Die Vorschläge sind mitnichten arbeitgeberfeindlich, wie Herr Höttcher hier fälschlicherweise behauptet. Ganz im Gegenteil wären seriöse Arbeitgeber geradezu erleichtert, wenn der freie Fall der Löhne in der Zeitarbeitsbranche gestoppt würde.
Dann müssten nämlich diejenigen, die ihre Mitarbeiter anständig bezahlen möchten, nicht ständig die Konkurrenz fürchten, die Leiharbeiter zu Hungerlöhnen beschäftigt.
Anständige Arbeitgeber in der Leiharbeitsbranche wollen auch Mindestlöhne. Verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker sollten ihnen dabei keine Steine in den Weg legen, sondern sie dabei unterstützen.
In diesem Sinne fordere ich alle Fraktionen auf, sich für ein faires Miteinander in der Zeitarbeitsbranche einzusetzen und den Antrag der SPD zu unterstützen.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Hagenah. - Es gibt eine Wortmeldung aus der Fraktion DIE LINKE zu einer Kurzintervention zu Ihrem Redebeitrag. Herr Kollege Adler, Sie haben für anderthalb Minuten das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagenah, Sie haben eben gesagt, es handele sich um ein „perfides Spiel mit einem eigentlich guten Gesetz“. Wenn das Gesetz aber so gestrickt ist, dass es den Unternehmen erlaubt, ein solches Spiel zu betreiben, dann muss man doch eigentlich zu dem Schluss kommen, dass es ein schlechtes Gesetz ist. Oder sehe ich das falsch?
Die Unternehmen werden doch immer den Spielraum ausschöpfen, den ihnen die Gesetze geben. Das ist doch völlig normal. Deshalb muss man
doch zu der Erkenntnis kommen, dass das ein schlechtes Gesetz ist und grundlegend geändert werden muss.
Das wirft allerdings ein Licht auf die rot-grüne Vergangenheit der Bundesregierung und das, was Sie mit Agenda 2010 und Hartz IV alles angerichtet haben.
Danke schön. - Herr Kollege Hagenah möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten Zeit. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Adler, ohne die Agenda 2010 und ohne diesen Einstieg mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wäre vieles von dem Jobwunder der letzten drei, vier Jahre in dieser Republik nicht möglich gewesen.
Viele Arbeitslose haben jetzt Arbeit. Viele neue Jobs konnten dadurch geschaffen werden. Konjunkturelle Nachfragespitzen in der globalisierten Welt konnten von den Unternehmen bewältigt werden.
Nur wenn man der Globalisierung gegenüber die Augen verschließt, wie es die Linke konsequent versucht, und in dem engen Korsett eines allein nach altem Denken gestrickten Arbeitsmarktes weiterarbeiten will, kann man zu der Aussage kommen, dieses Gesetz sei in der Grundstruktur nicht richtig und gut gewesen. Die Kritik am Detail und an Missbräuchen in der Umsetzung führt dazu, dass es Korrekturbedarf gibt, den übrigens auf Bundesebene sowohl SPD als auch Grüne längst erkannt haben. Entsprechende Initiativen sind auch ergriffen worden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag fängt mit einem guten Satz an. Diesen kann ich nur unterstreichen. Leiharbeit ist aber nicht nur
bei Auslastungsspitzen ein sinnvolles Instrument. Sie kommt auch bei Urlaubsvertretungen, Krankenfehlzeiten, Mutterschutz, Fehlzeiten durch Fort- und Weiterbildung und Ähnlichem sehr gut zum Tragen. Das ist in dem Antrag aber gar nicht enthalten.
In den Leiharbeitsfirmen herrscht eine große Fluktuation. Diejenigen, die in Unternehmen übernommen werden,
(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was? Das sind doch Facharbeiter! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Deswegen werden sie auch ausgeliehen! - Weitere Zuru- fe von der SPD und von den GRÜ- NEN)
7,5 % waren zuvor gar nicht beschäftigt, 13 % waren vor ihrer Tätigkeit ein Jahr oder länger ohne Job, 59 % hatten schon Arbeit, waren aber zeitweilig arbeitslos. Ob es sich um lange Arbeitslosigkeit oder Ähnliches handelt, sie würden auf dem freien Arbeitsmarkt nicht gegen ihre Konkurrenten beim Einstellungsgespräch bestehen.
Dagegen haben sie jedoch die Chance, in unterschiedlichen Firmen zu arbeiten und unterschiedlich an Tätigkeiten herangeführt zu werden, ihre Ausbildung zu optimieren oder zu erweitern oder
einfach nur am Arbeitsprozess wieder teilzunehmen. Das wiederum stärkt die Kompetenz und lässt den sogenannten Klebeeffekt eher zu.
Während in der gesamten Wirtschaft im Jahr 2006 knapp 27 % der Beschäftigungsverhältnisse endeten, waren es in der Zeitarbeit oder Leiharbeit 155 %. Der Bestand hat also rein rechnerisch 1,5mal gewechselt, oder es war nur knapp die Hälfte länger als drei Monate beschäftigt. Das war 2000 noch ganz anders. Damals war es nur gut ein Drittel.
Die Aussage, die Klebeeffekte seien nicht erkennbar, weise ich zurück. Facharbeiter und gutes Personal findet man nicht auf Anhieb. Die Einarbeitungszeit ist oft teuer und langwierig. Jeder Betrieb ist daran interessiert, gutes Personal an seine Firma zu binden. Im Zuge des Fachkräftemangels ist dies noch wichtiger, als es vorher schon war. Gutes Stammpersonal ist die Grundlage für die sichere Existenz jedes Unternehmens.
Aber Unternehmer sind heute auch vorsichtiger. Sie binden sich womöglich an einen Mitarbeiter, den sie nur schwer wieder los werden.
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich bekunden: In Deutschland gibt es, zumindest nicht im Mittelstand, der ja die meisten Arbeitnehmer beschäftigt, kein hire and fire. Wie ich schon ausführte, ist die Anlernzeit im Betrieb teuer und bindet Arbeitskräfte, die für eine produktive Arbeit erst einmal nicht zur Verfügung stehen. Hat man aber neue Mitarbeiter eingearbeitet und es kommt zu einem Auftragsmangel mit Umsatzrückgängen, ist eine Trennung nur schwer möglich und teuer, insbesondere unter Berücksichtigung der Verantwortung für die weiteren Mitarbeiter. Das kann eine Firma zusätzlich hart belasten.
Ihre Forderung, wonach Leiharbeitskräfte der betrieblichen Mitbestimmung im Leihunternehmen unterliegen sollen, ist fatal. Sie fordern, dass sie über Belange bestimmen sollen, die sie womöglich später nicht mehr selbst zu verantworten haben. Das geht gar nicht. Auch die Festlegung der Anzahl der Leiharbeiter durch die Arbeitnehmervertretung der Leiharbeitsfirma ist grotesk. Wie wollen diese Vertreter beurteilen, welche Arbeiten in welchem Zeitraum überbrückt werden müssen? Sie
An diesen Aussagen kann man ablesen, dass Sie wieder einmal nur die großen Konzerne vor Augen haben, die über Betriebsräte en masse verfügen, aber nicht die Arbeitswelt sehen, der die meisten Unternehmen angehören. Dieser Antrag ist für die Arbeitswelt, in der wir leben, in der es noch den gesunden Mittelstand gibt, nicht geeignet. Ich möchte diese Arbeitswelt weder diskriminieren noch belasten, wie Sie es mit Ihren Forderungen in den Abschnitten 2 e) und f) Ihres Antrages tun.