Es gibt weder einen aktuellen Anlass zum Zweifeln am verantwortlichen Handeln unserer Wissenschaftler in Niedersachsen noch einen unter Verfassungsgesichtspunkten zu rechtfertigenden Grund, das Hochschulgesetz im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfs der Linken zu ändern.
Wir haben jeden Grund, aufgrund der Erfahrungen den Anlass zu bieten, das Vertrauen in die wissenschaftsethische Grundhaltung unserer Forschungslandschaft beizubehalten und das hohe Gut des Freiheitsrechts in Artikel 5 Abs. 3 des
Grundgesetzes zu schützen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist hingegen wohl eher geeignet, Feindbilder zu pflegen und die Wissenschaftslandschaft in Niedersachsen unberechtigt in ein falsches Licht zu rücken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hartmann, nachdem Sie gerade schätzungsweise sechs Minuten - so stand es jedenfalls in der Redezeitenliste - über dieses Thema gesprochen haben und immerhin eingeräumt haben, dass es ein wichtiges Thema ist, wie weit die Freiheit der Forschung geht, und dass es auch ethische Prinzipien gibt, würde ich von Ihnen sehr gerne noch eine Stellungnahme dazu hören, wie Ihre Fraktion im Ausschuss mit diesem Thema umgegangen ist und ob Ihre Nichtbereitschaft zur Diskussion dieses Themas im Ausschuss nicht möglicherweise etwas mit dem Aufbau und dem Erhalten von Feindbildern zu tun haben könnte.
(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Sie lechzen nach Auf- merksamkeit! Die kriegen Sie nicht!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hartmann, ich habe kein Problem damit, dass Sie hier reden. Ich habe ein Problem mit dem, was Sie hier reden. Das ist ein Unterschied.
Sie haben hier zu Recht Friedrich Dürrenmatt zitiert. Ich hatte das ja schon in meiner Eingangsrede getan. Dabei habe ich aber auch den entscheidenden Satz von Dürrenmatt vorgetragen. Die Passage geht nämlich wie folgt weiter: „Was ein
mal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.“ Das ist genau der Kern der Verantwortung: die Pflicht zur Selbstbegrenzung. Das war das, was wir von „Den Physikern“ mit auf den Weg nehmen sollten. Übrigens sagt uns auch der ehemalige EKD-Vorsitzende Wolfgang Huber in Diskussionen immer wieder: Die Fähigkeit zur Selbstbegrenzung ist heutzutage die Herausforderung der Wissenschaft und der Forschung.
Mein Petitum war, dass wir diesen Diskurs hier gemeinsam führen sollten. Übrigens ist im Rahmen des Falls Brückner - vielleicht erinnern sich noch einige daran - seinerzeit hier im Landtag genau diese Diskussion geführt worden. Im Übrigen war es Peter von Oertzen, der ein strikter Gegner des Eingriffs in die Wissenschaftsfreiheit war, der diese Legitimation auch einem demokratischen Staat absprach.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie Ihren Horizont geöffnet hätten. Eine notwendige Diskussion zu verweigern, nur weil es sich um einen Gesetzentwurf der Linken handelt, finde ich einer Demokratie unwürdig.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde das an dieser Stelle nicht so hoch hängen. Eine Diskussion über die Ethik der Wissenschaft lohnt sich immer. Dieser Gesetzentwurf der Linken war dafür aber völlig ungeeignet.
gebe ich jetzt dem Kollegen Perli von der Fraktion DIE LINKE für eine Restredezeit von 54 Sekunden das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nacke, es gibt überhaupt keinen besseren Gesetzentwurf als diesen, um eine Diskussion über die ethische Verantwortung der Wissenschaft zu führen; denn diese Formulierung ist sinngemäß bereits neun Jahre Bestandteil des Niedersächsischen Hochschulgesetzes gewesen. Sie hatte neun Jahre lang Gesetzescharakter. Damit war sie auch rechtlich fundiert geprüft. Sie war neun Jahre lang in diesem Hochschulgesetz verankert und wurde angewandt. Insofern ist das doch eine hervorragende Grundlage, um darüber zu diskutieren, ob wir diese Regelung noch einmal aufnehmen wollen, nachdem sie vor acht Jahren abgeschafft worden ist.
Der Verfassungsrechtler Professor Denninger, der in der in Baden-Württemberg geführten Diskussion zu der Zivilklausel Stellung genommen hat, hat darauf hingewiesen, dass „die forschungs- und ausbildungspolitische Ausrichtung einer Hochschule oder eines Forschungszentrums auf die im Grundgesetz und in den für die wiedervereinigte Bundesrepublik geschlossenen völkerrechtlich konstitutiven Verträgen zum Ausdruck gebrachte ‚Friedlichkeit’ …“
„nicht als Element einer verfassungsrechtlich unzulässigen ‚Tendenzuniversität“ anzusehen“ ist und dass vielmehr die „‚Friedens-Finalität’ ein zentral wichtiges und normativ hochrangiges Element der Organisation und Funktionen staatlicher Institutionen der Bundesrepublik Deutschland ist“.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns in der Opposition einig darüber, dass eine Diskussion über die ethische Verantwortung der Wissenschaft geführt werden muss. Über den Weg sind wir uns uneins. Ich möchte dafür werben, dass sich insbesondere SPD und Grüne im Land
Herr Kollege, die Redezeit ist abgelaufen. Sie haben keine Möglichkeit mehr für weitere Ausführungen. Ich erteile jetzt Herrn Minister Stratmann das Wort.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Jetzt können Sie als Unbeteiligter einmal etwas zu dem Verfahren im Aus- schuss sagen!)
Herr Präsident! Ich denke, jeder hier in diesem Hohen Haus weiß, dass das Thema Wissenschaftsverantwortung vermutlich so alt ist wie die Suche nach der Wahrheit selbst. Deshalb hat es hier auch einige bemerkenswert gute, kluge Redebeiträge gegeben.
Außerdem wurde hier etwas zum Verhalten im Ausschuss gesagt. Ich wundere mich, dass die Kritik so massiv von dieser Seite des Hauses vorgetragen worden ist; denn wir konnten ja alle nachlesen, was Herr Dr. Sohn vom Parlamentarismus hält.
Gleich gehe ich noch etwas intensiver darauf ein. Ich sage auch - das wiederhole ich hier; ich habe Ihnen das heute Morgen schon gesagt, Herr Sohn -: Ich kann nur jedem in diesem Haus empfehlen - dieser Rat geht übrigens insbesondere an die Sozialdemokratie -: Lesen Sie sich diesen Artikel sehr genau durch! Er hat bei mir durchaus ein wenig Freude ausgelöst und mir auch ein wenig Spaß gemacht, weil ich sozusagen in die Debatten der 1970er-Jahre zurückkatapultiert wurde, die es heute aus den verschiedensten Gründen so nicht mehr gibt. Er ist sehr stringent formuliert und -
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Und jetzt zum Thema, Herr Minister! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Das passt Ihnen nicht!)
- ja, ich komme zum Thema - bewegt sich in der Tradition von Lenin und anderen. Ich sage das und spreche deshalb vor allem Herrn Sohn an, weil wir wissen, dass auf der Seite der Linken mitnichten nur Dummköpfe sitzen.
Deshalb frage ich mich: Welches sind die wahren Gründe für einen solchen Gesetzentwurf? - Und da bin ich extrem dankbar für den Wortbeitrag von Herrn Perli. Denn Herr Perli hat im Grunde uns allen sehr deutlich aufgezeigt - noch einmal an die SPD gerichtet: nehmen Sie das bitte ernst; lassen Sie sich nicht instrumentalisieren! -, worum es der Linken mit dem Gesetzentwurf eigentlich geht.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir können uns schon allein schützen, machen Sie sich keine Sorgen um uns! Wir brauchen von Ihnen keine Belehrung!)
Lieber Herr Jüttner, es geht den Linken darum, die linke Seite sozusagen als die Gutmenschen, die Pazifisten, die Friedensliebenden darzustellen und uns als die böse Seite, die damit nichts zu tun haben will. Das lassen wir nicht auf uns sitzen -
zumal, lieber Herr Sohn, selbst Sie wahrhaftig nicht behaupten können, dass die Geschichte der Linken durch Gewaltfreiheit geprägt gewesen wäre.