Protocol of the Session on March 17, 2010

Die SPD hat ja recht. Ich glaube aber, Herr Jüttner, dieses Florida-Upgrade ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste seitens dieses Ministerpräsidenten ist aus meiner Sicht in der 42. Plenarsitzung am 26. August 2009 in diesem Hause passiert. Dort gab es - Sie alle wissen das - unflätige Angriffe auf den GEW-Vorsitzenden Brandt. Ich zitiere sie noch einmal, weil unter dem heutigen Gesichtspunkt interessant ist, was Herr Wulff damals sagte. Herr Wulff sagte:

„Wenn sich alle zur Decke strecken und alle ihre Reserven mobilisieren, aber einer abseits steht und herummäkelt, ohne selber einen einzigen Beitrag zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung in Niedersachsen zu leisten, dann muss er sich fragen, wie glaubwürdig er ist.“

Herr Tanke machte völlig zu Recht den Zwischenruf: „Das ist unglaublich!“ - Das ist tatsächlich unglaublich.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese offen gewerkschaftsfeindlichen Angriffe von damals sind natürlich vor allem vor dem Hintergrund zu sehen - er spricht von einer Verbesserung der Unterrichtssituation -, dass damals, im August 2009, noch die Situation des Koalitionsvertrages galt: Alle Stellen bleiben im System - alle Stellen und nicht, wie Sie, Herr Möllring, sich im August herauszureden versucht haben, nur einige Stellen.

Auch die mittelfristige Finanzplanung verkündete noch vor neun Monaten - wir sprachen eben gerade über Neunmonatsfristen - mit einem schönen Bild von Herrn Wulff und Herrn Möllring:

„Niedersachsen wird seine Bildungsausgaben weiter steigern. … Die aufgrund sinkender Schülerzahlen frei werdenden Ressourcen verbleiben im Bildungswesen“.

Neun Monate später ist das alles Asche. Nun weiß ich, dass Herr Möllring nichts von Planung hält. Aber dass er seine eigenen Planungen derart wegwirft, ist schon erschreckend.

Nachdem Herr Möllring - das ist erwähnt worden - verschiedene Testballons hat steigen lassen, lässt Frau Heister-Neumann die Katze aus dem Sack. Am 12. März berichteten die Harburger Anzeigen und Nachrichten:

„‚In den nächsten Jahren wird das Land Niedersachsen weniger Geld für Schulen zur Verfügung stellen!’ Das erklärte Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) bei einem Referat in der Buchholzer Waldschule.“

Das ist der neue, gegen den Koalitionsvertrag und gegen die mittelfristige Finanzplanung untergejubelte Kurs in der Landesregierung. Wir sagen dagegen: Wir brauchen kein Herunterstufen der Bildungspolitik, sondern wir brauchen ein Höherstufen der Bildungspolitik! Wir brauchen kleinere Klassen, mehr Lehrer und dringend einen anderen Ministerpräsidenten in diesem Land!

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Ich erteile dem Kollegen Försterling von der FDPFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir alle würden es begrüßen, wenn zur Bildungspolitik wieder die Kollegin Reichwaldt von der Linksfraktion sprechen würde. Das würde wesentlich zum Inhalt beitragen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Sie würde zum Thema sprechen!)

Über Downgrades und über Upgrades kann man diskutieren. Ich meine, CDU und FDP haben seit 2003 deutlich belegt, dass wir eine Bildungspolitik getreu dem Motto „Supersize me“ machen. Wir haben mit einem massiven Tempo den Krippenausbau angepackt. Wir werden bis 2013 fast eine halbe Milliarde Euro in diesen Bereich investieren. Wir haben das beitragsfreie Kindergartenjahr geschaffen, 100 Millionen Euro pro Jahr.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir haben das Hauptschulprofilierungsprogramm mit knapp 12,5 Millionen Euro pro Jahr initiiert. Wir werden zum 1. August 2010 mehr als 1 000 Ganztagsschulen in Niedersachsen haben und in den nächsten drei Jahren 2 Millionen Euro für vertiefte Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern zur Verfügung stellen. Darüber hinaus wird es 1 Million Euro zusätzlich für pädagogische Mitarbeiter an Problemgrundschulen geben. Wir haben ferner das Maßnahmenbündel zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung auf den Weg gebracht im Jahr 2009 mit einem Finanzvolumen von 20 Millionen Euro und im Jahr 2010 mit einem Finanzvolumen von 50 Millionen Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeigt Erfolge. Wir haben die Schulabbrecherquote vom Sommer 2002 mit 9,7 % - einem der höchsten Werte in der Geschichte des Landes Niedersachsen - - -

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

- nein, ich würde das gerne im Zusammenhang ausführen - auf 7,4 % im Sommer 2008 zurückgeführt. Das ist Bildungspolitik, die bei den jungen Menschen ankommt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Klare hat zu Recht ausgeführt, dass wir jede frei gewordene Lehrerstelle wiederbesetzt und nach Regierungsübernahme 2 500 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen haben.

Wenn Sie sich den Haushalt 2009 und 2010 ansehen, dann stellen Sie fest, dass wir 265 Millionen Euro mehr im Einzelplan 07, im Kultushaushalt, zur Verfügung stellen und mit 4,7 Milliarden Euro so viel wie noch nie zuvor für Bildungspolitik ausgeben. Bei den Klassengrößen liegen wir bei den Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen und Förderschulen bereits jetzt unterhalb des Bundesdurchschnitts.

(Beifall bei der FDP)

Daran kann man erkennen, wo wir unsere Schwerpunkte setzen.

In der Tat lag die statistische Unterrichtsversorgung 2002 bei 97,4. Die SPD-Landesregierung musste damals eingestehen, dass sie nicht mehr in der Lage war, den Pflichtunterricht für niedersächsische Schülerinnen und Schüler sicherzustellen. Das haben wir auf 100,3 % gesteigert. Wir können den Pflichtunterricht an niedersächsischen Schulen gewährleisten!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU] - Unruhe)

Herr Försterling, ich unterbreche kurz - Sie haben die Chance, erst einmal durchzuatmen -; denn ich möchte, dass etwas mehr Ruhe im Plenarsaal einkehrt. - Bitte!

Wir haben auch in der Tat die niedrigste SchülerLehrer-Relation aller Zeiten in Niedersachsen, weil wir so viele Lehrer wie nie zuvor haben.

(Victor Perli [LINKE]: So ein Quatsch!)

Nicht nur, dass es 86 000 Köpfe sind, nein, wir sind auch bei fast 69 000 Vollzeitlehrereinheiten allein in den allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, allen Gerüchten und allen Mutmaßungen der Opposition zum Trotz kann man hier deutlich feststellen: CDU und FDP haben die Bildungsausgaben seit 2003 kontinuierlich zum Wohle der Schülerinnen und

Schüler unseres Landes gesteigert. Das ist Bildungspolitik getreu dem Motto „Supersize me“.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile der Kollegin Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen Klare und Försterling haben hier zwar wortreiche Ausführungen gemacht, aber Klarheit über den demografischen Wandel und darüber, was die Landesregierung vorhat, haben wir hier nicht erhalten. Man muss eines wissen: Die Schulpolitik wird seit 2008 nicht mehr von CDU und FDP in diesem Landtag oder von der Kultusministerin bestimmt, sondern sie wird in der Staatskanzlei im Verborgenen gemacht. Deshalb wundert es mich nicht, dass der Ministerpräsident hier nicht teilnimmt, obwohl er in dieser Aktuellen Stunde direkt angesprochen ist. Das finde ich sehr bemerkenswert!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich finde, es ist eine Missachtung des Parlaments, dass die Landesregierung uns hier keine klare Auskunft darüber gibt, was sie bei dem Rückgang der Schülerzahlen vorhat und was an den verschiedenen Verlautbahrungen der Presse dran ist, wo und in welchem Umfang Lehrerstellen eingespart werden sollen. Vielleicht war es ja ein schlechtes Omen, dass der Ministerpräsident gerade zum Zeitpunkt seiner letzten Regierungserklärung erkrankt war und sie durch den Wirtschaftsminister hat vortragen lassen.

(David McAllister [CDU]: Durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten!)

Das kann aber doch nicht heißen, dass er sich an das Wort nicht gebunden fühlt. Das möchten wir heute wissen. Denn in der Regierungserklärung von 2008 steht, Herr McAllister - vielleicht muss ich für Sie zitieren -:

„Wir werden die frei werdenden finanziellen Ressourcen bei rückgehenden Schülerzahlen im Bildungssystem belassen.“

Es hieß ausdrücklich „die … Ressourcen“ und nicht „einen Teil davon“. Wir wollen wissen, ob sich

diese Landesregierung noch an diese Regierungserklärung gebunden fühlt oder nicht.

(Zustimmung bei den Grünen)

Frau Heiligenstadt hat es schon gesagt: Vom Finanzminister und über den Landesrechnungshof werden ständig Testballons losgelassen, wie viele Tausend Lehrerstellen in den nächsten Jahren eingespart werden sollen. Man kann ja einmal gucken, wie die Öffentlichkeit darauf reagiert. Aber ich denke, damit werden Sie nicht durchkommen. Falls Sie die Strategie verfolgen wollen „Wir geben erst einmal eine große Summe nach außen und sagen ‚9 000 Stellen’, und wenn wir hinterher nur die Hälfte streichen, dann können wir uns noch als große Gönner hinstellen, wie toll wir uns für die Bildung eingesetzt haben“, dann wird das nicht aufgehen. Für so dumm können Sie die Wählerinnen und Wähler und die Eltern in Niedersachsen nicht verkaufen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es reicht auch nicht aus, bei zurückgehenden Schülerzahlen nur den Status quo in Niedersachsen erhalten zu wollen; denn nicht einmal das ist ausreichend. Sie haben offensichtlich noch nicht realisiert, dass die Unterrichtsversorgung in den letzten Jahren nur auf Pump finanziert worden ist, nämlich mit den Arbeitszeitkonten. Bis zu 5 % der Unterrichtsstunden wurden in den vergangenen Jahren unbezahlt im Rahmen der Lehrerarbeitszeitkonten erteilt. Diese Stunden fallen jetzt weg.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber die ge- ben wir doch zurück! Die werden doch finanziert!)

Zugleich mit dem Rückgang der Schülerzahlen fallen auch diese weg. Aber nicht allein das! Sie müssen auch die zu viel geleistete Mehrarbeit zurückzahlen. Auch das kostet wieder Stellen.