Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten hier erneut ein Thema, das uns, glaube ich, in diesem Halbjahr in sämtlichen Plenardebatten begleitet hat: das Abitur nach zwölf Jahren, G 8, diese wirklich schlecht organisierte Verkürzung der Schulzeit auf zwölf Jahre.
Er hat hier gestern im Rahmen der Debatte über das Schulgesetz eine Äußerung getan, die mich immer noch etwas fassungslos stehen lässt, nämlich sinngemäß: Es interessiert mich nicht, wie Sie abstimmen. - Mich interessiert schon, welche Haltung Sie zu unseren Anträgen oder jetzt zum Antrag der SPD haben. Diese Haltung spiegelt natürlich auch die Ausschussberatung wider. Ich weiß
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz offen: Zwei Sachen machen mich bei den Bildungsdebatten der letzten Monate wirklich wütend. Die eine Sache ist die Ignoranz, mit der Sie sämtliche vernünftigen Änderungsvorschläge, sei es nun zum Schulgesetz oder auch zur Reform G 8, einfach vom Tisch wischen.
Die andere Sache ist: Wann immer wir darauf hinweisen, dass unser Schulsystem sozial ausgrenzt - diese Reform G 8 verstärkt das ja noch -, kommt nichts von Ihrer Seite. Es wird einfach nicht hingehört. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das macht mich richtig wütend.
Die von der Kultusministerin vorgeschlagenen Maßnahmen reichen nicht aus. Ich konzentriere mich auf zwei Punkte: die Verringerung der Klassenfrequenzen und die Tatsache, dass wir Ganztagsschulen brauchen; sonst geht es überhaupt nicht nach zwölf Jahren. Ich prophezeie Ihnen zwei Dinge: Die Schülerdemonstrationen werden nicht aufhören, und Sie werden, wenn Sie diese Reform weiter so auf Biegen und Brechen durchziehen, damit zu leben haben, dass die Qualität unserer Abiturienten sinkt. Das kann nicht in Ihrem Interesse sein.
Sie reden schön. Sie werden auch die zwangsläufige Steigerung der Studierendenzahlen im Jahr 2011 - es gibt dann ja zwei Jahrgänge, die das Abitur machen - schönreden und sagen: Klasse, das ist unsere Hochschulpolitik. - Sie werden das vielleicht auch noch mit den Studiengebühren in Verbindung bringen, wenn es die dann noch gibt - ich hoffe nicht.
(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Kreszentia Flauger [LIN- KE] meldet sich zu einer Kurzinterven- tion - Hans-Christian Biallas [CDU]: Das geht nicht! Sie können auf Ihre eigene Kollegin keine Kurzinterventi- on machen! - Björn Försterling [FDP]: Das war zwar ein schlechter Beitrag, aber das geht trotzdem nicht!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag „Flexible Wege zum Abitur - Lernbedingungen verbessern!“ war von der SPD schnell noch im Mai eingereicht worden, um den Ergebnissen des runden Tisches vorzugreifen. Nach den Vorschlägen der Ministerin ist nun endgültig klar, dass dieser Antrag überflüssig war. Insofern ist es nicht verwunderlich, Herr Poppe - wir saßen ja in denselben Ausschusssitzungen -, dass gerade bei der zweiten Beratung - - -
Ich war so enttäuscht, dass gerade auf meine Ausführungen hin praktisch gar nichts mehr kam. Sie haben einfach gesagt: Es hat keinen Zweck.
Aber wenigstens, denke ich mal, sind wir in den Beratungen so weit gekommen, dass das Abitur nach zwölf Jahren nun selbst von den Oppositionsfraktionen nicht mehr infrage gestellt wird. Sonst würden Sie ja nicht fordern „nach 12 oder 13 Jahren“. Insofern haben wir also schon etwas geschafft.
Nächstens werden die Vorschläge der Ministerin greifen. Es fiel übrigens auf, dass Sie auf die zehn Punkte null eingegangen sind. Die waren ja neu. Darauf sind Sie aber null eingegangen.
Ich denke, dass wir gerade die Zeit in den kommenden Wochen nutzen sollten, um in Gesprächen mit Eltern und Schülern auf deren Sorgen einzugehen, und es mal nicht so machen sollten, wie es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, als die Opposition ständig die Sorgen für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert hat. Übrigens auch heute. Das, was von Ihnen kam - von Frau Korter weniger -, aber auch vor allem von der Kollegin der Linken, ist im Wesentlichen gewesen: Behauptungen ohne Beweise, Wertungen nach dem Motto „wie mies seid ihr“ und dann der eigene Zornesausbruch. Mehr war es nicht.
Ich stelle zu diesen parteipolitischen Instrumentalisierungen erstmal fest: Ich erinnere mich sehr gut an den einseitigen SPD-Beitrag, den wir neulich auf der Schülerdemonstration in Hannover hatten.
Musste das sein? - Manche waren so ernsthaft an der Lösung der Probleme interessiert, dass sie die zuständige Ministerin nicht einmal einluden, damit sie etwas hätte sagen können. So sieht es aus.
Ich stelle fest, meine Damen und Herren: G 8 ist nicht verkürztes Gymnasium. Bis 2003 hatten wir sieben Jahre für das Gymnasium, nach Abschaffung von OS und Schulzeitverkürzung sind es acht.
Nun zu Ihrer Forderung, meine Damen und Herren, Abitur nach 12 oder nach 13 Jahren zu gewährleisten: Ich sage Ihnen, wir erfüllen diese Forderung. Bei Ihnen musste man das Abitur nach 13 Jahren machen. Jetzt können Sie wählen. Ich wiederhole gern die Formulierung aus Ihrem Antrag: Jetzt haben wir die „Flexibilisierung der Zeiten und Wege“, die Ihnen vorgeschwebt hat. - CDU und FDP machen diese Wahlfreiheit möglich.
Dass die Schule selbst entscheiden soll, ob sie nun nach 12 oder nach 13 Jahren das Abitur vergibt, das wiederholen Sie selbst überhaupt nicht mehr. Gott sei Dank. Sonst müsste nämlich jeder Schüler, der es wagt, in der Fläche umzuziehen, fürchten, ein solches Gymnasium nicht mehr wiederzufinden.
Das Abitur nach zwölf Jahren wird in Niedersachsen Standard sein. Ich wiederhole: Unsere Hochschulabsolventen in diesem Bundesland haben einen Anspruch darauf, auf dem Arbeitsmarkt mit Absolventen anderer Bundesländer und aus dem Ausland mithalten zu können - sowohl vom Niveau als auch vom Alter her.
Meine Damen und Herren von der Opposition - das sage ich jetzt insbesondere an die Adresse der Abgeordneten ganz links -, das hat absolut nichts mit wirtschaftlicher Verwertbarkeit zu tun, sondern mit der individuellen Chancengerechtigkeit, auf die jeder niedersächsische Hochschulabsolvent einen Anspruch hat. Diesen Anspruch lösen wir ein.
Wir senken nicht nur das Alter der Hochschulabsolventen durch verschiedene Maßnahmen - wir sprachen kürzlich darüber - und heben auch nicht nur das Ausbildungsniveau an, sondern unsere Schulpolitik der letzten fünf Jahren hat auch noch weitere Erfolge erzielt. Seit dem ersten PISASchock sind die Leistungen deutlich angestiegen, messbar an weniger Schulabbrechern, weniger Zurückstellungen bei Schuleintritt und auch besseren Ergebnissen bei den von Ihnen so gescholtenen Vergleichsarbeiten, die aber unabdingbar notwendig sind.
Natürlich brauchen wir abfedernde Maßnahmen. Aber es ist klar, da können wir Ihnen nichts recht machen. Machen wir nichts, kritisieren Sie das, machen wir etwas, sagen Sie, das ist hektisch oder zu spät.
Sie selber schlagen - Ihre Formulierung - „kurzfristige Entlastungen“ vor. Bei uns würden Sie sagen, das sind hektische Maßnahmen. So sieht Ihre Argumentation aus.
Weiter halten Sie die Ganztagsschulen - darin stimme ich Ihnen zu - für ein wichtiges Instrument, um das Abitur nach zwölf Jahren zu einem Erfolg zu führen. Nur mit dem Unterschied: Sie haben sich ewig in Forderungen erschöpft. CDU und FDP haben diese Ganztagsschulen eingerichtet und sogar finanziert.