Protocol of the Session on November 10, 2011

Eine Diffamierung des demokratischen Sozialismus, Frau Ross-Luttmann, lassen wir Sozialdemokraten jedoch auch nicht zu.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es gilt der Spruch Rudi Dutschkes: Beim realen Sozialismus der DDR ist alles real, nur nicht der Sozialismus.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU] mel- det sich zu Wort)

- Frau Ross-Luttmann.

(Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP] meldet sich zu Wort)

- Eigentlich war das zu spät. Unser Expräsident Gansäuer hätte den Tagesordnungspunkt schon

geschlossen. - Professor Dr. Zielke, Sie haben jetzt das Wort für die FDP-Fraktion. Frau RossLuttmann kommt dann natürlich auch noch.

(Zuruf von Mechthild Ross-Luttmann [CDU])

- Sie haben sich zu einer Kurzintervention gemeldet? - Herr Dr. Zielke, dann müssen Sie warten; denn Kurzinterventionen kommen zuerst. - Frau Ross-Luttmann, bitte!

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Der Prä- sident ist heute aber gnädig!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Weddige-Degenhard, mir liegt nichts ferner, als den demokratischen Sozialismus zu diffamieren. Die These, die Sie vertreten, ist eine These der Sozialdemokratie. Mir geht es um etwas anderes. Mir ging es darum, dass für Bildungsveranstaltungen allein und ausschließlich auf diesen Part abgestellt werden soll. Ich finde es schon einen merkwürdigen Vorgang, wenn der Landtag dazu missbraucht wird, Bildungsveranstaltungen auf ein einziges Thema zu fokussieren. Demokratie ist wesentlich breiter. Meines Erachtens ist es nicht Aufgabe des Landtages, Bildungsveranstaltungen so einseitig aufzuziehen. Eine Diffamierung liegt mir fern. Wenn Sie es so aufgefasst haben, entschuldige ich mich dafür.

Frau Weddige-Degenhard möchte nicht erwidern. Dann kommen wir jetzt zu Herrn Professor Zielke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Grundsätzlichen weicht der Änderungsantrag von CDU und FDP nicht von der ursprünglichen Version in der Drs. 16/1853 ab. Die Kollegen Hermann Dinkla und Hans-Werner Schwarz haben schon in der ersten Beratung vor knapp zwei Jahren alles Entscheidende gesagt. Ich will deshalb an dieser Stelle auch nicht auf die Nuancen eingehen, in denen der Änderungsantrag von SPD und Grünen von unserem abweicht. Ich schließe mich hierzu den Ausführungen von Frau Kollegin Mechthild Ross-Luttmann an.

Neu hingegen und für mich überraschend ist der Änderungsantrag der Linken. Sprache kann verräterisch sein. Das Weglassen von Fakten kann entlarven und an Geschichtsklitterung grenzen. Eine Formulierung wie - ich zitiere - „Der Opfer der Mauer ist zu gedenken“ ist so schwach und blut

leer, dass offensichtlich wird, was verborgen werden soll,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Frank Oesterhelweg [CDU]: Herr Kol- lege, das ist eine wunderbare Formu- lierung!)

nämlich dass es sich hier nur um ein Minimalzugeständnis an den eigentlich ungeliebten Mainstream der demokratischen Kultur handelt, ein gequältes Lippenbekenntnis.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: So ist es!)

Zur Gründung der DDR heißt es - ich zitiere -:

„Gleichzeitig wurde damit aber auch das starke Bedürfnis nach einer Alternative zur in Westdeutschland wieder errichteten kapitalistischen Ordnung aufgegriffen“.

Verharmlosender kann man nicht ausdrücken, dass das ein Diktat des großen Bruders Sowjetunion war, ein Diktat, das mit Zwang, Knute und Deportation nach Sibirien durchgesetzt wurde.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie bedauern den - ich zitiere - „Verlust der Reisefreiheit für die Bevölkerung eines ganzen Landes“. Das ist so nicht richtig. Es gab durchaus Reisefreiheit in der DDR, nämlich für privilegierte Kreise aus der SED-Herrscherkaste, die sogenannten Reisekader.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Frank Oesterhelweg [CDU] - an die LINKE -: Eure Vorgänger!)

Gesine Lötzsch, Ihre Bundesvorsitzende, war ein solcher Reisekader.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Frau Merkel auch!)

Sie konnte Bananen verzehren, während die einfachen Bürger mit Tauschhandel gegen Versorgungsengpässe ankämpften.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu Ihrer Nr. 3: Wenn man eine Lehre aus dem Mauerbau ziehen kann, dann wohl weniger die, dass „Freiheit, Demokratie und Sozialismus für alle Zukunft untrennbar verbunden“ seien, wie Sie es formulieren. Nein, die Lehre ist die, dass die Unterdrückung von Freiheit und Demokratie durch den Sozialismus des SED-Regimes für alle Zukunft ein Mahnmal bleiben muss.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Frank Oesterhelweg [CDU]: So ist es!)

Wer gestern ferngesehen hat, der konnte sich ein Bild von der systematischen Zerstörung politisch missliebiger Familien im Frauengefängnis Hoheneck machen. Im Gefängnis Hohenschönhausen war die Folterung von Dissidenten systematische Praxis.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Noch ein Wort zur Bodenreform: Es waren nicht nur Großgrundbesitzer und Junker, es waren Hunderttausende von Menschen, die von ihrem Grundeigentum befreit wurden.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Richtig! Das ist die Wahrheit!)

Der Unterschied zwischen uns und Ihnen ist: Sie sind noch immer Sympathisanten des Slogans „Eigentum ist Diebstahl“, während für uns Eigentum ein konstitutives Merkmal jeder freien Gesellschaft ist.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auf den Beitrag von Herrn Professor Zielke hat sich Herr Adler zu einer Kurzintervention gemeldet. Herr Adler, Sie haben anderthalb Minuten. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Professor Zielke, Sie haben den Satz aus unserem Entschließungsantrag „Der Verlust der Reisefreiheit für die Bevölkerung eines ganzen Landes“ zitiert. Das ist das, was wir kritisiert haben. Das ist natürlich eine Vereinfachung. Es gab Ausnahmen, z. B. für Rentner: Die durften reisen.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Ihre alten Parteifreunde!)

Es gab Ausnahmen zu bestimmten familiären Anlässen. Und es gab Ausnahmen für diejenigen, die das politische Regime für besonders zuverlässig hielt. Dazu gehörte auch die damalige Funktionärin der FDJ, Angela Merkel. Die durfte auch in den Westen reisen. Das sollten Sie bei der Gelegenheit einmal bedenken.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch ein Satz zur Bodenreform: Ich will Sie einmal an das erinnern, was die Sozialdemokratische Partei 1934 in ihrem Prager Manifest geschrieben hat. Sie fordert die sofortige entschädigungslose Enteignung des Großgrundbesitzes, die Überführung der Forsten in Reichseigentum und Reichsverwaltung, die Verwendung des Ackerlandes zur Schaffung lebensfähiger Bauernsiedlungen und genossenschaftlicher Betriebe von Landarbeitern mit ausreichender Förderung durch Staatsmittel. - So weit die SPD 1934.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Auch das war Unsinn! - Clemens Große Macke [CDU]: Das war nicht nur schwach, das war unnötig!)

Als Nächster hat sich Herr Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

(Zuruf von der CDU: Er hat die Mauer doch gar nicht richtig erlebt!)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Eingangs direkt zu dem Zwischenruf, ich hätte die Mauer doch gar nicht richtig erlebt. Herr Kollege, das ist nicht richtig. Wenn Sie sich mit den Beratungen zu dem Antrag beschäftigt hätten, dann wüssten Sie das.