Vielen Dank, Herr Minister. - Zu einer Zusatzfrage hat sich der Kollege Haase gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die zehn Grundsätze im Jahr 1995 mit einem breiten Konsens und unter Beteiligung aller relevanten Verbände zustande gekommen sind, sodass von diesem Zeitpunkt an Deichbaumaßnahmen haben erfolgreich durchgeführt werden können. Ich frage nun die Landesregierung: Wurden
auch die neu abgefassten Grundsätze unter Beteiligung wirklich aller relevanten Verbände neu bestimmt bzw. erarbeitet? Oder stimmt mein Eindruck, dass insbesondere die Umweltverbände par ordre du mufti davon Kenntnis bekamen, ohne Einwirkungsmöglichkeiten auf die Ausgestaltung zu haben?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haase, wir sind uns vielleicht in Folgendem einig: Zehn Grundsätze sind keine zehn Gebote. Grundsätze müssen von Zeit zu Zeit auf ihre Effektivität hin überprüft werden.
Allein an den beiden öffentlichen Anhörungen, in denen wir darüber diskutiert haben, haben die Umweltverbände - -
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Die zehn Gebote werden auch nicht immer ein- gehalten - nicht einmal von den Mit- gliedern der Landesregierung!)
- Zu Ihnen komme ich noch, Herr Jüttner. Sie können dann ja einmal darüber berichten, was Ihr früherer Kollege, der ehemalige Landwirtschaftsminister Funke - ein Kenner der Küstenregion, der dort schon seit Generationen lebt -,
Herr Kollege Haase, wir haben die drei Umweltverbände, die auch damals maßgeblich beteiligt waren, schriftlich aufgefordert, ihre Anregungen vorzubringen und eine Stellungnahme abzugeben.
Herr Minister, ein paar Sachen verstehe ich nicht ganz. Bei der 20-Jahr-Feier des Nationalparks Wattenmeer hat der Deichverbandsvorsitzende Ortgies davon gesprochen, dass die Grundsätze von 1995 in der Region in Sachen Deichbau zur Befriedung beigetragen hätten. Das ist noch nicht sehr lange her, erst ein paar Monate. Ich frage Sie: Wer und was hat Sie getrieben, an diesen Grundsätzen zu arbeiten und neue Grundsätze auf den Weg zu bringen? Denn von den führenden Akteuren sind diese Anstöße nicht gekommen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Janssen-Kucz, es ist richtig, dass Herr Ortgies - soweit ich es gehört habe - die Grundsätze begrüßt hat. Gleichzeitig hat er aber auch immer wieder die Bedingungen betont, unter denen sie in der damaligen Zeit zustande gekommen sind. Die Deichverbände hatten nämlich gar keine Möglichkeit, weitere Deichschutzmaßnahmen durchzuführen. Von daher darf ich aus einem Brief eines sehr bekannten Herrn von der Küste zitieren, der mir am 14. August - kurz bevor die Grundsätze von der Landesregierung beschlossen worden sind - zugegangen ist: Ich begrüße diese Änderungsvorschläge eindeutig. Es ist ja nicht so, wie einige mittlerweile behaupten, dass die zehn Grundsätze für einen effektiveren Küstenschutz aus dem Jahr 1999 von allen daran Beteiligten mit unumstrittener Freude begrüßt wurden. - An diesem Beispiel können Sie sehen, wie die Deichverbände aus der Region Stellung genommen haben. Wenn Sie die Stellungnahmen der Deichverbände betrachten, Frau Kollegin, werden Sie feststellen, dass alle Deichverbände, die Einwohner und
Dass die Deichverbände die Fortentwicklung begrüßen, wundert uns nicht. Aber die Grundsätze sollten ja unter der Prämisse fortentwickelt werden, dass auch die Umweltverbände einbezogen werden. Sie haben es hier jetzt so dargestellt, dass das wunderbar konsensual passiert ist. Daher frage ich die Landesregierung noch einmal: Inwieweit wurden die Umweltverbände in dieses Verfahren einbezogen? Was haben die Ihnen vor allen Dingen ins Stammbuch geschrieben? Es ist ja etwas sonderbar, dass Sie sagen, das sei alles ganz vernünftig passiert, und die entsprechenden Umweltverbände jetzt lauthals Kritik an dieser Fortentwicklung üben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich haben bei dem Verfahren die drei Umweltverbände eine Stellungnahme abgegeben, die wir schriftlich aufgefordert haben. Verständlicherweise waren sie, weil sie diese Grundsätze damals mit entwickelt haben, von der einen oder anderen Sache nicht begeistert bzw. haben es kritisiert. Das ist aber auch ganz verständlich, da sie ja damals diese Grundsätze maßgeblich gegen die Deichverbände durchgesetzt haben und dabei waren.
Wir machen doch nur eines: Wir setzen die Ökologie an die Spitze, aber bringen gleichzeitig die wirtschaftlichen und sozialen Belange in Gleichklang, weil dies notwendig ist. Das ist damals verletzt worden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich meine Frage stelle, Herr Minister, noch eine Anmerkung zu Ihrer vorletzten Antwort. Sie haben uns leider verschwiegen, wer dieser bedeutende Herr war, aus dessen Brief Sie zitiert haben. Ich finde, auch im Landtag sollte es weiterhin üblich sein, die Quelle zu nennen, aus der Sie zitieren.
Nun zu meiner Frage. Herr Minister, Sie haben zu Beginn Ihrer Amtszeit vor dreieinhalb Jahren als verbales Markenzeichen für sich in Anspruch genommen, jetzt werde Umwelt- und Naturschutz mit den Menschen und nicht gegen sie gemacht. Ich frage Sie im Hinblick auf die neuen Grundsätze, die das Kabinett beschlossen hat. Der „historische Kompromiss“ von 1995 ist ja auf der Basis unterschiedlicher Interessen, aber letztendlich konsensual, mit Zustimmung aller Beteiligten, erfolgt. Warum sind Sie jetzt von Ihrem eigenen Konzept „Naturschutz mit den Menschen“ abgewichen? Warum wird jetzt durch Kabinettsbeschluss, sozusagen von oben herab, eine Akzentuierung zugunsten einer Seite der Beteiligten verstärkt?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Professor Lennartz, der Name des Briefschreibers fängt mit „F“ an und hört mit „unke“ auf.
Zu der Frage nach den Grundsätzen und der Umweltpolitik mit den Menschen: Genau an diesem Punkt tue ich das. Die Betroffenen vor Ort werden sehr viel stärker eingebunden, als Sie das getan haben. Sie haben es einseitig aus ideologischen Gründen getan. Die Menschen dort oben, die ihre Heimat, ihre Kulturlandschaft schützen wollen,
hatten gar keine Chance. Sie mussten diese Grundsätze akzeptieren. Sonst hätte dort kein Küstenschutz mehr stattgefunden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Sander, Sie haben gerade zitiert, alle Deichbände und auch die kommunalen Vertreter hätten sich positiv zu der Änderung der Grundsätze für den Küstenschutz geäußert. Mir liegen da ganz andere Nachrichten vor. Die örtliche Presse berichtet auch anders. Ich möchte aus der Nordwest-Zeitung vom 9. September zitieren: Der Landrat des Landkreises Friesland, Herr Ambrosy, befürchtet, „die Auseinandersetzung könnte nun dazu führen, dass alle tragbaren Einzelfalllösungen wie im Wangerland einem politischen Grundsatzstreit zum Opfer fallen. Der Landkreis sieht die Konsenslösung mit den Umweltverbänden und zwischen den Deichbänden durch die neuen Grundsätze, die die Landesregierung getroffen hat, als gefährdet an.“
Ich frage Sie, Herr Minister Sander: Wie will die Landesregierung diesen Befürchtungen in Friesland entgegentreten?
Meine zweite Frage möchte ich gleich anschließen. Sie haben vorhin erläutert, dass Sie nach den zehn Grundsätzen zum Küstenschutz genauso viel Klei binnendeichs wie außendeichs entnommen haben. Das wäre alles schon möglich gewesen. Sie haben hier umfangreich erläutert, was alles schon ging.
Das ist meine zweite Frage. Ich bin bei der Vorbemerkung, Herr Präsident. Ich komme jetzt zur Frage.