Protocol of the Session on March 26, 2009

Schauen Sie sich doch bitte einmal an, was Sie heute beschließen! Da geht es erstens darum, den Vorsprung Niedersachsens weiter auszubauen,

(Zustimmung von Jens Nacke [CDU])

zweitens darum zu prüfen, inwieweit das Hochschulgesetz anzupassen ist, und drittens darum, die Kooperation zwischen Hochschulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung auszubauen. - Na, großartig! Aber mit keinem einzigen Wort sagen Sie, wie Sie das genau umsetzen wollen. Damit steht dieser Antrag unter dem Motto „Es gibt viel zu tun, packen wir es nicht an“.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dabei waren im Ausschuss wirklich die Voraussetzungen dafür gegeben, sich auf gemeinsame Maßnahmen zu verständigen. Wir hatten die Anhörung zu dem ANKOM-Projekt, und die SPD hat einen Antrag vorgelegt, der konkrete Umsetzungsvorschläge enthielt. Diese Vorschläge der SPD

würden wir nicht einmal in allen Einzelpunkten mittragen. Wir fanden aber - deshalb haben wir ihm im Ausschuss zugestimmt -, dass der Antrag im Grundsatz die richtige Richtung aufweist; denn es muss weitere Wege aus der Berufsausbildung an die Hochschulen geben. Andere europäische Staaten - die Kollegin Andretta hat das eben ausgeführt - machen das vor. Ob es Hochschulzugangsmöglichkeiten aus der Berufstätigkeit sind oder ob es das Berufsabitur in der Schweiz und in Österreich ist - diese Programme funktionieren. Aber es kommt darauf an - das sagen eigentlich alle Fachverbände; das war auch die Aussage der Hochschulen bei der Anhörung -, dass es nicht nur einfache und nachvollziehbare Wege an die Hochschule gibt, sondern dass die Studiengestaltung und das Lernumfeld auch dieser besonderen Situation der beruflich Qualifizierten angepasst werden. Wenn uns das nicht gelingt, dann verharren wir im Status quo, der so aussieht, dass wir zwar auf dem Papier viele Wege zulassen, diese aber in der Praxis nicht genutzt werden.

Eine wichtige Rahmenbedingung ist deshalb aus unserer Sicht die Anrechnung erworbener Kompetenzen auf das Studium. Das heißt aber, dass man die ANKOM-Projekte ausweiten und vor allem auch auf die Fachhochschulen anwenden muss. Wir brauchen eine besondere Begleitung von Studierenden ohne Abitur, sei es durch Propädeutika oder Tutorien, in denen man fehlendes Wissen, wie Fremdsprachenwissen, oder fehlende Fähigkeiten, wie Lernen oder Vortragstechniken, ausgleichen kann. Dazu zählt der Ausbau dualer und berufsbegleitender Studiengänge. Dazu zählt vor allem - auch das spricht der SPD-Antrag an - eine Studienfinanzierung, die diesen Studierenden den Zugang zu Bafög auch jenseits der Altersgrenze von 30 Jahren ermöglicht.

Alle diese Punkte sind im SPD-Antrag angesprochen worden. Der empörte Aufschrei in der Opposition, der mitnichten als Scherz gemeint war, was die Opposition da fordere, führe dazu, dass künftig Metzgermeister Chirurgen werden dürften, macht, glaube ich, deutlich, in welcher Tiefe Sie sich auf dieses Thema eingelassen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Schade, dass die Kollegen von CDU und FDP nicht mehr zu der Debatte beizutragen hatten. Wir

werden der Ausschussempfehlung aus den genannten Gründen nicht folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön, Frau Dr. Heinen-Kljajić. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Grascha das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die offene Hochschule bietet große Chancen, jenen Menschen den Zugang zu den Hochschulen zu ermöglichen, denen dieser Weg sonst versperrt wäre.

(Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Das haben wir auch schon bei der Beantwortung der Großen Anfrage besprochen. Insofern möchte ich darauf nicht weiter eingehen.

Niedersachsen ist hier Vorreiter - auch das haben wir gehört - und deutschlandweit durchaus vorbildlich.

Die Anhörung im Ausschuss zu diesem Thema war sehr interessant. Die beteiligten Hochschulen schilderten anschaulich, dass der eingeschlagene Weg durchaus erfolgversprechend ist. Interessant war aber auch, dass die beteiligten Universitäten dabei durchaus unterschiedliche Ansätze verfolgen. Eines ist aus meiner Sicht aber auch deutlich geworden: Die Universitäten brauchen in dieser Modellphase weiter Zeit und Genauigkeit, insbesondere was die Auswertung der Anrechnung von beruflichen Qualifikationen betrifft. Ein so differenziertes Thema lässt sich nur nach einer Modellphase auf alle Hochschulen übertragen.

Das, was im SPD-Antrag steht, ist also schon modellhaft in der Umsetzung. Wir sind also in der Praxis im Grunde genommen schon viel weiter, als Sie es hier beantragen. Während die einen noch Anträge schreiben, sind wir schon tatkräftig an die Arbeit gegangen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie fordern, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sich die Länder möglichst auf gemeinsame Zugangsvoraussetzungen einigen. Der Minister hat bei der Beantwortung der Großen Anfrage diesen Aspekt schon genannt: Die vergangene Kultusministerkonferenz hat dies schon umgesetzt. Am 5./6. März 2009 hat die KMK einheitliche Kriterien für den Hochschulzugang beruf

lich qualifizierter Bewerber beschlossen. Auch hier kommen Sie wieder, sehr verehrte Damen und Herren der Opposition, zu spät. Wir werden diese Vereinbarung in Niedersachsen im Hochschulgesetz umsetzen.

Ein paar Sätze möchte ich allerdings noch zum Änderungsantrag der Linken sagen.

(Zuruf von der Linken: Danke!)

Bei Ihnen wird einmal wieder der Zentralismus großgeschrieben. Sie fordern gleich ein Bundesgesetz zur Hochschulzulassung. Wir setzen dagegen auf freiwillige Vereinbarungen zwischen den Ländern. Außerdem stehen wir für den Wettbewerbsföderalismus.

(Zustimmung bei der FDP - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Sie würden den Staat ja am liebsten abschaffen!)

Ferner steht da ein Satz, der einmal wieder unter die Rubrik „Freibier für alle“ fällt. Ich zitiere:

„Die BAföG-Leistungen werden künftig als Vollzuschuss gewährt.“

Wer, bitte schön, soll das alles eigentlich bezahlen? Aber ich vergaß: Wahrscheinlich wird wie immer die Vermögenssteuer herangezogen werden. Dieses Geld haben Sie wahrscheinlich schon tausendfach ausgegeben.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Nein, nein! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das alles können wir Ihnen vorrech- nen! - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Bei uns wird jeder Euro nur einmal aus- gegeben, aber gerecht!)

Wir lehnen diese Forderung ausdrücklich ab. Diese Forderung ist eindeutig unseriös.

CDU und FDP wollen die offene Hochschule in Niedersachsen weiter voranbringen. Den Vorsprung, den Niedersachsen hierbei hat, wollen wir weiter ausbauen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Grascha. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Perli das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag schmücken sich

CDU und FDP mit einem ambitionierten Projekt. Der Vorsprung Niedersachsens bei der offenen Hochschule soll ausgebaut werden. Leider bleibt es jedoch bei inhaltsleeren Willensbekundungen.

(David McAllister [CDU]: Was?)

Wir sind uns ja parteiübergreifend einig, Herr McAllister, dass der Hochschulzugang für Menschen, die Kompetenzen aus der beruflichen Bildung, aus der Weiterbildung oder durch ihre Berufserfahrung mitbringen, weiter geöffnet werden soll. Für manch einen ist dabei entscheidend, dass bestimmte Sektoren der Privatwirtschaft entsprechende Interessen äußern, weil sie zunehmend Arbeitskräfte mit hochschulischem Fachwissen benötigen. Hier steht der kapitalistische Verwendungszweck im Vordergrund.

(Oh! bei der CDU - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: So ist es nun mal! - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen!)

Für die Linke hingegen ist es entscheidend, dass es ein Grundrecht auf Bildung gibt. Der Mensch ist in der Mitte. Jeder Mensch soll im Bildungssystem die Möglichkeit haben, das Recht auf persönliche Selbstverwirklichung und auf Erkenntnisstreben wahrzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das gilt auch und in diesem Zusammenhang besonders für Menschen mit ungewöhnlichen Lebens- und Bildungswegen. Es ist sehr bedauerlich, dass CDU und FDP trotz produktiver Ausschussberatungen nicht einen konkreten Vorschlag aufgenommen haben, um die Öffnung der Hochschule weiter zu forcieren. Stattdessen warten sie ab, was die Landesregierung dem Parlament im Zuge der anstehenden NHG-Novelle vorlegen wird. Der Antrag bittet die Landesregierung, Niedersachsens Vorsprung weiter auszubauen. Doch das entscheidende Wie wird nicht angesprochen.

Es sollen des Weiteren lediglich die gesetzlichen Rahmenbedingungen überprüft und die Kooperation der Hochschulen mit der Erwachsenenbildung weiter unterstützt werden.

Meine Damen und Herren, dafür brauchen wir keinen Antrag und keinen Beschluss des Landtages. Das macht das Ministerium auch so. Solch einem Nonsens wird die Linke niemals zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wesentlich interessanter ist der SPD-Antrag. Hier werden konkrete Vorschläge gemacht, die Frau Dr. Andretta bereits dargestellt hat. Wir haben zu diesem Antrag einen weitergehenden Änderungsvorschlag vorgelegt. Die Änderungen sind vor allem notwendig, um die Teilhabechancen der Menschen ohne Abitur noch besser gestalten zu können.

Abweichend vom Ursprungsantrag wird die Landesregierung aufgefordert, für eine bundesgesetzliche Regelung der Hochschulzulassung einzutreten und dabei nicht hinter den bisherigen Status quo in Niedersachsen zurückzufallen, was ja in unser aller Interesse liegen müsste. Die Forderung nach einer bundesgesetzlichen Regelung entspricht übrigens auch den Vorstellungen der Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses im Bundestag, der Sozialdemokratin Ulla Burchardt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion.

Herrn Grascha muss ich diesen kurzen Hinweis geben: Wenn man statt einer bundesweiten Lösung einen Kompromiss der KMK-Länder haben möchte, dann ist das aus niedersächsischer Sicht immer schlecht, weil dies einen Rückschritt bedeuten würde, während eine bundesweite Lösung mit einer Anpassung der Regelungen in den anderen Ländern an die in Niedersachsen für die ganze Bundesrepublik ein Fortschritt wäre.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das stimmt!)

Darüber hinaus greift eine BAföG-Reform, die die Altersgrenze fallen lässt und deren Dauer sich am angestrebten Abschluss orientiert, zu kurz. Die Leistungen sollen zukünftig elternunabhängig als Vollzuschuss für die Dauer der tatsächlichen durchschnittlichen Studienzeit gewährt werden. In der Regel ist es doch so, dass die reale Studienzeit über der Regelstudienzeit auf dem Papier liegt und dass diese reale Studienzeit die eigentliche Größe sein sollte, damit niemand kurz vor seinem Abschluss noch andere Töpfe für die Finanzierung suchen muss.