Protocol of the Session on November 10, 2011

Erster Punkt. Ich glaube, es war am 8. März dieses Jahres, als wir den Pflegepakt beantragt und dringend darum gebeten haben, dass in Niedersachsen endlich alle Akteure an einen Tisch kommen.

(Roland Riese [FDP]: Das war auch so ein Manöver! Das war damals be- reits unterwegs!)

Ich finde es auch gut, dass das funktioniert hat. Aber, Frau Ministerin, was dabei herausgekommen ist, kann wirklich nicht mehr als das erste Papier sein. Wenn Sie sagen, jetzt habe man festgestellt, dass Tarifbindung in Niedersachsen umgesetzt werden soll, dann sage ich Ihnen: Das gilt mindestens seit dem Bundessozialgerichtsurteil von 2009. Das ist im Übrigen im SGB XI normiert. Ihre Landesregierung und Ihr Haus haben es bis heute nicht geschafft, die Tarifbindung bei den Pflegesatzverhandlungen abzusichern und durchzusetzen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Zweiter Punkt. Wir haben hier sehr oft darauf hingewiesen, dass Niedersachsen Schlusslicht der

westdeutschen Bundesländer ist, wenn es um die Pflegesätze geht. Dafür sind wir von der Koalition regelmäßig gescholten worden. An der Stelle schreibt der Pflegepakt zum ersten Mal genau das auf, was hier wirklich los ist. Ich lese vor:

„Das rechnerische durchschnittliche Pflegesatzniveau in Niedersachsen liegt im Vergleich der westdeutschen Flächenländer und im Stand des Jahres 2009 am niedrigsten.“

Zum ersten Mal muss diese Landesregierung dokumentieren, dass sie Schlusslicht der westdeutschen Bundesländer ist. Niedersachsen liegt 17 % unter dem Bundesdurchschnitt. Das hat auch etwas damit zu tun, dass immer dann, wenn eine tarifvertragliche Bezahlung oder die Frage der Mindestlöhne im Raum stand, diese Landesregierung dagegen gewesen ist.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Dritter Punkt. Was die Frage der Ausbildung in diesem Land betrifft, finde ich es gut, wenn das Schulgeld erhöht wird und Schulgeldfreiheit etwas näher kommen soll. Aber ich sage Ihnen: Wir werden so lange nicht ausreichend Schülerinnen und Schüler bekommen, wie überhaupt noch ein einziger Auszubildender Geld dafür mitbringen muss, dass er in Niedersachsen den Altenpflegeberuf anstrebt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb sind wir nach wie vor für Schulgeldfreiheit.

Wenn ich dann im Pflegepakt lese, dass man sich deshalb scheut, eine Umlagefinanzierung einzuführen, weil man einen Pflegenotstand nicht nachweisen kann, dann muss ich Ihnen sagen: Hier spricht nur noch die blanke Ideologie. 3 000 Pflegekräfte fehlen allein in Niedersachsen. Aber diese Landesregierung fühlt sich nicht in der Lage, einen Pflegenotstand festzustellen. Wo leben Sie eigentlich?

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Herr Riese, noch eine Anmerkung zu Ihrem Beitrag. Sie haben gerade das wunderbare Ergebnis der Berliner Koalition gelobt: 0,1 % Beitragserhöhung gleich 1 Milliarde Euro. - Da ist Frau Özkan wesentlich realistischer gewesen, als sie gesagt hat, 0,3 % sind das Minimum. Sie wissen es auch besser: Allein das Öffnen der Pflegeversicherung für die Demenzerkrankten, die es gegenwärtig in Deutschland gibt, bedeutet nach Feststellung aller

Wissenschaftler Mehrausgaben für die Pflege von 3,7 Milliarden Euro. Meiner Ansicht nach bedeutet 1 Milliarde Euro eine Verhöhnung dieses Personenkreises. Ich finde das, was in Berlin passiert ist, wirklich skandalös.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Ulf Thiele [CDU]: Herr Schwarz! - Gegen- ruf von Uwe Schwarz [SPD]: Nicht „Herr Schwarz“!)

Die CDU-Fraktion hat noch eine Redezeit von 1:29 Minuten. Frau Kollegin Mundlos, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Ich möchte kurz auf das eingehen, was Herr Schwarz gesagt hat, und ihm mit Matthäus Kapitel 7 Vers 3 antworten: Was siehst du den Splitter im Auge deines Nächsten, aber den Balken in deinem Auge nimmst du nicht wahr! - Herr Schwarz, Sie reden alles nur immer schlecht. Das ist der Stil der Reden, die Sie hier seit Langem halten. Sie müssen doch auch einmal sehen, dass die Landesregierung wirklich gute Arbeit geleistet hat, die Verbände an einen Tisch geholt hat und ein gutes Ergebnis vorweisen kann.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist doch Quatsch! Sie müssen einfach mal der Wahrheit ins Auge sehen, Frau Mund- los!)

Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass es so etwas zu Ihrer Regierungszeit gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu guter Letzt darf ich Ihnen vielleicht auch einen Rat mit auf den Weg geben.

(Johanne Modder [SPD]: Nein, den brauchen wir nicht!)

Wenn man viele Gespräche führt, dann bekommt man eines sehr deutlich mit: Die in der Pflege Tätigen und die, die gepflegt werden, haben diese Art der Reden und diese Hahnenkämpfe - bei den beteiligten Damen könnte man beinahe von Hennenkämpfen reden -

(Johanne Modder [SPD]: Was machen Sie denn?)

langsam satt. Wenn man von Einigkeit spricht, dann sollte man das ehrlich meinen. Die Einigkeit

sollte sich dann auch in den Reden wiederfinden. Das wäre ein Stück Glaubwürdigkeit. Deshalb kann ich nur sagen: Erkennen Sie doch endlich einmal an, dass hier ein gutes Stück des Weges in eine gute Zukunft der Pflege gegangen wurde! Ich kann der Ministerin dafür nur ganz herzlich danken und Anerkennung aussprechen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Nein, wir nicht!)

Zu einer Kurzintervention auf den Beitrag von Kollegin Mundlos hat Frau Kollegin Tiemann von der SPD-Fraktion für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön!

Danke schön, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Mundlos, ich weiß nicht, an wie vielen Pflegekonferenzen in ganz Niedersachsen ich teilgenommen habe. Ich glaube, es waren rund 25 bis 30. Auf jeder dieser Konferenzen haben mir Mitarbeiterinnen, die in der Pflege arbeiten, dasselbe erzählt: Es ist in der Pflege am Ende; es ist einfach nicht gut.

Ich habe eben von Pflegealarm gesprochen. Sie halten bei mir im Wahlkreis jeden Montag von 16.30 Uhr bis 18 Uhr nach ihrem Dienst eine Mahnwache. Das machen diese Frauen nicht aus Jux und Dollerei. Wir alle wissen doch, dass es die meisten prekären Arbeitsverhältnisse in der Pflege gibt. Auf uns rollt eine Lawine von Menschen - in Klammern: weiblich - zu, die im Alter nach einem so ehrenvollen Berufsleben für ihr Auskommen nicht selber aufkommen können. Das ist unzumutbar. Aber hier gibt es eine Beweihräucherung nach der anderen. Das glaubt Ihnen niemand.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Mundlos möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Werte Frau Tiemann, niemand hier im Hause - auch ich nicht - bestreitet, dass wir angesichts der demografischen Entwicklung, gerade im Bereich der Pflege, vor großen Herausforderungen stehen.

(Petra Tiemann [SPD]: Dann müssen wir doch mal etwas tun!)

- Das, was Sie gerade dazwischenrufen, ist genau der Punkt. - Hier wird permanent daran gearbeitet. Das ist ein dynamischer Prozess. Gemeinsam mit den Verbänden wird etwas erarbeitet, was in die Zukunft zeigt.

(Norbert Böhlke [CDU]: Es gibt Ver- besserungen!)

Aber Sie bringen es nicht über sich, diese Leistung auch nur einmal anzuerkennen. Dazu sage ich Ihnen: Sie wollen das auch gar nicht, weil Sie das gar nicht gebrauchen können. Dann hätten Sie nämlich ein Betätigungsfeld weniger. Das ist der Grund, warum Sie das permanent nur schlechtreden.

(Beifall bei der CDU - Petra Tiemann [SPD]: Da brauchen Sie überhaupt keine Angst zu haben! Es gibt noch so viele Löcher bei Ihnen!)

Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat sich von der FDP-Fraktion Herr Kollege Riese noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben eine Minute. Bitte schön!

Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Wenn sich der Kollege Schwarz hier hinstellt und zum wiederholten Male Dinge erzählt, von denen er weiß, dass sie sachlich und rechtlich unrichtig sind, dann ist es nötig, dass man das richtigstellt.

Es ist niemals die Landesregierung gewesen, die die Anerkennung von Tarifen in den Pflegesätzen verhindert hat. Das kann sie gar nicht tun, weil sie - dies wissen Sie - bei den Pflegesätzen überhaupt nicht Verhandlungspartner ist. Im Gegenteil, die Landesregierung hat jetzt im Pflegepakt angekündigt, dass sie ihre moderierende Rolle, die sie allenfalls wahrnehmen kann, wahrnimmt, um den Tarifen dort verstärkt zur Durchsetzung zu verhelfen.

Aber so, wie Sie hier argumentieren, verehrter Kollege Schwarz, reden Sie im Grunde genommen der Vollkostenfinanzierung der Pflege durch öffentliche Kassen - welcher Art auch immer - das Wort. Schon bei der Einführung der Pflegeversicherung ist aus guten Gründen eine Teilkaskoversicherung gestaltet worden. Das bringt es aber mit sich, dass Sie die Forderungen, die Sie aufstellen, einmal mit

den Rechnungsempfängern, mit den kommunalen Spitzenverbänden und nicht zuletzt auch mit den Pflegekassen, diskutieren müssten. Da werden Sie nicht nur auf Begeisterung stoßen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat Herr Humke ebenfalls für eine Minute das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nur feststellen, dass zu diesem Antrag in keiner Weise gesprochen worden ist. Ich möchte einmal daran erinnern, dass es bei dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen, außer der meinen, um einen Sitz für den Landespflegerat im Landespflegeausschuss geht. Sie streiten sich hier über den Pflegepakt etc.

(Beifall bei der LINKEN)