Protocol of the Session on July 18, 2012

Nun wissen wir allerdings, dass es im Personenstandsrecht auch Gesichtspunkte gibt, die mit der Persönlichkeit zu tun haben. Diesbezüglich stimme ich Ihnen ausdrücklich zu, Herr Adler. Am besten wäre es natürlich, wenn dort ein hohes Maß an Selbstbestimmung möglich wäre. Das ist sicherlich in dem Alter, in dem solche Entscheidungen in der Gegenwart zu treffen sind, in der Form nicht der Fall.

Die weiteren Forderungen des Entschließungsantrags in der geänderten Fassung beziehen sich darauf, dass intersexuelle Menschen auf jeden Fall ein gutes Beratungsangebot vorfinden und gut

informiert werden sollen und dass sich ihr Rechtsstatus in Bezug auf die Verwahrung von Krankenakten gegenüber dem gegenwärtigen Stand verbessert. Sehr viele Punkte werden 1 : 1 entsprechend den Empfehlungen der Ethikkommission umgesetzt, sodass ich meine, dass Ihre Enthaltung zu diesem Antrag nicht der richtige Weg ist.

Ich stimme allen Vorrednerinnen und Vorrednern zu, die hervorgehoben haben, dass eine außerordentlich zielgerichtete Diskussion im Ausschuss stattgefunden hat - übrigens schon von Beginn der Debatte an. Allen Mitgliedern des Hauses ist bewusst, dass bezogen auf die gesamte Bevölkerungszahl eine nicht sehr große Anzahl von Menschen betroffen ist. Aber diese Menschen stehen vor besonderen Herausforderungen in ihrem Leben, die sich wohl nur jemand wirklich ausmalen kann, der selbst betroffen oder mit einem Betroffenen verwandt ist.

Das Ziel, Diskriminierungen weiter abzubauen, eint uns. Ich glaube, hier wird ein richtiger Weg aufgezeigt, und werbe daher um Zustimmung zu dem Antrag.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Riese. - Für die Landesregierung hat sich Frau Ministerin Özkan zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf der Grundlage der Aufforderung der Vereinten Nationen ist es, wie ich meine, gelungen, zu dem komplexen und mit vielen Tabus belegten Thema Intersexualität eine differenzierte Debatte in Gang zu setzen.

Sehr hilfreich war dabei, wie ich meine, die vom Deutschen Ethikrat im Februar 2012 vorgelegte umfassende Stellungnahme. Der Auftrag der Bundesregierung an den Ethikrat war, einerseits in einen Dialog mit intersexuellen Menschen zu treten und andererseits wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte vorzuschlagen.

Inzwischen haben sowohl die Gesundheitsministerkonferenz als auch die Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz einstimmig beschlossen, die Analysen und Empfehlungen des Ethikrates aufzugreifen und fachlich weiterzuentwickeln, da

mit Diskriminierung und Leid der Betroffenen beendet werden können. Die Länder haben dieses Thema auf den Fachministerkonferenzen sehr intensiv beraten und sind der Meinung, dass diese Maßnahmen dazu beitragen sollen, Transparenz zu schaffen und vor allen Dingen Tabus zu brechen.

Der Bundesrat hat mittlerweile im Rahmen einer Debatte zum Personenstandsrecht die Bundesregierung aufgefordert, die Empfehlungen des Ethikrates zu prüfen. Sie sehen, dieses Thema hat uns in den letzten Monaten auf vielen Ebenen beschäftigt. Ich denke, dass wir ein großes Stück weitergekommen sind.

Ich freue mich, dass es auch in Niedersachsen auf Landesebene gelungen ist, das Thema in einem fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag adäquat und mit Würde zu behandeln. Dafür bedanke ich mich bei den Fraktionen. Die jetzt vorliegende Entschließung, die das Recht auf Unversehrtheit der intersexuellen Menschen zu Recht in den Mittelpunkt stellt, ist ein guter und tragfähiger Kompromiss. Die Forderungen an die Landesregierung werden von aus aufgegriffen und unter Beteiligung der entsprechenden Einrichtungen, Behörden, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen sachgerecht umgesetzt.

Wir werden Themen wie Beratungs- und Betreuungsangebote, aber auch Fortbildungsangebote in enger Zusammenarbeit mit den Verbänden grundlegend fachlich aufarbeiten. Die Landesregierung wird weiterhin zusammen mit den anderen Ländern die Diskussion auf Bundesebene begleiten. Ich denke, sowohl die Innenminister als auch die übrigen Fachminister sind aufgefordert, hier in einen konstruktiven Dialog zu treten und entsprechende Regelungen zu schaffen.

Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit bei diesem Entschließungsantrag! Ich denke, wir haben damit eine gute Basis gefunden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ganz herzlichen Dank, Frau Ministerin Özkan. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/4442 in der sich aus der Be

schlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Abschließende Beratung: Ferienfreizeiten für Menschen mit und ohne Behinderungen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4844 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration - Drs. 16/4992 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/5021

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag der Koalitionsfraktionen unverändert anzunehmen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt auf die Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen, sodass ich die Beratung eröffnen kann. Zu Wort gemeldet hat sich seitens der CDU-Fraktion Herr Kollege Böhlke. Bitte schön, Sie haben das Wort!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bekanntlich hat der Niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen das Jahr 2012 zum Jahr der Inklusion in Niedersachsen ausgerufen. Inklusion bedeutet, gleiche Chancen für Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu schaffen und die Gesellschaft so zu gestalten, dass sich alle Menschen ohne vermeidbare Einschränkungen bewegen und mit entscheiden können. Dazu gehören insbesondere die Eingliederung in die Arbeitswelt, der Ausbau der Mobilität, die Barrierefreiheit, natürlich die inklusive Schulbildung, aber ebenso auch die Teilhabe in den Bereichen Kultur, Freizeit und Sport.

Hierzu gehört auch unser Antrag „Ferienfreizeiten für Menschen mit und ohne Behinderungen“, der heute zur Abstimmung steht. Wenn man gemeinsam lebt und erlebt, schwinden die Vorurteile, und es wird für Menschen ohne Behinderungen deut

lich, zu welchen Leistungen Menschen mit Behinderungen selbstverständlich fähig sind.

Blickt man zurück, so stellt man fest, dass in den letzten zehn Jahres viel Positives auf den Weg gebracht worden ist, das eine Verbesserung der Situation behinderter Menschen im täglichen Leben ermöglicht hat.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Das Bewusstsein nicht behinderter Menschen hat sich nach unserer Einschätzung positiv verändert: Es gibt mehr Verständnis und mehr Rücksicht. Wenn sich diese Entwicklung weiter positiv darstellen soll, ist es notwendig, sie auch weiterhin umfassend zu unterstützen und zu fördern. Dazu tragen die Ferienfreizeitangebote für Menschen mit und ohne Behinderungen wesentlich bei. In Niedersachsen bieten die Sozialverbände und andere in diesem Bereich tätige Organisationen bereits seit vielen Jahren integrative Ferienfreizeiten an, bei denen Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen gemeinsam in den Urlaub fahren. Diese Veranstaltungen zeichnen sich besonders dadurch aus, dass dort Angebote unterbreitet werden, die offen für alle, integrativ, ohne Altersvorgabe und - auch sehr wichtig - rollstuhlgerecht sind.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Hätte der Antrag bereits im Juni auf der Tagesordnung des Landtages gestanden, dann hätten wir - das ist bekanntlich kein Geheimnis - sofortige Abstimmung beantragt, weil wir gerne vor Beginn der diesjährigen Ferien ein Signal setzen wollten - ein Signal an die Öffentlichkeit, aber auch ein Signal an die Organisationen und Verbände, die diese wichtige Frage aktiv betreiben.

Mit diesem Antrag bringen wir einen Arbeitsauftrag an die Landesregierung auf den Weg. Hiermit soll das breite Angebot in der Öffentlichkeit noch bekannter gemacht werden. Schließlich leistet jede dieser Freizeiten einen wichtigen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Integration und damit auch zur Inklusion.

Mit diesem Antrag, so wie er vorliegt, soll die Landesregierung auch eine Übersicht über bestehende Fördermöglichkeiten integrativer Freizeitprojekte in Niedersachsen erstellen und entsprechend veröffentlichen.

Ein weiterer Punkt des Antrages fordert die Erstellung eines Konzepts zur Weiterentwicklung der Förderung unter Berücksichtigung der Bevölkerungsstruktur.

Auch ohne eine von der Opposition geforderte Anhörung zu diesem Antrag ist festzustellen, dass beispielsweise der Landesverband der Sozialverbände diese Initiative konstruktiv begleitet und auch in ihren Zielen unterstützt.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Pragmatisch wurde vorgeschlagen, eine trägerübergreifende Datenbank, eine Internetseite einzurichten, die von Niedersachsen betreut wird und auf der die Angebote der verschiedenen Träger zu finden sind. Somit können alle Interessierten die jetzt zuweilen etwas unübersichtliche vielfältige Angebotspalette überblicken und bewerten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der Ausschussberatung zeichnete sich ab, dass die Oppositionsfraktionen diesen Antrag klein-, ja vielleicht sogar schlechtreden wollen

(Unruhe bei der SPD)

und eine Abstimmung hinausschieben wollten mit dem Argument, dass dieser Antrag im Rahmen einer Anhörung noch weiter zu beraten sei. Dies sehen wir nicht so. Wir haben sehr deutliche Zeichen und Hinweise bekommen, die sicherlich auch anderen Fraktionen des Hauses vorliegen dürften, die eine heutige Entscheidung durchaus rechtfertigen. Deshalb überrascht es nicht, dass ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen vorliegt, der sich in dieser Form wohl nur mit dem Hinweis auf den Vorwahlkampf zur Landtagswahl rechtfertigen lässt.

Sie weisen darauf hin, dass das Landeskabinett am 31. Januar dieses Jahres einen Aktionsplan zur UN-Behindertenrechtskonvention zur Anhörung freigegeben habe. Sie stellen im gleichen Antrag widersprüchlich fest, dass es in Niedersachsen bis heute keinen solchen Aktionsplan gebe. Das widerspricht sich auf der einen Seite und spricht in meinen Augen auf der anderen Seite nicht für eine überzeugende Positionierung der beiden Fraktionen zu unserem konkreten Arbeitsauftrag an die Landesregierung.

Meine Damen und Herren, dieses Thema ist für Wahlkampf nicht geeignet.

(Lachen bei der SPD)

Ich wünsche mir schlicht und einfach, dass wir möglichst mit großer Übereinstimmung den Weg zu einer inklusiven Gesellschaft der Menschen mit und ohne Behinderung, ein gleichberechtigtes Miteinander erleben und unterstützen. Wir werden gemeinsam in gegenseitigem Verständnis weitermachen. Dazu dient dieser Antrag, und dafür werden wir uns mit voller Kraft einsetzen.

Wir werben also abschließend nochmals für unseren Antrag. Wir sind sicher, dass zumindest CDU und FDP diesen Aspekt der Landtagswahl außen vor lassen, sachgerecht entscheiden und diesen Antrag unterstützen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Böhlke. - Mit einer Kurzintervention auf Sie hat sich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Helmhold zu Wort gemeldet. Sie hat eine Redezeit von 90 Sekunden. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Herr Kollege Böhlke, ich habe gleich noch Gelegenheit, unseren Änderungsantrag vorzustellen. Ich habe mich deswegen zu Wort gemeldet, weil Sie eben gesagt haben, der SoVD habe dies begrüßt. Ich kann mir das nur so erklären, dass der SoVD nicht unhöflich sein wollte.