Protocol of the Session on July 2, 2008

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und mit welchem Geld?)

Ich sage Ihnen: Das ist die kompliziertere Variante in der Politik gegenüber den Forderungen.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Kollegin, ich darf Sie einen Augenblick unterbrechen. - Sie müssen die Meinung der Rednerin nicht teilen, meine Damen und Herren, aber ich finde, Sie sollten ihr wenigstens ruhig zuhören, damit sie ihre Rede hier auch ungestört beenden kann.

Ja, das kenne ich hier ja seit fünf Jahren nicht anders. Insofern - - -

(Zurufe)

Zur Forderung nach einer Senkung der Klassenfrequenzen. Das ist eine Forderung, die wir insgesamt immer geteilt haben. Wir sagen: Deshalb bleiben alle durch sinkende Schülerzahlen frei werdenden Ressourcen im System. Nur - und das ist der Unterschied zu Ihnen -, wir wissen, vergeben können wir die Stunden und die Stellen, die wir gewonnen haben, nur einmal. Darüber müssen wir nachdenken.

Die Ministerin hat nun ein Zehn-Punkte-Programm vorgelegt. Wie gesagt, Sie gehen auf keinen der Punkte ein. Ich sage Ihnen dazu: Dies sind gerade die Maßnahmen, die - ich wiederhole sie jetzt nicht alle - sowohl die Lernbedingungen für Schüler als auch die Arbeitsbedingungen für Lehrer deutlich verbessern werden, und zwar in der Praxis, auf die Sie ja so ungern gucken.

Ich finde es besonders wichtig, dass die Ministerin für die Umsetzung der Kerncurricula - das war ewig ein Thema für Sie; jetzt gehen Sie gar nicht mehr darauf ein - besondere Unterstützung zugesagt hat.

Warum ist das wichtig? - Weil so der Anspruch eingelöst wird, dass mit einer verkürzten Schulzeit nicht automatisch vermehrte Stofffülle einhergehen muss.

(Claus Peter Poppe [SPD]: Ja, jetzt erst!)

Nicht zu unterschätzen sind auch Dinge - die sind Ihnen wahrscheinlich gar nicht aufgefallen - wie z. B. die Verkleinerung von Fachprüfungsaus

schüssen und Ähnliches. Einer, der keine Ahnung von Schule hat, der überliest das; der weiß ja gar nicht, was gemeint ist.

(Claus Peter Poppe [SPD]: Schönen Dank!)

Aber ich sage Ihnen: Wenn Sie von drei auf zwei Lehrereinsätze gehen, sparen Sie ein Drittel der Ressourcen. Und das ist für den doppelten Abiturjahrgang ungeheuer wichtig. Insofern sind die Vorschläge der Ministerin praxisorientiert, aus der Praxis für die Praxis.

Letztes Wort zu dem Vorwurf des verkehrten Zeitpunktes, das sei alles zu spät: Ich gebe zu, die Maßnahmen sind in der Tat nicht im Voraus angekündigt, nicht vom grünen Tisch her gekommen und nicht von oben vorgegeben, sondern sie sind jetzt, in der Phase der Umsetzung, mit den Beteiligten im Dialog, im Konsens eingeleitet worden. Dazu sage ich Ihnen: Das ist für mich ein vernünftiger Zeitpunkt.

(Zustimmung bei der CDU und von Björn Försterling [FDP])

Ich bin sicher, die Schulen werden dies anerkennen, und ich weiß: Mit den Vorschlägen der Ministerin, die sich in der Praxis bewähren, vielleicht aber nicht vor Ihren Ohren Gnade finden werden, werden wir den Weg zu dauerhaft guter Bildung in einem zukunftsfähigen Niedersachsen weiter beschreiten. Ihren Antrag können wir reinen Gewissens ablehnen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Björn Försterling [FDP])

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Abgeordneten Dr. Sohn für maximal eineinhalb Minuten das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bertholdes-Sandrock, das, was ich jetzt sage, sage ich weniger als Landtagsabgeordneter, sondern mehr als Vater eines dieser betroffenen G-8-Kinder, der auch eine Reihe von Eltern und Lehrern dieses G-8-Jahrgangs kennt. Das Selbstbild vieler

dieser Schüler ist das: Wir sind der gepeinigte Jahrgang.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Das reden Sie denen ja ein!)

- Wir reden denen das nicht ein!

Das, was passiert ist, ist, dass am Anfang gesagt wurde: Macht euch keine Sorgen wegen der Konkurrenzfähigkeit. Das volle Programm, das der vorangehende Jahrgang bekommt, bekommt ihr auch. - Dann ist das inzwischen deutlich reduziert worden,

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Anschluss- fähig!)

weil man gesagt hat, das ist eine Überforderung der Schüler. Das heißt, Sie haben das, was Sie vorher gesagt haben, schlicht und ergreifend nicht durchgehalten, weil das nämlich nicht geht, dass man den Zeitraum verkürzt und in diesen verkürzten Zeitraum das Gleiche an Stoff presst, ohne die Bedingungen zu schaffen. Das ist ja der völlig richtige Kritikpunkt: Sie haben die Bedingungen vorher überhaupt nicht geschaffen durch vernünftige, echte Ganztagsschulen, durch vernünftige Mittagsverpflegung. Sie haben, ohne die Bedingungen für die Verkürzung des Schuljahres zu schaffen, diesen ganzen Jahrgang in dieses Experiment hineingejagt.

Wenn Sie sich Ihrer Sache so sicher sind, dann machen Sie doch einmal eine Umfrage unter den betroffenen Eltern und den betroffenen Schülern, wie die das empfinden, was Sie da machen! Dann würden Sie Ihr blaues Wunder erleben. Aber auch das wäre Ihnen wahrscheinlich völlig egal.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich frage die Abgeordnete Bertholdes-Sandrock, ob sie darauf antworten möchte.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Nein, darauf antworte ich nicht! - Ur- sula Helmhold [GRÜNE]: Eigentlich schade! Kann ich jetzt die Zeit ha- ben?)

Ich erteile dem Abgeordneten Försterling von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Poppe, ich muss ja

sagen: An einer Stelle in Ihrem Redebeitrag hatten Sie ausnahmsweise mal recht, nämlich an der Stelle, an der Sie meinen gestrigen Redebeitrag zitiert und richtigerweise festgestellt haben, dass die Schulqualität nicht davon abhängt, was draußen am Türschild steht. Ich bin sehr froh, dass Sie anscheinend lernfähig sind, und habe mich auch etwas über den Rest Ihrer Rede gewundert. Das muss ich schon sagen. Wir haben in den letzten Wochen die geänderten Kerncurricula bekommen, und wir konnten in den Debatten der letzten Wochen - wir führen die heute ja nicht zum ersten Mal - immer wieder feststellen, dass Sie auf die Kerncurricula eingegangen sind und diese kritisiert haben. Heute tun Sie das nicht mehr, nachdem wir die geänderten Kerncurricula für Geschichte, Erdkunde und Politik bekommen haben. Ich schließe daraus, dass Sie diesen Kerncurricula zustimmen und sagen: Das Kultusministerium hat bei der Erarbeitung der Kerncurricula die Hausaufgaben gemacht und diese richtig umgesetzt. - Daran, dass Sie das nicht mehr kritisieren, erkenne ich Ihre Zustimmung.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie gehen weiterhin davon aus, dass die Klassen zu groß sind. - Wir haben im Kultusausschuss mehrfach versucht - hier wurde schon darüber gesprochen, wie die Diskussion dort gelaufen ist -, Ihnen zu erklären, wie die realen Klassengrößen aussehen.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Anderthalb Stunden!)

Hier liegen wir nämlich bei knapp über 26, aber unter 27 Schülern. Wir haben es Ihnen einmal erklärt, ohne dass Sie es verstanden haben. Dann haben Sie nachgefragt, und wir haben es Ihnen ein zweites Mal erklärt. Auch die Vertreter des Ministeriums haben versucht, es Ihnen zu erklären.

(Ursula Körtner [CDU]: Die waren hin- terher ganz verzweifelt!)

Ich muss Ihnen sagen: Wir haben Ihnen in dieser Sitzung dreimal versucht zu erklären, wie die Klassengrößen sind. Sie haben daraufhin immer wieder nachgefragt. Unsere Geduld mit Ihrer Ignoranz ist - dies gebe ich offen zu - irgendwann einmal zu Ende. Das ist irgendwann nicht mehr zu ertragen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Zu Recht! - Lothar Koch [CDU]: Sehr gut!)

Ich finde es sehr merkwürdig, dass auch die SPDFraktion in ihrem Antrag plötzlich die Flexibilisierung zwischen 12 und 13 Jahren einfordert. In der ersten Beratung des Antrags der Fraktion der Grünen im April-Plenum, Herr Poppe, haben Sie sich noch sehr kritisch zu der Flexibilisierung zwischen 12 und 13 Jahren an einer Schule geäußert. Jetzt - anscheinend weil Sie einen Mainstream sehen, wo keine Skandalisierung notwendig ist - wollen Sie auf einen Zug aufspringen, der nicht fährt, und daraus politisch Kapital schlagen. Das wird Ihnen nicht gelingen.

Sie haben vielleicht zu Recht erwähnt, dass man sich überlegen muss: Ist es ungerecht, wenn die Schüler einer Integrierten Gesamtschule das Abitur erst nach 13 Jahren bekommen? - Das ist eine Frage, die wir uns tatsächlich stellen müssen. Ganz ehrlich: Wenn von Ihnen der Antrag eingebracht wird, dass auch die Schüler der Integrierten Gesamtschulen die Chance haben sollen, das Abitur nach zwölf Jahren machen zu dürfen, dann werden wir das sehr wohlwollend prüfen. Wir warten auf Ihren Vorschlag, auf Ihren Antrag, Herr Poppe. Vielleicht haben Sie ihn ja schon vorbereitet.

Man muss auch einmal ganz kritisch anmerken, dass hier mehrfach erwähnt worden ist - auch von Frau Reichwaldt -, dass man durchaus einmal darüber nachdenken will, möglicherweise die Qualität abzusenken, d. h. dass man die Leistungsstandards inhaltlich heruntersetzen möchte. Es war übrigens auch ein Bestandteil des Antrags der Fraktion der Grünen, dass man durchaus über den Leistungsstandard nachdenken möchte. Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: Die FDP und sicherlich auch die CDU haben kein Interesse daran, dass niedersächsische Abiturienten ein schlechteres Abitur machen als die Abiturienten in anderen Bundesländern.

(Zustimmung bei der CDU - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Sie machen es ihnen aber schwerer!)

- Wir machen es ihnen nicht schwerer; denn in allen anderen Bundesländern funktioniert es ja auch. Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Warum gibt es denn so viele Demos?)

Wenn alles das, was Sie hier geschildert haben, wirklich so schlimm ist, dann frage ich mich, warum Sie nicht einmal einen innovativen Vorschlag ma

chen und sagen: „Jawohl, das Abitur nach 14 Jahren ist unser eigentliches Ziel“.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Abitur für alle!)