Protocol of the Session on May 13, 2009

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In der ersten Beratung des Antrags „Eine Region stellt sich vor: Erwartungen aus Niedersachsen an das neue Europäische Parlament“ im Plenum habe ich noch gesagt, dass wir uns über diesen Antrag köstlich amüsiert hätten. Das hat Frau Flauger zutreffend gesagt. Allerdings sind wir nach den Ausschussberatungen etwas nachdenklicher geworden. In den Wochen kurz vor den Wahlen zum Europäischen Parlament sind jetzt eigentlich alle von uns sehr aktiv auf Podien, um für Europa zu werben. Ich finde, dass Ihr Antrag diesem europäischen Gedanken, den wir vermitteln wollen, überhaupt nicht gerecht wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es wurde bereits gesagt: Er ist inhaltslos und inhaltsleer. Er enthält allgemeine Formulierungen. Hinzu kommt - das hat Frau Flauger hier auch betont; das steht auch in der Überschrift -, dass Sie zwar Erwartungen aus Niedersachsen an das neue Europäische Parlament haben, von Niedersachsen aber nichts nach Europa gegeben wird. Sie erheben schlicht die Forderung, dass Europa alles geben soll und, wie Sie formulieren, ein dauerhafter Rückfluss an Struktur- und Fördermittel nach Niedersachsen stattfinden soll. Aber was bietet Niedersachsen Europa? Wie wollen Sie als Europäerin bzw. Europäer Niedersachsen als eine Region Europas gestalten?

Wir haben deutlich gemacht, dass jeder in diesem Europa, in dieser Europäischen Union dazu einen Beitrag leisten muss. Ich hatte in der letzten Diskussion das Thema Soziales angesprochen. Sie sprechen in Ihrem Antrag beispielsweise den Klimaschutz an. Sie sagen, dass Sie von der Europäischen Union erwarten, dass die Klimaschutzziele

eingehalten werden. Das aber, was die Landesregierung dafür tut, wird hier nicht dargelegt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu dem Änderungsantrag der Linken. Ich finde es problematisch, dass der Adressat sowohl in dem Antrag der Regierungsfraktionen als auch im Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE das Europäische Parlament ist.

(Heinrich Aller [SPD]: Nicht das Par- lament, jeder Abgeordnete!)

Ich finde es wirklich widersprüchlich und komisch, wenn wir anfangen, unsere Anträge an andere Parlamente zu richten, ob es an das Europäische Parlament ist oder an irgendwelche anderen Parlamente in Sizilien, Italien oder sonst wo.

(Johanne Modder [SPD]: Sehr schön formuliert!)

Frau Seeler, glaube ich, hatte im Ausschuss zu Recht gesagt: Die neu gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden sehr, sehr volle Postfächer haben. Und dann liegt da eine Broschüre des Niedersächsischen Landtages mit diesem Inhalt. - Ich hatte Ihnen schon damals gesagt: Damit werden wir in Europa bekannt, vor allem in Brüssel, als schrägste Region Europas. - Ich glaube, dass wir das hier mit der Mehrheit leider so werden.

Zum Schluss möchte ich sagen: Mich wundert bei dieser Fraktion der CDU nicht, dass wir als schrägste Region bekannt werden. Nachdem ich in der letzten Woche mit dem Innenausschuss in Italien war, kann ich sagen: Da werden wir sehr bekannt werden und bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das müssen Sie mir erklären! - Ge- genruf von Johanne Modder [SPD]: Das können wir Ihnen erklären, aber das dauert etwas länger!)

Ich erteile jetzt der Kollegin Meißner von der FDPFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann diese beiden

vorangegangenen Wortbeiträge überhaupt nicht verstehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist das Problem, Frau Meißner!)

Frau Polat, Sie sagten „keine Anträge an andere Parlamente“. Was machen wir denn bitte bei Bundesratsinitiativen? - Wir stellen doch Anträge an andere Gremien. Genauso muss das auch beim Europäischen Parlament sein. Wir sind doch eine Verbindung. Wir müssen doch demokratisch versuchen, uns von einer Ebene zur anderen auszutauschen. Dazu dient dieser Beitrag. Denn natürlich wird vieles für Niedersachsen in Europa entschieden. Dementsprechend sollten wir rechtzeitig da sein, um unsere Vorstellungen zu präsentieren. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir wollen mit diesem Antrag auch zur Teilnahme an der Europawahl motivieren. Dafür ist klarzumachen, was die Menschen hier von Europa haben. Dazu gehört auch die Förderung, dazu gehören natürlich auch Frieden und anderes mehr. Wir müssen aber auch sehen, welche Potenziale Niedersachsen hat, um künftig in der Entwicklung der Europäischen Union eine wichtige Rolle zu spielen. Diese Potenziale werden hier ja aufgezeigt. Wir wollen für Europa werben, indem wir zeigen: Jeder von uns ist Europa. Wir alle gehören dazu. Der Alltag wird in Brüssel vorbestimmt.

Natürlich haben wir auch soziale Erwartungen an Europa. Da wäre es aber falsch, zu sagen, Soziales muss vor Wirtschaft oder Wirtschaft vor Sozialem Vorrang haben. Soziale Marktwirtschaft beinhaltet beides; sie ist ein Erfolgsmodell aus Deutschland. Wenn man für die Wirtschaft sorgt und es Arbeitsplätze gibt, dann haben wir auch Möglichkeiten für die soziale Sicherung. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für eine soziale Politik.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht.

Was kann Niedersachsen bieten? - Sie sagen, dazu steht nichts drin. Ich denke, da steht eine ganze Menge drin. Niedersachsen kann z. B. als Vorbild für Bürokratieabbau dienen, der von allen gewünscht wird. Es gibt in Brüssel eine ganze Menge Bürokratie. In Niedersachsen haben wir

bekanntlich in sechs Jahren erfolgreicher Arbeit im Landtag 40 % der Verordnungen und Gesetze abgeschafft.

(Johanne Modder [SPD]: Manche sa- gen es so, andere so!)

Wir haben eine ganze Verwaltungsebene abgeschafft und Gesetze mit Verfallsdatum eingeführt. Das alles kann man sicherlich nicht 1 : 1 übertragen. Aber vieles davon kann durchaus als Beispiel dienen.

(Heinrich Aller [SPD]: Das steht doch gar nicht drin!)

- Darin steht auch etwas zur Entbürokratisierung. - Wir machen außerdem - und das finde ich durchaus wichtig - Umweltpolitik mit den Menschen. Wir sind für Artenvielfalt und für Klimaschutz. Wir müssen es aber so machen, dass es mit allen anderen Belangen übereinstimmt.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist doch eine Sonntagsrede!)

- Keine Sonntagsrede, sondern gelebte Realität in Niedersachsen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben eine ganze Menge an Potenzialen beim Klimaschutz, z. B. mit schadstoffarmen Autos. Wir sind ein Autostandort, ein Standort mit alternativen Energien, mit Biomasse, mit Offshoretechnologie. Überall da sind wir weit vorne und können eine Menge machen, nicht nur um Arbeitsplätze bei uns zu sichern, sondern auch um europäische Ziele zu erreichen. Das wollen wir auch weiterhin.

Bei der Landwirtschaft wollen wir Wettbewerbsfähigkeit. Landwirtschaft spielt bei uns eine wichtige Rolle. Niedersachsen ist ein Flächenland. Wir müssen aber sehen, dass die Wettbewerbsfähigkeit funktioniert. Darum hatten wir z. B. den Antrag zur Agrardieselbesteuerung. Man muss prüfen, wie man es für unsere Landwirte ausgestaltet.

Wir haben ein Riesenpotenzial in der Forschung - auch darauf wird hier hingewiesen -, z. B. in der Region Braunschweig, die die forschungsintensivste Region in Europa ist. Das sollte man nutzen. Wir sollten die Forschung nicht behindern,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

sondern in Innovationen umsetzen, damit sie Arbeitsplätze schaffen. Das bringt uns nach vorne, und das bringt auch Europa nach vorne.

Wir haben viel Kapital bei der maritimen Wirtschaft. Dort kann noch vieles ausgebaut werden, in der Meeresbiologie beispielsweise.

Niedersachsen ist ferner das Tor zu Welt: Häfen sind für 90 % des Handels in Europa entscheidend. Wir bauen jetzt den Tiefwasserhafen JadeWeserPort, auch mit europäischen Mitteln. Wir brauchen die Hafenhinterlandanbindung. Damit stärken wir Logistikstandorte, die wiederum Arbeitsplätze bringen.

Das alles sind Dinge, die Niedersachsen und auch Europa nützen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das heißt, wir haben in Niedersachsen eine ganze Menge Stärken, die wir erhalten wollen. Deswegen ist es richtig, Fördermittel der Europäischen Union, die etwas innovativ nach vorn entwickeln sollen, bei uns einzusetzen. Gleichzeitig haben wir dadurch auch die Möglichkeit, der Europäischen Union in großem Maße voranzuhelfen und auch zu dienen, wie man fast sagen könnte.

Ein letzter Punkt dazu, der nicht im Antrag steht, den ich aber für sehr wichtig halte - dies kann man bei Europa gar nicht genug betonen -: Ich bin am 8. Mai - ein historisches Datum - in der EmsDollart-Region gewesen. Das ist eine Region, in der ein Gebäude auf der niederländisch-deutschen Grenze steht, in dem die Niederlande und Deutschland - die beiden Länder waren verfeindet, bevor der Zweite Weltkrieg am 8. Mai beendet wurde - über die Grenze hinweg daran arbeiten, eine Region gemeinsam europäisch nach vorne zu bringen. So etwas wollen wir, so etwas ist wichtig. Das alles können wir von Niedersachsen aus leisten. Wir sollten nicht warten, bis Brüssel uns vorgibt, wie es weitergeht, sondern wir sollten selbstbewusst anbieten, was wir haben, und auch sagen, was wir weiterentwickeln wollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Hogrefe von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als meine Frau und ich heute Morgen durch Hannover

fuhren und sie die Plakate sah, hat sie mir gesagt: Euer Plakat gefällt mir besonders gut,

(Zuruf: „Wir in Europa“! - Weitere Zu- rufe)