Protocol of the Session on June 17, 2009

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Conti ist ein Weltkonzern, aber das Lkw-Reifenwerk liegt in meinem Wahlkreis.

Wenn in den letzten Jahren aufgrund von Entscheidungen von Unternehmensleitungen massive Entlassungen anstanden, hat der Landtag dies immer einvernehmlich kritisiert und dagegen protestiert. Ich erinnere an Airbus oder an Karmann.

Dass dies bei Conti nun nicht gelingt, liegt allerdings nicht am Wirtschaftsminister, sondern an der CDU-Fraktion. Das finde ich nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir haben mit unserem Antrag vom 17. März sofort reagiert. Die CDU-Fraktion hat am 23. März einen Änderungsvorschlag eingebracht. Darüber hätte man sich ja schnell verständigen können. Aber Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, haben seitdem Beratungsbedarf geltend gemacht und haben die Entscheidung damit herausgezögert. Heute nun sagen Sie, jetzt müsse nichts mehr entschieden werden.

(Zuruf von der CDU: Es ist dort gut gelaufen!)

- Das stimmt nicht! Es muss etwas entschieden werden. Die Vereinbarung enthält nämlich einige Punkte, zu denen Sie sich aber augenscheinlich nicht festlegen wollen. Ich finde, es würde die Arbeit der Landesregierung gut unterstützen, wenn beispielsweise festgelegt würde, dass der Schaeffler/Conti-Gruppe staatliche Hilfen nur unter der Bedingung gewährt werden, dass der Forschungs- und Produktionsstandort in Hannover erhalten wird - so wie es in unserem Antrag steht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Uns geht es darum, etwas zu sichern, aber Sie spielen auf Zeit. Das entspricht nicht der Art und Weise, wie wir in den letzten Jahren gemeinsam für die Rettung von niedersächsischen Arbeitsplätzen gekämpft haben. Ich rate Ihnen dringend, zu der früheren Praxis zurückfinden.

Wir kritisieren nicht, dass durch die Moderation von Herrn Rösler ein Detail gelungen ist. Aber wir kritisieren, dass der Landtag nicht einmal in der Lage ist, zur Schließung dieses Werkes Stellung zu nehmen.

Herr Matthiesen, Sie wissen, dass es noch völlig offen ist, ob diese eine Produktionsstraße wieder angefahren wird. Der für den Moment gefundene Kompromiss steht auf relativ wackeligen Beinen. Er ist besser als das, was der Conti-Vorstand wollte, das ist klar, aber entschieden ist da noch nichts.

Ein Signal des Landtages wäre eine gute Unterstützung für die Beschäftigten bei Conti gewesen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich erteile Herrn Minister Dr. Rösler das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Auch ich möchte zu beiden Anträgen kurz Stellung nehmen. Ich komme zunächst zu dem Antrag der Grünen.

Einer unserer Rechtsgrundsätze lautet, nicht die Höhe einer Strafe allein sei entscheidend für das Maß ihrer Abschreckung, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden.

In Bezug auf diesen Fall ist entscheidend, wie die Meldepflichten gefasst sind. Es ist sicherlich nicht meine Aufgabe, die Große Koalition in Berlin zu loben. Aber immerhin hat sie aufgrund von Fällen wie bei Schaeffler/Conti über den Jahreswechsel 2008/2009 die Meldepflichtgrenzen geändert und zwischenzeitlich auch Swaps miteinbezogen, sofern sie sich auf Anteilsrechte beziehen.

Mit den heute, 2009, geltenden Regeln wäre eine solche Übernahme gar nicht möglich gewesen. Schaeffler hat Ende 2008 knapp unterhalb der Meldepflichtgrenze von 3 % der Anteilsrechte gelegen. Nach den neuen Regelungen, die seit 1. März 2009 gelten, hätte man auch die Swaps in Höhe von 4,95 % hinzuaddieren müssen. Damit

wäre dieser Versuch der Übernahme meldepflichtig gewesen.

Das heißt, wir brauchen keine Erhöhung der Bußgelder. Wenn überhaupt, dann brauchen wir klare Transparenzregeln. Diese Regeln sind in diesem Jahr eingeführt worden. Sie müssen aber nicht, wie Sie in Ihrem Antrag fordern, verschärft werden. Herr Kollege Bode hat Ihnen den Sachverhalt gerade noch einmal erklärt. Sie wollen alle Derivate einer Meldepflicht unterwerfen, also auch die, die einen Geldausgleich und keine Stimmrechte vorsehen.

Damit geht das, was Sie fordern, weit über das hinaus, was die Transparenzrichtlinie und die dazu ergangene Durchführungsrichtlinie vorsehen. Wir haben uns immer darauf verständigt, die EUVorgaben 1 : 1 umzusetzen. „1 : 1“ heißt für uns aber nicht, noch etwas draufzusatteln. Deswegen ist Ihr Antrag in der Sache entschieden abzulehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Schostok hat die Chronologie des Verfahrens sehr klar dargestellt. In der Tat haben wir es hier zuallererst mit einer unternehmerischen Entscheidung zu tun. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als könnten wir diese Entscheidung durch einen Parlamentsbeschluss, gleich welcher Art, grundsätzlich rückgängig machen.

Die Politik hat die Möglichkeit, das Vertrauen in die Instrumente der sozialen Markwirtschaft zu erhalten. Sie haben die Wertediskussion angesprochen. Wir vertrauen bei solchen gravierenden Entscheidungen auf das Instrument der betrieblichen Mitbestimmung.

Aus diesem Grund hat sich die Landesregierung in Gestalt des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministeriums auch dafür eingesetzt, dass es überhaupt zu einer Diskussion zwischen den Sozialpartnern kommt. Diese Diskussion ist nach anfänglichen Schwierigkeiten dann auch tatsächlich zustande gekommen; Sie haben es verfolgt. Wir haben diese Diskussionen begleitet. Sie waren mehrfach vom Abbruch bedroht.

Inzwischen haben sie mit dem vorliegenden Ergebnis geendet. Wir alle wissen, dass damit zunächst nur ein Zeitgewinn bis zum Ende des nächsten Jahres einhergeht. Die Vereinbarung beinhaltet aber auch ein klares Verfahren, wie man im nächsten Jahr zu einer möglicherweise neuen Entscheidung gelangt.

Sie können sich weiterhin darauf verlassen - das ist die entscheidende Botschaft -, dass wir diese neue Entscheidungsfindung genauso begleiten werden, wie wir es im Vorfeld getan haben. Die Menschen vor Ort, insbesondere bei der Conti in Stöcken, können sich auf diese Regierungskoalition verlassen. Wir sind von den Sachargumenten überzeugt. Entschließungsanträge, die uns im Nachhinein in der Sache bestätigen, brauchen wir dazu nicht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Antrag unter Tagesordnungspunkt 16 abstimmen. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/435 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag unter Tagesordnungspunkt 17. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/1041 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 18 auf:

Zweite Beratung: a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1221 - b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 16/47 - c) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/125 - d) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung - Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/129 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/1332 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/1373

Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen empfiehlt Ihnen, den zuletzt vorgelegten Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/1221 unverändert anzunehmen und die zuvor eingebrachten Gesetzentwürfe der Fraktion der SPD, der Fraktionen der CDU und der FDP und der Fraktion DIE LINKE für erledigt zu erklären.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Damit treten wir in die Einzelberatungen ein.

Ich darf vorweg darauf hinweisen, dass bei einem Beschluss, der einer Mehrheit bedarf, die nach der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtages zu berechnen ist, nach § 84 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung durch Namensaufruf abzustimmen ist.

Ich erteile jetzt der Kollegin Mundlos von der CDUFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein besonderer Tag. Heute werden wir das Gesetz zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung beschließen und einen neuen Artikel 4 a einfügen. Damit werden der Schutz und die Erziehung von Kindern und Jugendlichen unverrückbarer Bestandteil der Verfassung werden. Damit hat auch das lange Ringen um eine entsprechende Lösung ein Ende und mündet in eine positive Entscheidung. Wir können ganz klar feststellen, dass Kinderrechte nun ihren ausdrücklichen Niederschlag in der Verfassung finden. Kinder werden u. a. als eigenständige Personen das Recht auf Achtung ihrer Würde und auf eine gewaltfreie Erziehung haben.

Nun weiß ich aber auch, dass mancher einwendet, dass eine Veränderung der Verfassung nicht erforderlich sei, weil alle diese Ansprüche bereits in Artikel 6 des Grundgesetzes, im Bürgerlichen Gesetzbuch und im SGB VIII in Einzelvorschriften enthalten bzw. daraus hergeleitet werden können. So führt der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages, bei dem ich mich an der Stelle ausdrücklich bedanken will, in seinem Gutachten aus, die Änderungen wären verfassungsrechtlich zulässig, aber aus den eben genannten Gründen rein rechtlich nicht erforderlich.

Das kann man so sehen. Man muss aber feststellen, dass es darauf ankommt, dass wir an dieser zentralen Stelle ein klares und deutliches Zeichen

für Kinder, für Jugendliche und für Eltern in Niedersachsen setzen. Wir zeigen, dass wir dieses Thema sehr ernst nehmen. Sicherlich ist das auch ein Symbol. Aber der Sinn und Zweck dieses Vorhabens geht ganz klar weit über den reinen Symbolcharakter aus.

(Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir stolz darauf sein können, dass wir das jetzt ändern. Gleichwohl können wir auch stolz darauf sein, dass wir in diesem Sinne bereits vieles getan haben. Ich verweise nur auf das Landesprogramm „Familien mit Zukunft“: Die Landesregierung stellt für den Zeitraum von 2007 bis 2010 100 Millionen Euro zur Verbesserung der Betreuungsangebote für Kinder zur Verfügung. Ich verweise weiter auf die Pro-Aktiv-Zentren, die insbesondere beim Thema Jugendarbeitslosigkeit eine sehr gute Arbeit leisten und vom Land nachhaltig unterstützt werden. Ich verweise auch auf den Gesetzentwurf zur Förderung der Gesundheit und Verbesserung des Schutzes von Kindern, der sich zurzeit in der Beratung befindet. Am Rande möchte ich noch an das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr erinnern. Auch das war sicherlich eine bedeutende und positive Maßnahme für Kinder.

Ich möchte mich jetzt an all diejenigen wenden, die mit Blick auf die heutige Änderung der Verfassung nur daran denken, mehr Geld auszugeben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das tun wir bereits. Diese Landesregierung handelt bereits entsprechend. Kinder waren dieser Landesregierung und den Regierungsfraktionen auch vor dieser Verfassungsänderung mehr wert als nur Worte. Das wird auch künftig so bleiben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich gibt es auch eine Reihe von Themen, die wir weiter bearbeiten und aktiv vorantreiben müssen. Beispielhaft will ich anführen: Wir müssen das Bewusstsein in unserer Gesellschaft weiter verändern. Wir müssen weiterhin dafür eintreten, dass Kinder nicht als Belastung empfunden werden, sondern als eine wahre Bereicherung unserer Gesellschaft.

(Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])