Auch dort sollen die Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I - das ist der wichtigste Bereich; denn das ist die Zeit, in der die Schülerinnen und Schüler in der Pubertät sind - jetzt freiwillig ein zusätzliches Intensivierungsjahr einlegen können.
Nur die Landesregierung in Niedersachsen klebt immer noch stur - soll ich sagen „wie ein Ochse“ oder „wie ein Esel“? - am Turbo-Abitur. Sie hat sogar noch eins draufgesetzt und als einziges Bundesland das Turbo-Abitur sogar den Gesamtschulen aufgezwungen. Das macht kein anderes Bundesland in der ganzen Bundesrepublik. Keine andere Landesregierung wagt es, ihre Gesamt
schulen, die sogar mit dem deutschen Schulpreis ausgezeichnet sind, derart schamlos zu schikanieren.
Während andere Kultusminister flexible Wege zum Abitur entwickeln, verschärft Niedersachsen noch und schafft es nicht, die Schülerinnen und Schüler im G8 zu entlasten. Fünf Jahre hat es gedauert, bis Sie endlich ankündigen, unsere Forderung nach Absenkung der Klassengröße in der 10. Klasse - das ist die Eingangsstufe Ihrer G8Oberstufe - umzusetzen. Das ist aber auch schon alles. Ich habe den Eindruck, CDU und FDP sind nicht mehr fähig zu Reformen, sie sind unfähig, aus Fehlern zu lernen und Beschlüsse zu überdenken, die sich als falsch erwiesen haben.
Als wir vor einem Jahr unseren Gesetzentwurf im Landtag diskutiert haben, einen Gesetzentwurf, mit dem wir den Gymnasien und den Gesamtschulen die Entscheidung freistellen wollten, das Abitur mit G8, mit G9 oder mit flexiblen Möglichkeiten zu vergeben, hat keine einzige Fraktion in diesem Hause ein gutes Haar daran gelassen. Heute müssen Sie eingestehen, meine Damen und Herren, dass der Entwurf der Grünen ein richtiges Konzept war. Wir hätten gemeinsam zum Wohle der Schülerinnen und Schüler darauf aufbauen können, wenn Sie alle es denn gewollt hätten.
Ich komme zum Schluss. Jetzt werden die Wählerinnen und Wähler am 20. Januar darüber entscheiden, wie es mit dem Turbo-Abi in Niedersachsen weitergehen wird und ob Schwarz-Gelb da überhaupt noch mitreden darf.
Die nächste Wortmeldung ist die von Frau Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort, Frau Reichwaldt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linke in Niedersachsen beklagt nicht die fehlende Flexibilität der Landesregierung bei der Suche nach Lösungen für die Probleme beim Abitur nach
Wir sind grundsätzlich gegen die verkürzte Schulzeit bis zum Abitur. Und das Schöne ist: Wir sind mit dieser Meinung in der Bevölkerung nicht alleine.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen das auch: keine Besuchergruppe, bei der das Thema Bildung zur Sprache kommt, in der nicht das Abitur nach zwölf Jahren kritisiert wird. Das hat sich in den letzten viereinhalb Jahren nicht geändert.
Die Tatsache, dass der doppelte Abiturjahrgang im letzten Jahr fast gleich gute Prüfungsergebnisse in beiden Jahrgängen erzielt hat, hat nichts an der Kritik der Betroffenen geändert. Heißen denn gleich gute Prüfungsergebnisse, dass auch gleich gut gelernt wurde?
Meine Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass das eben nicht der Fall ist. Kinder brauchen Zeit, um selbstbestimmt und gut lernen zu können. Das Turbo-Abitur war daher eine krasse Fehlreform ohne wirkliche pädagogische Rechtfertigung.
Die Linke in Niedersachsen will daher grundsätzlich zurück zum Abitur nach 13 Jahren. Niemand kann heute sagen, ob die beiden Abiturjahrgänge des letzten Jahres gleich erfolgreich auf ihrem weiteren Weg sein werden.
Wie viele haben vorher aufgegeben? Ist nur ein gewonnenes Jahr wirklich Rechtfertigung genug für Stress, Leistungsdruck und verlorene Kindheit? - Sie können doch nicht ernsthaft einen angeblichen Wettbewerbsnachteil für die G9-Abiturienten als einziges Argument anführen. Fakten kann man sich schnell aneignen und wieder wegwerfen. Aber was bleibt hängen, wenn man keine ausreichende Zeit für selbstbestimmtes und kreatives Lernen hat? - Wir brauchen keine Flexibilisierung oder die Möglichkeit für die Schulen, das Abitur nach 12 oder 13 Jahren anzubieten, sondern den Mut, eine falsche Entscheidung zu revidieren und grundsätzlich wieder auf 13 Jahre zurückzugehen.
(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: In der ehemaligen Deut- schen Demokratischen Republik geht das aber in zwölf Jahren!)
Schneller, früher und komprimierter für den Arbeitsmarkt bereitstehen - jede Bildungsstufe wird derzeit verdichtet, Kinder sollen früher eingeschult und das Abitur schneller machen und ihre Ausbildung und ihr Studium schneller beenden. Die Bildung verkommt so zu einer Hetzjagd nach Noten. Das hat doch nichts mit selbstbestimmtem und gutem Lernen und sicher auch nichts mit einem humanistischen Bildungsansatz zu tun.
Und immer mehr Schülerinnen und Schüler entziehen sich dem. Wie sonst sind die Flucht vor dem Gymnasium und der Run auf das Fachabitur zu verstehen?
Die Linke im Landtag hat auch den Vorstoß des SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Stephan Weil, kritisiert, die Gymnasien selbst darüber entscheiden zu lassen, ob sie das Abitur nach acht oder neun Jahren anbieten. Stephan Weil hatte gegenüber der Braunschweiger Zeitung erklärt, eine solche Regelung zu prüfen.
Damit würde man einen unüberschaubaren Flickenteppich in der Bildungslandschaft schaffen. Familien haben es bereits heute schwer, das Bundesland zu wechseln, weil die Schulen so unterschiedlich sind.
Wenn die Schulen nun jedes Jahr selbst über das Abitur nach acht oder neun Jahren entscheiden würden, würde Chaos entstehen. Darüber würden insbesondere Schulwechsler oder Klassenwiederholer leiden. Der Weg ist also nicht mehr Flexibilität, sondern eine grundsätzliche Umkehr.
Ein paar Worte zu den Integrierten Gesamtschulen: Die IGSen brauchen das Abitur nach 13 Jahren, um ihr pädagogisches Konzept zu gewährleisten. Die Schulgesetzänderung dieser Landesregierung zum Turbo-Abitur an Gesamtschulen war einzig und allein ein Versuch, dieses Konzept zu zerstören. Hier geht Niedersachsen in der Tat einen fatalen Sonderweg. In anderen Bundesländern
Ich gebe zu: Unsere Schulen von 12 Jahren wieder auf 13 Jahre zu reformieren, wird für alle Beteiligten eine große Aufgabe sein, auch wenn es richtig wäre. Bei den Gesamtschulen ist das viel leichter möglich. Zumindest für die Integrierten Gesamtschulen hoffe ich sehr, dass mit anderen Mehrheitsverhältnissen nach dem 20. Januar 2013 die Reißleine gezogen wird und das Turbo-Abitur dann hoffentlich Vergangenheit wird.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist in der Tat nicht das erste Mal, dass wir das Thema hier diskutieren. Das letzte Mal war das am 28. Juni 2011, als der erfolgreiche doppelte Abiturjahrgang gemeistert worden ist. Nun wird aufgrund der Berichterstattung darüber, wie schlecht das Abitur nach zwölf Jahren in Hamburg läuft, hier in Niedersachsen ein Antrag der Grünen für eine entsprechende Aktuelle Stunde eingereicht.
Man muss vielleicht etwas klarstellen, nämlich dass es mitunter etwas unredlich ist, wie Sie argumentieren. Sie suggerieren gegenüber den Schülerinnen und Schülern, dass bei einem Abitur nach 13 Jahren das Ganze wie von alleine kommen würde, so mit einer Art vollständig selbstbestimmtem Lernen.
Ich will Ihnen eines sagen: Auch das Abitur nach 13 Jahren würde weder ausschließlich über selbstbestimmtes Lernen noch anstrengungslos erfolgen können. Auch das Abitur nach 13 Jahren setzt voraus, dass man sich auf seinen Hosenboden setzt, seine Hausaufgaben macht und für Klausuren etc. lernt. Es gibt keine anstrengungslose Bildung.
Wenn man in diese Richtung weitergeht, frage ich mich immer, warum Sie dann nicht einfach die Einführung des Abiturs nach 14 Jahren verlangen.
Dann hätten die Kinder ja noch ein Jahr mehr für selbstbestimmtes Lernen und für anstrengungslosen Bildungswohlstand.
Dann schauen wir uns tatsächlich einmal an, wie es in den Bundesländern läuft! NordrheinWestfalen hat als eines der ersten Bundesländer freigestellt, wie - - -