Stattdessen werden zwei Tage Anhörung - sprich: die Überlegungen und Anregungen von hunderten von engagierten Menschen in Verbänden und Gruppierungen - nicht registriert. Tausende von Petitionen werden vom Tisch gewischt. Weder dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst noch dem Landesrechnungshof wird ausreichend Zeit zum Bearbeiten der Vorlagen gegeben. Das alles sind doch Gründe, auf die Straße zu gehen und zu protestieren.
In den Hochschulen wird Flickschusterei zum Programm, wird durch Studiengebühren die Abhängigkeit der Bildungschancen von der sozialen Herkunft weiter zementiert, wird der Übergang vom BA zum MA zum Chaos. Auch hier wird erst gehandelt und dann gedacht.
Nein. - Ich muss jetzt auch nicht auf alle Einzelheiten eingehen. Alle Forderungen sind z. B. im Netz beim Landesschülerrat zu finden.
Ich füge jetzt eine nachdenkliche Überlegung ein: Bei dem Antrag der Linken zur Aktuellen Stunde bleibt mir dennoch ein fader Beigeschmack. Den jungen Menschen, die in Niedersachsen und bundesweit auf die Straßen gehen, steht jeder Wutausbruch zu. Von Parlamentariern aber wird mehr erwartet. Von ihnen wird erwartet, dass sie den
Eltern und Schüler wollen in der Schulpolitik nicht nach jeder Wahl ein neues Schulprogramm. Sie wünschen sich Kontinuität und Verlässlichkeit. Sie schauen möglicherweise auch auf andere Bundesländer, in denen dieser Weg der Gemeinsamkeiten eingeschlagen wird, in denen der Protest dann auch geringer ausfällt. Das ist der Grund, warum die SPD-Fraktion allein in dieser Legislaturperiode schon zwei Gesetzentwürfe eingebracht hat - einen für die Kitas und einen für die Gesamtschulen -, die eine mögliche gemeinsame Linie beschreiben und nicht auf Krawall gebürstet sind.
Qualität für die Kindertagesstätten, das Ermöglichen von Chancen für die Schülerinnen und Schüler, das ist unsere Leitlinie. Genau das verhindern Sie von CDU und FDP. Sie wollen den ideologischen Streit. Wir aber bleiben dabei, ohne Klamauk, ganz entschieden: Bei uns stehen nicht nur in Sonntagsreden, sondern an jedem Tag die Interessen der direkt Betroffenen im Mittelpunkt.
Die Regierung Wulff, meine Damen und Herren, hat sich längst verabschiedet von den Wünschen und Interessen der Schülerinnen und Schüler, der Menschen in diesem Land. Sie macht nur das, was in ihr ideologisches Konzept passt. Proteste und Petitionen lassen sie kalt. „Am besten wäre es“, schrieb einst Bertolt Brecht in einem Gedicht, „die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes.“
Zu Punkt 2 d hat sich Frau Helmhold gemeldet. Frau Helmhold, ich mache Sie darauf aufmerksam, Sie haben vor Abhandlung des letzten Punktes noch 5:29 Minuten.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich würde gern noch einmal auf die Redebeiträge von Herrn von Danwitz und Herrn Försterling zurückkommen, weil ich
Herr von Danwitz, ich glaube, Sie haben mindestens in zweistelliger Anzahl - ich habe mitgezählt, es war mehr als zehnmal - im Zusammenhang mit den Demonstrationen der Schülerinnen und Schüler das Wort „Krawall“ benutzt.
Herr Försterling hat sich noch anders ausgedrückt und hat sozusagen noch mehr den Demonstrierenden Gewalttätigkeit unterstellt. - Ich sage Ihnen dazu eines: Wir sollten froh sein, dass junge Menschen auf die Straße gehen, dass sie dort für ihre Rechte eintreten und dass sie von einem Grundrecht Gebrauch machen, das unsere Verfassung ihnen einräumt.
Herr von Danwitz, ich empfehle Ihnen - Ihnen ganz besonders -, sich ein Beispiel an Frau von der Leyen nehmen. Sie können sie heute in der HAZ besichtigen, wie sie kampfbereit, mit erhobener Faust an einer Demonstration teilnimmt. Eine solche Unterstützung für die demonstrierenden Schüler würde ich mir auch von Ihnen wünschen.
Ebenfalls zu Tagesordnungspunkt 2 d hat sich Frau Weisser-Roelle gemeldet. Frau WeisserRoelle, für Sie der Hinweis: Vor Abhandlung des letzten Punktes stehen Ihnen noch 6:21 Minuten zur Verfügung. Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte auf die Wortbeiträge von Herrn Försterling und von Herrn von Danwitz eingehen.
Herr von Danwitz, Sie haben breit dargestellt, welche guten Taten Sie in Ihrer Schulpolitik bisher vollbracht haben. Ich frage mich nur: Warum begreift das keiner? Warum begreifen es die Schüler nicht, die Eltern nicht und die Lehrer nicht?
(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Weil Sie die Schüler aufhetzen - Gegenruf von der SPD: So was Krankes habe ich ja lange nicht erlebt!)
Herr Försterling, es spricht für Ihre Auffassung von Schulpolitik, dass Sie heute kurz vor dem größten Bildungsstreik, den die Bundesrepublik je erlebt hat - über 150 000 Schülerinnen und Schüler werden erwartet -, nicht einen inhaltlichen Punkt setzen, sondern stattdessen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und auf Streik in Frage stellen, das mit Klamauk verwechseln und gleichzeitig sagen, dass rechtsstaatliche Grenzen überschritten würden. Das zeigt, wohin Sie mit Ihrer Politik wollen. Dagegen müssen wir uns insgesamt wehren, nicht nur bei der Schulpolitik.
(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Wo waren Sie, als 2 000 Lehrerstellen gestri- chen wurden? Da haben Sie nicht gemotzt!)
Werter Herr Kollege, wann und wie oft ich in meinem Leben demonstriert habe, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Sie waren mit Sicherheit noch auf keiner Demo und haben sich dort für Ihre Grundrechte eingesetzt. Ich habe das schon sehr oft gemacht.
Im Übrigen, Herr Försterling, brauchen wir Ihre Belehrung, wir sollten uns von den Demonstrationen fernhalten, nicht. Zu welchen Demonstrationen wir gehen und wie wir uns dort verhalten, das entscheiden wir. Da lassen wir uns von Ihnen gar nichts sagen.
Sie sagen, wenn wir die Schülerinnen und Schüler auffordern, zu protestieren und sich für ihre Rechte einzusetzen, weil sie nur dann etwas verändern können, plädieren wir für Gewalt auf der Straße. - Das ist eine Unterstellung,
eine wahnwitzige Unterstellung, bei der wir gucken müssen, wie wir damit umgehen. Eine solche Unterstellung darf nicht im Raum stehenbleiben.
Ebenfalls zu Tagesordnungspunkt 2 d hat sich Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Ihnen stehen in der Aktuellen Stunde noch 3:53 Minuten zur Verfügung.
Herr Poppe, Ihre Rede war eine gute Rede - bis auf den Schluss. Da passierte das, was die SPD immer macht: Kurz vor Wahlen und dann, wenn Demonstrationen bevorstehen, blinkt sie links. Aber sobald das wieder in weiter Ferne ist, biegt sie rechts ab.
Ich darf daran erinnern: Wir haben hier zwei Gesetzentwürfe eingebracht, einen zur Abschaffung sämtlicher Studiengebühren, den zweiten für einen direkten Übergang vom Bachelor- zum Masterstudiengang. Beide Gesetzentwürfe haben Sie abgelehnt,
Nächster Punkt. Von Herrn Dr. von Danwitz ist angeführt worden, dass die Studiengebühren die Lehrbedingungen an den Hochschulen verbessert hätten. Da können die Studierenden nur noch lachen. Ende Mai hat das Handelsblatt festgestellt, dass sich die Hochschulausgaben in den Bundesländern, die keine Studiengebühren eingeführt haben, genauso erhöht haben wie in den Bundesländern, die Studiengebühren eingeführt haben. Fazit: Die Länder mit den Studiengebühren sparen an den Hochschulen.
Dazu stelle ich erst einmal fest: Für Sie ist die Süddeutsche Zeitung ein Krawallmacher-Magazin. Heribert Prantl handelt für Sie jetzt wahrscheinlich verfassungswidrig; denn er hat diesen Artikel „ Lob der Unruhe“ veröffentlicht. Er hat viele schöne Passagen geschrieben. Einige habe ich zitiert, ich möchte eine weitere zitieren: