Protocol of the Session on June 16, 2009

Dazu stelle ich erst einmal fest: Für Sie ist die Süddeutsche Zeitung ein Krawallmacher-Magazin. Heribert Prantl handelt für Sie jetzt wahrscheinlich verfassungswidrig; denn er hat diesen Artikel „ Lob der Unruhe“ veröffentlicht. Er hat viele schöne Passagen geschrieben. Einige habe ich zitiert, ich möchte eine weitere zitieren:

„Es gibt sozialverträgliche, voranbringende Formen der Unruhe - sie tragen die innere Unruhe über gesellschaftliche Missstände protestierend auf die Straße.“

Als Liberaler, Herr Försterling, sollten Sie doch gerade das begrüßen. Das sind Grundrechte, die erkämpft worden sind, und dabei soll es auch bleiben.

So lautet auch die Frage von Herrn Prantl:

„Sollen die Menschen sich bescheiden mit dem Lied ‚Die Gedanken sind frei’, zweite Strophe: Ich denke, was ich will und was mich beglücket, doch alles in der Still’ und wie es sich schicket.“?

Feststellung: Lebendige Demokratie kann schon ein bisschen mehr vertragen. Deshalb ist es gut, dass morgen viele auf die Straße gehen, übermorgen viele in die Banken gehen. Meine Frage ist: Warum ist es denn so, dass Sie bei den Banken immer fix sind und für die Bildung nichts tun?

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat zu Tagesordnungspunkt 2 d noch einmal Herr Kollege Försterling das Wort. Bitte schön! Sie haben noch reichlich Zeit.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Perli, eines mal vorweg, weil das von Ihrer Seite in der Bildungsdiskussion immer kommt: Wenn man die Banken in diesem Lande nicht durch die Programme, die auf Bundesebene verabschiedet worden sind, gestützt hätte, dann würden wir über Bildungspolitik gar nicht mehr reden. Dann wäre es in diesem Land nämlich zu starken sozialen Verwerfungen gekommen - die Sie wahrscheinlich gern in Kauf genommen hätten, weil Sie denken, dass Sie dadurch politisch profitieren würden.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist ja wohl das letzte! Sonst geht’s aber danke?)

Unser Anliegen kann das aber nicht sein.

Ich habe gesagt - Sie können das später auch dem Protokoll entnehmen -: Wenn die Demonstranten sich friedlich verhalten, wenn das Ganze im rechtsstaatlichen Rahmen abläuft, dann kann man die Demonstrationen und die Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nur begrüßen. Dann kann man sich damit inhaltlich auseinandersetzen, und das werden wir auch tun.

Ich habe Ihnen gleichzeitig gesagt, dass es Bedenken bei vielen in der jüngeren Generation gibt, die sagen, wir dürfen nicht zu viele Schulden aufnehmen, wir können uns nur das leisten, was machbar ist. Denn auch eine gut ausgebildete Generation braucht später einen Staat, der nicht überschuldet ist. Sonst wird sie selbst handlungsunfähig, weil sie nur noch Zinsen bezahlt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn auf der Internetseite dieses Bündnisses dazu aufgerufen wird, fingierte Banküberfälle zu begehen, wenn auf Links verwiesen wird und wenn es als Normalität betrachtet wird, dass man Straßen, Autobahnen und Gebäude besetzt, dann überschreitet man aus meiner persönlichen Perspektive heraus die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben das im letzten Jahr eindrucksvoll erlebt, nämlich als, angeführt durch den schwarz gekleideten Block, bei der Schülerdemonstration die Bannmeile durchbrochen worden ist. Was ist denn später passiert? - Danach haben alle nur noch über das Durchbrechen der Bannmeile gesprochen, aber nicht mehr über die inhaltlichen Forderungen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie wa- ren das! Wir haben über Inhalte gere- det!)

Wir wollen verhindern, dass das erneut passiert; denn die Forderungen sind zu wichtig, um im Krawall einiger linker Aktivisten unterzugehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Mir liegt die Wortmeldung von Frau Ministerin Heister-Neumann vor. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Ministerin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufstieg durch Bildung. - Auf der Basis dieser Devise sollten alle hier Versammelten zueinander finden können. Mehr Investitionen in Bildung, mehr Lehrer, kleinere Klassen, konsequenter Ganztagsschulausbau - dafür wird heute überall in der Bundesrepublik, in über 90 Städten, demonstriert: in Mainz, in Berlin, in München,

(Marianne König [LINKE]: Und in Nie- dersachsen!)

in vielen Ländern unserer Bundesrepublik. Es handelt sich um eine bundesweite Demonstration.

Meine Damen und Herren, Demonstrationen gehören zu unserer demokratischen Kultur. Wenn sie friedlich verlaufen, ist das ein gutes Recht in unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber genauso wichtig sind die Benennung von Bildungszielen und deren konsequente Umsetzung.

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung steht für Bildung von Anfang an und ein Leben lang. Bildung beginnt bei uns weit vor der eigentlichen Schulzeit: Mit der Förderung der frühkindlichen Bildung durch das Institut für frühkindliche Bildung in Osnabrück, durch den Orientierungsplan für frühkindliche Bildung in den Kindertagesstätten,

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Der nicht umgesetzt wird!)

durch die Sprachförderung und durch das beitragsfreie Kindergartenjahr fördern wir die frühkindliche Bildung intensiv.

Wir stellen unser Schulsystem zukunftsfähig auf. Mit über 85 000 Lehrkräften, meine Damen und Herren, haben wir in Niedersachsen mehr Lehrerinnen und Lehrer, als es jemals zuvor in diesem Land gegeben hat, und das bei zurückgehenden Schülerzahlen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir bauen die Ganztagsschulen aus. Aus den 155 Schulen, mit denen wir begonnen haben, sind mittlerweile 660 geworden. Im kommenden Schuljahr werden es bereits 880 sein. Auch diesen Weg werden wir konsequent weiter beschreiten.

Durch die Studienbeiträge gewinnen unsere Hochschulen zusätzliche finanzielle Flexibilitäten, die den Studierenden unmittelbar zugute kommen. Diese müssen ihnen auch zugute kommen. Im Übrigen sind die Studierenden maßgeblich an der Entscheidung über die Mittelverwendung beteiligt.

Nun zu Herrn Perli und dem Vergleich, der im Handelsblatt angestellt worden ist: Darin werden staatliche Ausgaben miteinander verglichen. Aber die Beiträge, die erreicht werden können, werden nicht mit einbezogen. Insofern ist dieser Vergleich

nicht zutreffend. Ich hoffe, Sie werden sich noch einmal entsprechend informieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Das kann er nicht!)

Meine Damen und Herren, heute gilt für uns mehr als je zuvor, dass Bildung der Schlüssel zum Aufstieg, zum Wohlstand und zur gesellschaftlichen Teilhabe ist.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Sonn- tagsrede!)

Dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind, beweist auch der Bildungsmonitor 2008 des Instituts der Deutschen Wirtschaft, der Folgendes besagt - ich zitiere -: Niedersachsen macht den größten Sprung nach vorn und liegt jetzt über dem Bundesdurchschnitt auf Rang 5.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Wo- bei denn eigentlich?)

Besonders positiv beurteilt werden dabei die Priorisierung im Bereich der Bildungsausgaben, die Reduzierung der Anzahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss und die Senkung der Abbrecherquoten im dualen Bildungssystem.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich habe gedacht, die Zahlen waren letztes Jahr schon gut!)

Meine Damen und Herren, die Richtung stimmt. Das Ziel ist für uns klar: Niemand darf verloren gehen. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein, sachlich - Herr Poppe - mit uns diesen Weg weiter voranzuschreiten. Wir werden auf diesem Weg sehr gut sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich stelle fest, dass zu dem Tagesordnungspunkt 2 d keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 2 e auf:

Deutschland braucht eine Föderalismusreform III - Klare Finanzzuständigkeiten für Bund, Länder und Kommunen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/1370

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bode. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Freitag letzter Woche war ein guter Tag für alle Kinder und die späteren Generationen in unserem Land; denn letzten Freitag haben wir mit einer viel zu lange anhaltenden Tradition gebrochen, nämlich dass wir als Gesellschaft immer auf Kosten der kommenden Generationen und unserer Kinder leben. Damit ist jetzt im Wesentlichen Schluss! Denn wegen der Aufnahme der Schuldenbremse ins Grundgesetz werden Bund, Länder und Kommunen ab dem Jahr 2020 ihre Aufgaben nicht mehr länger auf Pump finanzieren, sondern man wird sie sofort bezahlen müssen. Das ist normalerweise eine Selbstverständlichkeit. Aber für die Bundesländer und den Bund ist das schon eine Revolution. Allein in Niedersachsen haben wir in den letzten 60 Jahren nicht einen einzigen Kredit, den wir aufgenommen haben, tatsächlich zurückgezahlt. Keine Regierung, kein Landtag hat dies geschafft. Die Verschuldung wurde jedes Jahr erhöht, immer mit dem Problem, dass kommende Generationen dann weniger Handlungsspielräume haben, als sie brauchen. Das ist ein unmoralisches Verhalten. Damit ist jetzt Schluss!