Protocol of the Session on July 1, 2008

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist die Intention und der Sinn unseres Schulgesetzes - der Kollege Klare hat das mehrfach er

wähnt -, mehr Vielfalt in der regionalen Schullandschaft zu ermöglichen.

(Detlef Tanke [SPD]: Angebots- und Regelschulen!)

Wir sind in den vergangenen Sitzungen klar darauf eingegangen, dass wir vor und nach der Wahl gesagt haben: Niedersachsen war kein Gesamtschulland, ist kein Gesamtschulland und wird es mit einer CDU/FDP-geführten Landesregierung auch nicht werden, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD: Na end- lich! - Heiner Bartling [SPD]: So wol- len wir das hören!)

Der Kollege Jüttner hat nicht an den Sitzungen des Kultusausschusses und auch nicht an der Anhörung teilgenommen. Wir haben im Kultusausschuss in mehreren Sitzungen pädagogisch darüber diskutiert, warum Vier- bzw. Fünfzügigkeit sinnvoll ist, und das pädagogisch begründet.

(Zuruf von der SPD: Wie denn?)

Ich möchte hier noch eines klarstellen: Frau Heiligenstadt, Sie sind ja nicht immer so ganz zielführend.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Was?)

Sie haben hier mehrere Telefonate erwähnt. Aber Sie haben ganz vergessen zu erwähnen, dass wir als CDU und FDP im Rahmen der Beratung des Schulgesetzes ganz klar gesagt haben, dass wir uns für die Anregungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sehr bedanken und im Auge behalten werden, was der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst übermittelt hat.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Und dann in den Papierkorb schmeißen!)

Wir werden bei Bedarf in Übereinstimmung mit den Verantwortlichen vor Ort auch darauf reagieren, meine Damen und Herren.

(Glocke der Präsidentin)

Das ist der Punkt. Sie haben irgendwo eine Glocke läuten hören, aber wissen nicht ganz genau, wo sie hängt.

(Zurufe von der SPD: Hinter Ihnen!)

Sie haben sich auf irgendwelche Telefonate bezogen.

Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Ja, Frau Präsidentin. - Meine letzte Bemerkung: Wir wissen, dass wir als Politiker im Prinzip alles wissen müssen, aber

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Aber auch vieles vergessen müssen!)

wir diskutieren mit den Verantwortlichen vor Ort, weil wir nicht alles besser wissen. Das gilt für die CDU und die FDP in diesem Hause. Deshalb werden wir dieses Schulgesetz beraten und wir werden - - -

(Die Präsidentin schaltet der Rednerin das Mikrofon aus)

Jetzt haben Sie die Redezeit doch erheblich überschritten.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das war auch nicht so gehaltvoll! - Detlef Tanke [SPD]: Unglaublich, dass man sich so etwas anhören muss! - Gegenruf von Editha Lorberg [CDU]: Jetzt beruhigen Sie sich mal wieder!)

Ich rufe Frau Ministerin Heister-Neumann für die Landesregierung auf. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schulgesetznovelle ist im Landtagsplenum und in den Ausschüssen umfassend beraten und auch heute wieder äußerst leidenschaftlich diskutiert worden. Mit ihr wird die berufliche Grundbildung neu geordnet, werden Gesamtschulen als Ergänzung des gegliederten Schulsystems zugelassen und wird das Einschulungsalter gesenkt. Die verpflichtend eingeführten Berufsgrundbildungsjahre werden aufgehoben. Ab dem 1. August 2009 ist die Anrechnung des Besuchs einer Berufsfachschule auf eine anschließende duale Berufsausbildung nur im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung der am Ausbildungsvertrag beteiligten Vertragsparteien möglich. Es macht Mut und ist ein Zeichen guter Zusammenarbeit, dass in der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf die Unternehmer- und Kammervertreter bereits ihre Unterstützung bei der Neugestaltung zugesichert haben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Mit ihrer Hilfe werden wir nach der Sommerpause die Verordnungsbestimmung so verändern, dass wir gemeinsam die Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Beschulung schaffen. Damit ermöglichen wir die Anrechenbarkeit des Besuchs der Berufsfachschule auf die Ausbildungszeit. Ich bin mir sicher, dass wir damit einen guten Weg für unsere Auszubildenden gefunden haben.

Nebenbei bemerkt, stimmt es nicht, meine Damen und Herren von der SPD, was Sie behaupten, nämlich dass der erweiterte Sekundarabschluss infrage gestellt werde. Denn es wird auch weiterhin möglich sein, den erweiterten Abschluss zu erreichen. Im Gegenteil, Frau Heiligenstadt: Wir haben mit dem Entwurf alles getan, um Schulzeiten zu verkürzen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Im Gegen- teil!)

Das gilt auch für die Höhere Handelsschule, deren Inhalte künftig ebenfalls auf eine Berufsausbildung anrechenbar sein werden.

Wir verlieren auch nicht die Schülerinnen und Schüler aus den Augen, die sich noch verbessern müssen, um dann eine Berufsausbildung erfolgreich absolvieren zu können. Daher werden jetzt unter dem Begriff der Berufseinstiegsschule sowohl das bewährte Berufsvorbereitungsjahr als auch die neue Berufseinstiegsklasse zusammengefasst. Daneben wird es natürlich auch weiterhin Anstrengungen geben, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die allgemeinbildenden Schulen mit einer ausreichenden Ausbildungsreife verlassen, kontinuierlich zu erhöhen. Das geschieht z. B. durch Praxistage in den Schulen oder im Rahmen der verschiedenen sehr erfolgreichen Modellversuche in Neustadt und demnächst auch in Hameln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben vor der Wahl gesagt: Wir werden das strikte Neuerrichtungsverbot für Gesamtschulen lockern. - Dies setzen wir heute um. Meine Damen und Herren, da Sie in Bezug auf die Anmeldungen zur Gesamtschule von „zerplatzten Träumen“ gesprochen haben, kann ich nur sagen: Im letzten Jahr hätten durch Ausnutzung der Höchstzügigkeit an den Gesamtschulen alle Anmeldungen tatsächlich angenommen werden können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der LINKEN: Ja, ja! Achtzü- gig! Das darf doch nicht wahr sein! Wie kann eine Kultusministerin nur so etwas erzählen?)

Meine Damen und Herren, auch die Schulträger sind in diesem Jahr frei, die Höchstzügigkeit auszunutzen. Künftig sind sie auch frei in der Entscheidung, ob sie eine Gesamtschule errichten,

(Lothar Koch [CDU]: Richtig!)

und frei in der Entscheidung, wie groß diese Schule im Rahmen der vorgeschriebenen Mindest- und Höchstzügigkeit sein soll, wenn für alle Kinder der Besuch von Schulen des gegliederten Schulsystems in zumutbarer Entfernung garantiert bleibt. Denn wir stehen zum gegliederten Schulsystem, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der LINKEN: Abgesehen von der Hauptschule!)

Deshalb wird es nichts nutzen, wenn Sie das immer und immer wieder vortragen. Ich würde Ihnen den Rat geben, zu berücksichtigen: Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.

(Zuruf von der LINKEN: Oh! Jetzt sin- gen wir alle gemeinsam die „Fleder- maus“! Das ist also die Qualität, in der wir hier diskutieren!)

Meine Damen und Herren, auch wenn wir an dieser Stelle keine Einigkeit erzielen können, freue ich mich, dass wir an anderer Stelle durchaus eine übereinstimmende Einschätzung haben und gemeinsam das Ziel der Senkung des Einschulungsalters verfolgen.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lies?

Ich würde gerne zu Ende ausführen.

Durch die schrittweise Verlagerung des Einschulungsstichtages vom 30. Juni auf den 30. September erreichen wir, dass unsere Grundschulkinder früher gefordert und gefördert werden, sodass sie im europäischen und globalen Wettbewerb mithalten können. Darüber hinaus setzen wir mit dem sukzessiven Ausbau der flexiblen Eingangsstufe Anreize für die Eltern sogenannter Kannkinder, ihre Kinder früher einzuschulen.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich feststellen: Wenn dieser Gesetzentwurf der CDU/FDP-Koalition verabschiedet wird, wird die Bildungslandschaft in Niedersachsen ein Stück moderner und besser - zum Wohle der Schülerinnen und Schüler in unserem Land.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung Frau Kollegin Korter gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Auf diesen Beitrag hin willst du noch etwas sa- gen? Das muss doch wirklich nicht sein!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, bereits im letzten Jahr hätten durch Ausschöpfung der Zügigkeit der Gesamtschulen alle Schülerinnen und Schüler, die an eine Gesamtschule wollten, einen Platz bekommen können. Nach meiner Liste wurden im letzten Jahr an niedersächsischen Integrierten Gesamtschulen mindestens 2 365 Kinder abgelehnt. Berücksichtigt man auch die Kooperativen Gesamtschulen, waren es fast 2 900 Kinder. Können Sie dem Hause bitte erklären: Welche Gesamtschulen hätten sich wie erweitern müssen, damit genau diese Zahl von Kindern hätte untergebracht werden können? - Das, was Sie sagten, bezweifele ich. Ich kenne nämlich die Zügigkeit der niedersächsischen Gesamtschulen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)