abgeschlossen hat und danach zwei Jahre als Geselle im Betrieb arbeitet und dann den Lehrgang zum Meister im Tischlerhandwerk absolviert, kann er mit dem Studium an einer fachbezogenen Hochschule beginnen. Bei Nichterreichung der beschriebenen höheren Stufe bildet die Stufe darunter immer noch eine gute Basis für die eigene Berufsbiografie und natürlich auch für den Arbeitsmarkt. Bei diesen Angeboten hat heute schon jeder die Möglichkeit, sich begabungsgerecht zu entwickeln. Daran wollen wir festhalten. Wir haben gelesen, dass sich in Bayern und auch in Rheinland-Pfalz die Handwerksgesellen seit dem 1. März - das ist also ganz aktuell - zum Studium anmelden können. Schauen wir doch einmal, wie sich die Situation dort vor Ort entwickelt. Wir lehnen die Anträge der SPD und der Linken zum Thema Gesellen an die Hochschulen ab.
Meine Damen und Herren, die Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen hat eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Die Anforderung des lebenslangen Lernens stellt sowohl für die Beteiligten aus beruflicher Bildung, Hochschule, Politik und Wirtschaft als auch für die an Hochschulbildung interessierten Menschen eine große Herausforderung dar. Damit diese umfangreiche Gestaltungsaufgabe gelingen kann, bedarf es weiterreichender struktureller und kultureller Veränderungen. Lassen Sie uns dies durch unseren Antrag betreffend die offene Hochschule auf den Weg bringen.
Herzlichen Dank, Frau Prüssner. - Für die SPDFraktion hat nun Frau Dr. Andretta das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist unstrittig: Die Offene Hochschule ist die Hochschule der Zukunft. Es ist gut, dass dieses Thema auf der politischen Agenda in Niedersachsen steht. Schon in den nächsten Jahren werden mehr gut ausgebildete Arbeitskräfte den Arbeitsmarkt verlassen, als junge Menschen neu in den Arbeitsmarkt eintreten. Um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, müssen vorhandene Bildungsreserven besser mobilisiert und die Durchlässigkeit im Bildungssystem erhöht werden.
Eine große Zahl von jungen Menschen durchläuft Jahr für Jahr eine anspruchsvolle Berufsausbildung, ohne die Chance beruflicher Höherqualifizierung durch ein anschließendes Studium zu haben. Wer kein Abitur hat, schafft in Deutschland heute nur selten den Zugang zu einer Hochschule. Das gilt auch für Niedersachsen. An unseren Hochschulen sind gut 140 000 Studierende eingeschrieben, aber nur 1,6 % von ihnen sind ohne schulische Hochschulreife ins Studium gekommen, nämlich per Meisterregelung oder Begabtenprüfung. Uns sollte nachdenklich machen, dass die schon jetzt geringe Zahl in den letzten Jahren sogar noch weiter abgesunken ist. Dabei wäre das Interesse, zu studieren, durchaus vorhanden, wie eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zeigt. Kaum jemand kann es sich aber zeitlich und finanziell leisten, sich ein paar Jahre Auszeit für ein Studium zu nehmen. Deshalb kommt es nicht allein darauf an, die Hochschulen per Gesetz für Nichtabiturienten zu öffnen. Vielmehr geht es darum, auch die materiellen Voraussetzungen für ein Studium zu schaffen. Genau das wollen wir mit unserem Antrag erreichen.
Erstens. Wir brauchen eine bessere Anerkennung von beruflichen Leistungen und Abschlüssen, und zwar nicht jedes Land für sich. Vielmehr brauchen wir bundesweit einheitliche und verbindliche Regelungen.
Zweitens. Wir brauchen eine bessere finanzielle Absicherung des Studiums. Deshalb brauchen wir BAföG auch für Teilzeitstudierende und den Wegfall der Altersgrenze.
Drittens. Wir brauchen für beruflich Qualifizierte passgenaue Studienangebote und ein attraktives Anreizsystem für die Hochschulen, solche Angebote zu schaffen. Der gute Wille allein reicht hier nicht.
Viertens. Wir brauchen eine bessere Förderung von Auszubildenden und die Fortbildung von Berufstätigen, damit die kognitiven Voraussetzungen für ein Studium erworben werden können. In der Anhörung im Ausschuss wurde von den Expertinnen und Experten genau dies gefordert. Das wurde von uns in dem vorliegenden Antrag aufgenommen. Frau Prüssner, von Ihnen und Ihren Kollegen von der CDU und FDP wurde dies aber in allen Punkten abgelehnt. Wie immer begnügten Sie sich mit der Beschreibung des Status quo, mit Allgemeinplätzen und Peinlichkeiten. So sagte der
Kollege Dreyer, dass es ja wohl nicht angehen könne, dass zukünftig Schlachtermeister Medizin studieren könnten. Lieber Herr Kollege Dreyer, genau das lässt das NHG, das Sie offenbar nicht kennen, bereits zu!
Dass bis heute kein Schlachtermeister Medizin studiert, zeigt aber, wie substanzlos Ihre Abwehrhaltung gegenüber der weiteren Öffnung der Hochschulen ist.
Auch wir wollen nicht zurück in die frühe Neuzeit, als Friseure als Chirurgen wirkten. Warum sollten aber eigentlich Arzthelferinnen oder Chemielaboranten nicht Medizin studieren können?
Wenn wir die Universitäten stärker für beruflich Qualifizierte öffnen wollen, brauchen wir gesetzliche Zugangsregelungen über die schon jetzt im NHG benannten Gruppen hinaus. Was nützen solche Regelungen aber, wenn die Hürden für den Zugang zu einem Studium so hoch sind, dass sie von Quereinsteigern nicht zu bewältigen sind? Die Hürden sind hoch. Studierende, die nicht auf dem Weg über das klassische Abitur an die Hochschulen kommen, sind in der Regel älter, kommen oft aus Facharbeiterfamilien und sind aufgrund ihrer Bildungsbiografie nicht mit der Lernkultur an Hochschulen vertraut. Oft haben sie schon selbst Familie und müssen Kinder, Beruf und Studium unter einen Hut bringen. Für diese Studierenden bedarf es besonderer Angebote an den Hochschulen. Fernstudium, berufsbegleitendes und echtes Teilzeitstudium sind jedoch Stiefkinder unserer Hochschulen. Solche Studienangebote machen heute gerade einmal 2 % des Studienangebots aus. Bisher ist die Lern- und Lehrkultur an den Hochschulen nicht auf Berufstätige als Studenten vorbereitet. Im Unterschied beispielsweise zu den Angelsachsen ist bei uns das Präsenz-Vollzeitstudium die Norm. Die neue Studienstruktur hat eher noch zu einer Verdichtung des Studiums geführt. Damit sich die Hochschulen mit neuen Studienangeboten für diese Klientel öffnen, müssen Anreize geschaffen werden. So geht Großbritannien den Weg, pro nicht klassischem Studierenden mehr staatliche Gelder zu gewähren. Die Böckler-Stiftung schlägt vor, die Hochschulen zukünftig nicht über die Angebots-, sondern die Nachfrageseite zu finanzieren.
Meine Damen und Herren, wir müssen nicht nur an den Hochschulen etwas ändern, sondern wir müssen auch in der Berufsausbildung neue Wege gehen. Vorbild sind für uns die Schweiz und Österreich, die ähnliche Systeme der dualen Ausbildung haben wie wir. In der Schweiz besteht für junge Menschen die Möglichkeit, ausbildungsbegleitend an der Berufsschule die Berufsmatura, das Berufsabitur, zu erwerben, die dann zum Hochschulzugang berechtigt. Auch wir wollen, dass junge Menschen in Niedersachsen die Möglichkeit erhalten, ihre Lehre sowohl mit einem Berufsabschluss als auch mit einem Berufsabitur als zweitem Regelabschluss abzuschließen.
Es muss Schluss damit sein, Bildungswege als Sackgassen enden zu lassen. Leider hat diese Landesregierung davon wenig begriffen. Mit ihrer chaotischen Schulpolitik soll jetzt auch noch der letzten verbliebenen Durchlässigkeit im gegliederten Schulsystem der Garaus gemacht werden.
die Hochschulen für Nichtabiturienten öffnen will, aber nichts tut, damit diese überhaupt die Möglichkeit haben, an eine Hochschule zu kommen.
- Das müssen Sie ertragen. - Im Gegenteil, diese werden mit Studiengebühren sogar noch kräftig abkassiert. Studierwillige, die älter als 30 Jahre sind, bekommen noch nicht einmal einen Studienkredit vom Land. Mit verantwortungsvoller Bildungspolitik hat das nichts zu tun.
Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise ist es notwendig, Bildungsanstrengungen zu forcieren. Nur so lassen sich Krisen meistern und lässt sich Vorsorge für den Aufschwung treffen. Dazu liegt Ihnen heute unser Antrag vor.
Liebe Frau Kollegin Andretta, zunächst weise ich ausdrücklich die Formulierung „verlogene Politik“ zurück. Ich finde, das ist dem Stil dieses Hauses nicht angemessen.
Ich habe mich jedoch wegen eines anderen Punktes gemeldet. Wenn Sie schon, liebe Frau Kollegin, die humorvoll gemeinte - so haben wir sie im Ausschuss wohl auch alle verstanden -
Formulierung hinsichtlich des Schlachters anführen, dann sollten Sie dies bitte auch richtig tun. Der Kollege hat nicht davon gesprochen, dass der Schlachtermeister nicht Medizin studieren soll, sondern er hat von dem Schlachter gesprochen, der nicht Medizin studieren soll, d. h. dem Gesellen. Das ist eben ein Unterschied. Da sind wir im Moment ein bisschen vorsichtig. Wir würden uns freuen, wenn der Geselle seine Meisterprüfung ablegt, da wir Schlachtermeister dringend brauchen. Wenn er anschließend Medizin studieren will, dann ist er an allen Hochschulen des Landes Niedersachsen, an denen Medizin studiert werden kann, herzlich willkommen.
Herr Kollege, es ging um den Schlachtermeister; sonst wäre meine Intervention überhaupt nicht gerechtfertigt gewesen. Alle Kollegen bestätigen das. Es sei aber einmal dahingestellt.
Verlogen ist eine Politik, wenn auf der einen Seite gesagt wird „Kommt an unsere Hochschulen“ und auf der anderen Seite Hürden aufgebaut werden, die nicht zu meistern sind, um an die Hochschule zu kommen. Das ist für mich Verlogenheit von Politik.
Vom Grundsatz her - das wissen alle Kolleginnen und Kollegen hier im Hause - kann ich bei grob kränkenden, abwertenden und provokativen Bemerkungen zur Ordnung rufen. Ich hoffe, dass das nicht weiter ausartet und sich die Situation wieder etwas beruhigt.
Es hat sich jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Dr. Heinen-Kljajić zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bereich Offene Hochschule - das muss zugestanden werden - ist, jedenfalls auf der rein formalen Ebene, im Bundesvergleich erst einmal ein niedersächsisches Vorzeigemodell. Daher würde Ihr Antrag vielleicht als Werbebroschüre für das, was in Niedersachsen Stand der Dinge ist, noch durchgehen. Als Antrag kann dieses Papier, finde ich, getrost unter der Ablage „Anträge, die die Welt nicht braucht“ abgelegt werden;
denn Sie kommen über undifferenzierte Willensbekundungen nicht hinaus. Dabei ist das Thema Offene Hochschule absolut spannend. Es gibt vor allem eine Vielzahl von Herausforderungen. Wie gesagt, formal bestehen die Möglichkeiten. Sie werden aber nicht immer genutzt.
Schauen Sie sich doch bitte einmal an, was Sie heute beschließen! Da geht es erstens darum, den Vorsprung Niedersachsens weiter auszubauen,