Protocol of the Session on June 17, 2009

(Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Kinder sind kein Lärm- oder Störfaktor, den man ausschalten muss, auch wenn das einige Nach

barn von Kindertagesstätten und leider auch einige Richter so sehen. Kinder dürfen kein Armutsrisiko sein. Erziehende, besonders Alleinerziehende, brauchen die besondere Hilfe des Staates, um ihr Leben und das der Kinder zum Vorteil der Kinder und deren Zukunft meistern zu können. Es darf eben nicht heißen: entweder Kinder oder Beruf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Verabschiedung dieses Gesetzes ist ein Schritt in die richtige Richtung und für die Zukunft ein Auftrag an uns alle.

(Zustimmung von Norbert Böhlke [CDU])

Ich danke allen, die daran beteiligt waren, dass es zu diesem Kompromiss kommen konnte - allen hier im Parlament, aber auch denen im außerparlamentarischen Bereich. Ich darf beispielhaft den Kinderschutzbund nennen. Ich danke dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, und ich danke unseren Rechtspolitikern für ihre konstruktive Begleitung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute können wir uns freuen, weil wir etwas Gutes zum Wohle unserer Kinder erreicht haben. Morgen werden wir die erfolgreiche Arbeit für Kinder und Jugendliche genauso engagiert fortsetzen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile der Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Noch vor über einem Jahr, als wir hier im Plenum zum ersten Mal in dieser Wahlperiode über die Aufnahme der Kinderrechte in die Landesverfassung diskutiert haben, hatte ich nicht den Eindruck, dass es zu einer gemeinsamen Formulierung kommen könnte, die die notwendige Zweidrittelmehrheit im Landtag erzielt. Nun haben wir einen gemeinsamen Nenner, den kleinsten gemeinsamen Nenner, gefunden - aber immerhin, das ist mehr, als wir alle wahrscheinlich erhofft hatten.

Die Aufnahme der Kinderrechte in die Niedersächsische Verfassung hat große Signalwirkung. Kinder

brauchen eine Lobby, und der Landtag trägt heute einen kleinen Teil dazu bei.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich habe gerade gesagt, dass das der kleinste gemeinsame Nenner ist. Wir Grünen hätten uns noch mehr gewünscht. Wir hätten uns z. B. die Aufnahme von Beteiligungsrechten in die heute zur Abstimmung stehenden Absätze erhofft. Demokratie fällt nicht vom Himmel, sie muss gelernt werden; und die Aufnahme von Partizipationsrechten für Kinder und Jugendliche wäre mehr als eine sinnvolle Ergänzung gewesen, die Kinder noch stärker zu gestaltenden Akteuren unserer Gesellschaft gemacht hätte.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Frau Mundlos hat es gerade schon erwähnt: Im Diskussionsprozess der letzten Monate gab es tatsächlich einige Rechtspolitiker hier im Hause, die - übrigens parteiübergreifend - Zweifel an der Notwendigkeit geäußert haben, die Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen. Doch eine Verfassung ist mehr als nur irgendein Stück geduldiges Papier. Eine Verfassung gibt Leitlinien vor, eine Verfassung repräsentiert Werte und Grundsätze, und sie soll uns in unserem täglichen politischen Handeln Orientierung geben.

Ich kann Ihnen heute und hier versprechen: Wir Grüne werden uns im politischen Alltagsgeschäft tatsächlich auf diesen neuen Artikel 4 a berufen. Wenn es darin z. B. heißt: „Staat und Gesellschaft tragen für altersgerechte Lebensbedingungen Sorge“, dann ist das eine Selbstverpflichtung, die wir uns als Landtag auferlegen. Zum Beispiel die ersatzlose Streichung des Spielplatzgesetzes im letzten Jahr wäre damit meiner Meinung nach nicht vereinbar gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Für uns gewinnt die Niedersächsische Verfassung mit dem neuen Artikel 4 a an Bedeutung. Sie wird aussagekräftiger, greifbarer, und sie gewinnt an Charakter. Wir legen hier heute das gemeinsame Bekenntnis ab, dass wir Kinder respektieren, ihre Belange achten und ihre Würde schützen wollen, ihr Recht auf Schutz vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung und Misshandlung und ihr Recht auf gewaltfreie Erziehung anerkennen. Das ist nicht überflüssig, das ist überfällig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Wir haben mit der Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung eine Forderung vieler Verbände und Initiativen aufgegriffen. So schreibt z. B. das Deutsche Kinderhilfswerk: Die Umsetzung der Kinderrechte ist eine Querschnittsaufgabe, die vor dem Hintergrund der zukünftigen Entwicklung unserer Gesellschaft oberste Priorität haben muss.

Der Kinderschutzbund wird uns heute zur Feier des Tages im Foyer mit einem kleinen Ständchen beglücken. Ich kann wirklich nur daran appellieren, an dieser Veranstaltung zahlreich teilzunehmen; denn die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung ist tatsächlich ein Grund zum feiern.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU und bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Grüne sind der Überzeugung, dass wir von einer kinderfreundlichen Gesellschaft noch weit entfernt sind, aber ihr heute mit der Aufnahme der Kinderrechte in die Niedersächsische Verfassung einen kleinen Schritt näherkommen. Danach ist es an uns, die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu verringern.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU und bei der SPD)

Ich erteile dem Kollegen Schwarz von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, angesichts der Tatsache, dass die meisten von uns in die Mittagspause gehen möchten, muss ich nicht alles wiederholen, was eben schon gesagt wurde.

(Zustimmung bei der SPD)

Es war in der Tat eine lange Geburt. Zweieinhalb Jahre hat sie gedauert - im Normalfall sehr ungewöhnlich.

(Norbert Böhlke [CDU]: Das war eine Tragezeit!)

- Ach so, das war die Tragezeit.

Das Ergebnis, das wir heute als gemeinsamen Kompromiss vorlegen, kann sich auch unseres Erachtens sehen lassen. Ich denke, es ist mehr, als uns die meisten zugetraut haben, als wir mit der Debatte angefangen haben. Ich kann das aufnehmen, Frau Staudte, was Sie gesagt haben: Auch wir hätten uns vorstellen können, heute noch weitere Elemente mit zu verankern. Aber die Punkte, die jetzt verankert werden, entsprechen schon ziemlich vielen, die auch in der Kinderrechtskonvention der UN stehen. Es war für uns immer ein ganz wesentlicher Gradmesser, dass diese Punkte aufgenommen werden.

Für uns gemeinsam ist die Arbeit, glaube ich, nicht damit getan, dass wir heute die Kinderrechte in die Verfassung aufnehmen. Die eigentliche Arbeit beginnt erst danach.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Wir werden dazu beitragen müssen, diese Verfassungsänderung mit Leben zu erfüllen.

Ich will noch auf einen Brief des Kinderschutzbundes vom Dezember 2007 hinweisen, der leider auch heute noch aktuell ist. Darin wurde darauf hingewiesen, dass zwischenzeitlich jedes sechste Kind in Niedersachsen in Armut lebt, dass Entwicklungs- und Bildungschancen ungleich verteilt sind und dass Niedersachsen beispielsweise beim Betreuungsangebot für unter Dreijährige bundesweit Schlusslicht ist. Wir könnten hier noch einige andere Facetten und Punkte anfügen; ich will das momentan nicht machen.

Die heute vorzunehmende Änderung der Verfassung könnte in der Tat eine richtungsweisende und erfolgreiche Zäsur für Kinder und Jugendliche in diesem Land darstellen, wenn wir uns bei unserer künftigen Gesetzgebung daran hielten. Wir haben guten Grund, mit dem heutigen Ergebnis zufrieden sein, und wir sollten zukünftig dafür sorgen, dass die heutige Entscheidung dieses Parlaments als eine weitreichende und gute Entscheidung für Kinder angesehen werden kann.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich erteile dem Kollegen Adler von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten im Rahmen der Beratungen zu diesem Thema einen eigenen Entwurf vorgelegt, den ich noch einmal in Erinnerung bringe:

„Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung seiner Würde als eigenständige Persönlichkeit und auf besonderem Schutz von Staat und Gesellschaft. Dazu gehört das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und den Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung.“

(Beifall bei der LINKEN)

In den Beratungen haben wir damals gesagt, dass wir natürlich zu einem Kompromiss bereit seien, und die anderen Fraktionen aufgefordert, einen solchen Kompromiss zu suchen. Nun ist es zu einem solchen Kompromiss gekommen, dem wir zustimmen können, wobei wir hier die Besonderheit haben, dass uns kein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen zum selben Thema vorliegt, weil die CDU mit uns gemeinsam keinen Antrag stellen will. Wir empfinden dies als albern; anders kann ich es nicht sagen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD)

Aber ich sage Ihnen auch eines: Wir werden uns durch dieses Verfahren nicht davon abhalten lassen, an der Sache orientiert zu entscheiden. Deshalb werden wir jedem Antrag zustimmen - egal, von welcher Fraktion er kommt -, wenn er mit unseren Auffassungen sachlich in Übereinstimmung steht.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Sache mache ich drei Bemerkungen:

Erstens. Artikel 4 a verstärkt nicht nur die bestehende Rechtslage. Es ist manchmal schwierig, daraus unmittelbar Rechte abzuleiten. Aber die Formulierung

„Staat und Gesellschaft tragen für altersgerechte Lebensbedingungen Sorge.“