dann fragt man sich natürlich: Warum wird angesichts dieser ganzen Erkenntnisse nicht auch tatsächlich danach gehandelt? - Sie hätten in diesem Landtag die Chance, Farbe zu bekennen und mit Ihren Abstimmungen dazu beizutragen.
(Christian Dürr [FDP]: Sie haben in den 90er-Jahren dazu die Chance gehabt! Da haben Sie versagt, Frau Heiligenstadt!)
Wo sind Sie z. B. gewesen, als wir gestern Abend über den Antrag zu den Schulpsychologen, 60 zusätzliche Stellen einzufordern, abgestimmt haben? Wo bleibt da die Verwendung der demografischen Rendite?
Wo ist die FDP-Fraktion bei den Sozialpädagogen an den Hauptschulen und den anderen Schulen? Wo war die FDP-Fraktion, als es im letzten Schuljahr um die Vollen Halbtagsschulen ging? - In die Büsche haben Sie sich geschlagen! Da waren Sie. Unter Deck sind Sie gegangen, meine Damen und Herren.
Herr Försterling, Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn Sie die demografische Rendite im Bildungssystem belassen wollen. Allein mir fehlt der Glaube, dass Ihre schönen Reden, die Sie hier im
Schönen guten Morgen, Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was will uns die FDP mit dem Titel dieser Aktuellen Stunde sagen? Was hat Bildung mit Renditezielen zu tun? Wem soll Bildung die höchste Rendite bringen und vor allem warum? Hat der ganze Renditewahn nicht gerade erst die kapitalistische Weltwirtschaftskrise ausgelöst? Haben wir nicht schon genug Krisen in der Bildungspolitik? Sollen Banken noch mehr Rendite auf Kosten junger Menschen machen, so wie bei den Studienkrediten, mit denen sich ein Teil der jungen Menschen dank der Studiengebühren von CDU und FDP das Studium finanzieren muss, um anschließend mit einem Schuldenberg von bis zu 15 000 Euro ins Leben zu starten? Will die FDP also zum Ausdruck bringen, dass man den anwachsenden Staatsschulden mit umfassenden Bildungsgebühren begegnen muss? - Der damalige studiengebührenpolitische Sprecher der FDPFraktion, Christian Grascha, sagte am 12. November 2008 in diesem Haus - ich zitiere -:
„Wir müssen in unserer Mentalität von einer Konsumgesellschaft hin zu einer Gesellschaft kommen, in der die Investitionen in Bildung, in die eigene berufliche Zukunft einen höheren Stellenwert haben.“
Wenn wir dieser Logik der FDP folgen, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob Eltern für ihre Kinder künftig auch ein Schulgeld bezahlen müssen, wenn sie dem Nachwuchs einen Zugang zu guten Schulen und hochwertiger Bildung sichern wollen.
Das wäre schließlich eine Investition in die berufliche Zukunft der Kinder. Genau mit dieser Argumentation rechtfertigen Sie schon seit Jahren die
Studiengebühren an den Hochschulen. Auch eine Erhöhung der Campusmaut dürfte bei dieser FDPLogik nur noch eine Frage der Zeit sein. Drücken wir also den Wählerinnen und Wählern in Nordrhein-Westfalen die Daumen, dass sie die dortige Bildungsgebührenkoalition abwählen und damit auch die hiesige Landesregierung und die hiesigen Gebühren unter Druck setzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dieser Aktuellen Stunde bringt die FDP aber auch einmal mehr zum Ausdruck, dass es um den Zustand der schwarz-gelben Regierungskoalition schlecht bestellt ist. Es kommt schließlich nur äußerst selten vor, dass die koalitionsinternen Disharmonien freiwillig in das Landtagsplenum getragen werden
wie bei dem vorliegenden Clinch zwischen der FDP-Fraktion, Finanzminister Möllring und Teilen der CDU-Fraktion.
Wir haben in den vergangenen Tagen zur Kenntnis nehmen dürfen, dass die FDP-Basis beim Landesparteitag in Lüneburg das mangelnde Profil der FDP in der Landesregierung angeprangert hat und Herr Försterling die aufgebrachten Delegierten mit dem Versprechen zu beruhigen versuchte, dass man die Klassengrößen weiter reduzieren wolle.
Da passen die jüngsten Schlagzeilen, etwa in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 6. März, natürlich überhaupt nicht in den Kram. „Niedersachsen setzt bei Bildung den Rotstift an“ heißt es. Das Kultusministerium muss 50 Millionen Euro kürzen, und auch die Hochschulen müssen sich bei den neuen Zukunftsverträgen auf millionenschwere Kürzungsmaßnahmen gefasst machen.
Meine Damen und Herren, was diese Debatte völlig ausblendet, ist jedoch Folgendes: Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt sinkt seit Jahrzehnten. Das deutsche Bildungswesen ist längst von der volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes abgekoppelt worden. Wenn die Politik heute pro 1 Million Schüler und pro 1 Million Studierender immer noch denselben Anteil vom Bruttoinlandsprodukt für Bildung wie noch 1995 ausgeben würde, dann könnten bundesweit jährlich über 15 Milliarden Euro in ein besseres Bildungssystem fließen. Wäre der Anteil gar
so hoch wie noch 1975, dann könnten wir heute sage und schreibe 56 Milliarden Euro pro Jahr mehr in die allgemein- und berufsbildenden Schulen und in die Hochschulen stecken.
Meine Damen und Herren, es gibt viele gute Gründe, mehr Geld in das staatliche Bildungswesen zu investieren, damit alle Menschen einen Zugang zu einer bestmöglichen Bildung haben. Das Argument der Demografie ist allerdings ein schwaches; denn diese Prognosen können sich binnen weniger Jahre deutlich wandeln, und dann steht Herr Försterling mit seinen Argumenten allein im Regen.
(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: In wie vielen Jahren kann sich das denn wandeln? Was reden Sie da? Wie soll das denn funk- tionieren? - Dr. Manfred Sohn [LIN- KE]: Sechs Jahre!)
- Herr Klare, ich weiß nicht, ob Sie wissen können, wie viele Kinder in 20 Jahren geboren werden, und woher Sie das wissen wollen!
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, um Ihre Sprache zu sprechen: Wenn Sie unser Bildungssystem effizienter gestalten und mehr erreichen wollen, dann sorgen Sie dafür, dass die Menschen in diesem Land möglichst lange einen möglichst guten Bildungsabschluss anstreben können! Deshalb ist es gerade mit Blick auf die ländlichen Regionen wichtig, demografiefeindliche Hürden bei den Gesamtschulen abzuschaffen.
IGSen sollen auch dann errichtet werden können, wenn dafür eine andere Schulform geschlossen werden muss. Ebenso muss die Fünfzügigkeit als Mindestvoraussetzung fallen.
Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass das gegliederte Schulsystem die Potenziale von Menschen aussortiert, anstatt sie zu fördern! Oder um es mit Frank Schirrmacher, einem der Herausgeber der FAZ, zu sagen:
„Die Tatsache, dass wir bei einer Lebenserwartung von bald fast 90 Jahren immer noch ganze Bildungskarrieren und Lebensläufe beim 12. Lebensjahr zementieren, wird späteren Generationen nur noch als objektiver Wahnsinn vorkommen.“
Meine Damen und Herren, liebe FDP, wenn Sie etwas beim Bildungssystem verändern wollen, dann denken Sie von den Kindern her, von den Studierenden her und nicht von den Banken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Försterling, Sie haben gerade viel über den demografischen Wandel und den Erhalt kleiner Standorte erzählt. Wenn ich aber an die Genehmigungspraxis dieser Landesregierung für Gesamtschulen denke, dann muss ich feststellen: Sie tun genau das Gegenteil. Sie gefährden kleine Standorte. Sie werden dafür sorgen, dass sie kaputtgehen, wenn Sie so weitermachen.
Wenn Deutschland gestärkt aus dieser Wirtschaftskrise hervorgehen will, dann ist jetzt der Zeitpunkt, in Bildung und höhere Qualifikation zu investieren.
Das hat die OECD-Direktorin Barbara Ischinger 2009 erklärt. Wenn man jedoch in verschiedenen Presseorganen verfolgt, welche Kürzungen im Bildungsbereich die Landesregierung derzeit schon wieder vorbereitet, dann muss man sich große Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft Niedersachsens machen. Da können auch die Ausführungen des Kollegen Försterling von der FDP keineswegs beschwichtigen. Herr Försterling, Sie mögen ja in der FDP Ihre eigenen Absichten mit dieser Aktuellen Stunde verfolgen. Aber wenn es um die Profilierung Ihrer Fraktion geht, dann tragen Sie diese Dinge doch erst einmal in der Koalition aus, und informieren Sie den Landtag dann, wenn Sie sich mit der FDP-Position in der Koalition tat