Gabriele Heinen-Kljajic
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die rosige Situationsschilderung, die uns hier präsentiert wurde, nicht mit der Realität der Studierenden in Einklang zu bringen ist, die - Versorgungsquote in Niedersachsen hin oder her; wie immer sie im Bundesspiegel sein wird - im Moment ohne Wohnraum sind, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Deutsche Studentenwerk einen bundesweiten Bedarf von 25 000 zusätzlichen Wohnheimplätzen ermittelt hat - wenn man den Königsteiner Schlüssel anwenden würde, wären das 2 500 zusätzliche Plätze für Niedersachsen -, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich die Wohnraumsituation in Städten, wo sich Hochschulen gemeinhin befinden, zuspitzt, weil der Wohnraum knapper wird und die Wohnungen teurer werden, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich die soziale Struktur der Studierenden dahin gehend ändert, dass es zukünftig immer mehr jüngere Studierende geben wird, von denen erwartet wird, dass sie eher als andere Studierende Interesse an einem Wohnheimplatz haben werden, frage ich die Landesregierung - Minister Althusmann hat hier ja angeführt, dass er keinen Bedarf für den Bau neuer Studentenwohnheime sieht -: Wie wird überhaupt der Bedarf für Niedersachsen ermittelt? Welche Kriterien werden zugrunde gelegt?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegin Polat hat hier eben völlig zu Recht eingefordert, dass es eine Entschuldigung seitens des Innenministers für eine Behauptung geben muss, die schriftlich in einem Schreiben an alle Abgeordneten im Ausschuss gegangen ist und die schlicht und ergreifend falsch ist.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Dieser Vorgang hat wirklich das Zeug zu einer Verleumdungskampagne. Hier werden Behauptungen aufgestellt, die nicht stimmen.
Es gibt ein Schreiben eines Beamten des Innenministeriums, in dem behauptet wird, Frau Polat habe vor dem 28. September 2011 - das war das Datum der Petitionsausschusssitzung - niemals mit der entsprechenden Ausländerbehörde in Gifhorn in dieser Frage Kontakt aufgenommen. Das ist falsch! Frau Polat war am 4. Mai 2011 bei der Ausländerbehörde. Das kann ich zufälligerweise ziemlich gut bezeugen; denn ich war persönlich dabei.
Von daher erwarte ich zum einen, dass das Schreiben aus dem Innenministerium richtiggestellt wird, und zum anderen, dass sich der Innenminister, wie von Frau Polat gefordert, hier und jetzt für diesen Vorgang entschuldigt.
Auf den Vorwurf des Innenministers hin, es sei nicht wahr, dass Frau Polat ein Gespräch mit der Amtsleiterin in Gifhorn geführt habe, auf das sie sich bezogen hat, und dies sei auch von der Behörde bestätigt worden, habe ich eben vor dem Plenum bezeugt, dass sowohl ich als auch Frau Polat am 4. Mai anwesend waren.
- Entschuldigen Sie, Herr Nacke. Würden Sie mich bitte einfach ausreden lassen, anstatt immer dazwischenzuquaken?
Wir haben hier - - -
Danke, Frau Präsidentin. - Nachdem zwei Abgeordnete, nämlich Frau Polat und ich, hier bezeugt haben, dass wir am 4. Mai sehr wohl bei dieser Behörde waren, hat Innenminister Schünemann in der anschließenden Kommentierung behauptet, es sei zweifelsohne seitens der Behörde festgestellt worden, dass Frau Polat nicht dort gewesen sei, und hat sich dafür nicht entschuldigt.
Ich persönlich verwahre mich gegen den jetzt im Raum stehenden Eindruck, dass sowohl Frau Polat als auch ich hier nicht die Wahrheit gesagt haben. Sonst müsste der Innenminister jetzt nicht
sagen, solange nicht das Gegenteil bewiesen sei, gelte für ihn die Aussage der Behördenleiterin.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Traum schwarz-gelber Landesregierungen, Kürzungsrunden an den Hochschulen mit Studiengebühren zu kompensieren, ist geplatzt. Sogar die CSU in Bayern ist inzwischen klüger geworden. Aber selbst das Ausscheren des letzten Verbündeten scheint CDU und FDP in Hannover nicht aus dem hochschulpolitischen Tiefschlaf wecken zu können. So geistert Ministerin Wanka inzwischen als solitäres Gebührenfossil durch die Medienlandschaft
und verfestigt Niedersachsens Ruf als ewigem bildungspolitischem Nachzügler.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Studiengebühren sind nicht gescheitert, weil sie im deutschen Bildungsföderalismus dank starker politischer Polarisierung zwangsläufig nicht lange überleben konnten.
Studiengebühren sind gescheitert, weil sie als Zugangshürde zum Studium nach dem Motto „Nur wer zahlt, kommt hier rein“ genau das Gegenteil von dem erreichen, was wir brauchen: Sie schrecken junge Menschen vom Studium ab. Alle Umfragen zeigen das.
Bei der Entscheidung für oder gegen das Studium ist die Finanzierungsfrage von zentraler Bedeutung. Darauf mit der Wiedereinführung von Stu
diengebühren zu reagieren, war und bleibt bildungspolitisches Harakiri.
Der rasante Anstieg der Studierendenzahlen in den 1970er- und 1980er-Jahren konnte nur deshalb gelingen, weil der Staat erkannte, dass die sogenannten Bildungsreserven in den bildungsfernen und einkommensschwachen Familien zu finden sind, und weil er erkannte, dass die Kosten eines Studiums das Zugangshindernis sind. Deshalb wurde seinerzeit das erfolgreiche BAföG auf den Weg gebracht.
Heute haben wir exakt die gleiche Ausgangssituation: Wir brauchen mehr Akademiker; und wenn 77 % aller Akademikerkinder ohnehin studieren, sind es wieder die Bildungsfernen und die eher Einkommensschwachen, die wir erreichen müssen. Aber statt aus der Erfolgsgeschichte des BAföG zu lernen und finanzielle Hürden weiter abzubauen, haben Sie eine neue Hürde eingezogen.
Was für ein Irrsinn:
Der Bund gibt den Studierenden Geld, um studieren zu können, und das Land kassiert es wieder ein.
Dank schwarz-gelber Bildungsmisere hat Niedersachsen mit einer Studierquote von nur 31 % ohnehin schlechte Karten in Sachen Fachkräftemangel. Hinzu kommt, dass wir bundesweit als Exportmeister mit einer Abwanderungsquote von 33 000 Studienberechtigten Jahr für Jahr einen enormen Aderlass an zukünftigen Hochqualifizierten verkraften müssen.
Ihre Hochschulpolitik, werte Kollegen von CDU und FDP, manövriert uns immer weiter ins Aus. Deshalb ist es höchste Zeit für einen Regierungswechsel.
Wir werden im nächsten Jahr dafür sorgen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden.
Nicht zufällig haben Sie, liebe Kollegen von CDU und FDP, in Niedersachsen die Gebühren eingeführt, nachdem Sie den Hochschulen erst mal 50 Millionen Euro weggekürzt haben. Dass Studiengebühren in einer Situation eklatanter Unterfinanzierung die Studienbedingungen verbessern, ist eine Binsenweisheit. Die Studierenden haben die Haushaltslöcher gestopft, die Sie vorher gerissen haben. Es ist logisch, dass mit der Einführung von Studiengebühren eine Verbesserung des miserablen Status quo erreicht werden kann.
Wir werden mit einer rot-grünen Landesregierung dafür sorgen, dass Ihre Kürzungen im Hochschulbereich rückgängig gemacht werden und der Wegfall der Studiengebühren durch Landesmittel kompensiert wird.
Nur noch eine kurze Anmerkung zum vollmundigen Versprechen der Kollegin der Linken, die Gebühren bereits zum nächsten Sommersemester abschaffen zu wollen.
Auch wir wollen die Studierenden so schnell wie möglich von den Studiengebühren befreien, aber wir wollen das - übrigens anders, als es CDU und FDP bei der Einführung gemacht haben - in einem breiten Beteiligungsverfahren tun. Es geht nämlich nicht einfach nur darum, den Gebührenparagrafen zu streichen. Wir wollen haushaltstechnisch eine vollständige Kompensation der Gebühren erreichen. Wir wollen, dass diese Mittel tatsächlich zur Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt werden.
- Man muss aber auch wissen, woher man das Geld für einen Nachtragshaushalt nimmt.
Wir wollen, dass diese Mittel möglichst nicht kapazitätswirksam werden. Wir wollen vor allem, dass der Einfluss der Studierenden bei der Mittelvergabe für Studium und Lehre gestärkt wird.
Selbstverständlich.
Zum einen, lieber Kollege, gibt es konkurrierende Politikbereiche. Zum anderen habe ich Ihnen gerade eine ganze Reihe anderer Gründe - auch gesetzgebungstechnische Gründe - genannt, die dagegen sprechen. Wenn Sie allen Ernstes behaupten, Sie könnten das zum Sommersemester 2013 umsetzen, dann machen Sie den Leuten schlicht und ergreifend etwas vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine solche Gesetzesnovelle braucht eine Vorbereitungszeit von Monaten und nicht von Wochen. Das ist doch Quatsch, was Sie hier erzählen. Das ist Wahlkampfgetöse einer Partei, die weiß, dass sie diese Forderung am Ende ohnehin nicht umsetzen muss.
Wir sind uns darin einig, dass das Thema gleich nach der Wahl auf die Agenda gehört.
Meine Damen und Herren, wer nach einer Zustandsbeschreibung dieser ausgedienten Landesregierung sucht, der schaue sich das autistische Festhalten an Studiengebühren an. Ministerin Wanka gibt zwar immer noch tapfer den hochschulpolitischen Don Quijote und kämpft unbeirrt weiter für den Erhalt der Studiengebühren, aber diesen Kampf führt sie einsam. Sie wird ihn spätestens in zehn Wochen verloren haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Klosterkammer ist als traditionsreiche Einrichtung zum einen natürlich durch die Verfassung geschützt, aber sie ist zum anderen zweifelsohne auch ein Kulturgut, das wir hegen und pflegen sollten.
Das darf aber nicht bedeuten, lieber Herr Hillmer, dass wir ihre feudalen Strukturen unter Schutz stellen, statt sie weiterzuentwickeln
und sie den Anforderungen und den demokratischen Gepflogenheiten des 21. Jahrhunderts anzupassen.
Das ist umso wichtiger, als wir es hierbei nicht mit einer musealen Einrichtung zu tun haben, sondern mit einer Vermögensverwaltung, die Fördermittel im Umfang von ca. 3 Millionen Euro pro Jahr ausschüttet.
Spätestens die Erbpachtdebatte hat gezeigt, dass die Entscheidungsstrukturen der Klosterkammer
nicht zeitgemäß sind. Zudem kann es nicht angehen, dass hier Fördermittel ohne öffentliche Kontrolle nach Gutsherrenart verteilt werden.
Die Schwachstellen der Klosterkammer, werte Kollegen von CDU und FDP, heilt man nicht dadurch, dass man als Feigenblatt ein beratendes Gremium einrichtet. Ihnen mag die jetzige Struktur zupasskommen, weil der derzeitige Präsident ein CDU-Mann ist. Aber mit moderner Bürgergesellschaft und transparenter Mittelvergabe hat das alles nichts zu tun, lieber Herr Hillmer.
Auch mit Kulturgutpflege hat das Festhalten am Status quo nichts zu tun. Denn Kulturgutpflege heißt eben nicht Konservierung, sondern zeitgemäße Weiterentwicklung. Gerade die lange und bewegte Geschichte der Klosterkammer bzw. ihrer Einrichtungen liefert dafür den besten Beweis.
Die Kollegen der Linken haben für ihren eigenen Gesetzentwurf eine Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes eingeholt. Darin sind zwei Aussagen von zentraler Bedeutung: Erstens. Artikel 72 der Verfassung bietet Bestandsschutz, aber er legt nicht fest, wie innerhalb der Kammer Entscheidungen getroffen werden müssen. Zweitens. Eine Übertragung der Entscheidungsbefugnisse auf ein pluralistisch besetztes Gremium ist möglich, solange sichergestellt ist, dass das Land maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung behält. - Das wäre sehr wohl in einem Stiftungsgremium möglich.
Liebe Frau von Below-Neufeldt, es gibt Stiftungen, die nach demokratischer Legitimation funktionieren, und sie funktionieren gut. In dieser Hinsicht müssen Sie sich, glaube ich, noch ein bisschen schlaumachen.
Meine Damen und Herren, die überkommenen Einrichtungen haben mit Säkularisierung und Krieg schon größere gesellschaftliche Umwälzungen erlebt, als dass sie durch eine Reform der Binnenstruktur und eine demokratische Legitimation ihrer Vergabeentscheidung in ihrer Existenz gefährdet würden. Deshalb sagen auch wir: Die Klosterkammer braucht zeitgemäße Leitungsstrukturen, und das möglichst bald. Wir werden diese dringend erforderliche Strukturreform in der kommenden
Wahlperiode mit hoffentlich neuen Mehrheiten zügig auf den Weg bringen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es sehr verwunderlich, dass hier jetzt auf einmal eine Risikoneubewertung in Sachen Atomenergie gegeißelt wird, wo doch gerade diese Seite des Hauses sie erst unlängst, nämlich nach Fukushima - wie wir finden, glücklicherweise -, vorgenommen hat.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass dieses ganze MOX-Geschäft im Prinzip ein großer Verschiebebahnhof von Plutonium über Ländergrenzen hinweg ist, frage ich die Landesregierung erstens: Hat sie Kenntnis darüber, aus welchen Atomkraftwerken das Plutonium stammt, das jetzt in den Brennelementen für Grohnde ist? Ist das E.ONPlutonium, oder ist es von RWE oder Vattenfall?
Zum Zweiten würde ich gerne wissen: Was passiert denn eigentlich, wenn jetzt nach der vorzeitigen Abschaltung der AKW das abgetrennte Plutonium in Gänze gar nicht mehr als MOX-Brennstäbe neu verwertet werden kann? Was passiert dann? Welche Konsequenzen hat das für uns? Nehmen wir das dann als Müll zurück, oder was bedeutet das?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Fachdebatten zeigen, dass nicht die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen gescheitert sind, sondern gescheitert sind die Strukturen, in denen sie ausgebildet werden und in denen sie arbeiten müssen. Viele internationale Vergleichsstudien belegen: Es gibt sie, die Schulen, in denen die Kinder in ihrer Entwicklung individuell unterstützt werden und in denen nicht vorgegeben wird, wer wie wann was wo zu lernen hat, wobei viele Schülerinnen und Schüler leider Gottes auf der Strecke bleiben.
Dazu bedarf es allerdings einer Neuausrichtung nicht nur des Schulsystems, sondern auch der Lehrerinnenbildung, weshalb auch wir Ihnen heute unser grünes Konzept zur Lehramtsausbildung vorstellen möchten. Ein zentraler Punkt dieser Neuausrichtung ist aus grüner Sicht der Wechsel von einer bisher schulformbezogenen Ausbildung hin zu einer schulstufenbezogenen Ausbildung. Spätestens seit Einführung der Oberschule ist der deutsche Sonderweg der schulformbezogenen Ausbildung auch in Niedersachsen ein Anachronismus geworden.
Diese Landesregierung bildet Studenten für Schularten aus, die es in naher Zukunft vermutlich gar nicht mehr geben wird. Das eigens neu geschaffene Lehramt für Realschulen - der Kollege Wulf hat es schon angesprochen - ist mit der Einführung der Oberschule längst überholt.
Bevor Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP und lieber Herr Klare, jetzt gleich wieder den Anschlag auf die Gymnasien wittern: Nennen Sie mir auch nur einen einzigen Grund, weshalb ich als Lehrer für das individuelle Lernen mit zehn- bis fünfzehnjährigen Jugendlichen an einer Hauptschule oder an einer Oberschule andere Kompetenzen brauche als an einem Gymnasium. Es gibt keinen Grund; es sei denn, man hält wie CDU und FDP an einem eliteverliebten Menschenbild fest, das Leistungsstärke nach dem Motto „Nur das Beste für die Besten“ nur von speziell ausgebildeten Lehrern unterrichten lassen will.
Das ist eindeutig nicht unser Ansatz, zumal er die Ursache für das Scheitern unseres Bildungssystems ist.
Wir wollen Lehrkräfte, die Lernen in heterogenen Gruppen ermöglichen und das Beste aus jedem einzelnen Kind herausholen. Wir wollen Lehrerinnen und Lehrer, die für inklusives Lernen in Zukunft auch wirklich gewappnet sind, weil sich alle Lehramtsstudenten bereits im Studium mit dem Thema Sonderpädagogik befasst haben.
Ein weiterer Kernpunkt unseres Konzeptes ist die Fokussierung auf die berufspraktische Eignung. Der Beruf des Lehrers ist mit hohen Belastungen verbunden. Ich glaube, das wird niemand hier bestreiten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass junge Menschen frühzeitig überprüfen können, ob sie für diesen Beruf geeignet sind. Aus diesem Grund wollen wir einem Lehramtsstudenten erst einmal die Möglichkeit für ein Eingangspraktikum vor Beginn des Studiums geben.
Das bisher nur im Master vorgesehene Praxissemester - da unterscheidet sich unser Modell deutlich von dem der SPD - wollen wir bereits ins Bachelorstudium einbauen.
Alle Praxisphasen müssen vorbereitet, begleitet und ausgewertet werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Am Ende der Bachelorphase wollen wir ein Assessment anbieten, das den Studierenden eine Empfehlung bezüglich ihrer Stärken und Schwächen - und damit natürlich letztlich auch ihre Eignung für den Lehrerberuf - mit auf den Weg gibt. Ohne diese Möglichkeit der professionell begleiteten Selbsteinschätzung, werte Kollegen, macht die Idee des polyvalenten Bachelors überhaupt keinen Sinn.
Wer nach diesem Assessment immer noch entschlossen ist, Lehrer zu werden, dem muss der Zugang zum Master möglich werden. Hier setzen wir auf Motivation und Selbstreflexion statt auf Noten, die nichts, überhaupt nichts über die Eignung als Lehrerin oder Lehrer aussagen.
Um Motivation und Engagement junger Lehrkräfte nicht gleich nach dem Sprung ins kalte Wasser des Berufsalltags verpuffen zu lassen, wollen wir die ersten drei Berufsjahre mit einem Beratungs- und Unterstützungsangebot begleiten. Ansonsten soll künftig auch für Lehrerinnen und Lehrer gelten: Berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung ist verpflichtend.
Neue Erkenntnisse der Lernforschung oder die Entwicklung neuer Lehr-Lern-Konzepte sollten Dinge sein, mit denen auch Lehrerinnen und Lehrer, die schon länger im Berufsleben stehen, vertraut sind. Selbstverständlich sind die Schulen dazu mit entsprechenden Haushaltsmitteln auszustatten.
Damit wäre ich bei der dritten Kernaussage unseres Konzeptes. Wir wollen die Lehrerausbildung aus einem Guss. Alle drei Phasen - also die universitäre Ausbildung, das Vorbereitungsjahr am Studienseminar und die berufsbegleitende Weiterbildung - sollen enger zusammengebunden werden. Das bisherige Nebeneinander der jeweils zuständigen Einrichtungen behindert zum einen den gegenseitigen Austausch und die Rückkopplung zwischen Theorie und Praxis, und es erschwert auf der anderen Seite vor allen Dingen einen zeitnahen Wissenstransfer aus der Forschung in die Schule.
Deshalb wollen wir an den Universitäten Zentren zur Professionalisierung der Lehrerinnenbildung gründen. Diese Zentren sollen zum einen die Kooperation zwischen den genannten Einrichtungen steuern, und zum anderen sollen sie Forschung und Lehre der Bildungswissenschaften mit Forschung und Lehre der Fachwissenschaften bzw. der Fachdidaktiken zusammenbringen. Eine solche gemeinsame Steuerungsebene fehlt im Moment definitiv an unseren Universitäten. Die Bereiche dort laufen unabhängig voneinander gesteuert nebeneinander her.
Ich habe Ihnen jetzt in der Kürze der Zeit nur die Eckpfeiler unseres Konzeptes vorstellen können. In dem Antrag sind die Konzeptvorschläge sehr viel kleinteiliger.
Klar ist jedenfalls: Die überholten Strukturen der Lehramtsausbildung lassen sich nicht mit schwarzgelber Flickschusterei reparieren. Wir brauchen ein in sich geschlossenes Reformkonzept, das die Lehramtsausbildung als Ganzes betrachtet. Vor allen Dingen brauchen wir ein Konzept, das professionelles Handeln von Lehrern an individueller Förderung orientiert statt an Unterrichtung vermeintlich homogener Klassen in unterschiedlichen Schulformen.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Springen Sie endlich über Ihren bildungsideologischen Schatten, oder legen Sie Ihre Scheuklappen ab! Wir brauchen diese Reform. Ohne besser ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer ist eine bessere Schule nicht zu haben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Klare, was Sie versuchen, ist ein ziemlich durchsichtiges Spiel; denn faktisch haben hier weder Herr Wulf noch ich in irgendeiner Weise über Gymnasien gesprochen.
Lieber Herr Klare, auch in einer schulstufenbezogenen Ausbildung gibt es selbstverständlich eine Ausbildung für die Sekundarstufe II, sodass Ihr Gymnasium weiterhin - ich hätte fast gesagt: in Sicherheit ist - Lehrer hat, die dafür ausgebildet werden.
Zum Zweiten möchte ich darauf hinweisen, dass es auch ein Stück weit um die Durchlässigkeit des Bildungssystems geht. Ich habe Sie in meiner Rede gebeten, mir zu erklären, warum ein Lehrer, der in einer Oberschule einen 12- oder 13-Jährigen unterrichtet, andere professionelle Qualifikationen braucht als jemand, der das an einem Gymnasium tut. Diese Frage haben Sie nicht beantworten können.
Sie macht aber sehr viel Sinn im Zusammenhang mit der Frage, wie es um die Durchlässigkeit des Bildungssystems bestellt ist. Sie behaupten immer, dass unser Bildungssystem ausgesprochen durchlässig sei und dass auch jemand, der an einer Hauptschule einen Abschluss gemacht hat, hinterher am Gymnasium noch das Abitur machen könne. Das wird nur dann sinnvoll gelingen, wenn es Lehrerinnen und Lehrer gibt, die eben nicht nach Schulformen ausbilden, sondern die die Kinder nach ihren jeweiligen Fähigkeiten fördern und für solche Übergänge bzw. Wechsel in andere Schulformen fit machen. Genau das blenden Sie einfach aus.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf die Ausführungen von Finanzminister Möllring von vorhin eingehen. Das war in zweierlei Hinsicht ein ungeheuerlicher Vorgang.
Erstens, finde ich, ist es eine Unverschämtheit, dass uns gegenüber häppchenweise immer nur das eingestanden wird, was sich nicht mehr verbergen lässt, anstatt dass Sie endlich einmal die Gesamtverantwortung für das zweifelhafte Geschäftsgebaren dieser Landesregierung übernehmen.
Zweitens ist das, was uns hier eben vorgetragen worden ist, ein echter Skandal. Da soll im Kabinett beschlossen worden sein, dass man einem Antrag Bayerns im Bundesrat nicht zustimmt, der eine Steuererleichterung für die Versicherungswirtschaft zur Folge gehabt hätte. Im Bundesrat stimmt Ministerpräsident Wulff dann aber plötzlich für diesen Antrag, und zwar auf kurzfristigen Zuruf der Hannover Rück, mit deren Chef Herrn Baumgartl
Herr Wulff bekannterweise eng befreundet ist.
Und das soll erst jetzt aufgefallen sein? Das soll ein Finanzminister, der für Steuern zuständig ist, erst nach Akteneinsicht gemerkt haben? - Das ist doch abenteuerlich! Für wie naiv halten Sie eigentlich dieses Parlament?
Wir werden hier seit Monaten fortlaufend verschaukelt. Das müssen wir uns als Parlament nicht gefallen lassen.
Deshalb beantragen wir zur Geschäftsordnung, dass uns zum einen die Unterlagen bzw. die Schreiben, aus denen eben zitiert wurde, vorgelegt werden und dass wir am Ende der Tagesordnung eine Aussprache zu diesem Punkt haben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Grascha, lieber Herr Nacke, das ist doch nun wirklich ein allzu durchsichtiges Spiel, das Sie hier jetzt veranstalten wollen.
Zum einen ist es doch eine Farce,
hier allen Ernstes eine Fragestunde anzubieten, obwohl wir noch nicht einmal die Akten und die Schreiben kennen, um die es hier eigentlich gehen soll.
Zum anderen, lieber Herr Grascha - - -
Zweitens, lieber Herr Kollege Grascha und lieber Herr Nacke, Sie haben gesagt, hier sei immer umfassend unterrichtet worden.
Es ist nicht umfassend unterrichtet worden, sondern es ist falsch berichtet worden.
Denn sonst bräuchten wir nicht diese laufende Serie von Korrekturen hier in diesem Hause.
Deshalb geht es jetzt nicht um eine weitere Fragerunde, sondern es geht um eine Aussprache zum Umgang zwischen Parlament und Regierung in der Aufarbeitung der Affäre Wulff. Ich bin froh, dass die
Geschäftsordnung uns dazu nachher noch Gelegenheit geben wird.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selten ist eine politische Initiative im Bildungsbereich so grandios gescheitert wie die Föderalismusreform.
Was einmal als vermeintlicher Befreiungsschlag der CDU-geführten Bundesländer gestartet war, ist jetzt als halbherzige Rückrufaktion der Bundesregierung geendet. Das unter der Großen Koalition vor sechs Jahren ausgehandelte Kooperationsverbot hat weder die Bildungshoheit der Länder gestärkt noch für bessere Ergebnisse gesorgt - und die jetzt von der Bundesregierung vorgeschlagene Lockerung wird daran nichts ändern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, indem Sie nun zumindest die Linie der Bundesregierung übernehmen, nachdem Sie bei der Einbringung des Antrags der SPD überhaupt noch keinen Reformbedarf gesehen haben, machen Sie jetzt zwar einen Schritt in die richtige Richtung. Aber - und da bin ich voll und ganz bei der Kollegin von der SPD - Sie bleiben auf halber Strecke stecken. Von Ihrem Vorschlag würden lediglich einige
handverlesene Hochschulen mit der sogenannten überregionalen Strahlkraft profitieren, also die Hochschulen, die, wenn es um Wettbewerb geht, ohnehin schon zu den Bessergestellten gehören.
Sicher muss man überlegen, wie man die im Rahmen der Exzellenzinitiative angestoßenen Projekte weiterführen kann. Aber das ist doch nicht die eigentliche Herausforderung an den Hochschulen, meine Damen und Herren. Die entscheidenden Probleme der Hochschulen sind eine unzureichende Grundfinanzierung des laufenden Lehr- und Forschungsbetriebs und die schlechten Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Außerdem geht es völlig am Bedarf vorbei, wenn ausgerechnet Schulen von Kooperationen zwischen Bund und Ländern ausgenommen werden sollen. Ob echte Ganztagsschulen oder Inklusion - es gibt hier eine Vielzahl von Herausforderungen, die die Länder nicht allein werden stemmen können.
Das Groteske, meine Damen und Herren, ist, dass die, die diesem Kooperationsverbot seinerzeit zugestimmt haben, immer gewusst haben, dass dieser Beschluss eigentlich Irrsinn ist. Mit dem Kooperationsverbot ist ihnen der Geniestreich gelungen, eine Regelung in das Grundgesetz zu schreiben, bei deren Umsetzung es immer nur darum ging, sie irgendwie zu umgehen.
Ich will Ihnen einige wichtige Beispiele nennen: Nachdem das Ganztagsschulprogramm nicht mehr gefördert werden durfte, von dem vor allen Dingen Kinder aus bildungsfernen Schichten profitiert hätten, wurde der Umweg über das Bürokratiemonster des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets genommen. Die weggefallenen Investitionsmittel für die Schulen wurden durch das Konjunkturprogramm II kompensiert. Ohne den Hochschulpakt 2020, den Qualitätspakt Lehre oder den Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ hätten die Hochschulen längst kapituliert, und Frau Ministerin Wanka wäre um ihre wenigen Erfolgsmeldungen gebracht worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich - zumindest an dem Punkt bin ich wieder sehr nah bei Frau Heister-Neumann - müsste nicht das Kooperationsverbot aufgehoben werden, sondern müsste der Artikel 106 des Grundgesetzes, der die Verteilung der Einnahmen zwischen Bund und Ländern regelt, reformiert werden. Wenn der Bildungsföderalismus oder die Kulturhoheit überhaupt einen Sinn machen sollen - was ich persönlich, diesen Einschub erlaube ich mir, für den Hochschulbe
reich schon lange bezweifle -, dann müssen die Länder auch in die Lage versetzt werden, ihre hoheitlichen Aufgaben selbst zu finanzieren.
Trotzdem unterstützen wir den SPD-Antrag; denn es geht jetzt darum, kurzfristig mehr Mittel für den Bildungsbereich auch in die Länder zu holen, wohl wissend, dass dies nur ein Zwischenschritt sein kann hin zu einer großen Föderalismusreform, die die Einnahmesituation der Länder grundsätzlich und jenseits der Kooperation von Bund und Ländern verbessert.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Prüssner hat in ihren Ausführungen bereits dargelegt, dass es zu diesem Antrag eine schriftliche Anhörung gab. Diese Anhörung hat die Bedenken, die wir hier schon bei der Einbringung des Antrags vorgetragen haben, noch einmal bestätigt. Die Absicht, ältere Menschen mit Kulturangeboten zu erreichen, ist sicherlich keineswegs falsch, aber ihr Ansatz, liebe Kollegen von CDU und FDP, ist es, ehrlich gesagt, sehr wohl. Es geht nämlich nicht darum, spezielle Angebote für ältere Menschen zu machen, sondern es geht darum, allen Menschen - selbstverständlich unabhängig vom Alter, aber auch unabhängig von Herkunft oder sozialem Status - eine kulturelle Teilhabe zu ermöglichen.
Nur so, liebe Frau Prüssner, wird es gelingen, auch in Zukunft genügend Menschen zu haben, die Kultureinrichtungen besuchen und sich für Kultur begeistern, egal, wie alt sie sind. Es muss also gelingen, schon Kinder als neue Besucher von Kultureinrichtungen zu gewinnen in der Hoffnung, dass sie der Kultur ein Leben lang verbunden bleiben. Wer mehr Senioren als Teilnehmer an kulturellen Angeboten haben will, der muss damit in Vorschule und Schule beginnen.
Zudem hat in der Anhörung Professor Kirchberg von der Leuphana zu Recht darauf hingewiesen, dass Ihr Antrag aus der Perspektive des gebilde
ten Bürgertums geschrieben ist. Damit grenzen Sie von vornherein ein Gros der Bevölkerung aus. Nur mit transkulturellen Projekten oder Angeboten, die auch außerhalb der ausgetretenen Pfade des klassischen Kulturbetriebs, den Sie in Ihrem Antrag ansprechen, angesiedelt sind, erreichen Sie auch diejenigen Menschen leichter, die noch nie in ihrem Leben im Theater waren, deshalb aber beileibe nicht kulturlos sind.
Liebe Kollegen von CDU und FDP, Sie haben nach der Anhörung zwar erkannt, dass Ihr Ursprungsantrag überarbeitet werden muss, aber leider bleibt auch die Beschlussempfehlung weit hinter den vielen konkreten Vorschlägen der einzelnen Stellungnahmen zurück. Ich will nur einige wenige Beispiele nennen: Statt die Empfehlung aufzugreifen, erst einmal eine Datenerhebung vorzunehmen, damit man überhaupt sieht, welche Einrichtungen und Veranstaltungen von älteren Menschen besucht werden und welche nicht, fordern Sie jetzt eine Evaluation der bestehenden Angebote. Das aber ist etwas völlig anderes. Um neue Programme zu planen, wäre es sinnvoll, vorab zu wissen, wer die Besucher sind und was die älteren Besucher erwarten, statt jetzt eine Evaluation dessen, was es schon gibt, zu fordern.
Auch die Möglichkeit, die Fragestellung altersgerechter Angebote im Rahmen des Kulturentwicklungskonzeptes aufzugreifen, blenden Sie leider komplett aus. Ich finde, da haben Sie eine Chance vertan. Eine wichtige Anregung, die sich in vielen Stellungnahmen wiederfindet, war - ich glaube, das war sehr klug, wurde leider aber nicht berücksichtigt -, dass man Angebote für Senioren nicht als solche benennen sollte; denn viele ältere Menschen empfinden das zu Recht als Diskriminierung.
Ich glaube, jemanden, der sich im Restaurant schon über den Seniorenteller ärgert oder irritiert zur Kenntnis nehmen muss, dass im Harz die Seniorenweltmeisterschaft im Orientierungslauf stattfindet, den können Sie mit einem Kulturprogramm für Senioren, ehrlich gesagt, jagen.
Aber wie gesagt: Auch diesen Rat haben Sie leider nicht beherzigt.
Fazit: Der Antrag ist schon in seiner Problemstellung falsch angelegt und strömt offen gestanden eher den Geist eines Kaffeekränzchens mit Kultur
programm als den Geist einer zielführenden Entwicklung des Kulturstandortes Niedersachsen aus.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Vockert, die Entscheidung, die Angebote im Bereich der Grundbildung aufzustocken, war längst überfällig; darin sind wir uns sicherlich alle einig. Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung - aber eben nicht nur die, sondern auch andere - weisen schon lange darauf hin, dass das Angebot die Nachfrage längst nicht mehr bedienen kann. Von daher war es auch durchaus sinnvoll, dass die KMK den Grundbildungspakt geschlossen hat.
Jetzt kommt es aber darauf an, wie das Ganze umgesetzt wird. Ihr Antrag, Frau Vockert, beschreibt hier aber leider nur das, was für Niedersachsen schon beschlossen und umgesetzt ist, nämlich die Einrichtung von fünf regionalen Grundbildungszentren. Dazu, wie es nach dieser Pilotphase weitergehen soll, also was jenseits dieser Zentren passieren soll, ist in Ihrem Antrag jedoch nichts zu finden. Streng genommen war Ihr Antrag also schon erledigt, bevor wir ihn heute beschließen werden.
Darüber hinaus stört uns an dem Antrag die Fixierung auf die Volkshochschulen. Frau Vockert, Sie verweisen in Ihrem Antrag darauf, dass die Volkshochschulen im Bereich der Grundbildung jede Menge Erfahrungen haben. Das bestreitet auch niemand. Aber diese Bewertung können auch andere Einrichtungen der Erwachsenenbildung für sich in Anspruch nehmen. Daher wäre es sinnvoll gewesen, wenn Sie in dem Antrag zumindest ein paar Worte darüber verloren hätten, wie diese anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung künftig eingebunden werden sollen, zumal manche wie beispielsweise „Arbeit und Leben“ oder das
Bildungswerk ver.di einen deutlich besseren Zugang zu der Zielgruppe haben, eben weil sie den engeren Kontakt zu den Betrieben haben, in denen wir sie finden.
Gänzlich fehlt in Ihrem Antrag im Übrigen die aufsuchende Beratung. Diesen Aspekt hatte ich bei der ersten Beratung im Ausschuss angesprochen. Gerade die Klientel mit Grundbildungsdefiziten - Sie sprachen soeben zu Recht den Aspekt der Scham an - ist ja nicht unbedingt aus eigenem Antrieb unterwegs, Bildungsberatung oder die Volkshochschule aufzusuchen. Daher fordern wir seit Langem, dass die vom Land geförderte Bildungsberatung aufgestockt und ausgeweitet wird, um auch Angebote wie die aufsuchende Beratung verstärkt anbieten zu können. Ich meine, an dieser Stelle würde so etwas Sinn machen.
Bei der Grundbildung geht es darum, nicht nur hinsichtlich der Lesekompetenz, sondern auch im Übrigen das Bildungsniveau der Sekundarstufe I zu erreichen. Auch insofern bleibt der Antrag hinter der Herausforderung zurück.
Meine Damen und Herren, so notwendig es ist, Angebote vorzuhalten, die die Defizite der Schulausbildung ausgleichen, so dringlich ist es aber natürlich auch, das Schulsystem zu reformieren; denn nicht die Erwachsenen mit Leseschwäche oder ohne Schulabschluss haben versagt, sondern das Bildungssystem hat versagt.
Die PISA-Studien zeigen, dass Deutschland nicht nur in Sachen Lesekompetenz weit abgehängt ist. Niedersachsen hat sich zwar inzwischen von den Kellerplätzen ins untere Mittelfeld vorgearbeitet, aber bei der Lesekompetenz liegen wir immer noch auf Platz 12. Wir haben eine Schulabbrecherquote von 7,4 %, und in den Förderschulen verlassen traurigerweise 75,6 % der Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss. Ich finde, das ist beschämend.
Warum spreche ich das Thema Schule jetzt überhaupt an? - Ich spreche es an, weil natürlich gilt, dass wir Angebote auch für diejenigen machen müssen, die jetzt nicht mehr im Schulsystem sind. Aber solange Sie sich einer Schulreform verweigern, perpetuieren Sie das Problem der mangelnden Grundbildung. Daher finde ich, gehört an dieser Stelle auch dieser Aspekt angesprochen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anhörung, die Herr Dreyer schon erwähnte, hat noch einmal sehr deutlich gemacht, dass der Ursprungsantrag von CDU und FDP die eigentlichen Herausforderungen im MINT-Bereich ausgeblendet hat. Ihr Entwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch bei Hochschulen, Gewerkschaften, Kammern oder Fachwissenschaftlern durchgefallen; denn alle haben in der Anhörung mit jeweils eigenen Vorschlägen die Unzulänglichkeit Ihres Maßnahmenkatalogs aufgezeigt.
Immerhin haben Sie daraus Konsequenzen gezogen und jetzt einen neuen Antrag vorgelegt. Aber auch in ihm bleiben Sie in Pauschalansagen stecken, statt Butter bei die Fische zu geben. Als ich eben Ihre Rede hörte, lieber Herr Dreyer, habe ich gemerkt, dass Sie über alles reden, nur nicht über die politischen Gestaltungsmöglichkeiten, die Sie an der Stelle haben.
Zwar erkennen Sie nach der Anhörung immerhin an, dass vor allen Dingen Frauen für MINT-Fächer gewonnen werden müssen.
Aber auch hier belassen Sie es, ehrlich gesagt, bei lapidaren Sätzen. Sie sagen, die Landesregierung möge einen Maßnahmenkatalog entwickeln und vorlegen. Der eigentliche Schlüssel für die Lösung des Fachkräftemangels im MINT-Bereich ist es, die Zielgruppe der Frauen anzusprechen. Das bedeutet, Mädchen schon in der Kita oder in der Schule für Mathematik und Naturwissenschaften zu begeistern. Die Konzepte dafür, wie man das schafft, liegen eigentlich schon längst auf dem Tisch. Deshalb fordern wir, bei der fachdidaktischen Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern in den MINT-Fächern die neuesten Erkenntnisse der Geschlechterlehr- und -lernforschung einfließen zu lassen. Es geht nämlich nicht nur um eine stärkere Praxisorientierung, sondern natürlich auch darum, im Unterricht die Alltagserfahrungen und Interessen von Mädchen stärker zu berücksichtigen.
Weiterhin schlagen wir vor, den Hochschulen für bestimmte Projekte wie Kinder-Unis oder SommerUnis, die Schülerinnen und Schüler für Naturwissenschaften begeistern sollen, eine Quotierung der Plätze zu empfehlen. Denn damit wären die Hochschulen verpflichtet, auch nach Kandidatinnen zu suchen. Damit haben Universitäten, wie beispielsweise die in Aachen, durchaus gute Erfahrungen gemacht.
Bei der Umsetzung von Lehrstühlen müssen wir auch nach dem Auslaufen des Bund-LänderProfessorinnenprogramms verstärkt nach Frauen suchen, weil sie positive Vorbildfunktionen für Studienanfängerinnen übernehmen können. Wir fordern, dass wir statt eines MINT-Bildungsberichtes endlich einmal Datenmaterial über die Studienabbrüche bekommen. Vor allen Dingen muss abgefragt werden, was denn die Gründe für den Abbruch sind. Im Laufe eines Studiums verlieren wir etwa jede dritte Studierende bzw. jeden dritten Studierenden. Das geschieht meistens, weil die Leistungsansprüche zu hoch waren und wichtige Klausuren - häufig im Fach Mathematik - nicht bestanden wurden.
- Was heißt „weil sie da nicht hingehören“? Ich weiß nicht, wer gerade den Zwischenruf gemacht hat. Ich würde sagen: Das zeigt eher, dass da in der Schule offenbar etwas schief läuft.
Vor allen Dingen ist es äußerst bedauerlich, dass die Kollegen von CDU und FDP den Vorschlag der IHK Braunschweig nicht aufgegriffen haben, den
Mathematikunterricht auf den Prüfstand zu stellen. Wir halten es für einen klugen Vorschlag, die Lerninhalte im Fach Mathematik unter Beteiligung von Kammern und Hochschulen auf ihre Relevanz für die spätere Ausbildung zu überprüfen und den Unterricht entsprechend anzupassen. Hier wird überhaupt nichts gemacht. Seit drei Jahren laufen Gespräche mit dem Kultusministerium und dem MWK. Jetzt wäre endlich einmal Gelegenheit gewesen, Farbe zu bekennen. Aber leider passen Sie auch jetzt wie immer.
- Das wird nicht gemacht. Sagen Sie mir einmal, wo es gemacht wird, und dann hören Sie sich die Kommentierungen der IHK an, die schwer enttäuscht ist!
Fazit: Sie haben zwar eingesehen, dass Ihr Ursprungsantrag allzu schlicht war, aber auch der Änderungsantrag ist nicht zustimmungsfähig, weil er immer noch falsche Schwerpunkte setzt
und dort kneift, wo konkrete Vorschläge eigentlich schon längst auf dem Tisch liegen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Projekt „Wir machen die Musik“ ist zweifelsohne eine sinnvolle Initiative der Musikschulen gewesen, und die bisherige Bilanz kann sich ja auch sehen lassen. Das Problem ist allerdings, dass das Projekt auf einem sehr niedrigen Ausgangsniveau aufsetzt.
Gleichwohl war es natürlich höchste Zeit, in der Musikschulpolitik die Kehrtwende einzuläuten. Die Gesamtbilanz des schwarz-gelben Engagements in Sachen Musik sieht nämlich alles andere als rosig aus. Als erste Maßnahme im Bereich der
Musikschulen haben Sie 2004 den mit 2 % ohnehin schon geringen Anteil der Landesförderung um nochmals 25 % gekürzt. Mit einem Anteil von nur noch 1,5 % Landesförderung hielt Niedersachsen daraufhin bundesweit die rote Laterne. Dieser Anteil ist durch die Mittel im Rahmen des Projektes „Wir machen die Musik“ zwar wieder auf 1,8 % gestiegen, aber im Bundesvergleich liegen wir nach wie vor abgeschlagen auf einem der letzten Plätze.
Das geringe Landesengagement macht sich natürlich auch bei der Versorgung in der Fläche bemerkbar. Als vor sechs Jahren das erste Jugendkulturbarometer herauskam, war die Bilanz für Niedersachsen niederschmetternd. Es zeigte sich, dass junge Niedersachsen weit weniger Kontakt zu kulturellen Angeboten haben als Jugendliche anderer Länder. Das wird in diesem Jugendkulturbarometer übrigens auch ausdrücklich für die Musikschulen festgehalten. Begründet wird dieses Defizit mit, wie gesagt, fehlenden Angeboten in der Fläche. Der Handlungsdruck aufseiten des Landes ist also enorm hoch.
Jenseits der Finanzierung haben die Musikschulen aber auch noch das Problem, dass ihnen die Schülerinnen und Schüler davonlaufen. Dank Ganztagsschulen und gestiegenem Leistungsdruck in den Schulen haben immer weniger Schüler Zeit und Muße, nachmittags auch noch in die Musikschule zu gehen. Der Landesverband der Musikschulen hat daraus, wie ich finde, die richtige Konsequenz gezogen, nämlich: Wenn die Jugendlichen nicht zur Musikschule kommen, kommt die Musikschule halt zu den Jugendlichen. Er hat den Vorschlag an das Land adressiert, eine Kooperation mit Schulen und Kitas zu fördern. Das geschieht mit dem Programm „Wir machen die Musik“ nunmehr.
Den Dritten im Bunde, nämlich die kommunalen Spitzenverbände, hat das Land jedoch ungefragt mit in die Verantwortung genommen. Die 50prozentige Kofinanzierung der Personalkosten und die alleinige Übernahme der Sachmittelkosten sind für die Kommunen als Träger der Musikschulen angesichts ihrer Haushaltslage kein Pappenstiel. Obwohl die Nachfrage nach einer Förderung aus dem Programm inzwischen höher ist als das Angebot, beklagen die kommunalen Spitzenverbände - wie ich finde, zu Recht -, dass sich manche Kommunen die Teilnahme einfach nicht leisten können. Im Ergebnis haben wir die Situation, dass das frühmusikalische Bildungsangebot im Land
ungleichmäßig verteilt ist. Das ist eine klare Schwachstelle dieses Programms.
Ungeklärt ist auch, wie die Kontinuität des Angebotes sichergestellt werden soll. Bisher bleibt es den Musikschulen überlassen, ob sie nach Ablauf einer Klasse oder eines Jahres in der Kita mit dem Programm Schluss machen oder ob es fortgesetzt wird. Auch die Qualität der Angebote - das hat meine Vorrednerin schon angesprochen - wird bisher nicht überprüft. Mithin muss man feststellen: Die Stärke dieses Programms liegt in der Flexibilität während der Startphase. Aber nach dreijähriger Laufzeit ist es nunmehr an der Zeit, die Förderrichtlinien zu konkretisieren.
Außerdem ist festzuhalten - und das ist unser zentraler Kritikpunkt -, dass dieses Programm nicht den Ausfall des Musikunterrichts an den Schulen kompensieren kann.
Einen gerechten Zugang zu kultureller Bildung kann es nur im Schulunterricht geben. Bisher sieht Ihre Bilanz hier aber mehr als mager aus. Schon heute ist Musik ein Mangelfach. Bis 2017 fehlen an niedersächsischen Schulen 658 Musiklehrer. Dieses Problem ist seit Langem bekannt.
Im Oktober 2009, lieber Herr Klare, haben wir hier den Beschluss gefasst, die Landesregierung möge prüfen, ob man nicht auf das Modell des Ein-FachLehrers oder der kleinen Fakultas zurückgreifen könne, um mehr Musiklehrer zu gewinnen. Aber erst zum kommenden Wintersemester wird hier in Hannover an der Uni und an der Musikhochschule ein erster Studiengang mit der kleinen Fakultas starten. Das heißt, Sie haben drei Jahre verschenkt, um den Musiklehrermangel zu beheben.
Erst vor zwei Jahren haben Sie an Haupt- und Realschulen die Anzahl der Unterrichtsstunden in den musischen Fächern gekürzt. Was Sie vorne mit dem Programm „Wir machen die Musik“ aufbauen, reißen Sie hinten bei den Schulen wieder ein. Das „Musikland Niedersachsen“ ist ein Versprechen, das Sie an den Schulen nicht einlösen können.
Dabei ist und bleibt die Schule der einzige Ort, an dem Sie wirklich alle Kinder erreichen können, was - an dieser Stelle habe ich eine andere Einschätzung als die Kollegin Behrens - den Musikschulen nicht immer gelingt.
Deshalb, werte Kollegen von CDU und FDP, besteht überhaupt kein Grund zum Jubeln. Im Ländervergleich haben wir noch jede Menge aufzuholen. Den Ton geben andere an, aber bestimmt nicht Niedersachsen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Nacke, es mag Ihnen nicht gefallen,
dass der Leumund Ihrer Landesregierung immer weiter verloren geht. Aber jetzt hier einen solchen Aufstand zu machen, nur weil der Kollege hier ein Zitat gebracht hat,
zu dem er nicht die genaue Quelle genannt hat!
Dann hätte ich jetzt, ehrlich gesagt, erwartet, dass gerade Sie in Sachen des falschen Zitierens im Zweifelsfall auch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen.
Jetzt wird mit Sicherheit - - -
- Darf ich mal ausreden?
- Ich äußere mich auch zum Rassismusvorwurf und finde es in dem Zusammenhang übrigens ziemlich infam, dass Sie in dieser Aufregung als Zwischenruf gerade auch noch der Kollegin Polat zurufen,
sie möge sich doch dazu einmal äußern. Denn damit versuchen Sie, eine Gleichsetzung zwischen den Entgleisungen der Kollegin Pieper damals und diesem kleinen Fauxpas herzustellen.
Ich bin sicher, der Kollege Schostok kann jetzt die Quelle nachreichen. Damit ist der Fall für uns erledigt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir betreten mit dem heutigen Gesetz hochschulpolitisches Neuland. Es ist aus unserer Sicht sehr erfreulich, dass wir das mit einer sehr breiten Mehrheit machen, weil ich glaube, das ist für den Erfolg dieses Projektes sehr wichtig.
Ein grenzüberschreitender Studiengang zwischen der Universität Oldenburg und der niederländischen Universität Groningen ist an sich schon ein sehr ambitioniertes Projekt. Diesen Schritt aber ausgerechnet in einem Medizinstudiengang zu versuchen, obwohl die Medizinerausbildung bisher eher durch ausgeprägte Reformresistenz aufgefallen ist und obwohl auf Oldenburger Seite ohne universitätseigenes Klinikum gestartet und stattdessen die Kooperation mit bereits vorhandenen Krankenhäusern gesucht wird - da steckt schon Pioniergeist drin. Das muss man anerkennen. Deshalb stimmen wir diesem Gesetz auch zu.
Ärgerlich ist aus Sicht der Grünen, dass die Niedersächsische Ärztekammer, die Approbationskeule schwingend,
und immer dann, wenn es um Bologna geht, ihren berufsständischen Elitestatus wieder einmal verteidigt hat.
Da wird das Staatsexamen als Garant für einen hohen Qualitätsstandard in der Ausbildung verkauft, obwohl viele Länder - so übrigens auch unser Partner, nämlich die Niederlande - ihre Medizinausbildungen erfolgreich in den Strukturen von Bachelor und Master durchführen und deshalb keinesfalls die schlechteren Ärzte haben.
Wie absurd die Position der Ärztekammer ist, wird deutlich, wenn sie in der schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung selbst beschreibt, dass, wer in Oldenburg das Studium beginnt, dann aber in Groningen seinen Master macht, bei einer Remigration nach Deutschland - O-Ton Ärztekammer! - die deutsche Approbation erhalten kann. Ich finde, das muss man nicht weiter kommentieren.
Ich hoffe, die Erfahrungen mit der European Medical School werden dazu beitragen, den Starrsinn der Ärztekammer endlich zu brechen.
Zu hoffen ist auch, dass die Medizinische Fakultät in Oldenburg möglichst bald auf den Bereich Gesundheitswissenschaften ausgedehnt wird. Bei der interdisziplinären Befassung mit Gesundheit, die auch Bereiche wie Pflege oder Gerontologie oder Ernährung einbezieht, hat Deutschland einen großen Nachholbedarf. Es wäre unverzeihlich, wenn man den einmal gewonnen Reformschwung in Oldenburg nicht auch dazu nutzte, zeitig auf diesen Reformzug aufzuspringen.
Offen ist aus unserer Sicht auch noch - das hat der Kollege Wulf angesprochen; da haben wir eine andere Position als die SPD -, ob man nicht doch zu einem späteren Zeitpunkt überlegen muss, die Finanzströme zwischen der Universitätsmedizin und den restlichen Fakultäten zu trennen.
Dazu warten wir aber die Erfahrungswerte ab, guter Herr Perli.
Es ist schade, liebe Kollegen von CDU und FDP, dass wir uns beim Punkt Besetzung des Beirates, der den Senat in der Zeit beraten soll, in der er den Fakultätsrat ersetzt, nur in Teilen haben einigen können. Alle Oldenburger Akteure, von den Kliniken bis zum Senat und Präsidium, haben sich der Forderung der AG Fakultätsentwicklung angeschlossen und zu eigen gemacht, die Zusammensetzung des Beirates sollte die in den Hochschulen üblichen Mitwirkungsrechte widerspiegeln. Jetzt sind zwar alle Mitglieder vertreten - immerhin -, aber die klassische Parität ist nicht gegeben, weil - das hat der Kollege Wulf eben ausgeführt - wir dem Beirat drei externe Professuren hinzufügen, was aus unserer Sicht fachlich nicht zu diskreditieren ist, ohne dass jedoch die anderen Gruppen entsprechend aufgestockt werden.
Liebe Kollegen von CDU und FDP, das hätte nicht sein müssen. Nichts schadet einem Reformprojekt mehr als interner Zwist. Sie hätten sich nichts vergeben, hier einzulenken. Aber sei es drum. Die European Medical School ist ein spannendes Projekt. Deshalb will ich gar nicht weiter Wasser in den Wein gießen, sondern wünsche der EMS viel Erfolg.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist noch von unserem verstorbenen Kollegen Ralf Briese eingebracht worden. Wer ihn näher kannte, der weiß, dass politische Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit ihn immer umgetrieben haben.
Politische Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit sind auch das zentrale Thema dieses Entwurfs zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, bei der es zentral um die Anpassung der Altersentschädigung an die Altersgrenzen bei Renten und Beamtenpensionen geht.
Zugegeben: Im Verfahren war es unklug, eine Initiative zum Abgeordnetengesetz zu starten,
ohne das vorher mit den anderen Fraktionen besprochen zu haben. Deshalb haben wir in der Ausschussberatung angeboten, ihn zurückzuziehen, wenn es im Ausschuss zu einer Verständigung zum Kernanliegen, nämlich eben dieser Anpassung der Altersentschädigung, kommen würde. Die SPD hat erfreulicherweise sofort Kompromissbereitschaft signalisiert. Dass aber Sie, werte Kollegen von CDU und FDP, nicht einmal in der Lage waren, diesen Punkt des Antrages wenigstens zu beraten, zeigt, mit welch abgehobenem Rollenverständnis Sie als Abgeordnete Politik machen.
Es ist schon starkes Stück, finde ich, dass Sie den Bürgerinnen und Bürgern die Erhöhung des Renteneintrittsalters zumuten, aber für sich selbst die Parole ausgeben: Mit einer Anpassung des Abgeordnetengesetzes lassen wir uns noch Zeit, und an alten Privilegien halten wir vorerst mal fest. - Damit erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern faktisch, Renten und Pension ab 65 seien nicht mehr finanzierbar, womit Sie ihnen nicht unerhebliche Abstriche zumuten, halten aber für sich selbst an der alten komfortablen Ruhestandsregelung fest.
Sie beschließen also als Abgeordnete im Parlament Dinge, die Sie auf sich selbst gar nicht angewendet wissen wollen. Mit dieser Haltung, werte Kollegen, schüren Sie den Vertrauensverlust gegenüber etablierten Parteien und der repräsentativen Demokratie. Ihre Auslegung des Prinzips der Volksvertretung lautet offenbar: da unten das Volk, hier oben wir.
Im Ausschuss ist durchgeklungen, dass es Ihnen wohl auch um den Vertrauensschutz für die Kandidatinnen und Kandidaten zur Landtagswahl geht, weil diese unter der Annahme angetreten seien, spätestens mit 65 Altersentschädigung beziehen zu können. Das wäre erstens juristischer Unsinn, aber noch schlimmer, es verrät zweitens, worauf Sie hinaus wollen.
Sie wissen, dass Sie sich letztlich einer Anpassung an das Beamtenrecht nicht werden versperren können, wollen aber auf Zeit spielen, damit die Anpassung zumindest für die Abgeordneten der nächsten Legislaturperiode noch nicht gilt. Bei allem Respekt, lieber Herr Nacke, hier bedienen Sie das Bild vom raffgierigen Politiker. Bei der Verabschiedung des Beamtenversorgungsgesetzes im letzten November, bei dem wir genau die
sen Schritt gegangen sind und das Eintrittsalter auf 67 Jahre erhöht haben, hat der Kollege Güntzler für die CDU gesprochen und hier im Plenum vorgetragen, dass es eine Frage der Gerechtigkeit sei, wie in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für Beamte die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre zu erhöhen.
Liebe Kollegen von CDU und FDP, lieber Herr Nacke, erklären Sie uns, warum für das Volk gerecht sein soll, was für die Volksvertreter aus Ihrer Sicht nicht hinnehmbar ist! Ich bin auf die Antwort sehr gespannt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort auf unsere Große Anfrage macht deutlich, dass diese Landesregierung in Sachen Atompolitik nichts dazugelernt hat.
Zumindest für den Standort Thune der Firma Eckert & Ziegler gilt: Transparenz über die Umweltauswirkungen beim Umgang mit radioaktiven Stoffen scheint immer noch ein Fremdwort zu sein. Unbeirrbar werden die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber von Atomanlagen über die Interessen der Bevölkerung gestellt.
Ich möchte mich auf vier zentrale Kritikpunkte konzentrieren.
Erstens. Die weitreichenden strahlenschutzrechtlichen Umgangsgenehmigungen für die Firma Eckert & Ziegler am Standort Thune sind in einem Wohngebiet nicht tolerabel.
Die Antwort der Landesregierung belegt, dass Eckert & Ziegler schon heute im großen Umfang in
der Entsorgungssparte tätig ist. In den letzten zehn Jahren sind 110 000 Gebinde mit Atommüll über das Betriebsgelände in Thune umgeschlagen worden. Sogar zum Umgang mit großen Mengen von Plutonium - darüber ist berichtet worden - hat die Firma eine bis 2013 gültige Genehmigung, von der sie im Zuge der Verpackung russischer Strahlenquellen aus der DDR auch schon mehrfach Gebrauch gemacht hat.
Andere Bundesländer wie Bayern und Berlin dürfen ihren Müll in Thune konditionieren lassen. Trotz dieser umfangreichen Geschäftstätigkeit sind die üppigen Genehmigungen nicht einmal zu 10 % ausgeschöpft.
Genau hier, meine Damen und Herren, liegt das zentrale Problem; denn eben diese großzügigen Umgangsgenehmigungen machen die von Eckert & Ziegler geplante Expansion erst möglich, schlimmer noch: Sie laden förmlich dazu ein.
Auf die Frage „Wie können Sie an der Energiewende verdienen?“ verweist Herr Eckert im Juni in einem Interview mit dem Tagesspiegel auf den zu erwartenden Atommüll beim Rückbau der Atomkraftanlagen, den der Bund mit 5,4 Milliarden Euro veranschlagt. Dann führt Herr Eckert aus - ich darf zitieren -:
„Wenn nur ein Fünftel dieses Volumens bei uns landete, entspräche das einer Verdoppelung der gesamten Konzernumsätze“.
In beginne noch einmal mit dem Zitat:
„Wenn nur ein Fünftel dieses Volumens bei uns landete, entspräche das einer Verdoppelung der gesamten Konzernumsätze“.
Dagegen, meine Damen und Herren, nimmt sich das Bewerben um den Asse-Müll geradezu bescheiden aus. Hier plant jemand den Einstieg ins
Entsorgungsgeschäft, und zwar im ganz großen Stil.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Der Firma Eckert & Ziegler seien die Aufträge im Grundsatz gegönnt. Der Müll muss irgendwo konditioniert werden, und wir haben nicht viele Firmen, die das können.
Aber wir dürfen nicht zulassen, dass das in einem Wohngebiet passiert.
Das Gefahrenpotenzial bei der An- und Ablieferung, bei der Verarbeitung oder bei der Lagerung ist einfach zu groß. Deshalb fordern wir Sie, Herr Minister Birkner, auf: Nehmen Sie alle Umgangsgenehmigungen auf den Prüfstand und stellen Sie die Verträglichkeit mit den Randbedingungen einer Wohnbesiedelung sicher.
Zweitens. Die Grenzwerte der Direktstrahlung am Zaun verstoßen angesichts der gravierenden Abweichung von der üblichen Praxis gegen das im Strahlenschutz festgeschriebene Minimierungsgebot. Die Strahlenschutzverordnung schreibt vor, dass der Dosisgrenzwert zum Schutz der Bevölkerung außerhalb des Betriebsgeländes 1 mSv/a beträgt. Ein Jahr hat 365 Tage mit jeweils 24 Stunden, also 8 760 Stunden. Diese Grundannahme wird auf alle uns bekannten Atomanlagen wie Kernkraftwerke oder Zwischenlager angewendet. In Gorleben ist das BfS aus Sicherheitsgründen sogar auf 0,3 mSv/a heruntergegangen.
Nur in Thune, ausgerechnet in einem Wohngebiet, nur wenige hundert Meter von einem Gymnasium und von einer Grundschule entfernt, hat das Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig der Genehmigung für die Strahlendosis von 1 mSv/a eine angenommene jährliche Aufenthaltsdauer von 2 000 Stunden zugrunde gelegt. Nimmt man die nach der Strahlenschutzverordnung üblichen 8 760 Stunden zum Maßstab, wäre in Thune faktisch ein Grenzwert von 4,38 mSv/a zulässig.
Meine Damen und Herren, das ist nicht nur ein umweltpolitischer Skandal, weil die Gesundheit der Anwohner leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. Aus unserer Sicht ist das ein klarer Verstoß gegen das Minimierungsverbot der Strahlenschutzverordnung.
Das Gewerbeaufsichtsamt hätte diese Ortsdosis am Zaun niemals so genehmigen dürfen. Es ist
völlig abstrus, die 2 000-Stunden-Regelung damit zu begründen, der Zaun sei überwacht, und man könne feststellen, wenn sich Personen an ihm aufhalten.
Bei diesem Grenzwert, meine Damen und Herren, geht es um eine hypothetische Annahme, auf deren Basis der Schutz der Bevölkerung in der Umgebung einer Anlage sichergestellt werden soll. Es ist doch völliger Quatsch, so zu tun, als gehe es hier um Menschen, die 2 000 Stunden oder 8 760 Stunden permanent direkt am Zaun stehen. Herr Minister Birkner, nehmen Sie diese Abweichung von der üblichen Berechnungspraxis der Direktstrahlung am Zaun zurück. Was für Kernkraftwerke oder Zwischenlager auf der freien Wiese gilt, muss doch wohl erst recht für eine Anlage in einem Wohngebiet gelten.
Dritter Kritikpunkt: Die Vorsorge gegen Störfälle ist unzureichend und weicht von der üblichen Praxis bei vergleichbaren Anlagen ab. Thune liegt im unmittelbaren An- und Abflugbereich eines Flughafens, nämlich des Flughafens in Braunschweig. Trotzdem wurde bei der Störfallbetrachtung, die Genehmigungsvoraussetzung ist, ein Flugzeugabsturz nicht berücksichtigt. Mit dem Verweis in Ihrer Antwort auf unsere Große Anfrage, Herr Minister Birkner, ein Flugzeugabsturz sei dem Restrisiko zuzuordnen, liegen Sie schlicht falsch. Schauen Sie sich die einschlägige Rechtsprechung - konkret das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Unterweser; wir haben gestern schon darüber gesprochen - an. Dann werden Sie feststellen, dass diese Frage der Schadensvorsorge zuzuordnen ist und keinesfalls dem Restrisiko, das man einfach hinnehmen muss. Deshalb ist eine neue Störfallbetrachtung überfällig. Sorgen Sie dafür, dass die Genehmigungsvoraussetzungen an dieser Stelle korrigiert werden, bevor die Entsorgungskommission das im Zuge des Stresstests für Zwischenlager macht.
Der vierte Kritikpunkt bezieht sich auf die Offenlegung sicherheitsrelevanter Daten. Hier sehen wir einen Verstoß gegen das Umweltinformationsgesetz, das nach Bekanntgabe von Daten ausdrücklich eine Abwägung zwischen den Geschäftsgeheimnissen und den Interessen der Bürger vorschreibt. Es kann nicht sein, dass Eckert & Ziegler über 90 % des radioaktiven Inventars auf seinem Gelände in Thune mit Verweis auf Geschäftsge