Protocol of the Session on March 20, 2012

(Glocke der Präsidentin)

Letztlich beruht dies darauf, dass das, was die Feuerwehr in diesem Fall vorschlägt, einfach nicht berücksichtigt worden ist.

Einen letzten Satz!

Deshalb meine ich: Entscheiden Sie sich für ein strengeres Gesetz, weil es die Freiheit der anderen stärkt!

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Herr Adler. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Staudte das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Parlament soll heute eine Novelle der Niedersächsischen Bauordnung beschließen, und schon heute ist eigentlich klar, dass diese Novelle nicht mehr zeitgemäß ist. Wenn wir den Gesetzentwurf heute ablehnen, heißt das aber nicht, dass wir alles schlecht finden, was darin steht. Das ist nicht der Fall. So ist z. B. die Reduzierung der Grenzabstände auf 0,5 H im Sinne der Nachverdichtung sicherlich ein sehr sinnvoller Ansatz.

Ich möchte nun diejenigen Punkte hervorheben, die es uns unmöglich machen, diesem Gesetzent

wurf der Landesregierung zuzustimmen. Ihnen liegt ja auch der Änderungsantrag meiner Fraktion vor, in dem diese Punkte aufgezählt sind.

Ich möchte mit dem Thema Inklusion anfangen. Beim letzten Tagesordnungspunkt haben wir sehr intensiv darüber diskutiert. Wir müssen feststellen, dass die Mehrheit im Sozialausschuss bei den Beratungen auch hier sehr mutlos ist; denn die realen baulichen Hürden, denen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind, könnten durch die Niedersächsische Bauordnung sehr viel stärker eingedämmt werden, als es jetzt geplant ist.

(Zustimmung von Patrick-Marc Hum- ke [LINKE])

Ich nenne das Beispiel Bürogebäude. Das ist von Dr. Matthiesen gerade schon angesprochen worden. Es ist doch nicht richtig, dass wir sagen, nur Bürogebäude mit Publikumsverkehr müssten künftig barrierefrei sein. Menschen mit Behinderungen sind doch nicht nur Publikum; auch Menschen mit Behinderungen wollen - z. B. im Rollstuhl - zu ihrem Arbeitsplatz kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das, was für Herrn Schäuble eine Selbstverständlichkeit ist, muss auch für jeden anderen Menschen gelten, der einen Schreibtischjob hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Patrick-Marc Humke [LINKE])

Zum Freizeitbereich: Warum sollen denn Beherbergungsbetriebe, die jetzt neu gebaut werden - in dem Paragrafen geht es ja nur um Neubauten -, nicht zumindest für eine bestimmte Anzahl ihrer Gästezimmer eine Barrierefreiheit gewährleisten? Das ist nicht nachvollziehbar und für ein Tourismusland wie Niedersachsen wirklich peinlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Patrick-Marc Humke [LINKE])

Der Punkt Kinderspielplatz ist schon angesprochen worden. Herr Dr. Matthiesen, es ist natürlich nicht so, dass wir unseren Antrag von vor drei Jahren zurückgezogen haben, weil der Gesetzentwurf der Landesregierung so gut war, sondern weil wir diesen Paragrafen natürlich in unseren Änderungsantrag aufgenommen haben. Im Jahr 2008 ist das Spielplatzgesetz abgeschafft worden und damit eben auch die Pflicht für Kommunen, aber auch für private Investoren, Spielplätze vorzuhalten. Nun,

nach vier Jahren - immerhin! -, gibt es überhaupt wieder einen Paragrafen zu diesem Thema.

Wir wollen allerdings, dass nicht erst ab jeder fünften Wohnung eine Pflicht zur Einrichtung eines Spielplatzes für kleine Kinder besteht, sondern bereits ab jeder dritten Wohnung, und dass bei Gebäudekomplexen mit mehr als 50 Wohnungen auch für die über Sechsjährigen ein altersgerechtes Spielangebot eingerichtet wird. Es kann nicht sein, dass sich Jugendliche heute noch immer an irgendwelchen tristen Bushäuschen treffen müssen.

Im Übrigen fehlt auch bei dem Bereich Spielplätze der Aspekt der Barrierefreiheit. Spielplätze sollen natürlich barrierefrei erreichbar sein, und zwar auch für Großeltern mit Rollatoren und für Eltern mit Kinderwagen. Das ist eine sehr sinnvolle Anregung der Verbände gewesen, die wir gerne aufgenommen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Punkt ist der Klimaschutz. Wir haben in unserem Entwurf die Möglichkeit vorgesehen, dass von den Kommunen auch örtliche Solarsatzungen - wie in Marburg - erlassen werden können, die es ermöglichen, eine Pflicht zur Nutzung von Solarenergie in Baugebieten vorzuschreiben.

Ebenso hielten wir es für sehr sinnvoll, wenn in Niedersachsen die Pflicht zum Anschluss an Blockheizkraftwerke, an diese hocheffiziente Art der Energiegewinnung, möglich wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die dritte klimapolitische Leerstelle in Ihrem Gesetzentwurf ist, dass eine Regelung zu den Kleinwindanlagen fehlt. Es gibt vor Ort in vielen Kommunen erhebliche Verunsicherungen, weil nicht klar ist, was eigentlich eine Kleinwindanlage ist, wie groß sie maximal sein darf, in welcher Art und Weise und wo sie genehmigt werden darf und wo nicht. Hier hätte das Land wirklich einmal die Möglichkeit gehabt, eine Vorgabe zu machen, um die Kommunen bei dieser Aufgabe zu unterstützen.

Wir wollen, dass die Anlagen bis zu einer Höhe von 10 m genehmigungsfrei gestellt werden, dass für Anlagen in einer Höhe von 10 m bis 30 m ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren und bei Anlagen ab einer Höhe von 30 m das ganz normale Genehmigungsverfahren gilt. Denn wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, sich auch über die Windkraft aktiv an der

Energiewende zu beteiligen und nicht nur über Solaranlagen auf ihrem Dach.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ihnen fehlt der Gestaltungswille in diesem Punkt. Das ist sehr misslich.

Noch eine Bemerkung zum Thema Brandmelderpflicht: Endlich, nachdem die Feuerwehrverbände über mehrere Wahlperioden bei den Regierungsfraktionen Klinken putzen mussten, kommt ein entsprechender Paragraf ins Gesetz. Die Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2016 ist allerdings überhaupt nicht nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, dass die Geräte im Baumarkt ca. 5 Euro kosten.

(Zustimmung von Hans-Henning Adler [LINKE])

Das soll nicht populistisch sein, aber: Eine andere Regelung in diesem Punkt würde wirklich Menschenleben retten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Kollegin Staudte. - Auf Ihren Beitrag hat sich der Kollege Dr. Biester mit einer Kurzintervention zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Staudte, ich möchte Ihre Äußerungen zur Barrierefreiheit von Bürogebäuden so nicht im Raum stehen lassen.

Ich stelle Folgendes fest: Erstens. Nach dem Gesetz, das wir gleich beschließen werden, muss jedes öffentliche Bürogebäude vom Keller bis zum Dachgeschoss barrierefrei sein.

(Miriam Staudte [GRÜNE] schüttelt mit dem Kopf)

- Doch, schauen Sie ins Gesetz.

Hier geht es nur um den zweiten Punkt, die privaten Gebäude. Das Gesetz sieht vor, dass diese in den Bereichen barrierefrei sein müssen, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Bereiche, die danach nicht barrierefrei sind - Sie haben den schwerbehinderten Arbeitnehmer angesprochen -, werden durch die Arbeitsstättenverordnung und

das Schwerbehindertengesetz geschützt. Dort werden passgenau Anforderungen formuliert, welche Voraussetzungen individuell für die konkrete Behinderung des jeweiligen Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz geschaffen werden müssen. Das ist ein wesentlich besserer Schutz für die Arbeitnehmer als das, was Sie über eine Ausuferung der Niedersächsischen Bauordnung fordern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Staudte möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Es tut mir leid, sehr geehrter Herr Kollege, aber der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat uns im Ausschuss eine andere Auskunft gegeben.

(Jens Nacke [CDU]: Nein!)

Außerdem geht es doch beim Thema Inklusion darum, dass der Mensch mit Behinderungen nicht immer wieder als Bittsteller auftreten

(Beifall bei der LINKEN)

und sagen muss: Ich möchte bitte, dass mein Arbeitsplatz passgenau hergerichtet wird.

(Björn Thümler [CDU]: Dafür gilt die Arbeitsstättenverordnung!)

Es geht darum, dass wir das von Anfang an mitdenken. Es ist doch nicht zu viel verlangt, dass wir für Neubauten von Bürogebäuden festlegen, dass sie von Anfang an barrierefrei sein sollen.