Protocol of the Session on March 17, 2010

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es wird natürlich einen verträglichen Lehrerstellenabbau geben, wenn die Schülerzahl um 25 % sinkt. Das ist doch gar keine Frage.

Herr Kollege, ich bitte Sie, jetzt zum Schluss zu kommen.

Aber am Ende, meine Damen und Herren, geht es darum, dass wir trotzdem eine gute Unterrichtsversorgung behalten, weil wir die Schüler, die dann noch da sind, alle mitnehmen müssen; denn wir brauchen sie alle. Sie brauchen eine gute Zukunft für sich selbst, und wir brauchen sie für die Gesellschaft in unserem Land Niedersachsen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile der Kollegin Heiligenstadt von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Klare, Ihr Redebeitrag hat gezeigt, dass Ihre Bildungspolitik in diesem

Lande genau so ist, wie Sie reden, nämlich rückwärtsgewandt.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Die Landesregierung hat vor einem Jahr selbst einen Fehlbedarf von 2 050 Vollzeitlehrereinheiten zur Sicherung der Unterrichtsversorgung festgestellt. Um diesen Bedarf zu decken, hat sie den sogenannten 13-Maßnahmen-Plan beschließen lassen. Ich erinnere kurz an einige darin enthaltene Maßnahmen: Teilzeitanträge werden individuell geprüft; das Thema Halbtagsschulen habe ich vorhin erwähnt; der Klassenbildungserlass wurde verschärft; zur Sicherung der Unterrichtsversorgung werden Pensionäre und Referendare eingesetzt. Sie selbst haben damals einen Handlungsbedarf gesehen. Schule wurde ausgepresst wie eine Zitrone.

(Zuruf von der CDU: Zu Ihrer Zeit!)

Selbst heute gibt es nicht ausreichend Lehrer zur Sicherung der Unterrichtsversorgung.

(Beifall bei der SPD - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Wie war das denn in den 90er-Jahren? - Weitere Zurufe - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Der Schulleitungsverband titelt selbst: Das System ist am Limit.

Und was passiert in diesen Tagen? - Der Ministerpräsident lässt andere vorschicken und verkündet z. B. über seinen Finanzminister, dass bis 2020 ca. 8 200 Lehrkräfte übrig seien. Der Landesrechnungshof teilt mit, dass gar 9 200 Lehrkräfte entbehrlich seien.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wollen Sie die alle im System lassen?)

Sie selbst haben eben gesagt: Es muss zu einem Abbau von Lehrerstellen kommen. - Zu guter Letzt teilt auch die Kultusministerin auf einer Veranstaltung in Buchholz mit, dass es auch im Bildungsbereich Kürzungen geben werde. Nur einer, meine Damen und Herren, traut sich nicht aus der Deckung: der Ministerpräsident. Er lässt lieber erst einmal andere die schlechten Nachrichten verkünden;

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Er ist doch für die guten da! - Björn Thümler [CDU]: Ressortzuständigkeit!)

die dürfen die Versuchsballons steigen lassen. Anschließend erscheint er wie der Retter der Bil

dungsfinanzen und kann freudestrahlend verkünden, die Kürzungen würden nicht so schlimm wie angekündigt, man müsse aber reduzieren. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wird das dann der große Zukunftsvertrag Bildung, von dem wir heute überhaupt nichts mehr hören?

(Beifall bei der SPD - Unruhe)

Frau Kollegin, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Bitte stellen Sie die Gespräche in den Fraktionen ein,

(Karl-Heinz Klare [CDU]: In der Frak- tion der Rednerin!)

damit der Rednerin wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil wird. - Bitte!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Spiel haben wir durchschaut. Wir lassen Ihnen das nicht durchgehen. Herr Ministerpräsident, Ihr Wortbruch ist belegt. Ich zitiere aus der Regierungserklärung:

„Die sinkende Zahl von Kindern ist … ein großer Verlust für unsere Gesellschaft. … Wir werden die frei werdenden finanziellen Ressourcen … im Bildungssystem belassen.“

Mit diesem Versprechen, mit dem Koalitionsvertrag und der Verpflichtung vom Dresdner Bildungsgipfel, sogar mehr Ressourcen in die Bildung einstellen zu lassen, haben Sie stets und ständig alle vertröstet. Nach 2011 werde angeblich alles besser. Doch nicht nur ich frage Sie: Wie wollen Sie die Klassen kleiner machen, wenn Sie Lehrerstellen kürzen? Wie wollen Sie die Schulleitungen entlasten, wenn Sie bei der Bildung sparen? Wie wollen Sie Ganztagsschulen besser ausstatten, wenn Sie Lehrerstellen sparen?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Frau Heili- genstadt, das ist nicht Ihr Ernst!)

Wie wollen Sie die Beratungslehrer und die Schulpsychologie besser ausstatten? - Sie machen Bildungspolitik mit dem Rotstift. Ich sage noch einmal: Aus einer ausgepressten Zitrone ist nichts mehr herauszuquetschen.

(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Als die Schülerzahlen stiegen, bauten Sie Lehrerstellen ab! - Christi- an Dürr [FDP]: Wie erklären Sie die Bildungspolitik der SPD in den 90er- Jahren?)

Mindestens genauso schlimm ist: In dieser Landesregierung gibt es längst keine Fürsprecher für Bildung mehr. Bei den Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitikern der CDU sieht es leider auch nicht besser aus. Sie sind immer nur mit Schadensbegrenzung beschäftigt. Sie müssen da einmal ein Upgrade verteidigen, aber das Downgrade bei der der Bildung machen sie mit.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Was ist ei- gentlich ein „Downgrade“?)

Dabei hätte nicht diese Landesregierung First Class verdient, sondern die Schüler und die Schulen in unserem Land.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Ich erteile dem Kollegen Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu dem Thema „Up- und Downgraden“ komme, möchte ich Herrn Försterling etwas sagen. Herr Försterling, den Begriff „demografische Rendite“ finde ich, offen gestanden, widerwärtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie müssen sich einmal klarmachen, was er bedeutet - Sie werden mir zumindest mathematisch nicht widersprechen können -: Diese Rendite wächst ins Unendliche, wenn gar keine Kinder mehr da sind.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist wohl wahr! -Kreszentia Flauger [LINKE]: Tolles Ziel!)

Dieses Denken ist wirklich das FDP-Denken: Sie denkt nur über Rendite und nicht über Kinder und neue Menschen nach.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist kein schöner Begriff! Da haben Sie recht!)

Ich finde diesen Begriff pervers, Herr Försterling.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu dem - das als Übersetzungshilfe für Herrn Klare nach seinem Zwischenruf vorhin - Höher- und Niedrigereinstufen: Das ist tatsächlich einer der Skandale dieser Landesregierung. Wir haben einen Gesetzentwurf dazu vorgelegt, dass es künftig nicht folgenlos bleibt, wenn sich der Ministerpräsident mit seiner Familie selbstständig höher einstufen lässt. Wir sind dafür, das genau umzudrehen, nämlich die Bildung höher einzustufen und diesen Ministerpräsidenten niedriger zu hängen.

Die konservativen Medien wie Parteien arbeiten seit Jahren heftig an dem Bild, Herr Wulff sei ein versöhnender, bescheidener Landesvater.

(Zuruf von der CDU: Ist er auch!)

Es ist nötig, dieses Heiligenbild zu zerstören, weil hinter diesem falschen Bild zunehmend die Abrissbagger dieses Land regieren. Ich meine damit nicht nur die Abrissbagger beim Landtag. Ich meine damit vor allem die Abrissbagger bei der Frage der sozialen Gerechtigkeit. Da gibt es auf Bundesebene einen Wettbewerb „Wer schwingt die Abrissbirne am heftigsten?“ zwischen Herrn Westerwelle und Frau Merkel. Im Moment ist Herr Westerwelle da eindeutig vorne. Auf Landesebene gibt es in Sachen „Abrisshammer gegen soziale Gerechtigkeit“ einen Wettbewerb zwischen Herrn Bode und Herrn Wulff. Da weiß ich noch nicht, wer vorne liegt. Dieser Abrisshammerwettbewerb betrifft natürlich auch die Bildung. Auch dort gibt es einen heftigen Wettstreit: Wer baggert die Bildung am intensivsten und am schlitzohrigsten weg?

Die SPD hat ja recht. Ich glaube aber, Herr Jüttner, dieses Florida-Upgrade ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste seitens dieses Ministerpräsidenten ist aus meiner Sicht in der 42. Plenarsitzung am 26. August 2009 in diesem Hause passiert. Dort gab es - Sie alle wissen das - unflätige Angriffe auf den GEW-Vorsitzenden Brandt. Ich zitiere sie noch einmal, weil unter dem heutigen Gesichtspunkt interessant ist, was Herr Wulff damals sagte. Herr Wulff sagte: