Herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die CDU-Fraktion ist soeben angekündigt worden: Herr Dr. Matthiesen hat sich zu Wort gemeldet. - Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die Vorarbeiten für die neue Niedersächsische Bauordnung reichen in das Jahr 2006 zurück. Das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens ist nun ein ausgereiftes und solides Werk. Das gilt besonders für die Genehmigungs- und Eingriffssystematik als Herz der neuen Niedersächsischen Bauordnung.
Das Bauen in Niedersachsen wird leichter und kostengünstiger. In vier Punkten: Es gibt erstens mehr völlig verfahrensfreie Baumaßnahmen und zweitens mehr Genehmigungsfreistellungen. Drittens wird das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren klar zum Regelverfahren. Nur für Sonderbauten gilt das herkömmliche Baugenehmigungsverfahren. Wichtig sind auch die Prüfverzichte bezogen auf bautechnische Nachweise bis hin zur Energieeinsparverordnung. Frau Kollegin Staudte hatte sich darüber Gedanken gemacht. Aber das ist nicht notwendig,
weil die Bauvorlagen immer noch auf die Einhaltung der Energieeinsparverordnung geprüft werden und die Baubehörde nach der allgemeinen Ermächtigungsgrundlage dann, wenn etwas nicht in Ordnung ist, immer noch eingreifen kann. Wir haben hier ganz bewusst den Rückzug der präventiven Prüfungen auf die Gefahrenabwehr und Gebäudesicherheit in das Gesetz geschrieben.
Ganz wichtig sind die Grenzabstände. Hier haben wir für die Praxis eine sehr bedeutsame erhebliche Vergrößerung der Baufreiheit durch die Halbierung der Grenzabstände auf 0,5 Gebäudehöhe und mindestens 3 m vorgesehen. Dadurch wird eine sehr große Nachverdichtung möglich.
Zu weit gehen uns die Vorschläge der Grünen, bei den Außenwanddämmungen und Solaranlagen auf nur 0,25 H zu kommen. Das finden wir unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes etwas problematisch.
Ein weiterer wichtiger Punkt für den Klimaschutz sind die Kleinwindanlagen. Wir haben sorgfältig abgewogen, ob es möglich wäre, die Kleinwindanlagen bis zu einer Höhe von 10 m als verfahrensfreie Baumaßnahmen auszugestalten. Wir haben aber an die Nachbarn in den Wohngebieten ge
dacht und gesagt, dass die Durchführung eines vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens hier Sicherheit gewährleistet, ohne den Bau von Kleinwindanlagen zu erschweren; denn das wollen wir nicht, weil das gute dezentrale Energieversorgung ist.
Bei der Fotovoltaik ist der Brandschutz ein wichtiges Thema. Das Ministerium hat in der Bauministerkonferenz die Dinge sehr gut dahin gehend geregelt, dass nach dem Entwurf der Durchführungsverordnung Solaranlagen und Sonnenkollektoren einen Mindestabstand von den Wänden halten müssen. Insofern ist hier - auch gemeinsam mit den Verbänden der Solarwirtschaft - schon vieles sehr gut überlegt.
Wichtig für den Arbeitnehmerschutz ist die Arbeitsstättenverordnung. Sie wird wie bisher erst auf Anforderung des Bauherrn geprüft. Es ist wichtig festzustellen, dass es im Hinblick darauf, dass der Arbeitsschutz bei der Umsetzung der Baumaßnahmen nach den Regeln des Arbeitsstättenrechts auf jeden Fall durchgesetzt wird, für die Bauherren empfehlenswert ist, die Einhaltung der Regelungen der Arbeitsstättenverordnung gleich im Baugenehmigungsverfahren präventiv prüfen zu lassen. Das haben wir uns noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
Einen sehr wichtigen Akzent setzen wir beim barrierefreien Bauen. Hier hat es sehr intensive Diskussionen zwischen Wohnungswirtschaft und Wohlfahrtspflege gegeben. In der Anhörung vor einem Jahr hatte die LAG vorgeschlagen, die Barrierefreiheit in zahlreichen Einzelvorschriften jeweils extra festzuschreiben. Wir haben uns auch das sehr sorgfältig überlegt und haben jetzt in § 3 Abs. 2 der Bauordnung die allgemeine Anforderung formuliert, dass die Belange der Menschen mit Behinderungen ebenso wie die Belange der alten Menschen, Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen sind.
Wir haben außerdem in der Bauordnung einen sehr umfangreichen Katalog baulicher Anlagen festgelegt, die barrierefrei zugänglich und benutzbar sein müssen. Stichworte sind die Barrierefreiheit von Wohnungen eines Geschosses ab vier Wohnungen und die jeweils achte rollstuhlgerechte Wohnung. Ich hebe ausdrücklich die Verdienste der niedersächsischen Wohnungswirtschaft auf dem Feld des barrierefreien Wohnens und der in
dividuellen rollstuhlgerechten Lösungen hervor. Sie wollten eine etwas andere Lösung. Wir aber sind der Meinung, dass der jetzt gefundene Weg insgesamt auch für unsere niedersächsische Wohnungswirtschaft tragbar ist.
Bei den Büro- und Verwaltungsgebäuden haben wir es dabei belassen, dass sie für den Publikumsverkehr bestimmt sein müssen, damit das Erfordernis der Barrierefreiheit ausgelöst wird. Das Streichen des Passus „für den Publikumsverkehr“ hielten wir nicht für erforderlich, weil es mit Blick auf das Arbeitsstättenrecht keine praktische Auswirkung gehabt hätte.
Wir haben mit den Regelungen über Rauchmelder, die jetzt im Gesetz stehen, noch ein sehr wichtiges Thema gründlichst beraten. Das ist ein Erfolg unserer Feuerwehren, die sich schon seit Langem für die Einführung der Rauchmelder eingesetzt haben.
Ich erinnere an die Resolution 2004 „Rauchmelder retten Leben“ des Landesfeuerwehrverbandes. Wir haben nun eine sehr verbraucherfreundliche, weil verständliche und klare Fassung als Ergebnis einer ausgezeichneten Diskussion im Ausschuss auch mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst. Bis 2015 müssen in Wohnungen Schlafräume, Kinderzimmer und Flure mit der Funktion von Rettungswegen jeweils mit einem Rauchmelder ausgerüstet sein. Für die Ausstattung ist der Eigentümer verantwortlich, für die Betriebsbereitschaft der Mieter in diesen genannten Räumen und Fluren. Das bedeutet - das ist sehr wichtig in der Praxis -, dass der Mieter immer die Verantwortung trägt, wenn er die Zweckbestimmung von Räumen ändert, beispielsweise von einem Wohnraum in einen Schlafraum. Da darf also keine Sicherheitslücke entstehen.
Wir haben auch beim Brandschutz in der Intensivtierhaltung darauf Wert gelegt, dass eine einheitliche Regelung für ganz Niedersachsen getroffen wird. Der Landkreistag hat Vorarbeiten geleistet. Jetzt brauchen wir eine Verordnung.
Zum Schluss: Die Kinderspielplätze haben wir uns für unser familienfreundliches Niedersachsen sehr angelegen sein lassen. Bei neuen Gebäuden ab fünf Wohnungen müssen Spielplätze in ausreichender Größe für kleine Kinder eingerichtet werden. Einzelheiten bis hin zur Unterhaltung, Größe, Beschaffenheit, Ausstattung und Lage kann die jeweilige Gemeinde bestimmen.
Liebe Frau Präsidentin, der letzte Satz: Vielen Dank an alle Beteiligten. Die Arbeit ist so gut gewesen, dass SPD und Grüne ihren eigenen Gesetzentwurf jeweils zurückgezogen haben.
Ganz herzlichen Dank, Herr Dr. Matthiesen. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Adler das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Althusmann hat vorhin - jetzt ist er nicht mehr hier - zu einem anderen Tagesordnungspunkt einen bemerkenswerten Satz gesagt: Wenn man die Freiheit des Einzelnen bedenkt, muss man natürlich auch immer einen Blick darauf haben, wie dadurch die Freiheit anderer eventuell in Mitleidenschaft gezogen werden kann. - Ähnlich ist es beim Baugesetz.
Frau Mundlos hat gerade gesagt, dass die Niedersächsische Bauordnung neu gefasst worden sei, um zu entbürokratisieren und das Verfahren zu erleichtern. Mit anderen Worten: Sie wollen die Freiheit des Bauherrn hochhalten, das, was er sich auf seinem Grundstück vornimmt, möglichst zu realisieren.
Aber Sie sollten auch die Freiheit der anderen in den Blick nehmen, die dadurch eventuell eingeschränkt wird. Ich nenne z. B. die Freiheit der Kinder zu spielen und sich auszutoben. Diese Freiheit wird nämlich durch Ihr Gesetzesvorhaben eingeschränkt. Dieses Gesetzesvorhaben beginnt ja nicht erst mit der Niedersächsischen Bauordnung. Es fing schon damit an, dass Sie mit dem Modellkommunen-Gesetz das niedersächsische Spielplatzgesetz zunächst eingeschränkt und später sogar abgeschafft haben.
Was jetzt übrig geblieben ist, ist eine ganz schwache Regelung, wonach nur noch für Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren eine Bestimmung enthalten ist. Da darf dann ein kleiner Sandkasten gebaut werden. Wir haben in unserem Gesetzentwurf vorgeschlagen, eine Regelung auch für die älteren Kinder vorzusehen, wie sie übrigens früher im Spielplatzgesetz vorgesehen war. Auch für ältere Kinder muss eine Regelung geschaffen werden; denn sie müssen ebenfalls eine Gelegenheit haben, zu spielen und sich auszutoben.
Die nächste Freiheit, die man beachten sollte, ist die Freiheit von Menschen mit Behinderungen, die auch vom Bauen betroffen sind. Sie sollten nämlich überall hinkommen können. Wenn man diese Freiheit im Auge hat, dann hätte man die ursprüngliche Formulierung „barrierefrei“ in § 38 eigentlich nicht in „stufenlos“ abschwächen dürfen.
Die nächste Freiheit, die ich ansprechen möchte, ist die Freiheit des Nachbarn. Er soll gegebenenfalls vor Bauvorhaben, die ihn beeinträchtigen, geschützt werden. Bisher hatte der Nachbar das Recht zur Einsicht in alle Unterlagen, jetzt nur noch in die Bauvorlage, aber nicht mehr in die Ausführungsplanung.
Schließlich haben Sie die Einhaltung der Arbeitsstättenverordnung im Rahmen der Baugenehmigung eingeschränkt. Das ist eine Abschwächung von Arbeitnehmerrechten und damit von Freiheiten anderer.
Noch etwas ist wichtig: Zu den Grundrechten gehört auch das Grundrecht auf Leben. Das kann bei einem Brandfall durchaus bedroht sein. Von daher verstehe ich nicht, weshalb die Rauchwarnmelderpflicht mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2015 eingeführt werden soll. Wir haben über das Thema schon häufiger diskutiert. Unser Vorschlag ist, die Rauchwarnmelderpflicht bis zum 31. Dezember 2013 verbindlich vorzuschreiben, damit auch in den Jahren 2014 und 2015 nichts passiert.
Denn wir wissen nicht, ob die Feuerwehr bei jedem Brandfall rechtzeitig da sein kann. Ich meine, wenn Sie schon die Gefahren im Auge haben, dann hät
Noch etwas: Jedes Gesetz ist so aufgebaut, dass am Anfang die Pflichten stehen, die das Gesetz vorschreibt. Irgendwo zum Schluss kommt ein Paragraf über Strafvorschriften oder Ordnungswidrigkeiten. Darin steht, was passiert, wenn man dieses Gesetz nicht einhält. Ich habe einmal geguckt: In dem Paragraf über Ordnungswidrigkeiten steht überhaupt nichts, was passiert, wenn jemand keinen Rauchmelder anbringt. Die Pflicht, Rauchmelder anzubringen, ist nach diesem Gesetz sanktionslos.