Swantje Hartmann

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Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass wir gerade darüber diskutieren, welche Einflüsse politische Beschlüsse auf den kommunalen Finanzausgleich haben, welche Auswirkungen die Erhöhung des Bundesanteils an der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auf den kommunalen Finanzausgleich hat.
Sehr geehrter Herr Präsident, ich hatte darauf gehofft, dass vor mir noch die Kollegin von den Grünen redet, weil sie - ich kenne sie aus dem Ausschuss - eine gewisse Ernsthaftigkeit in diese Debatte gebracht hätte.
Die Klosterkammer verwaltet, sehr geehrter Herr Dr. Sohn, mit dem Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds eines der größten öffentlich-rechtlichen Stiftungsvermögen in Deutschland, das bereits in der Reformationszeit entstanden ist. Ich denke, dass angesichts dieses Hintergrundes eine etwas respektvollere Debatte vonnöten wäre.
Der rechtliche Rahmen der Klosterkammer hat seine Wurzeln in dem durch Prinzregent Georg von Hannover im Jahre 1818 erlassenen Gesetz,
das den Erhalt der historisch wertvollen Klöster und des im Laufe der Reformation an den Staat gefallenen Grundbesitzes sowie die Unterhaltung der Klöster und Kirchengemeinden sicherstellen soll. Frau Rübke hat dazu ausgeführt. Neben diesen Verpflichtungen aus der Stiftungstätigkeit werden Überschüsse aus wirtschaftlicher Tätigkeit für soziale, schulische und bildungsbezogene Aufgaben verwendet.
Hieraus wird deutlich, in welchem rechtlichen Rahmen sich die Klosterkammer bewegt. Sie ist stets eben diesem Stiftungsauftrag verpflichtet. Insofern würdigen wir als CDU-Landtagsfraktion die öffentlich-rechtliche Einrichtung Klosterkammer. Wir können dankbar sein, dass die Klosterkammer unsere wertvollen Kulturgüter - immerhin sind es rund 800 vorwiegend denkmalgeschützte Gebäude - gepflegt hat und deren Erhaltung und Nutzung bis heute ermöglicht. Die von der Klosterkammer verwalteten Kulturgüter legen Zeugnis über einen wichtigen Teil unserer Landesgeschichte ab. Wir können stolz darauf blicken.
Vor diesem Hintergrund ist Sorgfalt gefragt, wenn über diese Institution als Landesbehörde und Stiftungsorgan diskutiert wird. Ich muss schon sagen,
dass ich mir etwas mehr Sorgfalt in der Diktion Ihres Antrages gewünscht hätte,
im Übrigen auch in Ihrem Debattenbeitrag,
der dieser Institution teilweise wirklich nicht gerecht wird.
In Ihrem Antrag wird von „intransparenten Strukturen“ und „Unfähigkeit zu einer demokratisch gebotenen Rechnungslegung“ gesprochen. Sie haben es eben noch einmal betont.
Der Charakter Ihres Antrages kann daher so wahrgenommen werden, als bewege sich die Klosterkammer außerhalb des ihr aufgetragenen Rahmens.
Richtig ist dagegen, dass sie ihrem Stiftungsauftrag seit Jahrzehnten sehr wohl nahe kommt
und diesen Stiftungsauftrag auch ordentlich wahrnimmt.
- Werden Sie bitte etwas unaufgeregter! Wir werden ja bald in das Wochenende entlassen. Die Sozialdemokraten haben dann noch andere Themen zu klären. Aber wir diskutieren jetzt die Klosterkammer.
Richtig ist dagegen, dass die Klosterkammer für den AHK seit dem Wirtschaftsjahr 2008 einen handelsrechtlichen Abschluss nach dem HGB erstellt. Seit dem Jahr 2000 werden Jahresberichte veröffentlicht. Als öffentlicher Auftraggeber unterliegt die Klosterkammer selbstverständlich dem Vergaberecht. Förderrichtlinien wurden überarbeitet und sind im Internet allgemein zugänglich.
Zudem ist die Klosterkammer - vielleicht ist das für Sie eine neue Information - Mitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen und hat im vergangenen Jahr beschlossen, ihre Stiftungstätigkeit an den auch in Ihrem Antrag erwähnten Grundsätzen guter Stiftungspraxis auszurichten.
Sicherlich gibt es Reformbedarf. Aber Reformen bedürfen gewisser Zeit.
Die Klosterkammer ist eine Organisation mit langer Tradition. Dass sich eine Organisation mit einer so langen Geschichte im Laufe der Zeit selbstverständlich Veränderungen unterziehen muss, hat die Klosterkammer selbst im Rahmen der Diskussion um den Umgang mit Erbpachtzinsen eingeräumt. Hierzu gehören aufgrund des gesellschaftlichen Veränderungsprozesses, in dem wir uns befinden und der eine aufmerksamere Kommunikation auf allen Ebenen der Gesellschaft erforderlich macht, eine offene Informationspolitik nach innen und nach außen und die Bereitschaft zum Dialog mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern.
Ihr Antrag erweckt den Eindruck, als habe die Klosterkammer dies nicht schon längst selbst erkannt und aus vergangenen Debatten nichts gelernt.
Sie haben richtigerweise erwähnt, dass der neue Präsident, Hans-Christian Biallas, bei seiner Amtsübernahme erklärt hat, er wolle den Weg zu Veränderungen innerhalb der Klosterkammer konstruktiv begleiten. Ich denke, man sollte - wie das auf allen Ebenen, im Übrigen auch im politischen Raum, üblich ist - dem neuen Präsidenten, der, glaube ich, erst am 24. September offiziell in sein Amt eingeführt wird, das Recht zugestehen, seine Ankündigung wahrzumachen, Vorschläge zu erarbeiten, wie sich die Klosterkammer zukünftig aufstellen will.
Selbstverständlich werden wir uns dann in diesem Parlament auch darüber unterhalten und diskutieren. Wir als CDU-Fraktion werden uns dieser Diskussion stellen und uns daran konstruktiv beteiligen. Wir werden allerdings darauf achten, dass das Stiftungsziel, unsere Kulturgüter zu bewahren und Überschüsse für genannte gemeinnützige Zwecke zu verwenden, im Mittelpunkt dieser Debatte steht. Um dies zu gewährleisten, ist eine an wirtschaftlichen Grundsätzen orientierte Stiftungstätigkeit notwendig.
Danke schön.
Herr Dr. Sohn, ich habe den Eindruck - gerade aus Ihrer Kurzintervention kann ich das entnehmen -, dass Sie den Stiftungsauftrag der Klosterkammer
und der ihr untergeordneten Stiftungen nicht begriffen haben.
Mein Hinweis auf Stilfragen hatte folgenden Hintergrund: Wenn man - bei aller Einigkeit darüber, dass man Veränderungen herbeiführen will; die Klosterkammer ist ja auch selbst auf diesem Weg - im Rahmen einer Diskussion über diese traditionsreiche Institution, die unsere Kulturgüter in Niedersachsen pflegt, über Pommesbuden spricht, beschädigt man diese Institution öffentlich und wertet sie ab. Das aber lassen wir nicht zu.
Wir denken, dass diese Institution sehr wohl dazu beigetragen hat, diese Kulturgüter in Niedersachsen zu erhalten und zu pflegen. Wer hätte das besser ermöglichen können als die Klosterkammer? - Insofern würde ich mir einen ernsthafteren Dialog wünschen und nicht Vergleiche, die aus meiner Sicht dieser Institution nicht gerecht werden.
Frau Ministerin, wie erklären Sie sich, dass die Christlich Demokratische Union Deutschlands die Partei ist, die nicht nur eine Bundeskanzlerin, sondern auch eine Parteivorsitzende stellt, während andere Parteien mit viel längerer Tradition bisher weder eine Kanzlerkandidatin aufgestellt noch eine Parteivorsitzende gewählt haben?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nach zwei sehr ausführlichen Diskussionen im Wissenschaftsausschuss kann ich feststellen: Die Debatte im Wissenschaftsausschuss war von hoher Sachlichkeit und ausführlichen Vorträgen des Wissenschaftsministeriums geprägt, dessen Vertreter sehr ausführlich erläutert haben, warum dem Antrag in dieser Form nicht Folge geleistet werden kann.
Vorangestellt kann ich feststellen, dass die medizinische Ausbildung in Niedersachsen an der Medizinischen Hochschule in Hannover, aber natürlich auch an der Universitätsmedizin Göttingen eine hohe Reputation auch außerhalb von Niedersachsen genießt. Darauf können wir angesichts der Debatte, die wir heute führen, stolz sein.
Wir haben in den Beratungen im Wissenschaftsausschuss sehr ausführlich dargelegt bekommen, warum dieser Antrag am heutigen Tag im Grunde genommen hätte zurückgezogen werden müssen.
Erstens fordern Sie, dass wir uns als Land Niedersachsen am Sonderprogramm des Bundes und der Länder beteiligen sollen. - Einen solchen Beschluss aber können wir hier heute schlichtweg nicht fassen, weil es kein Sonderprogramm gibt.
Zweitens haben Sie eine Erhöhung der Anzahl der Studienplätze zum Wintersemester 2011/2012 gefordert. - Wir haben im Wissenschaftsausschuss sehr ausführlich dargelegt bekommen, dass dies nicht möglich ist, zumindest nicht verantwortbar möglich ist, wenn wir unsere Ansprüche an die Qualität des Studiums aufrechterhalten wollen und wenn wir gegenüber den Studentinnen und Studenten, die letztendlich nach der Approbationsverordnung einen Anspruch darauf haben, eine gewisse Qualität an Lehre dargeboten zu bekommen, und die irgendwann auf dem Arbeitsmarkt vermittelt werden wollen, Verantwortung wahrnehmen wollen.
Entgegen den Ausführungen in der heutigen Debatte wurde klar dargelegt, dass insbesondere die Universitätsmedizin in Göttingen keine Möglichkeit sieht, die Anfängerzahlen bei den Studenten zu erhöhen, zumindest nicht unter den gegebenen Gesichtspunkten; denn die Lehrkrankenhäuser können zwar eine Ergänzung in der Lehre und in der praktischen Ausbildung sein, aber niemals ein Ersatz.
Deshalb haben mich Ihre Ausführungen sehr verwundert; denn sie erwecken den Eindruck, als habe die Debatte im Wissenschaftsausschuss gar nicht stattgefunden. Es finden zwar Verhandlungen statt, beispielsweise in Bremen oder mit Kassel, aber es ist, wie gesagt, nicht möglich, die Studierendenzahlen bereits zum nächsten Wintersemester zu erhöhen.
Frau Kollegin von Below-Neufeldt hat dargelegt, dass der Hausarztmangel ganz unterschiedliche Gründe hat. Zur regionalen Verteilung ist etwas
gesagt. Ich möchte hierzu nicht weiter ausführen. Einen Punkt möchte ich an dieser Stelle aber darstellen. Der Hausarztmangel hat natürlich auch etwas damit zu tun, wie sich die berufliche Realität für junge Ärztinnen und Ärzte darstellt. Der ländliche Raum als Arbeitsplatz ist natürlich nicht nur wegen seiner Struktur für die persönliche Lebensplanung vielfach nicht so attraktiv, sondern natürlich auch, weil die Arbeitsbelastung für die Mediziner im ländlichen Raum enorm ist. Wir haben dieses Phänomen insbesondere am Beispiel unserer Nordseeinseln vielfach gespürt, weil es fast nicht möglich war, für eine Tätigkeit dort Ersatzärzte zu finden.
Bei der Medizinerausbildung gilt für uns, dass Qualität und Quantität nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten, sondern dass wir darauf zu achten haben, dass die Qualität gewährleistet ist. Der Dekan und Vorstand für Forschung und Lehre im Bereich Humanmedizin an der Uni Göttingen, Herr Professor Dr. Frömmel, hat dargelegt, dass der kurzfristige Ausbau der Studienanfängerzahlen zum nächsten Wintersemester nicht möglich ist. Das liegt auch daran, dass es in Göttingen eine Spezialsituation gibt, die sich darin äußert, dass in der Vorklinik mehr Kapazitäten als in der Klinik vorhanden sind. Wie wir im Ausschuss ebenfalls gehört haben, gab es hierzu Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat entsprechend entschieden.
Frau Kollegin Andretta, die Absolventen der UMG haben zunehmend Probleme, nach dem Physikum Anschlussstudienplätze zu finden. Wir haben Verantwortung gegenüber den Studierenden zu tragen, und deswegen können wir Ihrem Antrag heute nicht folgen.
Der limitierende Faktor bei der Schaffung von Studienplätzen im Bereich Medizin ist und bleibt natürlich die Anzahl der zur Verfügung stehenden Patienten. Das können wir nicht ignorieren. Das ist einfach ein Stück Realität. So wünschenswert es sein mag, dass wir bereits im Wintersemester 2011/2012 mehr Studienplätze realisieren können - es ist ja nicht so, dass wir uns das nicht wünschen würden -, aber praktisch ist das einfach nicht umsetzbar. Zur Wahrheit gehört an diesem Tage und in dieser Debatte auch, dass wir dies gemeinsam feststellen.
Auch das grundsätzliche Ziel, dass wir in Niedersachsen mehr Medizinerausbildung realisieren wollen, haben wir in der sehr sachlichen Debatte
im Wissenschaftsausschuss gemeinsam festgestellt. Wir verfolgen dieses Ziel natürlich auch weiterhin. Wir haben in der letzten Wissenschaftsausschusssitzung, aber auch in der Plenardebatte über die Medizinerausbildung am Standort Oldenburg gesprochen. Ich möchte das an dieser Stelle erwähnen, weil dieses Thema in der mittelfristigen Perspektive bei der Anzahl der Studienplätze, die in Niedersachsen vorgehalten werden kann, eine Rolle spielt. Dazu möchte ich abschließend aus einer Presseerklärung unseres Ministerpräsidenten David McAllister zitieren, der am 12. November 2010 zu diesem Thema festgestellt hat:
„Niedersachsen geht neue Wege in der Medizinerausbildung. Dieser Studiengang ist in Deutschland und Europa einzigartig. Damit hat die Hochschulkooperation mit den Niederlanden eine neue Qualität bekommen. Das ist ein Erfolg für die Universität Oldenburg und die Region. Ziel ist eine zusätzliche hochwertige medizinische Ausbildung. Das ist aktive Vorsorge gegen Ärztemangel und eine vorausschauende Investition in unsere künftige Gesundheitsversorgung."
An dieser Pressemitteilung, die der Ministerpräsident persönlich sehr offensiv vertreten hat und die natürlich auch unsere Wissenschaftsministerin, Frau Professor Wanka, vertreten hat, wird deutlich, dass wir in der grundsätzlichen Frage der Medizinerausbildung in Niedersachsen sehr offensiv vorgehen und selbstverständlich auch dafür Sorge tragen werden, dass neben den hoch angesehenen Bereichen in Göttingen und Hannover weitere wichtige Projekte vorangetrieben werden. Das ist ein Projekt, an dem wir gemeinsam arbeiten sollten. Wir sollten aber keine Anträge formulieren, die schlichtweg unrealistisch sind, und auch keine Sonderprogramme fordern, die es gar nicht gibt.
Abschließend danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Frau Professor Wanka wird hierzu sicherlich gleich noch etwas ausführen.
Ein letzter Satz noch. Frau Andretta, in der gesamten Ausschusssitzung wurde sehr offensiv dargelegt, warum das in Göttingen nicht realisierbar ist. Ich hätte mir schon gewünscht, dass das in der
heutigen Plenardebatte auch von Ihnen zumindest gewürdigt würde.
Liebe Frau Kollegin Andretta, ich habe im Wissenschaftsausschuss keine frohlockenden Worte von Herrn Staatssekretär Lange gehört, sondern ich habe sehr ernsthafte Beiträge und sehr ausführliche Stellungnahmen gehört.
Ich habe auch noch einmal nachgelesen, warum das am Universitätsstandort Göttingen leider nicht möglich ist. Ich verstehe ja, dass Sie sich dafür
stark machen. Das ist Ihr Wahlkreis. Dass Sie das tun, finde ich respektabel, und ich habe grundsätzlich kein Problem damit. Aber man muss doch zur Kenntnis nehmen, dass das zum nächsten Wintersemester - so lautet Ihr Antrag - nicht verantwortbar zu realisieren ist, weil es in der klinischen Ausbildung einfach keine entsprechenden Kapazitäten gibt.
Wir können natürlich sagen: In der Vorklinik stocken wir jetzt noch einmal auf, und dann sind die Studenten letztendlich sich selbst überlassen, nach dem Motto: Vorklinische Ausbildung und Physikum abgeschlossen; jetzt seht einmal zu, wo ihr eure praktische Ausbildung macht.
Das ist doch kein verantwortliches Handeln. Deswegen denke ich, dass an dieser Stelle einfach zur Kenntnis genommen werden sollte: Bei allem Verständnis und Respekt für den Einsatz für diesen hervorragenden und anerkannten Wissenschaftsstandort der Universitätsmedizin Göttingen ist das schlichtweg nicht zu realisieren. Das sieht im Übrigen die Universität Göttingen auch so.
Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung: Dem Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst wurden im Rahmen der Meeresforschung auch Mittel aus dem VW-Vorab bewilligt. Welche Forschungsaufgaben werden dort jetzt konkret betreut?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Andretta, bei uns ist es so: Wir kämpfen immer gemeinsam. Deswegen spreche ich heute für die CDU-Fraktion zu diesen beiden Anträgen.
Lieber Wolfgang Wulf, sicherlich haben wir in der Analyse, welche Bedeutung eine medizinische Fakultät an der Universität Oldenburg haben könnte, in vielen Bereichen eine ähnliche Auffassung. Bei der Analyse, wie man dem Ärztemangel in Deutschland begegnen kann und welche Lösungen wir anbieten müssen, haben wir aber sicherlich unterschiedliche Auffassungen. Sie haben eben gesagt, die einzig richtige Lösung sei, die Anzahl der Medizinstudienplätze zu erhöhen. Ich glaube, dass die Frage des Ärztemangels in Deutschland vielschichtiger ist und dass es dabei nicht nur um die Frage von Studienplätzen geht. Es ist nämlich ein Problem der Verteilung der Ärzte zwischen Städten, Ballungsräumen und ländlichen Regionen. Es ist also auch eine Frage der Entwicklung des ländlichen Raums als attraktiver Arbeitsplatz. Aber natürlich ist es auch - dies haben Sie richtig ausgeführt - eine Frage der Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte.
Natürlich gibt es noch andere Faktoren. Heute haben wir in Deutschland mehr Ärzte als je zuvor. Im Jahr 2000 gab es noch 109 000 Ärztinnen und Ärzte. Heute haben wir fast 150 000 Ärztinnen und Ärzte.
Wir haben das Problem, dass sich die Arbeitsbedingungen durch den demografischen Wandel verändert haben und dass die Feminisierung des Ärzteberufs dazu führt, dass entsprechend mehr Ärzte benötigt werden, weil sich Ärztinnen für andere Arbeitszeitmodelle entscheiden. Aber auch der medizinische Fortschritt trägt dazu bei.
Ein anderer Punkt - dies haben Sie meiner Meinung nach hier nicht ausgeführt - ist die Frage: Wie schaffen wir es eigentlich, dass tatsächlich mehr Absolventen den Arztberuf wählen? - Wir wissen, dass das Medizinstudium in Deutschland das teuerste Studium ist und dass nur 60 % der Absolventinnen und Absolventen tatsächlich den Arztberuf wählen, während die anderen in andere, attraktivere Bereiche, möglicherweise in der Wirtschaft oder im Ausland, gehen. Dieser Frage müssen wir uns auf jeden Fall stellen. Hier müssen wir ansetzen.
Die CDU-Fraktion begleitet das Thema European Medical School, wie Sie schon richtig ausgeführt haben, positiv. Ich glaube aber, angesichts der Dimensionen, über die wir hier reden, ist es zu kurz gesprungen, dies möglicherweise als entwicklungspolitische Maßnahme für den nordwestdeutschen Raum allein unter dem Aspekt zu betrachten, wie wir das im nächsten Jahr mit dem doppelten Abiturjahrgang hinbekommen. Darüber sind wir uns wohl einig. Deswegen ist es ein bisschen problematisch, diese beiden Anträge gemeinsam zu beraten.
Die medizinische Fakultät in Oldenburg, die angestrebt wird, basiert auf drei Säulen: zunächst einmal auf der Gründung der medizinische Fakultät an der Universität Oldenburg, dann auf der Zusammenführung der Oldenburger Kliniken zu einem Universitätsklinikum und anschließend auf dem Doppelstudium Oldenburg/Groningen nach europäischen Vorgaben der Bologna-Reform als European Medical School.
Sie haben eben die Vorbehalte des Bundesgesundheitsministers angesprochen. Ich meine, man muss einmal positiv betrachten, dass es eine Auseinandersetzung darüber gibt, wie man dieses Studium konkret gestalten kann; denn hier geht es immerhin um einen hoch angesehenen Beruf, der in Deutschland viel Vertrauen genießt. Dass man sich dann darüber austauscht, wie man dieses Studium gestaltet, auch im Rahmen der BolognaReform, kann man nur positiv sehen. Ich glaube, dass man da zu Ergebnissen kommen wird.
Ziel bleibt natürlich ein sechsjähriges Studium zum approbierten Arzt unter Beibehaltung der humanistischen Tradition und der Wahrung der gewachsenen und sicherlich auch bewährten Werte der Medizin.
Im Bereich des Nordwestens ist sicherlich auch noch ein anderer Punkt von Relevanz, nämlich die Frage der Auswirkungen auf die Gesundheitswirtschaft. Was viele sicherlich nicht wissen, ist, dass im Bereich des Nordwestens mittlerweile immerhin jeder siebte sozialversicherungspflichtige Arbeitsplatz in der Gesundheitswirtschaft angesiedelt ist. Das ist der mit Abstand größte Wirtschaftszweig der nordwestdeutschen Region. Insofern ist eine neu zu gründende medizinische Fakultät in Oldenburg auch Wirtschaftsfaktor und Impulsgeber für die regionale Entwicklung.
Das Gutachten des Medizinausschusses hat ein überwiegend positives Urteil zu den Plänen abgegeben. Das Gutachten gibt auch Hinweise, was die
Finanzierungsfragen angeht; das müssen Sie einräumen.
Ich glaube, dass wir als verantwortliche Politikerinnen und Politiker, insbesondere aus dem Nordwesten Deutschlands, hier gut beraten sind, dies gemeinsam zu erörtern. Wir müssen natürlich das Votum des Wissenschaftsrates abwarten. Das gebietet nicht nur der gebührende Respekt vor dem Wissenschaftsrat, sondern es ist auch eine Voraussetzung. Es ist natürlich auch deshalb sinnvoll, weil der Wissenschaftsrat auch inhaltliche Bewertungen vornimmt und Hinweise dazu gibt, wie sich ein solches Studium gestalten kann. Daraus ergeben sich möglicherweise Erkenntnisse, wie viel Geld für eine solche Fakultät überhaupt benötigt wird. Deswegen ist es richtig, dass wir erst einmal das Votum des Wissenschaftsrats abwarten. Die Hinweise, die sich daraus für die Finanzierungsfragen ergeben, können wir dann im Wissenschaftsausschuss ausführlich debattieren. Man sieht ja, dass viele die Meinung vertreten, dass das eine sinnvolle Einrichtung ist, vorausgesetzt, man kann sie finanzieren. Dann müssen wir natürlich darüber beraten, wie man so etwas bewerkstelligen kann.
Bei diesem Vorhaben gilt: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Das ist unsere Auffassung. Die 40 Studienplätze, die dort geschaffen werden sollen, können in jedem Fall nicht dafür herhalten, den doppelten Abiturjahrgang zu bewältigen. Darüber sind wir uns wohl einig.
Vielleicht ist es der richtige Weg, dass wir jetzt erst einmal gemeinsam feststellen, dass wir uns darüber einig sind, dass das ein positives Vorhaben ist, dass wir aber noch nicht wissen, wie so etwas ausgestaltet werden kann, und dass die Finanzierungsfragen noch im Raume stehen und unbeantwortet sind.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag debattiert heute erneut über den Antrag der Linken zur Frage der Würdigung des 8. Mai 1945. Zunächst möchte ich vorwegstellen, Herr Dr. Sohn, dass es für die Debatte sicher - - -
- Ich habe noch gar nichts gesagt. Ich glaube, auch ich habe das Recht auf etwas Ruhe hier bei der Debatte.
Herr Dr. Sohn, zunächst möchte ich vorwegstellen, dass es für die Debatte sicher hilfreich und angemessen ist, dass Sie durch den Änderungsantrag
den Bezug zum Mauerfall aus Ihrem Antrag gestrichen haben. Gleichwohl verzichten Sie nicht auf den allgemeinen Verweis auf andere historische Daten der neueren deutschen Geschichte. Ich möchte das heute an dieser Stelle nicht vertiefen. Gleichwohl bedauere ich - wie bereits in meinem letzten Redebeitrag - den inhaltlichen Rahmen, in den Sie Ihren Antrag stellen.
Der 8. Mai 1945 steht für das Ende des Krieges, der von deutschem Boden ausging. Er steht für das Ende einer Diktatur, die unermessliches Leid in der Menschheitsgeschichte angerichtet hat. Wir stehen betroffen und fassungslos vor diesem Teil der deutschen Geschichte. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich die Beurteilung des 8. Mai 1945 gewandelt. Bis in die 70er-Jahre wurden aus Anlass des 8. Mai kaum Erinnerungen an den Nationalsozialismus und dessen Opfer öffentlich thematisiert.
Kritische Erinnerungsarbeit wurde bis dahin weitgehend vermieden. Es vollzog sich ein Prozess, der schlussendlich nicht die Frage einer vermeintlichen Kollektivschuld in den Vordergrund stellte, sondern die Anerkennung individueller Schuld und kollektiver Verantwortung. Dies ist insoweit von entscheidender Bedeutung, als ohne Anerkennung individueller Verantwortung der Anker fehlt, um Lehren für die Gegenwart und für die Zukunft zu ziehen. Dies ist Voraussetzung für jeden Einzelnen von uns, nie wieder zuzulassen, dass sich diese Geschichte wiederholen kann. Die Erkenntnis individueller Verantwortung macht uns wachsam, wenn wir heute verfassungsfeindlichen und menschenverachtenden Tendenzen begegnen. Sie ist Grundlage für Zivilcourage in unserer Zeit. Es ist richtig, sich immer wieder zu vergewissern, Herr Dr. Sohn, ob wir angemessen mit dem Holocaust, mit der Nazidiktatur und mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs umgehen. Diese Vergewisserung findet aber kontinuierlich statt. Sie beschäftigt die Wissenschaften, insbesondere die Historiker.
Aus der Rückbetrachtung haben wir neben diesen Erkenntnissen auch gelernt, dass eine klar definierte nationale Geschichtspolitik, wie sie aus politischen Gründen von einigen Seiten eingefordert wird, nicht der richtige Schluss aus dem Entwicklungsprozess seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und schon gar nicht der richtige Schluss aus der Zeit davor ist. Eine staatlicherseits festgelegte historische Bewertung ist aufgrund der ganz unterschiedlichen individuellen Wahrnehmung des 8. Mai 1945 sicher nicht die richtige Antwort. Ich erlaube mir, sehr geehrte Frau Seeler, Peter Hur
relbrink zu zitieren, der Ihnen sicherlich bekannt ist. Ich finde, er hat das ganz gut beschrieben:
„Die Einzelerlebnisse und -schicksale, die sich mit dem Frühjahr 1945 verbinden, sind so vielfältig und unterschiedlich wie die Menschen selbst, die sich ihrer erinnern. In den persönlichen Erinnerungsbildern spiegelt sich nahezu die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrungen und Empfindungen: Erleichterung und Freude, Zukunftssorgen und Angst, Ernüchterung und Demütigung, Wandlungen und Beharrungen, zwiespältige Gefühle zwischen Bangen und Hoffen. Von der Mehrheit“
- so Peter Hurrelbrink -
„der Deutschen wurde der 8. Mai nicht als Befreiung erfahren; denn diese Lesart hat zur Voraussetzung, ein Gespür für die Wende zum politisch Besseren zu haben. Mit einem Opferselbstbild oder einem apolitischstatischen Verhältnis zum neuen politischen System ließ sich dieses Gespür nicht entwickeln. Um die Ankunft in der Demokratie als Wende zum Besseren zu begreifen, musste der Abschied von der Diktatur und dem eigenen Verhalten in ihr zu einem reflektierten Prozess bewusster Erinnerung werden.“
So Peter Hurrelbrink.
Anders, als in Ihrem Antrag dargestellt, findet diese Erinnerungsarbeit in unserem Bundesland statt. An vielen Orten finden rund um das historische Datum des 8. Mai auch in diesem Jahr Gedenkveranstaltungen statt. In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung hat es fast eine gesamte Seite gefüllt. In den Schulen findet eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema statt. Es werden die Schicksale der Opfer erzählt, und es wird über die Täter und ihre Ursachen aufgeklärt.
Ich möchte an dieser Stelle den Lehrerinnen und Lehrern danken, die in den Schulen diese kritische Auseinandersetzung über die deutsche Geschichte begleiten.
Ihr Antrag greift zu kurz, wenn Sie nun darstellen, das Merkmal angemessener Auseinandersetzung
sei eine zentrale Gedenkveranstaltung am 8. Mai 2010. Richtig ist, die Erinnerung an das Geschehene überall wachzuhalten und die Gefühle der Menschen in angemessener Form zu würdigen. Eine Erinnerungskultur lebt eben davon, dass sie erlebbar ist und unterschiedliche Formen der Ansprache an die unterschiedlichen Generationen bietet.
Ich möchte, Frau Seeler, an der Stelle Wolfgang Thierse, den damaligen Bundestagspräsidenten, zitieren. Er führte am 8. Mai 2005 aus, die wichtigste Konsequenz aus jenem Tag sei Deutschlands Verpflichtung an das Grundgesetz und die dauerhafte europäische Einbettung. Ich glaube, das sind auch die Vermächtnisse für die Zukunft.
Wenn man alle Reden der Bundespräsidenten zu diesem historischen Datum liest, dann, denke ich, wird deutlich, dass ein Beschluss des Landtages über die historische Bewertung und ihre Konsequenzen daraus, zumal in der vorliegenden sehr verkürzten und, was die Bewertung angeht, sicherlich auch strittigen Form, sehr schwierig ist. Wir werden daher Ihrem Antrag nicht folgen und ihn ablehnen.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Perli, ich möchte Sie gleich zu Beginn ansprechen. Ihr heutiger Vortrag hat bestätigt, warum wir bestimmte Anträge nicht mehr im Detail beraten möchten.
Mit bestimmten Anträgen verfolgen Sie das Ziel, hier im Landtag bestimmte Feindbilder zu produzieren, die überhaupt nichts mit der Realität zu tun haben.
Nun möchte ich mich in der Debatte aber auch inhaltlich wehren.
Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes lautet:
„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“
Dieses verfassungsrechtlich verbriefte Freiheitsrecht stellt in der gesellschaftlichen Entwicklungsgeschichte eine wesentliche Grundlage unseres Fortschritts dar. Die Wissenschaftsfreiheit als Bestandteil der Aufklärung ist heute ein geachtetes Rechtsgut. Sie erlitt im Laufe der Verfassungsgeschichte jedoch einige Rückschläge. Die Karlsbader Beschlüsse - das ist gerade in unserem Bun
desland von ganz besonderer Bedeutung - und gerade die Amtsenthebung der Göttinger Sieben, deren Denkmal nur wenige Meter von hier entfernt steht,
sind hier zu nennen.
Nach der Versammlung in der Paulskirche erhielt die Wissenschaftsfreiheit Eingang in die Reichsverfassung und später auch in die Weimarer Verfassung. Unter der Nazidiktatur wurde die Freiheit der Forschung und Lehre erneut eingeschränkt, und Forschung und Lehre wurden für die menschenverachtenden Ziele des damaligen Naziregimes genutzt.
- Seien Sie doch einfach einmal etwas entspannter! Sie müssen sich nun einmal daran gewöhnen, dass ich hier ab und zu rede. Das ist mein gutes Recht.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn ich mich jedes Mal aufregen würde, wenn Sozialdemokraten reden, hätte ich am Tag viel zu tun. Seien Sie insofern einfach ein bisschen entspannt.
Ich möchte die Verfassungsgeschichte jetzt nicht weiter vertiefen. Gelegentlich lohnt sich aber ein Blick in die Bücher.
Der Umkehrschluss heißt jedoch nicht, dass Wissenschaft völlig losgelöst von ethischen Fragestellungen handeln kann. Wissenschaftsfreiheit findet ihre Beschränkung dort, wo andere Verfassungsgüter berührt sind. Die akademische Selbstverwaltung als eigenes Grundrecht der Hochschulen erfährt ihre autonome Selbstbeschränkung durch eingesetzte Ethikkommissionen und durch übergeordnete ethische Standards der Wissenschaftsgemeinde.
Hochschulautonomie heißt aber auch das negative Recht, gewisse Bereiche aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht zu erforschen, weil Wissenschaftler zu dem Ergebnis kommen, dass dies im Sinne der Wissenschaftsethik nicht verantwortbar ist.
Forschung und Wissenschaft sind nun einmal häufig in ihren Ergebnissen nicht vorhersehbar. Daher ist nicht von Beginn der Entscheidung über ein Forschungsprojekt an erkennbar, welche ethischen Aspekte die Ergebnisse aufwerfen können. Die Ergebnisse sind gelegentlich auch nicht eindeutig in einem Rahmen der Verantwortungsethik zu kategorisieren, weil sie positiven und negativen Nutzen zugleich haben können.
Friedrich Dürrenmatt schreibt in seinen Thesen zu seiner Groteske „Die Physiker“: „Alles Denkbare wird einmal gedacht.“ Dies lässt sich in der Wissenschaftsgeschichte vielfach und immer wieder aufs Neue belegen. Wenn alles Denkbare einmal gedacht werden kann, so stellt sich für mich die Frage: Wird alles Machbare einmal gemacht?
Der wesentliche Aspekt dieser Debatte kann meines Erachtens nicht darin bestehen, zu versuchen, die Wissenschaftsfreiheit durch das Hochschulgesetz einzuschränken - auch deshalb nicht, weil dies, wie heute deutlich geworden ist, automatisch mit der Frage verbunden ist, wo die inhaltlichen Abgrenzungen der Einschränkungen liegen.
Dürrenmatt schreibt in seinen Thesen zu „Die Physiker“ auch: „Der Inhalt der Physik geht die Physiker an, die Auswirkungen alle Menschen. Was alle angeht, können nur alle lösen.“
Die entscheidende Frage ist, ob wir uns im Rahmen eines dauerhaften und engagierten Diskurses in Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Medien immer wieder vergewissern, ob alles von Menschenhand Machbare auch gemacht werden darf, ob alles, was zum Erkenntnisgewinn der Wissenschaft möglich ist, im Rahmen einer Verantwortungsethik verantwortbar ist.
Wir haben diese Fragen schon häufig diskutiert. Die Forschung mit embryonalen Stammzellen wurde hier bereits genannt.
Es gibt weder einen aktuellen Anlass zum Zweifeln am verantwortlichen Handeln unserer Wissenschaftler in Niedersachsen noch einen unter Verfassungsgesichtspunkten zu rechtfertigenden Grund, das Hochschulgesetz im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfs der Linken zu ändern.
Wir haben jeden Grund, aufgrund der Erfahrungen den Anlass zu bieten, das Vertrauen in die wissenschaftsethische Grundhaltung unserer Forschungslandschaft beizubehalten und das hohe Gut des Freiheitsrechts in Artikel 5 Abs. 3 des
Grundgesetzes zu schützen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist hingegen wohl eher geeignet, Feindbilder zu pflegen und die Wissenschaftslandschaft in Niedersachsen unberechtigt in ein falsches Licht zu rücken.
Das wird Ihnen nicht gelingen, Herr Perli, weil wir Ihren Gesetzentwurf zu Recht ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 8. Mai 1945 ist bis heute tief verbunden mit der deutschen Geschichte. Fest verankert in unserem Bewusstsein hat sich die Erkenntnis, nie wieder zuzulassen, was damals geschehen ist. Der 8. Mai 1945 steht für die Beendigung unermesslichen Leids, für das Ende des Zweiten Weltkriegs, der von deutschem Boden ausging, und für die Beendigung von Massenmord und die Beendigung des NS-Willkürregimes. Wenn der 8. Mai 1945 der Tag
der Befreiung unter den eben genannten Gesichtspunkten war, so wirft das die Frage auf, ob sich diesem Sieg Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte für alle Menschen in Deutschland und darüber hinaus in Europa anschlossen.
Richard von Weizsäcker sagte am 8. Mai 1985 auch:
„Der 8. Mai ist für uns Deutsche kein Tag zum Feiern. … Der eine kehrte heim, der andere wurde heimatlos. Dieser wurde befreit, für jenen begann die Gefangenschaft. … Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfesten zu beteiligen … Der 8. Mai ist ein Tag der Erinnerung.“
Die Menschen in Westdeutschland erhielten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Chance auf Freiheit und Demokratie. In Ostdeutschland folgte auf die Beendigung des Naziregimes eben nicht die ersehnte Freiheit. In der sowjetischen Besatzungszone folgte eine Welle neuer Menschenrechtsverletzungen, Massenvergewaltigungen, Verschleppungen in sibirische Arbeitslager, Vertreibung und die Durchsetzung der Diktatur Stalins.
Wir vergessen dabei nicht, dass die durch die Alliierten befreiten Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen von den Sowjets sogleich wieder für Speziallager genutzt wurden. Statt der ersehnten Freiheit erlebten die Menschen in der sowjetischen Besatzungszone die Entstehung eines neuen, anderen Unrechtstaates.
Deswegen geht Ihr Antrag fehl, wenn Sie meinen, diese beiden historischen Daten gegeneinander aufwiegen zu können. In Ihrer Begründung klingt das an.
Beides ist fest, wenn auch in notwendiger Unterscheidung ein Teil unserer deutschen Geschichte. In der Geschichte gibt es nicht das Entweder-oder, es gibt immer nur das Sowohl-als-auch, die Schattenseiten und die Sonnenseiten. Geschichte kann man immer nur als Ganzes annehmen.
Lehren aus der Vergangenheit kann man nur ziehen, wenn man die Erinnerung wach hält und eine Erinnerungskultur lebt, die auf Wahrhaftigkeit beruht, weil die tragende Säule der Demokratie die Wahrheit ist. Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte ist immer ein Entwicklungsprozess, das ständige Auseinandersetzen mit dem, was ge
schehen ist, und der Frage der Verantwortung, die über all dem steht. Die Aufarbeitung der Nazizeit ist nicht von heute auf morgen geschehen. Es hat Jahrzehnte gebraucht, die Aufklärung des Unrechts von damals zu bewältigen.
Anders, als es in Ihrem Antrag anklingt, hat es diese Auseinandersetzung mit den Tätern gegeben. Sie setzt sich, wie wir aktuell im NS-Kriegsverbrecherprozess in München sehen, bis heute fort, und das ist gut so.
Die NS-Zeit ist fester Bestandteil des Unterrichts. Wir erleben Schulklassen, die sich engagiert zu diesem Thema einbringen und Gedenktage mitgestalten.
Sie zitieren in Ihrem Antrag die historische Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1985. Sie ist deshalb historisch, weil er damals erstmals und unmissverständlich den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung definierte. Deshalb steht diese Rede auch für den Entwicklungsprozess der geschichtlichen Bewertung des Zweiten Weltkrieges und seines Endes, weil 40 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein deutscher Bundespräsident sagte, was heute unter Demokraten selbstverständlich ist.
Gerade weil Sie Richard von Weizsäcker zitieren, liefern Sie natürlich damit auch die Bestätigung für die Notwendigkeit der geschichtlichen Aufarbeitung der DDR, auf die Sie verweisen.
- Sie müssen einmal Ihren eigenen Antrag lesen. In der Begründung gehen Sie darauf ein.
Die Erkenntnis, die man daraus ziehen muss, ist, dass nur wahrhaftige Aufarbeitung zu wahrhaftiger Bewertung der Geschichte führt. Menschen in der DDR haben Freiheit und ein besseres Leben in einer Demokratie gesucht. Manche haben diese Freiheit nie erleben können, weil sie bei der Suche nach Freiheit an der Mauer ihr Leben gelassen haben. Die Sehnsucht nach Freiheit war größer als die Angst, durch Todesschützen an der Freiheit gehindert zu werden. Jedes Opfer an der deutschdeutschen Grenze macht uns heute noch betroffen.
Es ist Verpflichtung, bestimmten Kräften in unserem Land entgegenzuwirken, die ein verklärtes Bild der DDR zeichnen und vergessen machen wollen, dass dieser Staat ein Unrechtstaat war.
Die Opfer und die Familien der Opfer haben ein Anrecht darauf, dass die dunklen Kapitel auch dieser Geschichte nicht verfälscht oder zugedeckt werden. Ein Teil dessen ist auch die Einbettung des Mauerfalls in die deutsche Erinnerungskultur und die Aufnahme der Aufklärung über DDRGeschichte in den schulischen Unterricht. Erst mit der Vollendung der deutschen Einheit verwirklichte sich der Wunsch nach Freiheit und Demokratie für alle Menschen, die in Deutschland leben.
Freiheit sucht sich ihren Weg. Menschen in der DDR haben mit ihren friedlichen Protesten eine Mauer zum Einsturz gebracht, die lange Zeit als unüberwindbar galt.
- Ich finde übrigens, dass sich dieses Thema überhaupt nicht für derart viel Unruhe im Saal eignet, wenn ich das einmal sagen darf.
Auch wenn ich nicht das sage, was Sie hören möchten, bleibe ich trotzdem bei dem, was ich sagen möchte.
Volkskammerpräsident Horst Sindermann resümierte den Verlauf im Herbst 1989 mit den Worten:
„Wir hatten alles geplant. Wir waren auf alles vorbereitet. Nur nicht auf Kerzen und Gebete.“
Dieses Zitat dokumentiert eindrucksvoll, welche Kraft von Zivilcourage ausgehen kann.
Anders als in Ihrem Antrag der Eindruck erweckt wird, ist die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nach Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes als Ultima Ratio anzusehen. Weil wir eine wehrhafte Demokratie und funktionierende staatliche Organe haben, sind wir Gott sei Dank weit weg vom Widerstandsfall des Artikels 20 Abs. 4 des Grundgesetzes.
Der 8. Mai - das ist heute deutlich geworden - eignet sich nicht für parteipolitische Schlachten. Der größten demokratischen Partei, die diese Landesregierung trägt, ein fragwürdiges Verhältnis zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu unterstellen, hat
eine traurige Qualität. Sie verlassen damit das, was in deutschen Parlamenten Konsens ist.
Für uns gilt in Zukunft weiter: Erinnern an die Opfer des Zweiten Weltkriegs und Aufklären über die Täter. Für uns gilt auch, das Unrecht in der DDR nicht vergessen zu machen.
Der 8. Mai 1945 und der 9. November 1989 sind auf ihre unterschiedliche Weise Wendepunkte unserer Geschichte.
Ich komme zum Schluss. Ein letzter Satz. - Sie sind Schatten und Sonne unserer Geschichte. Sie gehören unteilbar zu unserer gesamten deutschen Geschichte.
Ich danke Ihnen.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zu der Eingabe 782, wie der Präsident schon sagte.
Im Rahmen eines umfassenden Profilbildungs- und Entwicklungsprozesses an der Leuphana Universität Lüneburg ging es um die Frage, ob der Teilstudiengang Physik im lehramtsbezogenen Studiengang fortgeführt werden kann. Eine entsprechende wissenschaftliche Kommission hat eine Beurteilung erarbeitet und für die Neuausrichtung der Universität festgestellt, dass die Etablierung der Lehramtsstudiengänge eine ganz besondere Herausforderung darstellt.
Im Rahmen der Akkreditierung der lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengänge hat die ZEvA im Mai 2008 beschlossen, den Teilstudiengang wegen wesentlicher Mängel zunächst nicht zu genehmigen. Als Konsequenz daraus, aufgrund der Empfehlung der WKN-Expertenkommission und als Ergebnis des Akkreditierungsverfahrens für den Teilstudiengang Physik wurde dieser Studiengang zum Wintersemester 2008/2009 geschlossen. Die frei werdenden Stellen wurden sinnvollerweise zur Stärkung anderer Bereiche in der Universität eingesetzt. Die Studierenden wurden ent
sprechend informiert und auf die Masterstudiengänge an den Universitäten Braunschweig, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück verwiesen.
Die auslaufende Betreuung wurde bis zum Sommersemester 2012 zugesichert. Darüber hinaus hat die Leuphana Universität Lüneburg den Studierenden angeboten, eine Übergangslösung zu erarbeiten. Im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit der Universität Oldenburg wurde dann eine Lösung gefunden. Insofern ist zu dieser Eingabe „Sach- und Rechtslage“ zu beschließen. Die Studierenden können sich parallel zum Masterstudiengang Physik in Oldenburg einschreiben. Die Lehrveranstaltungen und Prüfungen werden im Fach Physik allerdings in Lüneburg abgehalten, während die Universität Oldenburg für die Physikmodule verantwortlich zeichnet.
Insofern plädieren wir hier für „Sach- und Rechtslage“, da die Angelegenheit im Grunde genommen für alle Beteiligten zufriedenstellend geregelt worden ist.
Danke schön.