Protocol of the Session on March 26, 2009

Darüber hinaus greift eine BAföG-Reform, die die Altersgrenze fallen lässt und deren Dauer sich am angestrebten Abschluss orientiert, zu kurz. Die Leistungen sollen zukünftig elternunabhängig als Vollzuschuss für die Dauer der tatsächlichen durchschnittlichen Studienzeit gewährt werden. In der Regel ist es doch so, dass die reale Studienzeit über der Regelstudienzeit auf dem Papier liegt und dass diese reale Studienzeit die eigentliche Größe sein sollte, damit niemand kurz vor seinem Abschluss noch andere Töpfe für die Finanzierung suchen muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Ergänzt wird der Forderungskatalog durch die fachspezifische Öffnung der Hochschulen für beruflich Qualifizierte ohne Berufserfahrung sowie einen Blick über den nationalen Tellerrand. Es gibt erfolgreiche Projekte einer offenen Hochschule im Ausland, die bildungsferne Schichten einem Hochschulabschluss näher bringen. Einige davon habe

ich im Ausschuss ausführlicher vorgestellt. Beispielsweise in Großbritannien kann man sich an einer Fernuniversität ohne Qualifikationsnachweis einschreiben und ein Studium beginnen. In Finnland kann man während der Sommerpause ohne Zugangshürde Kurse an der Uni besuchen und Leistungsscheine erwerben, die ab einer bestimmten Anzahl zur Immatrikulation an der Hochschule berechtigen. Wir schlagen vor, dass die Landesregierung diese Modelle intensiv prüft und gegebenenfalls in Kooperation mit den Hochschulen und den Trägern der Erwachsenenbildung auf Niedersachsen überträgt.

Abschließend: Unsere Änderungsvorschläge machen den Antrag der SPD rund und schaffen Perspektiven für wirklich offene Hochschulen, wo jede und jeder Zugang hat. Deshalb können wir dem Antrag der SPD in seiner ursprünglichen Fassung nicht zustimmen. Wenn es dann von der SPD oder von den Grünen Kritik an unserem Änderungsantrag gibt, dann hätte ich gerne von Ihnen etwas dazu gehört. Dazu haben Sie aber leider geschwiegen. Das ist bei Anträgen der Linken leider oft so.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Stratmann. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Perli, Sie haben ja ein putziges Parlamentsverständnis, finde ich. Wenn davon ausgegangen werden darf, dass sich die Regierung sowieso mit einem Thema befasst, dann hat sich demnach das Parlament nicht damit zu beschäftigen. Manchmal wäre uns das vielleicht sogar ganz lieb,

(Heiner Bartling [SPD]: Euch wäre das immer lieb!)

aber ob das der Demokratie förderlich wäre, wage ich an diese Stelle sehr zu bezweifeln.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiterer Hinweis: Es gibt keine „KMK-Länder“, weil alle Länder Mitglied der KMK sind. Die Beschlüsse, die wir in der KMK fassen, sind immer

einstimmig. Manchmal ist es nicht ganz einfach, einen solchen einstimmigen Beschluss zu erzielen.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: So se- hen die dann auch aus!)

Umso bemerkenswerter ist es, dass wir es bei der Frage der Hochschulzulassung bzw. der offenen Hochschule erreicht haben, dass also auch die SPD-geführten Länder mitgemacht haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe die Rede, die mir von meinem Haus vorbereitet worden ist - das ist ja ein Privileg, das man als Kabinettsmitglied hat -, zur Seite gelegt. Ich habe mir einfach noch einmal Ihren Antrag angeguckt, liebe Frau Dr. Andretta, und möchte gerne auf Ihre Forderungen zu sprechen kommen, die sich darin unter den Spiegelstrichen finden. So viel zum Thema „Verlogenheit der Politik“; denn sie sei verlogen, weil wir sozusagen Ihren Forderungen nicht nachkämen.

Zum ersten Spiegelstrich: Sie fordern, dass wir uns für eine Ausweitung des Hochschulzugangs einsetzen. Das haben wir ja getan. Deshalb sind wir in der Kultusministerkonferenz so weit, wie wir es sind. Von Ihnen wird allerdings für den Hochschulzugang eine dreijährige Berufstätigkeit gefordert. Diese dreijährige Berufstätigkeit kann unter Umständen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ausreichend sein, wenn während dieser drei Jahre die Qualitätskriterien erfüllt worden sind, die erfüllt sein müssen. Das heißt, wir knüpfen in diesem Zusammenhang eben nicht an Berufs- oder Ausbildungszeiten an, sondern wir fragen immer nach den Inhalten. Darauf kann aus meiner Sicht für die Qualitätssicherung auf keinen Fall verzichtet werden.

Zweiter Spiegelstrich: Dahinter können wir ein Häkchen machen:

„Der Landtag fordert deshalb die Landesregierung auf, … den Übergang vom Beruf ins Studium durch die breite Anrechnung nachgewiesener Kompetenzen in der Ausbildung … zu erleichtern“.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist das Land, das bei den ANKOM-Projekten - da geht es genau darum - die meisten Fördermittel seitens des Bundes erhalten hat, weil wir eben besonders weit sind. Insofern kann auch hinter diesen Spiegelstrich bereits ein Häkchen gesetzt werden.

Dritter Spiegelstrich:

„Der Landtag fordert deshalb die Landesregierung auf, … ein attraktives Anreizsystem für die Hochschulen aufzubauen … Hierzu gehören:

- Ausbau der dualen Studienangebote …,

- Ausbau echter Teilzeitstudiengänge,

- Einführung eines berufsbegleitenden Bachelors.“

Wir sind das erste Land, das bereits ein berufsbegleitendes Bachelorstudium anbietet. Ich darf aber an die Autonomie erinnern. Das entscheiden nicht wir, sondern das entscheiden die Hochschulen. Das Gleiche gilt übrigens für das Teilzeitstudium, liebe Kolleginnen und Kollegen, das die SPDVorgängerregierung aus dem Gesetz herausgestrichen hat. Wir haben es mit der letzten Novelle wieder hereingenommen. So viel zu Ehrlichkeit und Verlogenheit in der Politik. Auch hier kann ein Häkchen gemacht werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dann ist in Ihrem Antrag von einem großen Rückstand im internationalen Vergleich die Rede. Wir wissen natürlich auch, dass andere weiter sind, beispielsweise Großbritannien und Finnland. Lieber Herr Perli, wenn Sie das aber hier erwähnen, dann weisen Sie bitte auch darauf hin, dass die dortigen Studiengänge, die Sie so loben, sehr, sehr viel Geld kosten, und zwar in einer Größenordnung, die hier in Deutschland politisch nicht durchsetzbar wäre, erst recht nicht bei Ihren politischen Freunden. Wir machen das alles, weil wir im internationalen Vergleich aufholen wollen.

Wir wollen jungen Menschen, die in Niedersachsen eine Ausbildung im dualen System oder im Schulberufssystem absolvieren, die Möglichkeit eröffnen, ihre Ausbildung mit einem Berufsabitur als zweitem Regelabschluss abzuschließen. Das ist natürlich auch ein Thema in der KMK gewesen. Ein entsprechender Antrag hat dort aber noch nicht einmal die Unterstützung der SPD-geführten Länder gefunden. Deshalb hätte es gar keinen einstimmigen Beschluss geben können, selbst wenn wir dafür gewesen wären. Also kein Häkchen. Da liegen Sie völlig neben der Spur.

Die Landesregierung wird weiter aufgefordert, die Zugangsvoraussetzungen für beruflich Qualifizierte in einer gemeinsamen Vereinbarung der Länder zu regeln. Genau das ist auf Initiative Niedersachsens

mit dem KMK-Beschluss von Stralsund geschehen.

Eine weitere Forderung lautet, die Studienfinanzierung sicherzustellen und sich für eine Reform des BAföG einzusetzen. Sie wollen die Studiengebühren abschaffen, klar. Da finden wir keinen Konsens.

Dann wollen Sie ein weiteres Stipendienprogramm auflegen. Das alles kostet Geld, und ich habe Zweifel, ob wir das Geld haben.

Aber eines will ich Ihnen bei der Gelegenheit sagen: Wir sind diejenigen, die massiv mit für eine BAföG-Reform eintreten, und wir sind diejenigen, die bereits Anträge gestellt haben, um beispielsweise beim BAföG für Teilzeitstudierende weiter zu kommen, als das bisher von der derzeitigen Bundesregierung vorgesehen ist.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Fazit, meine Damen und Herren: Hinter fast alle Ihrer Forderungen können wir ein Häkchen machen, bis auf die, bei denen wir uns bekanntermaßen leider nicht annähern können. Das ist aber auch kein Problem. Dafür sitzen wir auf unterschiedlichen Seiten. Dieser Antrag ist völlig überflüssig und nichts anderes als Show.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung, und wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir zu Tagesordnungspunkt 17 ab.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und FDP in der Drs. 16/612 unverändert annehmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Wir sind uns einig: Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 18.

Die auf Ablehnung lautende Beschlussempfehlung entfernt sich inhaltlich am weitesten vom ursprünglichen Antrag. Wir stimmen daher zunächst über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab. Nur falls diese abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über den Änderungsantrag ab.

Wer also der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/901 in geänderter Fassung annehmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt und damit der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/1057 nach § 39 Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 2 unserer Geschäftsordnung abgelehnt wurde.

Tagesordnungspunkt 19 wurde bereits direkt überwiesen.

Es ist vereinbart worden, jetzt Tagesordnungspunkt 24 zu behandeln. Ich rufe deshalb auf:

Zweite Beratung: Faire Arbeitsbedingungen für Leiharbeitskräfte - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/503 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/982 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1096

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme in geänderter Fassung.

Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Annahme des Antrages in einer weniger weitgehend geänderten Fassung zum Ziel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Dazu hat sich Herr Kollege Schminke von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.