Protocol of the Session on June 16, 2009

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei der Neugestaltung und der Weiterentwicklung der Haupt- und Realschulen geht es jetzt darum, neben den vielen schon umgesetzten Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der schulischen Arbeit zusätzliche Modelle der Berufsorientierung und Berufsbildung anzubieten. Es geht um maßgeschneiderte Wege für jeden einzelnen Hauptschüler und für jeden einzelnen Realschüler. Es geht um eine noch bessere Vorbereitung auf den späteren schulischen und beruflichen Weg nach dem Motto: kein Abschluss ohne Anschluss.

Durch die sehr enge Verzahnung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen wird auch Hauptschülern und Realschülern die Möglichkeit eröffnet, alle Bildungsabschlüsse auf direktem Weg zu erreichen. Dieser Weg ist für viele Einzelne sehr erfolgversprechend, und er bietet den Leuten aus der Berufspraxis ganz tolle neue Chancen.

Heute kommen bereits über 40 % aller Studierenden über andere Wege als über das klassische Abitur an die Hochschulen. Wir weiten diesen Weg jetzt aus, wir zeigen neue Wege, wir bringen die Leute, die über Haupt- und Realschulen kommen, zum Abitur/Fachabitur, wenn sie das möchten. Das ist hoch attraktiv, meine Damen und Herren. Das Konzept Offene Hochschulen in Verantwortung von Wissenschafts- und Kultusministerium zeigt diesen Weg auf. Wir versprechen uns davon sehr viel für unser Land und für unsere Schülerinnen und Schüler.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bis zur Debatte über die Schulgesetznovelle, bestand hier im Haus immer Konsens darüber, dass wir die Ausbildungsreife unserer jungen Menschen erhöhen müssen, damit ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz steigen. Es war immer unser gemeinsames Anliegen, insbesondere schwächeren Schülern eine Perspektive zu geben oder sie aus der Perspektivlosigkeit herauszuholen, sie auch über berufsorientierende und praktische Angebote und Inhalte wieder neu zu motivieren.

Aber in der Debatte um die Schulgesetznovelle waren sich die Oppositionsfraktionen ohne Ausnahme nicht zu schade, gerade diese Ansätze des Gesetzesentwurfs immer wieder in Frage zu stellen, ja kaputt zu reden. Für mich bleibt ein fader Beigeschmack. Anscheinend konnten oder durften Sie es nicht zulassen, dass an unseren Hauptschulen und sogar an unseren Realschulen wieder etwas Positives entsteht. Dann hätten Sie nämlich Ihr ganzes Gerede um die Restschule Hauptschule nicht mehr aufrechterhalten können. Diese partei

politische Taktiererei auf Kosten junger Menschen war und ist zutiefst unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Schulpolitik und damit auch Schulgesetzdebatten sollten immer im Interesse der Kinder geführt werden. Leider haben wir heute von der Opposition erlebt, dass sie diese Grundsätze verlassen hat. Mit dieser Auseinandersetzung über das Schulgesetz haben Sie keine sachorientierte Politik gemacht. Sie haben immer wieder versucht, unsere Eltern, unsere Lehrkräfte, teilweise auch unsere Schülerinnen und Schüler zu verunsichern. Das war unangemessen, das war unredlich.

Ich kann nur hoffen, dass wir uns nach dieser Debatte wieder auf unsere gemeinsamen Überzeugungen besinnen. Darauf haben unsere Schülerinnen und Schüler, unsere Lehrkräfte ein Anrecht. Kehren Sie um mit dieser Art von Politik! Gehen Sie einen vernünftigen Weg mit uns!

(Starker, nicht enden wollenden Bei- fall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Auf den Kollegen Klare gibt es nun drei Kurzinterventionen von jeweils anderthalb Minuten. Zunächst hat Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klare, Sie haben hier eingefordert, es sollte doch eine sachliche und differenzierte Debatte geben.

(David McAllister [CDU]: Genau!)

Ich finde, dazu hätten Sie jedes Recht, wenn Sie als Fraktion selbst den Eindruck vermittelt hätten, dass Sie in den vorhergehenden Beratungen diese Maßstäbe auch an sich selbst anlegen.

(David McAllister [CDU]: Das macht er immer!)

Das haben Sie aber nicht getan. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass erstens die Ausschussmitglieder insgesamt den Eindruck hatten, dass Sie an der inhaltlichen Debatte nicht interessiert waren, zweitens Sie diese ganze Diskussion in einem Tempo durchgezogen haben, das der Sache absolut nicht angemessen ist, und drittens Sie hier permanent jede Meinung, die nicht Ihrer eigenen entspricht, als ideologisch verurteilen. Das ist keine sachliche Debatte.

(Beifall bei der LINKEN)

Finden Sie es nicht zynisch, wenn Sie sagen, es sind doch nur 5 % der Schülerinnen und Schüler in Gesamtschulen, wir würden 70 bis 80 % der Schüler ausklammern? Finden Sie das nicht zynisch? Nachdem gerade Sie es sind, die verhindern, dass mehr Schülerinnen und Schüler auf Gesamtschulen gehen, obwohl der Bedarf da ist?

(Beifall bei der LINKEN)

In Oldenburg könnten Sie ohne Weiteres jetzt schon gleich von zwei auf vier Gesamtschulen gehen, wenn Sie sich nach dem Bedarf richten wollen. Aber Sie wollen ja verhindern, dass der Bedarf erfüllt wird, weil Sie nämlich Angst haben, dass sich sonst diese Schulform durchsetzt. Es wird mir ewig unerklärlich bleiben, wie man die massenhaften Proteste, Petitionen, E-Mails, Briefe, Demonstrantinnen und Demonstranten usw. so ignorieren kann, wie Sie es so hartnäckig tun. Und dann reden Sie sich auch noch darauf hinaus, dies alles sei nur von der Opposition angestachelt.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist ja auch so!)

Das wird mir ewig unerklärlich bleiben.

Sie bleiben an Ihrem ständeorientierten Schulsystem kleben, das deutlich über 100 Jahre alt ist, immer nach dem Motto: Ein jeder nach seinem Stand. - So machen Sie keine zukunftsfähige Schulpolitik!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Danke schön, Frau Kollegin Flauger, auch für das Einhalten der anderthalb Minuten. - Herr Borngräber von der SPD-Fraktion, auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Klare, ich hatte erwartet, von Ihnen im wahrsten Sinne Ihres Nachnamens etwas Klarheit zu hören. Sie selbst haben das Wort von der Nebelkerze gebraucht. Ich habe hier ganz viel Nebel wahrgenommen.

(Björn Thümler [CDU]: Das war sehr präzise!)

Immer dann, Herr Kollege Klare, wenn es für Sie und Ihre Koalition eng wird, flüchten Sie in die

Vergangenheit, dann kommen Dinge aus 1998 und 2000. Aber das interessiert Erziehungsberechtigte, Eltern, Schülerinnen und Schüler heute nicht mehr.

(Björn Thümler [CDU]: Doch!)

Sie wollen jetzt von Ihnen Antworten, Herr Klare!

(Beifall bei der SPD)

Ich komme nun zu etwas Aktuellerem und möchte eine Geschichte erzählen, die sich im Cuxland zugetragen hat - dies dürfte Herrn McAllister sehr interessieren -: Im Landkreis Cuxhaven gibt es eine Junge Union, die sich für die Volle Halbtagsschule ausgesprochen hat.

(Heinz Rolfes [CDU]: Sehr gut, dass es diese Junge Union gibt!)

Diesen Antrag hat die dortige Kreis-CDU gerne aufgenommen und im Kreistag verhandelt. Nun raten Sie einmal, wer wie abgestimmt hat. - Die CDU hat im Kreistag für den Erhalt der Vollen Halbtagsschule gestimmt,

(Zurufe von der SPD: Aha!)

und Herr McAllister hat sich genüsslich enthalten. Ich bin gespannt, wie er sich heute verhalten wird.

(Beifall bei der SPD - Detlef Tanke [SPD]: Herr Kollege, kein Mumm vor Ort, was?)

Auch das waren anderthalb Minuten, Herr Kollege Borngräber. Ganz herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Helmhold das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klare, Sie haben eben von Wegen gesprochen, die Sie gehen wollten. Mich erstaunt, dass diese Wege offensichtlich niemand mitgehen will: nicht die ehemalige schulpolitische Sprecherin Ihrer Fraktion, nicht die Eltern, nicht die Schüler und auch nicht viele CDU-Wähler, die sich der Initiative für mehr IGSen angeschlossen haben. Solche Wege aufzuzeigen, halte ich für einen politischen Fehler.

Sie haben weiterhin davon gesprochen, dass hier mehr geredet und zugehört werden sollte. Dieser Vorwurf fällt auf Sie zurück. Sie haben nämlich niemandem in dieser ganzen Debatte zugehört.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ich hoffe, dass Sie mir jetzt zuhören.

Sie haben eben davon gesprochen, dass nur 5 % eines Jahrgangs zur IGS gingen. Herr Klare, wenn es mehr solcher Schulen gäbe, würden viel mehr hingehen. Aber das haben Sie in der Vergangenheit immer verhindert.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Ich will Ihnen nur ein Beispiel aus meinem Wahlkreis nennen: In Schaumburg haben wir drei neue IGSen. 730 Schülerinnen und Schüler haben einen Platz bekommen. 180 Schülerinnen und Schüler mussten bei einem Schülerjahrgang von 1 771 abgelehnt werden. Das heißt, 51 % eines Jahrgangs wollen zur IGS gehen, und dabei sind nicht einmal alle Schulen wortortnah.

Arbeiten Sie daran bitte weiter! Diesen Weg gehen wir gerne mit Ihnen gemeinsam.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Danke schön. - Herr Kollege Klare möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten Zeit. Bitte schön!

Frau Flauger, es hat eine sehr ausführliche Debatte gegeben. Darin haben sich die Oppositionsfraktionen viel häufiger zu Wort gemeldet als die Koalitionsfraktionen. Sie hatten verständlicherweise auch mehr Nachfragen als wir.