhin in einer Kurzintervention zu diesem Thema geäußert.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: In anderem Zusammenhang!)

Über die im vorliegenden Antrag aufgeführten Analysen der Istsituation in der Bildungspolitik sind Regierung und Opposition - sicher nicht überraschend - höchst unterschiedlicher Meinung. Nehmen Sie doch einfach die Fakten zur Kenntnis! Diese Zahlen sprechen gegen Sie als Regierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn die Folgen sind sichtbar: Wenn Kinder einen Migrationshintergrund haben, haben sie im Durchschnitt immer schlechtere Noten als ihre Mitschüler ohne Migrationshintergrund. Das ist Realität an den Schulen. Aber Kinder mit Migrationshintergrund sind nicht per se dümmer.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass Bildungsungleichheit eines der größten Probleme dieses Landes ist und unter der jetzigen Regierung leider auch bleiben wird. Denn gleiche Lebenschancen setzen erst einmal gleiche Bilddungschancen vor

aus. Gerade erst wurde die neue Auswertung der IGLU-Studie vorgelegt, die belegt, dass Lehrer Kindern mit gleicher Leistung am Ende der vierten Klasse unterschiedliche Schullaufbahnempfehlungen geben, und zwar in Abhängigkeit von ihrer sozialen Herkunft. Es erfolgt eine Orientierung an den kulturellen Praktiken der Kinder, z. B. daran, wie viel Unterstützung ein Kind in seiner weiteren Schullaufbahn zu Hause zu erwarten hat. Solche Einschätzungen können Kinder aus unteren sozialen Schichten und vor allen Dingen auch Migrantenkinder erheblich benachteiligen. Das ist nicht hinnehmbar, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund muss Sprachförderung in unseren Bildungseinrichtungen zu einem Schwerpunkt werden, und zwar vom ersten Kindergartenjahr bis mindestens zur achten Schulklasse. Es geht um Bildungseinrichtungen, die allen Kindern faire Chancen bieten, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft. Im Mittelpunkt darf nicht das Sortieren nach Unterschieden in Herkunft und Geschlecht stehen. Vielmehr geht es um das Leistungsvermögen jedes einzelnen Kindes und um seine optimale Entwicklung. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit höheren Bildungsabschlüssen muss steigen, die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss muss sinken. Ich glaube, da sind wir alle uns einig.

Die Ursachen für die Chancenungleichheit sind einmal mehr in dem von Ihnen so verbissen gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung - ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören - und gegen jede pädagogische Vernunft verteidigten dreigliedrigen Schulsystem zu suchen. Die viel zu frühe Selektion führt nun einmal zu einer signifikanten Benachteiligung, insbesondere auch bei den Kindern mit Migrationshintergrund. So gehen 24,5 % der Migrantenkinder nach der Grundschule auf die Hauptschule und nur 19,2 % auf das Gymnasium, 18,9 % bleiben leider ohne Hauptschulabschluss.

Eigentlich müsste ein Konsens über folgende Stichpunkte bestehen:

Um alle Talente zu fördern und kein Kind auszusortieren: Abschaffung der Schullaufbahnempfehlung.

Um Sprachbarrieren zu überwinden: Einführung eines ganzheitlichen Sprachförderkonzeptes.

Um die interkulturelle Kompetenz zu stärken: Unterstützung von Jugendlichen und Studierenden

mit Migrationshintergrund bei der Aufnahme pädagogisch ausgerichteter Berufe.

All das vermissen wir.

(Beifall bei der SPD)

CDU und FDP in Niedersachsen scheinen gegen all diese Maßnahmen zu sein. Sie müssen den Menschen in Niedersachsen schon erklären, warum sie diesen Antrag und die darin formulierten Ziele nicht unterstützen können oder aber nicht unterstützen wollen.

Zum Schluss möchte ich den nun wohl wieder folgenden Wortbeiträgen der Regierungsfraktionen, wir als SPD hätten in unserer Regierungszeit nichts für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund getan, vorgreifen und sie zum Anlass nehmen, auf das Protokoll der letzten Debatte zu verweisen.

(Zuruf von Karl-Heinz Klare [CDU])

- Herr Klare, ich verstehe, dass Sie verletzt sind, weil Sie bei der Regierungsumbildung nicht berücksichtigt wurden.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

- Offensichtlich ist das so.

(Heinz Rolfes [CDU]: Passen Sie mal auf, dass Sie noch berücksichtigt wer- den!)

Es kommen immer die gleichen Zwischenrufe. Die machen es aber nicht besser.

Wir und nicht Sie haben den § 54 a - Sprachfördermaßnahmen - in das Schulgesetz eingefügt.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben bereits im Jahr 2002 die Sprachförderung auf den Weg gebracht. Sie haben sie nur weitergeführt, aber nicht angemessen aufgestockt und ausgestattet.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Im Gegenteil!)

Sie sind seit sieben Jahren an der Regierung. Es wird langsam Zeit für eigene Ideen und eigene Initiativen. Da Sie die offensichtlich nicht haben, sollten Sie wenigstens den Antrag unterstützen. Wir als SPD werden das auf jeden Fall tun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der LINKEN)

Sie als Regierung haben es in der Hand, alles zu ändern. Fangen Sie endlich an!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.