Wolfgang Wulf
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Last Statements
Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedem in diesem Hohen Hause war angesichts der ersten PISA-Ergebnisse zur Qualität der deutschen Schulen zur Jahrtausendwende klar, dass es Veränderungen in der bundesdeutschen und niedersächsischen Bildungspolitik geben musste. Deswegen haben wir hier in diesem Landtag in den letzten Jahren viele Schlachten um die jeweils richtige Bildungspolitik geschlagen. Daran habe auch ich mich immer gerne beteiligt.
Jede Fraktion hat dabei immer ihre eigenen Lösungen gehabt, aber ich denke, zumindest in einem sollten wir uns einig sein: Eine Verbesserung der Qualität von Schule muss natürlich auch eine Veränderung der Lehrerbildung zum Gegenstand haben.
In Niedersachsen ist deshalb im Jahr 2002 der von der damaligen SPD-Landesregierung an einigen Standorten eingeleitete Reformprozess zur Umstellung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung auf Bachelor- und Masterstrukturen mit inhaltlichen Veränderungen im Hinblick auf mehr Praxisbezug und auf die Stärkung der Didaktik ein erster Schritt gewesen. Doch die Fortführung dieser Reform ist danach unter der CDU/FDP-Regierung ab 2003 leider nicht in sinnvoller Art und Weise erfolgt. Sie wollten die Umstellung auf Bachelor- und Masterstrukturen in der Lehrerbildung gleich flächendeckend in ganz Niedersachsen umsetzen, doch das erfolgte leider mit heißer Nadel und viel zu schnell.
Von der CDU/FDP-Regierung wurden so viele Fehler gemacht, Herr Klare, das Studium wurde dermaßen verschult und mit Prüfungen überfrachtet, dass sich das in massiven Studierendenprotesten geäußert hat.
Darüber hinaus ist die Lehrerbildung in Niedersachsen von CDU und FDP durch die später er
folgte Wiedereinführung des Lehramts für Realschulen zurückgeworfen worden. Wie unsinnig das gewesen ist, meine Damen und Herren, hat die Regierung später selbst bewiesen: Das neue alte Lehramt an Realschulen wurde durch die Einführung der Oberschule im letzten Jahr durch die CDU/FDP-Regierung ad absurdum geführt. Insbesondere der Verbund zur Lehrerbildung, der Zusammenschluss der Lehrer bildenden Universitäten Niedersachsens, hat sich sehr darum bemüht, die negativen Auswirkungen der CDU/FDP-Politik in Sachen Lehrerbildung abzubauen, und auch vonseiten der niedersächsischen Universitäten wurde eine Reihe von inhaltlichen Veränderungen in der Lehrerbildung entwickelt. Aber eine hinreichende politische Unterstützung dafür hat es unter CDU und FDP leider nicht gegeben.
Sie, Frau Ministerin, werden sicherlich gleich versuchen, uns das Gegenteil zu beweisen. Aber wir haben viele Gespräche mit allen Beteiligten geführt und haben immer wieder gehört: Trotz aller Bemühungen der Universitäten werden die zukünftigen Lehrkräfte unter der CDU/FDP-Landesregierung noch immer unzureichend auf den Schulalltag und die veränderte Schulwirklichkeit vorbereitet. Studierende klagen über mangelnden Praxisbezug, zu viele Prüfungen, Probleme beim Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium sowie über einen Praxisschock im Referendariat.
So sieht die Lehrerbildung bei CDU und FDP aus. Das wollen wir ändern.
Die SPD setzt dem ein neues Konzept entgegen. Dieses haben wir in dem vorliegenden Antrag niedergelegt. Wir wollen die niedersächsische Lehrerbildung in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten modernisieren.
Was sind dabei unsere Ziele? - Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist immer wieder ein Bereich, in dem inhaltliche Veränderungen notwendig sind. Dies gilt aktuell z. B. für die Anforderungen der inklusiven Schule. Sie erfordert entsprechende Qualifikationen aller Lehrkräfte, die ich als Inklusionskompetenz bezeichnen möchte. Diese muss in der Lehrerbildung genauso erworben werden wie Medienkompetenz - heute ganz aktuell notwendig -, natürlich Fachkompetenz, Diagnosekompetenz, didaktische Qualifikation, pädagogische Eignung. Alles das muss bei den Lehrkräften vorhanden sein.
Das Ziel einer so verstandenen Lehrerbildung ist eindeutig: Die Lehrerinnen und Lehrer müssen heute vor dem Hintergrund einer immer heterogener werdenden Schülerinnen- und Schülerschaft befähigt werden, mit neuen Konzepten, differenzierten Vermittlungsformen und herausragender Diagnosefähigkeit zu agieren.
Ich will Ihnen jetzt einige Aspekte unseres Konzeptes darstellen. Es ist eine qualitativ orientierte Professionalisierung der Lehrerbildung notwendig. Die Kompetenzen, die zur Lehrerarbeit heute und zukünftig erforderlich sind, sind systematisch in einer phasenübergreifenden Ausbildungsstruktur zu vermitteln. Das Curriculum dafür muss in enger Zusammenarbeit zwischen Kultus- und Wissenschaftsministerium mit den Studienseminaren, mit den Fachkräften aus den Schulen und den Hochschulen gemeinsam entwickelt werden. Genau das passiert bei Ihnen aber nicht. Da wursteln die Ministerien vor sich hin, ohne Absprachen mit den Betroffenen.
Praxismodule sind in dieses curriculare Gesamtkonzept einzubauen, um die Segmentierung und die damit verbundenen Brüche in der Lehrerbildung zu überwinden. Wir wollen die Studierenden frühzeitig in die Lage versetzen, zu erkennen, ob sie für das gewählte Berufsziel Lehrerin bzw. Lehrer wirklich geeignet sind. Eignungsprüfungen vor dem Studium jedoch lehnen wir ab, da es kein gesichertes Verfahren gibt, mit dem eine solche Eignungsfeststellung verlässlich möglich ist. Im Übrigen würde man sonst den jungen Menschen die Chance nehmen, sich während des Studiums zu bewähren und zu entwickeln.
Allerdings: Eine qualifizierte Beratung während des Studiums muss ständig stattfinden. Die Frage der Eignung als Lehrkraft muss spätestens beim Übergang vom Bachelor zum Master beantwortet werden.
Ein großes Problem, meine Damen und Herren, ist der in Niedersachsen nach wie vor vorhandene Schulformbezug der Lehrerbildung. Wir brauchen keine Lehrkräfte für irgendwelche Schulformen, sondern wir brauchen Lehrkräfte für unsere Kinder. Wir brauchen Lehrkräfte, die auf die besonderen Bedingungen von Schülerinnen und Schülern in bestimmten Entwicklungsphasen eingehen können. Und wir brauchen Lehrkräfte, die so flexibel ausgebildet sind, dass sie auch in verschiedenen Schulstufen unterrichten können. Daher gilt bei unserem Modell grundsätzlich: Für alle Lehrämter
gibt es ein sechssemestriges Bachelor- und ein viersemestriges Masterstudium. Und es wird die Lehrkraft mit dem inhaltlichen Schwerpunkt Förderpädagogik geben, ferner die Primarstufenlehrkraft unter Einbeziehung von schulrelevanten Aspekten der Elementarpädagogik, außerdem die Lehrkraft mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe I sowie die Lehrkraft mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe II sowohl für die gymnasiale Oberstufe auf der einen als auch für die berufliche Bildung auf der anderen Seite.
Sie haben uns mit der Einführung der Oberschule eigentlich schlagkräftige Argumente für den Stufenlehrer geliefert; denn die Oberschule als Schulform der Sekundarstufe I braucht doch Lehrkräfte, die speziell für die Altersstufe der Zehn- bis Sechzehnjährigen ausgebildet und in der Lage sind, mit der Heterogenität gerade in Oberschulen umzugehen. Sie müssen das als Chance begreifen können. Oder plädieren Sie jetzt möglicherweise für eine Lehrerausbildung mit dem Berufsziel Oberlehrer? - Dann hätten wir den wieder.
Wenn die Behauptung der CDU, Herr Klare, die Sie immer wieder einbringen, die Einführung des Stufenlehrers würde die Abschaffung der Gymnasien zur Folge haben, alles ist, was Sie zu dieser Lehrerbildungsreform sagen können, dann kann ich nur feststellen: Das ist peinlich. Das ist ein kläglicher Abschied von Ihrer Regierungsverantwortung für Bildungspolitik. Etwas anderes fällt Ihnen nicht mehr ein, wenn Ihnen die Sachargumente ausgehen.
Ich sage Ihnen eindeutig: Die Einführung einer schulstufenorientierten Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist überhaupt keine Absage ans Gymnasium, sondern der gymnasiale Aspekt kommt in der Ausbildung der Lehrkräfte mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe II klar zum Ausdruck. In den Bundesländern, die die Stufenlehrerausbildung bereits haben - z. B. Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen -, hat das Gymnasium nach wie vor eine zentrale Bedeutung. Das wird auch unter einer SPD-geführten niedersächsischen Regierung so bleiben.
Ich sage Ihnen eindeutig: Die niedersächsische SPD wird die Gymnasien keineswegs abschaffen, sondern - im Gegenteil - stärken und weiterentwickeln. Auch an den Gymnasien soll endlich durch
gängig die individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler stattfinden, und kein Kind soll in Niedersachsen mehr hören: Du hast hier nichts zu suchen.
Kein Kind soll mehr mit dem Gefühl der Beschämung und Missachtung zur Schule gehen.
Noch einige Worte zu weiteren Aspekten: Natürlich wollen wir die Praxisphasen während des Studiums hinreichend vorbereitet und nachbereitet wissen. Die Durchführung muss genau so laufen mit Hochschulmitarbeitern sowie mitwirkenden Lehrkräften aus den Partnerschulen der Universitäten. Wir schlagen dazu vor, dass die Universitäten mit denjenigen Partnerschulen Kooperationen schließen, aus denen die mitwirkenden Lehrkräfte stammen und in denen die Praktika stattfinden. Diese könnten dann vielleicht die Bezeichnung „Universitätsschule“ erhalten. Die sind dann mit den entsprechenden Ressourcen in personeller und sächlicher Hinsicht auszustatten.
Es muss auch hinreichend viele Masterplätze geben. Auch der Übergang zum Master muss garantiert werden. Spätestens an dieser Übergangsstelle hat eine verbindliche intensive Beratung der Studierenden im Hinblick auf ihre Eignung für das Lehramt zu erfolgen.
Das Masterstudium wird als integriertes Theorie- und Praxisstudium gestaltet, natürlich mit der bereits jetzt bei GHR 300 eingeführten halbjährigen Praxisphase. CDU und FDP sind aber auch hierbei nicht konsequent. Für die Lehrämter an Grund-, Haupt- und Realschulen wurde mit der Einführung des Praxissemesters das Referendariat um ein halbes Jahr auf ein Jahr verkürzt. Das Referendariat für die Lehrämter an berufsbildenden Schulen und Gymnasien sowie für Sonderpädagogik aber bleibt bei anderthalb Jahren. Das werden wir ändern. Das Referendariat für alle Lehrämter beträgt nach unseren Vorstellungen einheitlich 18 Monate. Es wird dort eine Trennung von Beratung und Beurteilung geben. Ferner werden wir die Studienseminare in personeller und inhaltlicher Hinsicht besser ausstatten.
Zusammenfassend als Letztes, Frau Präsidentin: Wir werden unser Konzept in der neuen Legislaturperiode in einem Lehrerausbildungsgesetz niederlegen. Wir werden in Niedersachsen endlich die notwendige Modernisierung in der Lehrerausbildung vorantreiben. Sie können sich sicher sein. Die Lehrerausbildung ist bei uns in guten Händen.
Lieber Kollege Klare, im ideologischen Graben bleiben leider nur Sie.
Das ist das entscheidende Problem.
Wir haben Ihnen gerade sehr deutlich gemacht, dass es überhaupt nicht um eine Abschaffung des Gymnasiums geht. Frau Heinen-Kljajić hat klar gesagt, dass der Lehrer, der für die Sekundarstu
fe II ausgebildet wird, derjenige ist, der natürlich auch am Gymnasium unterrichtet, und zwar nicht nur in der Sekundarstufe II. Denn wir sagen ja bewusst, dass diese Stufenlehrer auch stufenübergreifend tätig sind, also z. B. auch in dieser Schulform. Wir stehen voll und ganz zum niedersächsischen Gymnasium. Das habe ich klar und deutlich gemacht.
Aber ich denke, Herr Klare, wir sollten auch auf unsere gemeinsamen Positionen sehen. Die Einführung der Praxisphase im Masterbereich sehen wir genauso positiv. Beide Modelle sehen sie vor. Entscheidend wird allerdings sein, dass wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen und dass es eine hinreichende Vor- und Nachbereitung gibt. Zu Ihrem Versuch, GHR 300 umzusetzen, hören wir von allen Beteiligten, dass dort noch so viele Mängel, Baustellen und Unklarheiten bestehen, dass Sie dort zunächst noch einiges geradebiegen müssen.
Ich denke, wenn man sich zusammensetzt und vernünftig miteinander redet, wird man auch Gemeinsamkeiten finden. Sie bauen hier wieder Ideologien auf und ziehen Gräben, die es in diesem Sinne gar nicht mehr gibt. Vielleicht sollte man sich auch darüber einmal Gedanken machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rede zu den Petitionen, die sich für ein Bronzedenkmal mit dem Oldenburger Grafen Anton Günther zu Pferde beim Oldenburger Schloss als Erinnerung an diesen für die Geschichte Oldenburgs wichtigen Monarchen einsetzen. Das ist die Eingabe 2651.
Über den Fall ist in den Medien hinlänglich berichtet worden. Bekannt ist auch, dass einer der Petenten unser ehemaliger Landtagspräsident Horst Milde ist.
In der Petition wird der Landtag ersucht, dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur aufzugeben, die Errichtung dieses Denkmals, dessen Kosten ein inzwischen verstorbener Initiator übernommen hat, vor dem Oldenburger Schloss auf landeseigenem Grund zu gestatten.
Ich will hier nicht diskutieren, ob dieses Denkmal einen künstlerischen Wert hat.
Ich will nicht diskutieren, ob es schön oder hässlich ist, ob es historisch korrekt ist oder nicht, ob es in der vorliegenden Form in die Zeit passt oder gar nicht. Hierzu gibt es ganz unterschiedliche Meinungen.
Es geht auch nicht - um es etwas deftig auszudrücken - um das Gegensatzpaar „einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ und „so etwas will man noch nicht einmal geschenkt haben“.
Gegenstand der Debatte ist für die SPD vielmehr die Frage, wie man mit solchen Werken im öffentlichen Raum umgeht. Wir finden die Reaktion der Ministerin
mit ihrem abrupten „Nein!“ zutiefst arrogant.
In der Oldenburger Öffentlichkeit spielt die Diskussion um die Aufstellung des Denkmals eine sehr große Rolle. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung hat sich in Unterschriftenlisten und Bekundungen in den Medien für dieses Denkmal ausgesprochen.
Natürlich gibt es auch Gegner, besonders aus dem wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich. Deswegen ist die SPD-Fraktion der Ansicht, dass hierzu ein intensiver Abwägungsprozess mit allen Betroffenen hinsichtlich alternativer Standorte und der Art der Aufstellung geführt werden sollte.
Meine Damen und Herren, dies könnte am besten geschehen, wenn man bei der Petition „Erwägung“ beschließen würde. Das würde bedeuten, der Landesregierung zu empfehlen, in eine weitere, nochmalige Prüfung der Angelegenheit einzutreten und bisher nicht berücksichtigte Tatsachen oder Gesichtspunkte in ihre Überlegungen mit einzube
ziehen. Das wäre z. B. die Bereitschaft der Petenten, die sie auch geäußert haben, auch andere Standorte zu akzeptieren. So hätte man möglicherweise eine alle Seiten befriedigende, verträgliche Lösung finden können.
Man hätte auch darüber reden können, ob man das Denkmal mit einer historisch-kritischen Würdigung des Grafen als absolutistischen Herrscher hätte versehen können, um auch die inhaltliche Frage herauszuarbeiten.
Wir hatten gehofft, dass nach zahlreichen Gesprächen vor Ort auch die CDU-Fraktion bereit wäre, diesen Weg mitzugehen. Die Signale machten uns hoffnungsfroh. Doch CDU und FDP haben letztlich doch vor der Ministerin gekuscht, die das Denkmal partout nicht wollte, und sich für „Sach- und Rechtslage“ im Ausschuss entschieden, und zwar auch noch in einer sehr merkwürdigen Allianz. Denn die Fraktion der Linken hat den Regierungsfraktionen und der Ministerin in dieser Frage auch noch zugestimmt.
Lammfromm ist diese Allianz der Ministerin gefolgt und hat in nicht zu glaubender Weise ihrem eigenen Ansehen geschadet. Wo bleibt bei Ihnen die Beachtung des vielgepriesenen Bürgerwillens? Mit dieser Entscheidung wurde seitens CDU, FDP und Linke die Tür für eine allseits getragene Lösung in dieser Frage zugeschlagen. Das bedauern wir sehr und bleiben in dieser Sache bei unserer Empfehlung, „Erwägung“ zu beschließen.
Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wie Frau Vockert gerade dargelegt hat, haben wir in der Bundesrepublik in der Tat ein Problem mit dem Analphabetismus und der Grundbildung. Die Untersuchung, auf die sie hingewiesen hat, der leo. - Level One Survey, macht deutlich, dass - ich möchte das noch ein wenig ausführlicher darstellen, als Frau Vockert es getan hat -, ca. ein halbes Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung, also 300 000 Menschen, noch nicht einmal auf der Wortebene lesen und schreiben, also möglicherweise noch nicht einmal ihren eigenen Namen richtig schreiben können.
Fast 4 % unserer Bevölkerung - das sind ca. 2 Millionen Menschen - können nur ganz wenige Worte lesen und schreiben. Und 10 % unserer Bevölkerung können zwar dies tun, aber zusammenhängende Texte weder schreiben noch inhaltlich erfassen. Meine Damen und Herren, das sind insgesamt 14,5 % unserer Bevölkerung, sprich die 7,5 Millionen Menschen, die Frau Vockert als funktionale Analphabeten bezeichnet hat; das ist der entsprechende Fachbegriff. Aber dabei bleibt es nicht. Darüber hinaus gibt es weitere 13,3 Millionen Menschen, deren Schriftsprache trotz eines vorhandenen Wortschatzes massiv fehlerhaft ist.
Das, meine Damen und Herren, muss man sich einmal vergegenwärtigen! Wenn man beides addiert, dann heißt das, dass 40 % der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands Wörter und Texte entweder gar nicht, unzureichend oder nur fehlerhaft
lesen und schreiben können. Ich finde, das ist für ein Land wie die Bundesrepublik nicht haltbar.
Hierbei muss man auch berücksichtigen, dass der größte Teil derjenigen, die davon betroffen sind, berufstätig ist. Das heißt, viele Menschen können trotz dieser Handicaps im Alltagsleben bestehen. Aber welche psychischen Belastungen und Probleme gehen damit einher? Welche Möglichkeiten zur Entwicklung der Persönlichkeit oder der Karriere gehen diesen Menschen dadurch verloren? Denn man muss ja voraussetzen, dass derjenige, der keine Texte verstehen kann und der es vermeidet, sie zu gebrauchen, um sich zu informieren oder mitzudiskutieren, am gesellschaftlichen Leben nicht teilnehmen kann.
Meine Damen und Herren, das können wir als Gesellschaft einfach nicht akzeptieren. Daher sind Alphabetisierungskurse und Kurse zur Entwicklung von Grundbildung in Lesen, Rechnen und Schreiben angesagt. Dazu hat es jetzt den Nationalen Pakt für Alphabetisierung und Grundbildung gegeben. Die KMK hat am 8. Dezember 2011 einen Maßnahmenkatalog entwickelt. Darin ist zwar viel von „Prüfen“ und „Austauschen“ die Rede, aber es werden leider nur wenige Maßnahmen genannt, die konkret ergriffen werden sollten. Von der Bundesregierung wird dabei auf die Länder verwiesen. Aber das, meine Damen und Herren, reicht uns als SPD-Fraktion nicht.
Es muss mehr getan werden als das, was die Bundesregierung und die KMK vorhaben. So muss die Zahl der Plätze für die Lernenden bundesweit deutlich erhöht werden. Die Anzahl der Kursplätze ist von derzeit 20 000 auf 100 000 pro Jahr auszubauen.
Außerdem müssen mehr Kursleiter für diese Kurse qualifiziert werden. Die Aus- und Fortbildung der Kursleiter muss gesichert werden. Es muss eine Berufsausbildung zum Alphabetisierungs- und Grundbildungspädagogen erfolgen.
Meine Damen und Herren, es reicht eben nicht aus, den Dialog zu intensivieren, wie im CDUAntrag geschrieben ist, oder um Verständnis zu werben, wie Frau Vockert gerade gesagt hat. Vielmehr muss sich mit Nachdruck für Maßnahmen eingesetzt werden. Daher darf man es nicht bei den fünf regionalen Grundbildungszentren in Braunschweig, Hannover, Lüneburg, Oldenburg
und Osnabrück belassen, sondern muss man auch z. B. den Südosten des Landes, also den Bereich um Göttingen, mit bedenken. Wir brauchen hier ein wirklich flächendeckendes Modell, meine Damen und Herren.
Von der Agentur für Erwachsenenbildung und Weiterbildung und vom Landesverband der Volkshochschulen ist hierfür ja auch ein Konzept entwickelt worden. Doch wenn dieses Konzept von den Grundbildungszentren umgesetzt werden soll, dann müssen diese auch mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden. Das Konzept sieht vor, niedrigschwellige Angebote bei bildungsfernen und lernungewohnten Personen im Sinne einer aufsuchenden Bildungsarbeit auszubauen. Durch direkte Werbung im Rahmen von Netzwerkarbeit sollen Betroffene erreicht werden. Arbeitsplatzorientierte Weiterbildungsangebote sollen geschaffen werden. Erfahrungen mit Grundbildung im Rahmen betrieblicher Weiterbildung liegen vor.
Es soll auch mit regionalen Jobcentern zusammengearbeitet werden. Dabei muss man allerdings sehen, dass mit der Arbeitsagentur in der Frage der Förderfähigkeit von Grundbildungskursen derzeit noch mit Schwierigkeiten zu kämpfen ist. In dieser Hinsicht bedarf es also noch einiger Klärungen.
Außerdem sollen neue Formen der Zielgruppenansprache und der Öffentlichkeitsarbeit entwickelt werden.
Das alles sind hehre Ziele, die auch richtig sind, meine Damen und Herren. Aber das können die Grundbildungszentren, die gebildet worden sind, mit dem Etat von 24 000 Euro pro Jahr flächendeckend einfach nicht leisten. Da muss mehr Butter bei die Fische, meine Damen und Herren!
Auch für die zentrale Koordinierung müssen wir ausreichend Mittel zur Verfügung stellen. Wir könnten uns vorstellen, dafür eine Stelle beim Landesverband der Volkshochschulen einzurichten. Neben den Volkshochschulen sollten auch den Landeseinrichtungen der Erwachsenenbildung gesondert Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit sie in diesem Sektor mehr Maßnahmen ergreifen können.
Das alles haben wir in unserem Änderungsantrag in der Drs. 16/5000 formuliert. Die entsprechenden Vorschläge hatten wir zuvor in die Ausschussberatungen eingebracht, aber CDU und FDP hielten die Verbesserung ihres eigenen Antrages in diesem Sinne leider für nicht nötig. Das bedauern wir sehr.
Deshalb und weil wir weitergehende Forderungen haben, werden wir für unseren Antrag und gegen den Antrag der Mehrheitsfraktionen stimmen. Es ist leider anzunehmen, dass sich die Mehrheit durchsetzt. Daher werden unsere Forderungen erst ab dem 20. Januar nächsten Jahres umgesetzt werden können.
Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich außerordentlich, dass ich beginnen darf. Normalerweise wäre es von der Dramaturgie her so, dass die Mehrheitsfraktion startet. Wegen Nichtanwesenheit ist das aber nun mal so.
- Das ist sozusagen schon einmal eine Probe für die Zeit nach dem 20. Januar.
Meine Damen und Herren, heute wird der Landtag die gesetzlichen Grundlagen zur Bildung der Medizinischen Fakultät an der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg beschließen. Das ist ein weiterer guter Tag für die Oldenburger Universität, nachdem am letzten Freitag die Hörforschung an der Uni das Exzellenz-Cluster der Bundesrepublik gewonnen hat. Seit ihrer Gründung vor 40 Jahren hat diese Universität eine glänzende Erfolgsstory hingelegt, die mit der Bildung der Medizinischen Fakultät nun einen weiteren Höhepunkt erleben wird.
Angesichts des in unserem Land vorhandenen Ärztemangels brauchen wir diesen dritten medizinischen Hochschulstandort in Niedersachsen. Der Studiengang ist ein hochinnovatives Modell. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben die European Medical School und die Medizinische Fakultät an der Uni von Anfang an massiv befürwortet. Besonders der Praxisbezug vom ersten Semester an, die Zielsetzung zur Herausbildung einer Arztpersönlichkeit in gesellschaftlicher Verantwortung mit Empathie für den Patienten sowie die internationale Orientierung durch die Zusammenarbeit mit der Rijksuniversiteit Groningen finden unsere ausdrückliche Unterstützung.
Wir hätten für diesen Studiengang zwar gerne den zukunftsorientierten Studienaufbau mit Bachelor- und Masterstrukturen, wie in den Niederlanden üblich, gehabt. Dies wurde aber durch den seinerzeitigen Gesundheitsminister Rösler in enger Zusammenarbeit mit konservativen Ärzteverbänden verhindert.
Mit der jetzigen Lösung - Staatsexamen in Oldenburg und Master in Groningen - können wir leben. Immerhin erfährt der Studiengang nunmehr auch die nachhaltige Unterstützung der Ärztekammer Niedersachsen. Es war aber, was die gesetzlichen Grundlagen angeht, die wir heute beschließen wollen, eine etwas schwere Geburt. Der Gesetzentwurf zur Bildung der Fakultät hatte seine Tücken. Die Ministerin hatte im Entwurf des Gesetzes einige Stolperfallen aufgestellt, die erst einmal beseitigt werden mussten. Ein solches Gesetz kann man nicht im hopplahopp verabschieden, wie Sie, Frau Ministerin, das wollten.
In der Anhörung zum Gesetzentwurf haben die Oldenburger Uni-Vertreter und die Klinikvertreter über alle Gremien hinweg eindeutige Positionen gegen zentrale Vorstellungen der Ministerin eingebracht. Das betraf vor allem die Zusammensetzung des Gründungsdekanats und die Bildung eines beratenden Beirats beim Senat.
Beim Gründungsdekanat hatte die Ministerin im Gesetzentwurf das erste große Fettnäpfchen eingebaut. Dieses Dekanat sollte aus hauptberuflichem Dekan, einem Studiendekan und zwei Prodekanen zusammengesetzt sein, wobei in der Begründung des Gesetzentwurfes zudem noch eine konkrete Verknüpfung dieser Positionen der Prodekane mit genau bestimmten Stellenbeschreibungen gefordert war. Das Fettnäpfchen, Herr Hillmer, bestand darin, dass Teile der Universität, die maßgeblich für die Entwicklung der Medizin in Oldenburg eingetreten sind, gar nicht mehr im Dekanat vertreten gewesen wären. Das löste in der Hochschule heftigen Protest aus. Nahezu alle Oldenburger Vertreter haben das in der Anhörung einmütig abgelehnt. Wir haben diesen Protest unterstützt. Die Mehrheitsfraktionen konnten daher nicht mehr umhin, gemeinsam mit uns zu beschließen, die Zahl der Prodekane auf drei zu erhöhen. Wir sind froh darüber, dass wir da Einigkeit erreicht haben.
Die Besetzung der Positionen mit bestimmten Zuordnungen wurde fallengelassen. Der Ausschuss geht gemeinsam davon aus, dass alle einschlägigen Fachrichtungen im Dekanat vertreten sein werden. Das war ein erster Erfolg der Anhörung.
Die Aufgaben des Fakultätsrates sollten bis zur sobald wie möglich durchzuführenden Wahl eines Fakultätsrates dem Senat der Universität übertragen werden. Das wurde allgemein so akzeptiert. Doch das Problem bestand in der Bildung eines Beirates, der den Senat in die Fakultät betreffenden Angelegenheiten beraten sollte.
Ganz problematisch war das zweite Fettnäpfchen, Frau Ministerin, nämlich diesen Beirat lediglich aus vier Chefärzten der beteiligten Krankenhäuser, zwei Professoren der Uni Groningen und zwei Professoren der Uni Oldenburg zusammenzusetzen. Erneut wurde eine wichtige Gruppe der Hochschullehrer an der Universität, die Mitglieder des Forschungszentrums Neurosensorik, nicht berücksichtigt. Das zeigt, meine Damen und Herren, die mangelnde Sensibilität der Ministerin im Umgang mit Betroffenen auf.
Aber auch die anderen Statusgruppen - Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Verwaltung und Technik - wurden nicht beteiligt. Wiederum stellt sich die Frage, Frau Ministerin: Wie halten Sie es eigentlich mit der Mitbestimmung? - Von allen Seiten der Universität sowie der beteiligten Oldenburger Kliniken wurde diese Zusammensetzung des Beirates einmütig abgelehnt.
Das Gründungsdekanat hatte vorgeschlagen, den Beirat so zusammenzusetzen, dass eine Mitwirkung aller Gruppen der Universität - einschließlich habilitierter Chefärzte der Kliniken und der in die neue Fakultät wechselnden naturwissenschaftlichen Professoren - möglich sein sollte. Auch der Senat der Universität hatte das so gesehen und empfohlen, den Beirat in Form einer Kommission des Senats einzurichten, in der die Mitglieder aller Statusgruppen im Verhältnis 7 : 2 : 2 : 2 - wie sonst in den NHG-Gremien - vertreten sein sollten. Externe fachliche Beratung könne jederzeit hinzugezogen werden.
Auch die Universitätspräsidentin, Frau Professor Dr. Babette Simon, hatte in der Anhörung erklärt, dass die Bildung des Beirates unter Berücksichtigung aller Statusgruppen mit den für Fakultätsräte etablierten üblichen Paritäten erfolgen sollte.
Genau an dieser Frage hat sich die Auseinandersetzung im Wissenschaftsausschuss entzündet. Wir haben gefordert, den Beirat in eben dieser Zusammensetzung 7 : 2 : 2 : 2 entsprechend dem Hochschulgesetz zusammenzusetzen, sodass, wie es die Oldenburger Universität gewünscht hat, alle Richtungen der Universität und der Kliniken sowie die Statusgruppen paritätisch vertreten sind. Man könnte dann externe Experten, die durchaus notwendig sind, als nicht stimmberechtigte Mitglieder kooptieren. Das war unser Vorschlag. Doch CDU und FDP lehnten das ab. Sie sagten, dass die externen Experten unbedingt Vollmitglieder sein müssten. Dadurch hat sich die Zahl der Hochschullehrer von sieben auf zehn erhöht.
Man hätte logischerweise sagen können: Okay, damit kann man leben, wenn wir die Paritäten ändern, also von den anderen Statusgruppen nicht sechs, sondern neun nehmen. - Das haben wir als SPD vorgeschlagen, um die Parität wieder herzustellen. Aber CDU und FDP haben auch das kategorisch abgelehnt.
Dafür, Herr Rickert, haben wir aber kein Verständnis. Wir können nicht nachvollziehen, wieso CDU und FDP die von sämtlichen Vertretern der Oldenburger Universität gewünschte paritätische Zusammensetzung des Beirates abgelehnt haben. Für uns ist dies erneut ein arrogantes Hinweggehen über die Interessen der Betroffenen.
- Das ist kein dummes Zeug, sondern Tatsache.
Wir sind keinesfalls gegen die mit Sicherheit notwendige Einbeziehung externen Sachverstandes, z. B. aus dem Bereich der Versorgungsforschung. Genauso, wie es unsere SPD-Bundestagfraktion vor Kurzem erklärt hat, treten wir dafür ein, diese bislang vernachlässigte Forschung auszubauen. Die Etablierung dieser Forschungsrichtung in Oldenburg ist bundesweit ein Signal und ein weiterer Glanzpunkt bei der Entwicklung der European Medical School an der Universität.
Die Einbeziehung externen Sachverstandes wäre mit einer Kooptierung oder bei Vollmitgliedschaft durch eine Angleichung der Paritäten im Beirat möglich gewesen. Beides wollten CDU und FDP nicht. Wir finden, dass das einfach ignorant ist.
Meine Damen und Herren, ein entscheidendes Problem war darüber hinaus die Frage, ob durch
die Gründung der Medizinischen Fakultät andere Bereiche der Oldenburger Universität leiden würden bzw. inhaltlich und finanziell benachteiligt sein würden. Diese Sorge trieb Teile der Hochschule seit Beginn der Diskussion um die Medizin um. Frau Simon als Universitätspräsidentin hat dazu in einer Vorlage für den Ausschuss deutlich gemacht, meine Damen und Herren, dass sie solche Befürchtungen, die neue Fakultät würde zur Beeinträchtigung vorhandener Fakultäten führen, nicht teilt. Im Gegenteil sicherte sie zu, dass das Präsidium im Bewusstsein seiner Gesamtverantwortung sowohl für die European Medical School und die neue Fakultät als auch für die gesamte Universität für eine schnelle Einbindung und für die Interessensausgleiche sorgen werde.
- Das ist richtig. Aber es ist die Frage, wie man das verteilt und wie man die finanziellen Mittel handhabt.
In der Anhörung wurde die Forderung aufgestellt, eine klare Trennung zwischen der Finanzierung der Medizinischen Fakultät auf der einen und der Finanzierung der restlichen Uni auf der anderen Seite vorzunehmen. Wir haben diese Bedenken durchaus ernst genommen. Im Doppelhaushalt des Landes sind die Mittel für die Medizin derzeit zweckgebunden im Kapitel der Universität ausgewiesen. Man muss überlegen, ob man das bei der nächsten Haushaltsaufstellung möglicherweise trennt. Das Universitätspräsidium jedenfalls hat derzeit die Möglichkeit, im Globalhaushalt der Universität über die Mittelverteilung zu entscheiden. Es kann unabhängig von individuellen Interessen einen Ausgleich schaffen.
Nach Ansicht der SPD ist das Oldenburger Universitätspräsidium damit auf einem sehr guten Weg. Wir sind der Auffassung, dass es die notwendige Ausstattung der Medizinischen Fakultät erreichen und zugleich bestehende Studiengänge insbesondere im geisteswissenschaftlichen Bereich weiterentwickeln kann. Von daher sind wir der Ansicht, dass eine Regelung über einen Globalhaushalt derzeit wahrscheinlich besser ist als eine Trennung der Finanzströme.
- Das ist kein Einknicken. Wir geben dem Oldenburger Universitätspräsidium in dieser Frage aus
drücklich Rückendeckung und hinsichtlich der finanziellen Handhabung im Interesse der gesamten Universität einen Vertrauensvorschuss.
Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit nutzen, allen, die dieses Projekt vorantreiben, meinen Dank auszusprechen, insbesondere den Mitarbeitern des Ministeriums und stellvertretend für sie Herrn Dr. Lange, dem Staatssekretär.
Ich möchte natürlich auch denjenigen danken, die das Projekt in Oldenburg voranbringen, z. B. Professor Dr. Eckhart Hahn als Gründungsdekan, Professor Dr. Hans-Rudolf Raab als Motor des Projekts und Frau Professor Dr. Babette Simon als Universitätspräsidentin, die mit unermüdlichem Einsatz an diesem Projekt arbeitet.
Wir als SPD-Fraktion haben Änderungsvorschläge zum Gesetzentwurf durchsetzen können. Wir bedauern, dass die CDU und die FDP in der Frage der Parität beim Beirat nicht mitgezogen haben. Dennoch - - -
Ich bin dabei, Herr Präsident. - - - obwohl wir uns im Ausschuss der Stimme enthalten haben, werden wir jetzt hier im Landtag im Interesse der Universität, im Interesse der Medical School, im Interesse dieser neuen Fakultät, im Interesse der Region Oldenburg und im Interesse des Landes diesem Gesetz zur Errichtung der Medizinischen Fakultät der Uni Oldenburg zustimmen.
Danke schön.
Danke, Herr Präsident. - Herr Dr. Siemer, auch ich habe von Herrn Hahn schon so einen Anstecker bekommen.
Zu Ihren Bemerkungen hinsichtlich der Märchen und Sagen: Märchen und Sagen sind auf der einen Seite auch Kulturgüter. Das sollte man berücksichtigen.
Auf der anderen Seite muss ich, wenn Sie mir vorwerfen, ich hätte hier Konflikte konstruiert, Ihnen vorwerfen, in der Anhörung nicht genau zugehört zu haben.
Denn da wurden an dem Entwurf des Gesetzes vonseiten der Vertreter der Universität und der Kliniken sehr viele Punkte kritisiert. Ich habe die Punkte, die kritisiert worden sind, exakt benannt.
Wir haben uns - auch das muss ich sagen - in den wesentlichen Punkten geeinigt. Das ist auch unsere Aufgabe, und wir haben ein gemeinsames Interesse an dieser Medizinischen Fakultät. In einem Punkt kamen wir aber letzten Endes nicht zusammen. Deswegen haben wir uns der Stimme enthalten. Aber entscheidend ist - Herr Siemer, das sollte man auch bedenken -, dass wir in den wesentli
chen Punkten zwischen den großen Fraktionen und der FDP eine Einigung erzielt haben.
Ich gehe davon aus, dass auch die Grünen zustimmen werden. Entscheidend ist, dass wir gemeinsam für diese Medizinische Fakultät eintreten. Wenn wir das tun, haben wir einiges erreicht.
Schönen Dank.
Meine Damen und Herren, dazu muss ich natürlich noch einiges sagen. Im gesamten Beratungsprozess im Ausschuss - das ist der Charakter einer solchen Beratung - haben wir das konkrete Interesse, einen Konsens zu erreichen. Man muss sich aufeinander zu bewegen.
- Das ist das Politikverständnis der Linken: Immer nur fundamentalistisch und keine konkreten Hinweise darauf, wie man zusammenarbeiten kann. So geht es nicht!
Natürlich hätten wir uns mehr vorstellen können, das ist überhaupt keine Frage. Das ist ganz klar. Das habe ich ja auch deutlich gemacht. Wir haben aber etwas erreicht in der Frage der Hinzuziehung eines dritten Dekans, in der Frage der Auflösung
einer konkreten Stellenbeschreibung für diese Position. Wir haben erreicht, dass auch die anderen Statusgruppen im Beirat vertreten sind. Die Parität hätten wir uns sicherlich anders vorgestellt.
Wir haben natürlich auch eine klare Position zu den Finanzströmen. Unserer Ansicht nach ist das beim Präsidium gut aufgehoben; denn das Präsidium kann dies richtig und gut machen. Wir werden sehen, wie es weiter läuft. Dann kann man darüber nachdenken, ob man gegebenenfalls eine Trennung vornehmen sollte.
Man kann sich auf der einen Seite bemühen, konstruktiv miteinander umzugehen. Auch wir hätten hier noch unsere Vorschläge, die wir schon im Ausschuss unterbreitet haben, mit einbringen können, wie Sie es getan haben. Das ist aber banaler Unsinn. Wir haben diesen Prozess abgeschlossen. Wir werden jetzt über den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung abstimmen. Wir werden ihm zustimmen. Das, denke ich, ist konstruktive Arbeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nachdem wir gerade ein sehr kontroverses Thema strittig diskutiert haben, kommen wir nun zu einem Bereich, in dem wesentlich mehr Einigkeit herrscht, nämlich zu den Europaschulen.
Niedersachsen ist ein Land, meine Damen und Herren, in dem Europaschulen stark verankert sind und in dem sie auch gute Arbeit leisten. Europa
schulen sollen Kindern und Jugendlichen ihre Chancen als europäische Bürger aufzeigen, um das Friedensprojekt Europa zu bestärken.
Zu diesem Ziel verpflichteten sich im Herbst 2005 die Europaschulen im Bundesnetzwerk Europaschule mit den zehn Punkten ihrer Frankfurter Erklärung. Die im Bundesnetzwerk vertretenen Europaschulen möchten Jugendliche auf die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts und die steigende Bedeutung der Europäischen Union für die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten vorbereiten. Das Motto heißt: „Europa gehört in jedes Schulhaus. Europaschulen sind dabei die Wegbereiter.“
Diesen Gedanken haben die Kultusminister auf ihrer Kultusministerkonferenz „Europabildung in der Schule“ im Jahr 2008 aufgegriffen, und sie haben beschlossen: Zur Erschließung der europäischen Dimension im Unterricht sollen alle Fächer und Lernbereiche einen Beitrag leisten.
In Niedersachsen sind Regelungen für die Anerkennung als Europaschule bereits unter der SPDRegierung 1994 herausgegeben worden. Schulen, die sich der europäischen Entwicklung besonders verpflichtet fühlen, können als Europaschulen anerkannt werden. Sie sollen z. B. europabezogene Themenschwerpunkte in geeignetem Fachunterricht über die verbindlichen Themenbereiche und Themen der Rahmenrichtlinien hinaus behandeln, an europäischen Schülerwettbewerben und Programmen teilnehmen und - das ist ein sehr wichtiger Bereich - Schülerinnen- und Schüleraustausch sowie Lehrerinnen- und Lehreraustausch mit Schulen im europäischen Ausland im Rahmen besonderer Schulprojekte und Veranstaltungen durchführen.
In Niedersachsen haben wir inzwischen 89 Europaschulen, die anerkannt sind, wobei wir allerdings feststellen müssen, dass die übergroße Mehrzahl dieser Europaschulen an Gymnasien angesiedelt ist. Das ist auch gut so, und deren Arbeit ist sicherlich erfolgreich fortzusetzen und auszubauen. Aber ich halte es für notwendig, dass wir auch an allen anderen Schulformen, vor allen Dingen an den Oberschulen und den Integrierten Gesamtschulen, den Europagedanken stärker verankern und auch diese zu Europaschulen weiterentwickeln.
SPD und Grüne haben sich entschlossen, den Europagedanken und die Europaschulen weiter zu unterstützen, und haben bereits im April 2010 eine entsprechende Initiative gestartet - mit der Absicht,
die anderen Fraktionen auf diese Linie zu bringen und auch die Regierungsfraktionen in einen gemeinsamen Antrag einzubeziehen. Die Diskussion um diese Initiative hat dann sehr lange gedauert. Schließlich ist es uns aber doch gelungen, eine gemeinsame Formulierung zu finden, die Ihnen jetzt als Beschlussempfehlung des Ausschusses vorliegt.
Das ist auch gut so. Ich frage mich aber, ob diese fast zwei Jahre, die wir gebraucht haben, wirklich notwendig gewesen sind. Die Diskussionen im Europaausschuss sind manchmal etwas langwierig. Für das, was am Ende dabei herausgekommen ist, hat der Berg ziemlich lange gekreißt, finde ich. Aber egal! Nun haben wir diese gemeinsame Beschlussvorlage.
Ich hoffe, dass damit auch die Qualitätssicherung der Arbeit der Europaschulen gewährleistet wird und dass deren Netzwerk unterstützt und ausgebaut werden kann.
Wir erwarten vor allen Dingen, dass der Europagedanke auch in der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer an den neu gebildeten Kompetenzzentren eingebaut und verstärkt gefördert wird, damit die Lehrerinnen und Lehrer auch in der Lage sind, das zu machen.
Auf dem Treffen der Europaschulen im letzten Jahr in Verden kam bei ihnen vor allen Dingen der Wunsch auf, einen festen Ansprechpartner im Kultusministerium zu haben. Wir haben darauf gedrängt, dass dies gewährleistet wird. Auf eine entsprechende Beschlussfassung in der Vorlage haben wir dann allerdings verzichtet, weil uns in der Ausschussdebatte seitens des Kultusministeriums zugesichert worden ist, dass dieser Ansprechpartner inzwischen vorhanden sei; das sei Herr Castens, der heute auch da ist. Ich will dies hier noch einmal ausdrücklich feststellen, damit das auch steht.
Wir erwarten, dass die Schulen die Freiheit haben, ihre Inhalte für das Thema Europa selbst aufzustellen. Deswegen haben wir als SPD auch ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass die Schulen die Möglichkeit haben, ein Europacurriculum schulintern selbst zu erarbeiten.
Ein letzter Punkt, der wichtig ist: Es ist unserer Ansicht nach nicht hinreichend gewährleistet, dass die finanzielle Absicherung der Europaschulen
auch für die Zukunft vorhanden ist. Mehr als einen Prüfauftrag, ob es einen Haushaltstitel Europaschulen geben soll, gibt es nicht. Das ist das Einzige, was dabei herausgekommen ist. Wir hoffen, dass diese Prüfung für die Zukunft erfolgreich sein wird und dass dieser Titel dann mit den notwendigen Mitteln ausgestattet wird.
Als Letztes, meine Damen und Herren - - -
Genau so, meine liebe Frau Präsidentin! - Meine Damen und Herren, den Schülerinnen und Schülern das europäische Bewusstsein zu vermitteln, ist das beste Mittel gegen Rassismus und Nationalismus; aus diesem Grunde ist die Arbeit der Europaschulen bei uns ganz besonders wichtig.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen: Die SPDLandtagsfraktion unterstützt selbstverständlich nachhaltig die Gründung der European Medical School mit Medizinischer Fakultät an der Carl-vonOssietzky-Universität Oldenburg.
Meine Damen und Herren, eine solche Entscheidung, die wir hier fällen werden, wird die Hochschullandschaft Niedersachsens natürlich tiefgreifend verändern. Aber es ist auch gut, wenn es uns gelingt, dies in einem breiten politischen Konsens zu tun. Wir haben im Oktober letzten Jahres bei
der Beratung des SPD-Antrages zur Umsetzung des Medizinstudiengangs in Oldenburg eigentlich von allen Fraktionen Unterstützung für diesen Studiengang erhalten. Ich finde es sehr positiv - das will ich ausdrücklich sagen -, dass sich insbesondere der Ministerpräsident McAllister mehrfach wie wir deutlich für diesen Studiengang in Oldenburg ausgesprochen hat.
Allerdings, meine Damen und Herren, gibt es - darauf hat Frau Wanka gerade zu Recht hingewiesen - im Moment ein kleines Problem mit der Fraktion der Linken. Natürlich ist es richtig und notwendig, dass man die Landesregierung in der Frage der konsequenten Umsetzung des Medizinstudienganges treibt und kritische Fragen stellt. Aber wer eine völlig unplatzierte Sprache und eine insgesamt gefährliche Einschätzung in einer sehr unsinnigen Presseerklärung vornimmt, wie es in der letzten Woche vonseiten der Linken mit der Überschrift „Totgeburt droht“ geschehen ist, der malt ein Menetekel an die Wand, das keinem nutzt. Da hat die Ministerin mit ihrer Kritik völlig recht.
Wer jetzt so wie die Linken von einer drohenden Totgeburt schwafelt, der gefährdet, ehrlich gesagt, eher als Totengräber die Medizin in Oldenburg, als dass er irgendjemandem nutzt.
Meine Damen und Herren, wir in Niedersachsen brauchen den Medizinstudiengang in Oldenburg dringend. Die gesundheitliche Versorgung in unserem Bundesland muss verbessert werden. Wir wissen, dass es insbesondere in den ländlichen Regionen einen Mangel an Haus- und Fachärzten gibt. Wir brauchen einfach mehr Medizinstudienplätze im eigenen Land. Die Lösung dafür stellt für Niedersachsen die Gründung der Medizinischen Fakultät in Oldenburg dar.
- Genau so. Da haben Sie, Frau Flauger, recht. Darum sagen wir auch, dass die Landesregierung in der Pflicht ist. Der Standort in Oldenburg drängt sich natürlich nahezu auf, weil gerade im Nordwesten Deutschlands die Universitätsmedizin nicht vorhanden ist.
Meine Damen und Herren, mit der Antwort der Landesregierung zum Sachstand in der Frage der
Umsetzung sind wir allerdings nicht unbedingt in allen Teilen zufrieden, weil wir natürlich z. B. auch meinen, dass das, was die Landesregierung beispielsweise zum Anteil der Universität für den Aufbau der Universitätsmedizin gesagt hat, unpräzise ist.
Meine Damen und Herren, 15 Professuren von der Uni Oldenburg sollen aus der MathematischNaturwissenschaftlichen Fakultät der Medizin zugeordnet werden. Das ist eine Menge. Diese Professuren sollen sozusagen als Eigenanteil der Universität zum Aufbau der Medizin verwendet werden. Teilweise sollen Lehrdeputate noch an der Fakultät verbleiben. Der größte Teil soll aber übergehen. Der Wissenschaftsrat hat dazu in seinem Gutachten jedoch eindeutig festgestellt, dass die Wahrung der Leistungsfähigkeit in der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften trotz dieser Umwidmung gewährleistet werden muss, und hat klar gesagt, dass zusätzliche finanzielle Mittel für die Medizin in Oldenburg nicht zulasten der anderen Fakultäten der Universität Oldenburg aufgebracht werden dürfen.
Das sind klare Auflagen. Das sind Kriterien, die berücksichtigt werden müssen. Daran hat sich die Landesregierung zu halten. Die Antwort der Landesregierung auf die Anfrage ist in dieser Hinsicht nicht hinreichend. Zwar wird in der Antwort davon gesprochen, dass es fünf neue Professuren für den Bereich Biodiversität und Energieforschung und zwölf weitere nicht klinische Professuren geben soll. Ich frage aber: Wann soll das geschehen? Wie soll das finanziert werden? Wer finanziert das? Für welche Bereiche sollen diese nicht klinischen Professuren vorgesehen werden? Wie werden diese Lehrstühle mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im nicht klinischen Bereich ausgestattet? - Dazu, meine Damen und Herren, brauchen wir hier und jetzt Summen, Zeitpunkte und genaue Informationen.
Dieses bringt mich zu der entscheidenden Grundsatzfrage. Ich will an dieser Stelle noch einmal den Wissenschaftsrat aus seiner Stellungnahme zitieren. Der Wissenschaftsrat hat das Land Niedersachsen „mit Nachdruck“ - so schrieb der Wissenschaftsrat - aufgefordert, „schnellstmöglich erheblich mehr finanzielle Mittel für die Universitätsmedizin Oldenburg“ aufzubringen. - Das sind
klare Aussagen. Aber Aussagen der Landesregierung zu exakten Zahlen, die die Forderungen des Wissenschaftsrates erfüllen, habe ich nicht gehört. Sie stehen nicht in der Antwort. Das hat die Ministerin eben auch noch nicht gesagt. Wir aber fordern diese ganz klaren Angaben ein. Die entscheidende Frage hieß in Frage 44:
„In welcher Form wird das Land den Aufbau und den laufenden Betrieb der Medizinischen Fakultät mit allen seinen begleitenden Kosten finanzieren?“
Das ist meines Erachtens eine ziemlich klare Frage. Dazu hat die Überraschung stattgefunden. Die Antwort der Landesregierung heißt:
„Durch finanzielle Mittel im Wege eines Zuschusses für Forschung und Lehre.“
Wenn das nicht einmal eine exakte Auskunft ist!
Meine Damen und Herren, ich finde, so geht es nicht. Wir haben ein Recht darauf, uns hier nicht vorführen lassen zu müssen, sondern eine klare und deutliche Auskunft und exakte Daten zu bekommen und nicht irgendwelche Larifari-Antworten, meine Damen und Herren.
Wir wollen wissen: Wo bleiben die konkreten Finanzzusagen? Wo bleiben die notwendigen Mittel, und zwar in hinreichender Höhe? Wo ist der Haushaltstitel? Wie ist er für 2012 ausgestattet? Wie sieht es in der Mipla aus, meine Damen und Herren? - Frau Ministerin hat es gerade angedeutet. - Wir hätten gerne exakte Zahlen.
Meine Damen und Herren, bei der Entwicklung der Universitätsmedizin in Oldenburg hat es hinsichtlich der Zielsetzungen leider bereits einige Abstriche gegeben. Das hat die Ministerin gerade ebenfalls angesprochen. Das gilt beispielsweise für die Frage der Struktur mit Bachelor- und Masterstudiengängen. In der Antwort 9.1 ist zu lesen: Dieses geschah aufgrund von Vorgaben auf Bundesebene. - Seien wir doch einmal ehrlich! Das geschah doch damals nur deswegen, weil der damalige FDP-Gesundheitsminister Rösler dem Druck der konservativen Ärzteverbände nachgegeben hatte
und sich gegen einen innovativen Bachelor- und Masterstudiengang in Medizin gesperrt hat. Das war doch der wahre Grund.
Meine Damen und Herren, dort besteht aber natürlich Nachbesserungsbedarf. Die neue Landesregierung wird das auch tun.
Es war angedacht, ein gemeinsames Universitätsklinikum in Oldenburg als GmbH zu bilden, bestehend aus dem Städtischen Klinikum, dem Evangelischen Krankenhaus und dem katholischen PiusHospital. Nun antwortet die Landesregierung, dass es nach dem derzeitigen Planungsstand nicht zu einer Gründung eines Universitätsklinikums kommen wird, „da die drei Krankenhäuser in Oldenburg ihre rechtliche Selbstständigkeit beibehalten wollen und sollen.“ Mit dieser Darstellung bleibt die Landesregierung diffus und stellt die Hintergründe, warum die Selbstständigkeit der Kliniken erhalten werden soll, nicht dar. Es hätte meiner Ansicht nach dem Gesamtprojekt besser angestanden, wenn die Landesregierung an dieser Stelle deutlich gemacht hätte, dass der tatsächliche Grund - nach meinen Informationen - die schwierigen steuerrechtlichen Probleme mit der ursprünglich geplanten Universitätsklinikum-GmbH gewesen sind. Schon der Wissenschaftsrat hatte ja zu dieser Struktur Bedenken angemeldet.
Nunmehr wird es statt der GmbH eine Rahmenvereinbarung der Kliniken untereinander mit der Universität geben, sodass diese Kooperation unter dem Dach und Titel „Universitätsmedizin Oldenburg“ erfolgen wird. Diese Dachgesellschaft ist eine Konstruktion, die durchaus auch einem Vorschlag des Wissenschaftsrates entspricht.
Es muss aber sichergestellt werden - das ist sehr wichtig, meine Damen und Herren -, dass diese Konstruktion die Qualitätsstandards eines Universitätsklinikums erfüllt und dass die überregionale Akzeptanz dafür auch gesichert wird.
Diese Rahmenvereinbarung muss durch den Gründungsausschuss mit Leben erfüllt werden. Hinsichtlich des Gründungsausschusses, der nächste Woche gegründet werden soll, ist es eindeutig, dass wir hier auch klare Antworten erwarten.
Ich finde im Übrigen - das will ich an dieser Stelle auch sagen - die Berufung des Gründungsdekans Professor Dr. Eckhart Georg Hahn sehr positiv. In einem Gespräch mit ihm habe ich einen hervorragenden Eindruck gewonnen. Er ist sicherlich ein
hoch kompetenter Fachmann. Seine inhaltlichen Positionen weisen ihn als einen Experten aus, der für die Verwirklichung der progressiven Inhalte des Oldenburger Modells mit Sicherheit bestens geeignet ist. Eine gute Entscheidung, Frau Ministerin!
Mit der Amtsübernahme von Herrn Hahn ist aber nur ein erster, wenn auch wichtiger Schritt in Sachen Medizinstudiengang in Oldenburg getan. Wir erwarten von der Landesregierung hinsichtlich der Finanzierung und des Zeitplans präzise Angaben. Wenn der Lehrbetrieb wirklich zum Wintersemester 2012 beginnen soll, dann muss schnellstmöglich die konkrete Planung erfolgen, dann müssen konkrete Zahlen und verbindliche Zusagen auf den Tisch gelegt werden.
Wir brauchen in Niedersachsen den Medizinstudiengang in Oldenburg! Die SPD will ihn. Wir fordern die konsequente Umsetzung. Wir fordern die Mittel im Haushalt 2012 und in der Mipla.
Meine Damen und Herren, die Verpflichtung zur Erfüllung dieser Forderungen hat die Landesregierung. Die gesamte Region Nordwest erwartet, dass die Landesregierung zu ihren Worten steht, insbesondere der Ministerpräsident.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, warum sich diese Veränderung in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung ausschließlich auf die Lehrämter an Grund-, Haupt- und Realschulen bezieht und warum sich diese Veränderung nicht auf die Lehrämter des höheren Dienstes, also im Bereich der Gymnasien und der berufsbildenden Schulen, bezieht. Denn es wäre sicherlich notwendig, eine Angleichung aller Lehrämter vorzunehmen. Ist es so, wie ich vermute, dass geglaubt wird, dass es für angehende Gymnasiallehrer nicht für nötig gehalten wird, mehr Praxisphasen in der ersten Ausbildung zu absolvieren?
Da die Landesregierung gerade nicht präzise auf das geantwortet hat, was mein Kollege Poppe
gefragt hat, frage ich noch einmal detailliert nach: Wie hoch ist beispielsweise der Anteil des eigenverantwortlichen Unterrichts während des Referendariats? Ist gewährleistet, dass die Referendare in diesem einen Jahr hinreichend Zeit haben, ihre Arbeit für das zweite Staatsexamen zu schreiben? Können sie sich trotz des eigenverantwortlichen Unterrichts hinreichend positiv auf die zweite Staatsprüfung vorbereiten?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 23. September 2008 meldeten die Zeitungen bei uns im Raum Oldenburg: „Kirche verzockt Millionen“. Es war tatsächlich so: Die EvangelischLutherische Kirche in Oldenburg hatte 4,3 Millionen Euro bei der pleite gegangenen US-Bank Lehman Brothers in hoch riskante Anleihen investiert und verloren.
Sarkastisch meinten einige Zeitungen, auch viele Scherflein der Witwen und Waisen seien in den prallen Taschen der Zocker gelandet. Man warf der Kirche vor, einen Teil der Kirchensteuer leichtfertig verschleudert zu haben.
Ein Kommentar verwies auf eine Aussage in der Bibel:
„Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“
So Jesus in der Bergpredigt.
Die Frage steht, meine Damen und Herren, ob wir solche Schlagzeilen und solche Häme wegen Spekulationsverlusten auch über die niedersächsischen Hochschulen hören wollen.
Theoretisch wäre es möglich. Denn - das haben Sie gerade gehört - auch Hochschulen können mit Wertpapieren finanzielle Transaktionen betreiben, wie Herr Perli richtig dargestellt hat. Hochschulen
verfügen jetzt schon, Herr Dreyer, autonom über anvertraute Mittel, und zwar nicht nur über das Geld des Steuerzahlers - in Form der Zuwendungen, die sie vonseiten des Landes erhalten -, sondern natürlich auch über Zuweisungen aus dem Bereich der Drittmittel und über die Studiengebühren. Und hier fängt das Problem an, Herr Dreyer. Darüber darf man keineswegs so leichtfertig hinweggehen, wie Sie es gerade getan haben.
Laut Niedersächsischem Hochschulgesetz ist es unseren Hochschulen in der Tat möglich, aktuell nicht benötigte Geldmittel zinsbringend bei einer Bank oder Sparkasse anzulegen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn diese Mittel sicher angelegt sind. Aber in unserem Hochschulgesetz ist auch die Tür zum Kauf von Aktien und Investmentfondsanteilen geöffnet worden. Dies gilt für die Stiftungshochschulen grundsätzlich und für die normalen Hochschulen bei der Verwendung der Studiengebühren und der Drittmittel.
Hierbei sollen die Grundsätze des § 54 des Versicherungsaufsichtsgesetzes beachtet werden. Sie haben das kurz angedeutet, Herr Dreyer.
Wir haben natürlich alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesen Paragrafen voll im Kopf. Für diejenigen, bei denen das zufälligerweise nicht der Fall sein sollte: § 54 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besagt, dass Geldbestände so anzulegen sind, „dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität des Versicherungsunternehmens unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung erreicht wird“.
Trotz dieser klaren Vorschriften, Herr Dreyer, ist es in Niedersachsen so weit gekommen, wie es Herr Perli dargestellt hat: Die Stiftungsuniversität Göttingen hat Aktieninvestmentfonds gekauft, und aufgrund der Finanzkrise hat sie dabei 1,3 Millionen Euro Verlust gemacht.
Die Frage ist: Sollen und wollen wir dies so zulassen? - Darüber muss man diskutieren.
Der Verlust ist aufgrund der Bewältigung der Finanzkrise inzwischen reduziert.
Aber es sind immerhin noch 400 000 Euro. Frau Below-Neufeldt, das ist keine Kleinigkeit!
Bemerkenswert finde ich in der Antwort der Landesregierung auf die entsprechende Anfrage von
Herrn Perli im Übrigen auch die Aussage der Landesregierung, dieser Verlust sei nicht von Bedeutung für die Vermögens- und Ertragslage der Universität. Ich finde, eine solche Einschätzung seitens einer Regierung ist unverantwortlich hinsichtlich des Umgangs mit dem Geld, für das diese Regierung verantwortlich zeichnet.
Die Menschen fragen sich natürlich: Was machen die Hochschulen eigentlich mit unserem Geld? Insbesondere fragen sich das die Studierenden und ihre Eltern, die Studiengebühren zahlen. Sie befürchten natürlich, dass das Geld nicht zweckentsprechend eingesetzt wird.
1 000 Euro Studiengebühren werden pro Jahr gezahlt. Und wo bleibt das Geld? - Derzeit wird es vielfach auf Konten gelagert. Zum Stand Juni 2010 lagen laut Auskunft der Landesregierung ca. 80 Millionen Euro gezahlter Studiengebühren auf den Konten unserer Hochschulen. Sie werden dort nicht genutzt. Sie sind zwar zinsbringend angelegt - das ist auch ganz schön -, aber der eigentliche Zweck, nämlich die Lehre zu verbessern, wird nicht erreicht. Ich finde, dies ist in der Tat ein Betrug an den Studierenden.
Wenn diese Menschen auch noch hören, dass nun sogar mit Hochschulgeldern spekuliert wird, dann fragen sie sich natürlich: Wofür zahle ich eigentlich die Studiengebühren? - Die Frage ist in der Tat: Wollen wir das zulassen oder nicht?
Schauen wir uns einmal die Vereinigten Staaten an, die immer gern herangezogen werden bei der Begründung, warum Studiengebühren ein tolles Modell seien. Gerade die amerikanischen Hochschulen haben nämlich in den letzten zwei Jahren erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen müssen.
Bei den amerikanischen Hochschulen ist es gang und gäbe, dass ihr Vermögen und ihre Rücklagen in Aktien und Investmentfonds angelegt werden. Über Jahre hinaus schien dies alles gut zu gehen, insbesondere bei Vorzeigeuniversitäten wie Harvard, Princeton und Yale.
Doch jetzt ist alles anders. Die US-Finanzkrise hat die amerikanischen Hochschulen voll erfasst. Im Januar 2009 stand bereits fest: In den USA haben die Universitäten in einem Zeitraum von sechs Monaten etwa ein Viertel ihres Vermögens eingebüßt. Zwar hat die Kurserholung bei den Aktien das inzwischen etwas gemildert. Aber trotzdem hat
beispielsweise die Universität Princeton einen Verlust von 25 % gemacht.
Was heißt das? - Für Princeton ist das real ein Verlust von 4 Milliarden Dollar. Das ist mehr, als ganz Deutschland für den Elitewettbewerb der Hochschulen ausgibt. Bei der Elite-Universität Harvard waren es 30 %, in Yale 25 %. Die Folge waren Entlassungen, Baustopps und Kürzungen bei den Förderprogrammen für die Studierenden.
Meine Damen und Herren, sieht man sich diese Entwicklungen an, dann stellt sich die Frage: Wollen auch wir dorthin? Heißt Autonomie der Hochschulen, dass man alles machen kann? - Ich glaube nicht, dass auch Sie diesen Weg gehen wollen. Selbst der FDP unterstelle ich das nicht.
Wir müssen diskutieren, ob die Regelungen, die wir hier in Niedersachsen haben, ausreichen, ob sie hinreichend sind, um Börsenspekulationen in diesem Maße zu verhindern. Wir wollen keine Vorkommnisse wie bei der oldenburgischen Landeskirche. Das darf an unseren Hochschulen nicht vorkommen.
Wir werden bei der Beratung des Antrags der Linken auch unter Hinzuziehung des Landesrechnungshofes darüber diskutieren, ob dies so geregelt werden sollte, ob das Sinn macht oder ob die Regelungen, die wir derzeit haben, hinreichend sind.
Meine Damen und Herren, eines ist jedenfalls klar: Es ist richtig, dieses Thema zu diskutieren. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise zeigen uns: Auch bei den Hochschulen ist Vertrauen gut, aber klare Regelungen zu setzen und gegebenenfalls Verbote auszusprechen, ist möglicherweise besser.
Herr Präsident! Die Fahne der Erwachsenenbildung, liebe Frau Prüssner, sieht aber bei dem, was im Augenblick von der CDU gemacht wird, ein bisschen miserabel aus. Sie haben zwar die Kürzungen, die die Ministerin ursprünglich in ihrem Haushalt hatte, zumindest in einem Bereich kompensiert, nachdem die Erwachsenenbildung massiv protestiert hat. Es bleibt aber über alle Einrichtungen der Erwachsenenbildung - bei Volkshochschulen genauso wie bei Landeseinrichtungen und Heimvolkshochschulen - eine Kürzung von 1,1 Millionen Euro. Sie missbrauchen die Erwachsenenbildung wieder als Steinbruch für Ihre Kürzungen. Das ist sicherlich kein Glanzpunkt Ihrer Politik. Sie sollten sich dazu auch bekennen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schlagzeilen sind eindeutig: „Bundesweit fehlen 3 620 niedergelassene Ärzte“, so die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Januar dieses Jahres. Wieder einmal ist Niedersachsen bei den Negativrekorden Spitze. In Niedersachsen sind 678 Arztsitze frei. Das heißt, jede sechste freie Arztstelle in der Bundesrepublik Deutschland findet man in Niedersachsen. Das ist ein trauriger Rekord.
Doch das ist nur der Iststand. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen hat im April dieses Jahres veröffentlicht: „In den kommenden zehn Jahren werden in Niedersachsen mehr als 4 200 Ärzte … in den Ruhestand gehen.“ Die Zahl der fehlenden Hausärzte wird bis 2020 auf rund 1 100 steigen, und das natürlich vor allem in den ländlichen Regionen.
Da wir im kommenden Jahr auch noch den doppelten Abiturjahrgang haben werden, würde es unserem Bundesland gut tun, hier Maßnahmen zu ergreifen. Im Grunde genommen hilft dabei nur eines: Die Zahl der Studienplätze in der Medizin muss erhöht werden.
Meine Damen und Herren, deswegen haben wir heute einen Antrag zur Beteiligung Niedersachsens an dem Sonderprogramm - oder wie Sie, Frau Ministerin Wanka, heute Morgen gesagt haben: an den Gesprächen der KMK - für mehr Medizinstudienplätze eingebracht. Wir bedauern, dass Sie, Frau Ministerin, heute Morgen erklärt haben, Niedersachsen werde sich an diesem Programm nicht beteiligen. Wir halten die Teilnahme dennoch für richtig, weil damit die Aufnahmekapazitäten in der Humanmedizin in den Jahren 2011 bis 2016 um 10 % erhöht werden können. Das ist unserer Ansicht nach deswegen nötig, weil Niedersachsen sich diesen Ärztemangel einfach nicht leisten kann und wir Studierende im eigenen Land brauchen, die auch hier bleiben.