Erstens. Lassen Sie mich ein Zitat des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte anführen. Da heißt es, dass das BfArM empfiehlt, dass die betroffenen Implantate als Vorsichtsmaßnahme entfernt werden sollten. Wie dringend eine Entnahme im Einzelfall sei, hänge wesentlich davon ob, wie lange die Patientin das Implantat bereits trage. Dies sollte deshalb vor jeder Operation zwischen Arzt und Patientin besprochen werden. Eine OP ist kein Kinderspiel. Das wissen Sie selber. Sie ist immer eine Belastung für den Körper. Das Risikopotenzial sollte gut abgewogen werden.
rierungen stattfinden können. Dort zeigt sich in der Umsetzung, wie weit die Krankenkassen mitmachen. Die AOK ist schon in großen Teilen mit dabei. Auch bei den Privatkassen wird sich immer die Frage stellen, wie man mit dem Datenmaterial umgeht. Datenschutz ist aber ein Thema, bei dem Sie sich sonst immer auf ein anderes Pferd schwingen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Ihnen ein Medikament verschrieben wird, dann ist klar, dass dieses Medikament von staatlicher Stelle überprüft, umfangreich ausgetestet und in einem sehr komplizierten Verfahren zugelassen worden ist. Wie es aber bei den Medizinprodukten aussieht, hat die Kollegin Helmhold gerade sehr gut und sehr plastisch dargestellt.
Medizinprodukte gelangen zum Teil auf operativem Wege auf oder auch in unsere Körper. 400 000 Medizinprodukte gibt es. Die Historie belegt ganz eindeutig, dass sie immer wieder für Skandale sorgen, zuletzt im Falle der gefährlichen Brustimplantate. Ein Einzelfall? - Leider nicht, wie wir gehört haben.
Am häufigsten sind OPs an den Hüften und an den Knien. Auch das wurde heute schon ausführlich besprochen. 35 000 - diese Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - werden wechseloperiert. Das heißt: nach kurzer Zeit raus aus dem Körper und dann wieder neu rein.
Abgesehen davon, wie viel das die Krankenkassen kostet, ist das für die Menschen - sie müssen im Vordergrund stehen - eindeutig ein schmerzhafter und oft lebensbedrohender Prozess. Wie werden die Patienten geschützt? - Diese Produkte werden nicht von einer staatlichen Behörde überprüft, nicht einmal ausschließlich vom TÜV, sondern auch die DEKRA darf sie zulassen. Man kann sie auch außerhalb Deutschlands überprüfen lassen. Zur Wahrheit gehört dazu, dass man die Zertifizierung solcher Produkte in 60 europäischen Unternehmen vornehmen lassen kann. Die Prüfstellen überprüfen, ob ein solches Gerät technisch in Ordnung ist. Die Skandale in den vergangenen Jahren haben
Das entscheidende Problem sind fehlende oder nicht ausreichende Nutzungsbewertungen dieser Produkte. Von den Stents hat Frau Helmhold schon berichtet. Ich will das an dieser Stelle untermauern. Man muss sich das einmal vorstellen: Man geht mit einem Gerät durch die Gefäßbahnen bis ins Gehirn und setzt ein gefäßstabilisierendes Teilchen in uns ein. Das macht man, ohne eine Kosten-Nutzen-Rechnung - die Betrachtung des Nutzens wäre hier vor allem wichtig - gemacht zu haben. Wie eine Untersuchung in Amerika deutlich bewiesen hat, ist das Risiko, an einem Schlaganfall zu erkranken und zu sterben, dreimal höher. Das steht in keinem Verhältnis. Davor müssen wir unsere Patientinnen und Patienten schützen.
Nun hält es der Bundesgesetzgeber für ausreichend, das durch das Bundesinstitut lediglich überwachen, statt prüfen zu lassen. Wenn man sich das genau anschaut, stellt man fest, dass es in der Autoindustrie komplexere Zulassungs- und Registrierungssysteme gibt, um ein fehlerhaftes Produkt, nachdem es als solches erkannt wurde, zurückzurufen. Das ist der Gipfel der Lächerlichkeit. Das müssen wir im menschlichen Bereich dringend ändern.
Das freiwillig eingerichtete Endoprothesenregister ist ein guter Ansatz. Aber wegen der Freiwilligkeit stellt sich die Finanzierung immer wieder als schwierig dar. Das muss der Bundesgesetzgeber dringend in die Hand nehmen. Bisher haben wir vom Bundesgesetzgeber hier keine Taten gehört oder gesehen.
Danke für den Beitrag. - Jetzt hat sich Herr Humke von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Zahlen und Skandale genauer anschaut, die im Zusammenhang mit fehlerhaften
Medizinprodukten in aller Regelmäßigkeit öffentlich werden - schon vor dem Skandal um die Brustimplantate war das immer wieder Thema -, dann stellt man fest, dass auch in der Medizin unwidersprochen mit krimineller Energie auf Kosten von Patienten dicke Geschäfte gemacht werden. Nicht nur die sogenannten Schönheitsoperationen haben sich zu einem einträglichen Wirtschaftszweig entwickelt, sondern gerade auch die medizinisch notwendige kosmetische Operation und der Einsatz von Prothesen - ich fasse es einmal in einem verständlichen Begriff zusammen - werden von skrupellosen Ärzten und Managern mit Hilfe mangelhafter Produkte in bare Münze umgewandelt. Das ist für uns Linke nicht hinnehmbar.
Darüber hinaus hat sich statt einer Aufklärung über Notwendigkeit, Chancen und Risiken sogenannter - in Anführungszeichen - „Schönheits-OPs“ eine Fernsehkultur entwickelt, die mit Formaten wie „Germany’s next Topmodel“ einen Schönheitswahn mit der Zielgruppe von Mädchen und jungen Frauen schürt, der die skrupellose Schönheitsindustrie noch reicher machen soll.
Dieser für uns kulturelle Abgrund wird auch weiterhin bekämpft werden. Wir lehnen es ab, dass künstlich Bedarfe zulasten einer verantwortungsvollen Aufklärung geschaffen, Ängste geschürt werden und mit diesen Ängsten sogar gespielt wird. Wir verurteilen es auf das Schärfste, dass dann häufig auch noch mangelhafte Produkte verwendet werden, um die Profitmaximierung auf die Spitze zu treiben.
Letztendlich sind es im Ergebnis auch die Folgen einer gesamtgesellschaftlichen Privatisierungspolitik, die alle Parteien mit Ausnahme von uns Linken seit Jahren verfolgen - auch in der Medizin und auch bei der Gesundheit.
Gesundheit ist eben keine Ware. Daher unterstützen wir Linke selbstverständlich alle Bestrebungen, die dieser falschen Entwicklung entgegenwirken, wie es die Grünen hier mit ihrem hervorragenden Antrag versuchen. Wir unterstützen die aufgeführten Forderungen in den Punkten 1 bis 4 mit allen Unterpunkten. Das ist für uns vollkommen klar.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auch - das ist für uns eine Selbstverständlichkeit, Frau Schwarz - auf die entsprechenden Bundestags
drucksachen nicht nur von den Grünen, sondern auch von der Linksfraktion. Auch die Linksfraktion beschäftigt sich seit längerer Zeit damit. Mindestens seit 2009 habe ich Drucksachen dazu gefunden. Entsprechende Anfragen werden auch bearbeitet. Wenn Sie zuhören oder wenigstens nachher im Protokoll nachlesen, sollten Sie die Drucksachen, deren Nummern hier angeführt wurden, vielleicht auch einmal lesen. Dann könnten Sie etwas dazulernen.
Ich stelle fest, dass es in der Ärzteschaft trotz vieler Versuche - an dieser Stelle verweise ich auf die Berichterstattung im Pharmazeutenblatt etc. - nicht gelungen ist, die Zahl der Verfehlungen herunterzurechnen. Die Fakten sprechen hier eindeutig für sich.
Wir müssen endlich diese Selbstverschuldungsparagrafen abschaffen und die kriminellen Energien eines skrupellosen medizinischen Wirtschaftszweiges beenden.
Gesundheit darf nie eine Ware werden und sein. Eine demokratische Gesellschaft hat die Aufgabe, Grenzen zu ziehen - Grenzen zu ziehen zugunsten der Menschen, die der Unterstützung einer sozialen Gesellschaft bedürfen.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, für den Auftrittsapplaus. Das wäre gar nicht nötig gewesen.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Es geht, wie so oft, auch bei diesem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zunächst einmal um Stilfragen.
Die Bundestagsdrucksache, die hier in der Debatte schon erwähnt worden ist, hat den Titel „Sicherheit, Wirksamkeit und gesundheitlichen Nutzen von Medizinprodukten besser gewährleisten“. Darüber könnte man ja noch reden. Darüber, dass sie gewährleistet werden müssen, sind wir uns hoffentlich einig. Wenn es Anlass gibt, festzustellen, dass die Gewährleistung noch besser werden muss, als sie bereits ist, dann können und müssen wir das debattieren. Das werden wir, verehrte Frau Tiemann, im Ausschuss nicht nur ausreichend, sondern wie immer sehr gut bis gut tun und auf jeden Fall in aller Ausdehnung.
Der Antrag, den die Grünen in gegenüber der Bundestagsdrucksache leicht veränderter Form dem Landtag vorgelegt haben, beginnt allerdings, wie Sie das immer so gerne machen, mit den Worten „Betrug und Abzocke mit fehlerhaften Medizinprodukten unterbinden“. Ich würde mich doch wirklich sehr freuen, wenn bei solchen Überschriften der Ältestenrat eines Tages vielleicht noch einmal redaktionell darübergeht und sagt:
(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zensur? - Petra Tiemann [SPD]: Das kommt ei- ner Zensur gleich! - Johanne Modder [SPD]: Das ist nicht Aufgabe des Äl- testenrates!)
Die grünen Antragsteller in Bund und Land geben ja selber zu, was einem auch der gesunde Menschenverstand sagt: Wo kriminelle Energie Platz greift, da helfen tatsächlich auch die besten Gesetze nicht. Prüfen werden wir schon müssen, ob die Ausführung, d. h. auch die Überwachung im Einzelfall, ausreichend ist.