Protocol of the Session on March 16, 2010

Das gilt natürlich auch für ihre eigenen Denkmale. Denkmale sind nach § 1 „zu schützen, zu pflegen und wissenschaftlich zu erforschen“.

Von verschiedenen Rednerinnen und Rednern und auch von meiner Kollegin Frau Helmhold wurde gesagt: Das ist eine emotionale Entscheidung. Aber es muss eine Entscheidung sein, die auch für zukünftige Generationen noch haltbar ist. Ich finde - das wurde in verschiedenen Schreiben an uns und alle Abgeordnete mitgeteilt -, dieser Landtag - da zitiere ich aus einem Schreiben - ist ein künstlerisch herausragendes Beispiel für einen Parlamentsbau der jungen deutschen Demokratie. Das gilt es zu erhalten.

Wenn Sie dieses Gebäude abreißen, dann erhalten Sie diese Idee, dieses Gebäude nicht mehr. Gebäude sind dazu da, Geschichten zu erzählen. Gebäude sind dazu da, unser kulturelles Erbe widerzuspiegeln. Ich finde, dieses Gebäude ist ein Teil unseres kulturellen Erbes, des kulturellen Erbes Niedersachsens. Daher werde ich für die Variante 2 stimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Watermann von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst muss man, glaube ich, sagen: Wir reden hier über ein Parlamentsgebäude, ein öffentliches Gebäude, das allen Niedersächsinnen und Niedersachsen gehört und nicht den Abgeordneten. Wir tragen die Verantwortung für dieses Gebäude und damit auch für die Erhaltung dieses Gebäudes. Man gibt Schulden nicht nur in Form von Geldschulden auf der Bank weiter, sondern man gibt Schulden an nachfolgende Generationen

auch dann weiter, wenn man Gebäude marode werden lässt. In dieser Verantwortung stehen wir. Wenn wir in dieser Verantwortung stehen, haben wir nach dem Wettbewerb abzuwägen, welcher der richtige Weg ist.

Mir ist die Fähigkeit nicht gegeben, zu sehen, wie die rechtlichen Auseinandersetzungen, die sich ankündigen, letzten Endes ausgehen werden. Meine Fähigkeit ist es auch nicht, vorherzusagen, ob der Umbau im Bestand oder der Neubau höhere Risiken birgt. Weil ich das nicht kann, muss ich nach anderen Gesichtspunkten abwägen: Aus meiner Sicht sind wir in der Situation, dass der Wettbewerb einen ersten Preisträger gebracht hat. Für mich ist es auch so - das ist meine persönliche Abwägung -, dass nicht Gebäude die Geschichte weitererzählen, sondern die Menschen, die in ihnen gearbeitet haben. Ich bin auch durchaus ein Vertreter dessen, im Denkmalschutz Abwägungen zuzulassen, die ich auch im kommunalen Bereich schon zugelassen habe, nämlich dass man sich auch von etwas trennen kann, um etwas Neues zu entwickeln.

Ich habe hohen Respekt vor denen, die dafür sind, dass wir im Bestand umbauen. Ich respektiere das und rede mit keinem Satz deren Motive herunter. Ich wünsche mir, dass meine Entscheidung für den Siegerentwurf genauso gesehen wird und dass wir gegenseitig vorsichtig mit den Begriffen „Tempel“, „Säulen“, „Schießscharten“ sind und die Projekte so nicht nach unten ziehen.

Ich denke, es gibt immer gute Begründungen für jeden einzelnen Weg. Ich entscheide mich für einen Neubau, weil ich glaube, dass er auch hier im Stadtbild Akzente setzen kann, und weil ich glaube, dass jede Zeit ihre Gebäude entwickeln muss und nicht nur Historisches. Das ist meine Einschätzung und meine Entscheidung.

Ich bin froh, dass diese Abstimmung freigegeben ist. Als ich diese Idee zum ersten Mal im kleinen Kreis entwickelt habe, war das alles Utopie. Ich glaube, das ist eine gute Entscheidung. Ich wünsche mir, dass diejenigen, die über uns schreiben, gelegentlich aufpassen, ob sie wirklich immer das gesamte Volk hinter sich haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Wulf von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich unter zwei Aspekten gemeldet: einerseits als Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses, in dessen Sektor der Denkmalschutz angesiedelt ist, und andererseits als Abgeordneter, der diesem Parlament jetzt im 16. Jahre angehört. Unter dem letzten Aspekt ist mir völlig klar, dass dieses Hohe Haus schon längst nicht mehr den modernen Anforderungen der Parlamentsarbeit genügt. Weder die Arbeitsbedingungen hier im Plenum ohne die technischen Möglichkeiten, wie sie in anderen Parlamenten längst gang und gäbe sind, noch die - um es einmal so zu sagen - atmosphärischen Bedingungen, die bei Plenartagen regelmäßig hier im Saal auftauchen und unter der Bezeichnung „Bunkergefühl“ zusammengefasst werden können, sind länger tragbar.

Abgesehen von der maroden Bausubstanz erfordert ein effektives Arbeiten dringendst Erneuerungen. Eine reine Sanierung, wie sie als Bescheidenheitslösung vom Ministerpräsidenten vorgeschlagen worden ist, ist - das wissen eigentlich alle Beteiligten - nur eine Notlösung, die weder substanziell hilft noch eine Perspektive aufweist. Wie Wolfgang Jüttner ausgeführt hat, war es in der Tat schon ein Fehler, die grundlegende Neugestaltung des Plenarbaus in der letzten Legislaturperiode zu verschieben. Ein noch größerer Fehler wäre es, jetzt nicht in die Hufe zu kommen. Wer in diesen Wochen nicht daran geht, etwas entscheidend Zukunftsorientiertes zu beschließen, der hat die gleichen Probleme in einigen Jahren wieder. Wer will sagen, ob die Finanzlage dann wesentlich besser ist? - Daher bin ich als langjähriger Abgeordneter eindeutig für eine Neugestaltung jetzt.

Als Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses liegt mir aber natürlich genauso auch der Denkmalschutz am Herzen. Ich kann die Bedenken vieler verstehen, die befürchten, ein gewachsenes Stadtbild würde zerstört und ein schon historisch gewordenes Gebäude, das 50 Jahre Parlamentsgeschichte Niedersachsens darstellt, würde sozusagen auf dem Haufen der Geschichte landen. Auch Gebäude, lieber Uli Watermann, haben und erzählen Geschichte. Darum bin ich dafür, zwar eine grundlegende Neugestaltung und Modernisierung zu entwickeln, aber im Bestand. Dabei kann man meiner Ansicht nach durchaus wesentliche

Charakterzüge des Oesterlen-Baus wahren. Dabei bleiben durchaus auch denkmalschutzwürdige Bestandteile erhalten.

Mich überzeugt daher am meisten der zweite Platz des Architektenwettbewerbs, nämlich der Gebhardt-Entwurf, für den ich mich deutlich ausspreche, und zwar im Sinne einer Kooperation mit dem Preisträger des Wettbewerbs 2002.

Zum Schluss möchte ich als Oldenburger Abgeordneter noch eine vielleicht nicht ganz ernst gemeinte, augenzwinkernde Anmerkung machen. Wir haben in Oldenburg einen Landtagsbau stehen. Der stünde zur Verfügung. Platz genug für einen Neubau hätten wir übrigens auch.

Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nächste Rednerin ist Frau König von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Denkmalschutz ist eine sehr wichtige Aufgabe, der wir uns immer wieder stellen müssen. Auch ich bin der Meinung, dass Denkmäler dort erhalten werden müssen, wo sie vernünftig und richtig am Platze stehen und wo man sie auch so belassen kann.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Mir gibt zu denken, was von diesem Denkmal am Schluss übrigbleiben wird. Was in diesem Raum ist denn eigentlich denkmalgeschützt oder denkmalwürdig? Ist die Kragplatte über uns nicht eine Art Denkmal? Ist der ganze abgeschlossene Raum, in dem wir hier sitzen, nicht eine Art Denkmal? Was bleibt von der Außenfassade noch übrig? - Wenn wir das Gebäude von außen betrachten, sind es zwei Wände, und diese zwei Wände werden sehr stark verändert.

Für mich bleibt von diesem Denkmal nicht allzu viel übrig. Ich bin der Meinung, dass in diesem Fall sehr stark in die Richtung diskutiert werden muss, ob das Denkmal hinterher überhaupt noch denkmalwürdig ist.

Wenn die Statik dermaßen beeinflusst wird, muss man sich noch einmal der Grundsubstanz widmen. Das Kragdach mit seiner statisch sehr aufwendigen Konstruktion, das darüber befindliche Dach, das auf dem Innenmauerwerk ruht, und die Kup

pel, die darüber liegt, all das muss entfernt werden. Übrig bleiben zwei Außenwände, die abgestützt werden müssen. Darüber hinaus muss man in die Gründung, in den Boden hinein. Wir müssen das untere Mauerwerk betrachten, von dem uns heute niemand sagen kann, in welchem Zustand es sich befindet.

Das sind die Kriterien, auf deren Grundlage wir beurteilen müssen, ob der Kostenrahmen, der in diesem Wettbewerb vorgegeben ist, wirklich eingehalten werden kann. Dass er eingehalten werden kann, wage ich aus meiner Verantwortung für den Bau und aufgrund der Erfahrungen, die ich gesammelt habe, aber zu bezweifeln; denn immer dann, wenn wir im Bestand gebaut haben, haben wir uns Schwierigkeiten gegenübergesehen, die nicht einkalkuliert waren und deren Beseitigung immer ins Geld gegangen sind. Nicht ein einziges Mal konnten die Maßnahmen im geplanten Rahmen umgesetzt werden.

Ich bin mir ganz sicher, dass das auch im vorliegenden Fall nicht gelingen wird. Aber mit einem Neubau befinden wir uns hier auf der sicheren Seite.

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster hat sich der Abgeordnete Nacke von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es fällt auf, dass der Denkmalschutz in der Beratung eine besondere Herausforderung mit sich bringt. Es ist nachvollziehbar, dass viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss für Wissenschaft und Kultur hier ihre Position darstellen. Die Herausforderung, ein Denkmal zu nutzen bzw. die Funktionalität eines Denkmals herzustellen, ist ja nicht neu - nicht neu für die Menschen im Land, aber auch nicht neu für das Land; denn in jeder großen Stadt und auch in vielen kleinen Städten befinden sich viele das jeweilige Stadtbild prägende Gebäude im Eigentum des Landes. Ich erinnere nur an die Hochschulen, an die Theater, an die Museen oder die Gerichtsgebäude.

Bei all diesen Gebäuden stehen wir in jedem Jahr vor der Frage: Wie schaffen wir es, die Funktionalität, die Darstellung und die Nutzung dieses Gebäudes mit dem Denkmalschutzgedanken in Übereinstimmung zu bringen? - Ich wehre mich dagegen, dass viele Kollegen hier den Eindruck erwe

cken, dass für denjenigen, der dem Denkmalschutz besondere Aufmerksamkeit widmet, am Ende nur der zweite Platz des Architektenwettbewerbs oder der Umbau im Bestand bleibe. Ich glaube, alle Varianten - der erste und der zweite Sieger sowie auch der Umbau im Bestand - würden eine besondere Herausforderung und eine besondere Belastung für die Ideen des Architekten Oesterlen mit sich bringen. Ich glaube aber auch, dass am Ende alle Varianten mit den Bestimmungen unseres Denkmalschutzes in Übereinstimmung zu bringen sind.

Ich werde mich für den Sieger im Architektenwettbewerb entscheiden.

(Beifall bei der CDU)

Nächster Redner ist Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn der Fernseher kaputt ist, dann ist es in unserer Gesellschaft üblich, dass man ihn nicht reparieren lässt, sondern dass man ihn wegschmeißt. Das nennt man gemeinhin „Wegwerfgesellschaft“.

(Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

- Nun mal immer mit der Ruhe!

Wir haben es in diesem Fall aber nicht mit einem Fernseher zu tun, sondern mit einem historischen Gebäude, das unter Denkmalschutz steht. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal ein Denkmal besessen hat. Ich habe mit einigen Freunden während meiner Studienzeit ein 200 Jahre altes Gebäude besessen, das unter Denkmalschutz stand. Da es sanierungsbedürftig war, haben wir mit der Denkmalschutzbehörde häufig beraten und versucht, Wege zu finden, wie man die Sanierung im Einklang mit dem Gesetz bewerkstelligen kann. Ich kann Ihnen sagen: Zum Teil waren dies schwierige Debatten, wenn man mit der Denkmalschutzbehörde über einzelne Fenstersprossen diskutieren musste. Deshalb weiß ich ganz genau, was es heißt, wenn dieser Landtag heute sagt, dass ihn sein eigenes Gesetz nicht interessiert und er es an dieser Stelle ignoriert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, wenn dieser Landtag sein eigenes Gesetz ignoriert.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das tut er doch nicht!)

Er könnte dieses Gesetz aufheben. Dieses Recht hätte er. Er kann es aber nicht ignorieren, Herr Thiele. Das Recht hat er nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Tut er doch auch gar nicht!)

Meine Damen und Herren, wir befinden uns zurzeit in einer der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrisen, die dieses Land je gesehen hat. Deshalb ist es auch von Bedeutung, ob man sich für den teuersten Entwurf, den Tempelneubau, oder für eine Sanierung im Bestand entscheidet.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Sie wissen doch, dass das Gegenteil richtig ist, Herr Wenzel! - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist ja ein abenteuerlicher Unsinn!)