Protocol of the Session on September 14, 2006

Auf der anderen Seite sage ich natürlich, Butjadingen ist eine einmalige Kulturlandschaft, die es zu erhalten gilt. Wenn Salzwasser in die Gräben kommt, verändert sich das gesamte Ökosystem; da sind wir uns völlig einig. Aber diese Dinge werden im Planfeststellungsverfahren abgearbeitet. Ich gehe davon aus, dass nach dem Planfeststellungsverfahren eine Lösung dafür da ist, dass wir kein Salzwasser in die Gräben in Butjadingen bekommen. Das ist für den Tourismus unheimlich wichtig; da sind wir uns einig. Aber suggerieren Sie

hier nicht, wir stünden nicht auf der Seite der Menschen, die diese Sorgen haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Ich rufe nun die Landesregierung auf. Herr Minister Hirche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines will ich vorab klar sagen: Landtage oder Bundestage beschließen Gesetze, z. B. zur Objektivierung von Verfahrensabläufen: Wie läuft eine Planung ab? Was hat eine Raumordnung zu tun, was ein Planfeststellungsverfahren? - Diese Gesetze gelten. Das bedeutet nämlich für die Bürger draußen Rechtssicherheit. Da kann nicht eine Gruppierung oder ein Landtag oder eine Landesregierung hergehen und meinen: Diese Gesetze sind beliebig, da passt uns irgendetwas nicht. Wir führen unsere subjektive Meinung gegen die objektiven Prozesse, die beschlossen worden sind, ein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, gestatten eine Zwischenfrage der Abgeordneten Korter?

Eine Bemerkung möchte ich vorher noch machen. - Wir befinden uns im Planfeststellungsverfahren. Mehrere Kollegen haben darauf hingewiesen. Die einzelnen Schritte des Planfeststellungsverfahrens werden ordentlich abgearbeitet. Alle Bedenken und Erwägungen werden mit einbezogen. Deswegen ist alles, was von der Seite kommt, im Moment der Versuch, noch ein paar Stimmungen mitzunehmen. Aber wir haben bereits objektive Verfahren. Es ist ein Grundsatz der Demokratie, dass die Verfahren ordentlich, wie vorgesehen, beschlossen und für alle Seiten rechtssicher ablaufen. Ich verwahre mich dagegen, dass mit Stimmungen von der Seite versucht wird, Unsicherheit zu erzeugen.

Bitte, Frau Korter!

Herr Minister Hirche, was ist daran ungesetzlich, wenn die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Landesregierung auffordert, das erforderliche Einvernehmen zu dieser Flussvertiefung zu verweigern? Die Möglichkeit ist doch im Bundeswasserstraßengesetz eingeräumt und vorgesehen.

Ich habe nicht gesagt, dass es ungesetzlich ist. Ich habe gesagt, die Gesetze reichen aus, um alle Bedenken in diesem Zusammenhang abzuarbeiten. Wir alle sollten dafür eintreten, dass der Respekt vor Gesetzen das Ausschlaggebende in dieser Gesellschaft ist - das ist nämlich auch ein festes Fundament für die Demokratie - und nicht das Erzeugen von Stimmungen. Wohin das führen kann, sehen wir in Ostdeutschland.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was reden Sie denn eigentlich? Das gehört doch gar nicht zum Thema!)

Herr Minister, gestatten Sie auch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Janßen?

Eine letzte gestatte ich noch.

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister Hirche, wenn Sie sich so vehement gegen die Einflussnahme in einem Planfeststellungsverfahren wehren, dann frage ich Sie, wie Sie Ihre auch öffentlich bekundeten Positionen zu den Vertiefungsmaßnahmen an den Flussläufen interpretieren?

Ich kann nur wiederholen, was ich eben schon gesagt habe: Es gibt gesetzliche Vorgaben. Im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben werden Vorschläge abgearbeitet. Es hat vorher einen politischen Entscheidungsprozess gegeben, nämlich bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplanes. Dort sind politische Entscheidungen zur We

servertiefung, zur Anpassung der Außen- und Unterweser usw. getroffen worden - übrigens zu einer Zeit, in der Sie in der Bundesregierung vertreten waren. Das will ich auch einmal festhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dieses dauernde Hin- und Herlavieren verstehen die Leute draußen nicht. Ich will das intensiv bekämpfen. Ich ertrage gerne eine andere Position. Aber im Bund so und dann im Land wieder anders - und dann auch noch zu sagen, man sei fest in seiner Position -, das kann man nicht ertragen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ina Korter [GRÜNE]: Sie wollen nur ablenken!)

An der Weser gibt es im Augenblick knapp 100 000 Arbeitsplätze, die von den Häfen und von der Schifffahrt abhängen. Das ist eine Wertschöpfung von über 9 Milliarden Euro. Deshalb ist die Anpassung von Außen- und Unterweser ein wichtiger Schritt, um die künftige Wettbewerbsfähigkeit sowohl der bremischen wie auch der niedersächsischen Häfen an der Weser zu sichern.

Wir wollen das ja gar nicht gegeneinander aufrechnen - Häfen hier, Tourismus da. Aber Tatsache ist, dass dadurch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die Experten rechnen damit, dass 25 000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen können. Das ist eine wesentliche Chance für die Entwicklung der strukturschwachen Region an der Unterweser. Die dürfen wir uns nicht entgehen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist geradezu - ich wollte eigentlich „abenteuerlich“ sagen - ein Beweis für oberflächliches Herangehen an die Probleme, wenn Sie sagen: Mit der Weservertiefung haben wir einen dritten Tiefwasserhafen. Meine Damen und Herren, wir werden in Niedersachsen auf Dauer nur einen Tiefwasserhafen haben. Schiffe wie die Emma Maersk, die jetzt schon schwimmt, oder andere können in Deutschland nur nach Wilhelmshaven. Sie können weder nach Hamburg noch die Weser hoch. Für die niedersächsische Hafenpolitik gilt der Grundsatz: jedem Schiff seinen Hafen. Deswegen haben auch die anderen Häfen eine Chance, ob das Emden, Nordenham, Brake, Cuxhaven oder StadeBützfleth ist. Ich will die anderen Häfen nicht abschreiben, aber beschränke mich jetzt auf die eben genannten.

Meine Damen und Herren, die Einwendungsfrist beim Planfeststellungsverfahren ist vor wenigen Tagen abgelaufen. Damit ist ein wichtiger Schritt abgeschlossen. Jetzt wird danach von den Grünen noch dieser Antrag eingereicht.

Im Planfeststellungsverfahren werden alle Punkte abgearbeitet. Wem das nicht passt, der hat in Deutschland noch die Möglichkeit, zu Gerichten zu laufen. Die Justizministerin rauft sich vielleicht die Haare, weil so viele Prozesse laufen. Es laufen ganz automatisch noch Verwaltungsgerichtsverfahren ab. In diesem Bereich gibt es in Deutschland eine Überregelung, wenn man so will.

Die 900 Einwendungen beziehen sich im Wesentlichen auf Grundstücksfragen. Sie beziehen sich auch - Herr Kollege Oetjen hat das zum Schluss angesprochen - auf Bereiche wie Vernässung, Versalzung, Deichsicherheit usw. Alles wird abgearbeitet. Insofern ist keine der Fragestellungen, die die Grünen in dem Antrag einbringen, neu. Es ist Aufgabe der Planfeststellungsbehörden, im Planfeststellungsverfahren passende Antworten zu finden.

Insofern komme ich zum Anfang zurück. Meine Damen und Herren, vertrauen Sie den Verfahren. Unterstützen Sie die Verfahren, und sorgen Sie dafür, wenn Sie Einwände haben, dass sie frühzeitig vorgebracht werden. Dann brauchen wir nicht im Landtag Debatten zu Themen zu führen, für die unsere Administration und Experten gut bezahlt werden, und die wir bestimmt haben, um das abzuarbeiten. Mehr Vertrauen wäre hier angebracht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Umweltausschuss, mitberatend der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und, auf Antrag der CDU-Fraktion und der SPDFraktion, der Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ tätig sein. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun vereinbarungsgemäß zusammen auf

Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung: Keine Rundfunkgebühren für internetfähige Computer - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3119

und

Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung: Keine Rundfunkgebühr für internetfähige PCs - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/3141

Eingebracht wird der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von dem Abgeordneten Briese.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist eben gerade ein guter Titel für diesen Tagesordnungspunkt eingefallen. Eine Kollegin sagte zu mir: Wir reden hier heute also nicht über Rundfunkgebühren, sondern wir reden über „Unfunkgebühren“. Meine Damen und Herren, das trifft es etwas.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist eine relativ skurrile Seifenoper, die uns heute präsentiert wird. Man muss sich den Hintergrund, vor dem wir heute debattieren, genau vergegenwärtigen. Hintergrund ist nämlich die Änderung des letzten Rundfunkstaatsvertrages, den dieser Landtag mit relativ großer Mehrheit - nämlich mit den Stimmen der CDU, auch mit den Stimmen der SPD und auch mit den Stimmen der FDP, aber nicht mit den Stimmen der Grünen; das möchte ich betonen - beschlossen hat.

Es gab seinerzeit eine große Debatte in der Bundesrepublik über die Rundfunkgebührenanpassung. Dazu gibt es normalerweise ein sehr gutes Verfahren in der Bundesrepublik. Das muss man wissen. Und zwar macht die sogenannte Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlichen Rundfunks sehr kompetente und vor allem sehr staatsferne Vorschläge für die Rundfunkge

bührenerhöhung. Dieses Gremium ist sehr anerkannt, sehr staatsfern, sehr solide.

(Ulrike Kuhlo [FDP]: Aber Sie wieder- holen nicht die Debatte von 2004?)

Leider, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren sich die Ministerpräsidenten der Länder aber nicht - ich will einmal sagen - zu schade dafür, dieses Gremium sehr stark zu beschädigen, und sind von den damaligen Vorschlägen abgewichen. Es hat eine sehr breite verfassungsrechtliche Debatte darüber gegeben, ob es überhaupt in Ordnung ist, dass dieses staatsferne und sehr kompetente Verfahren durch die Ministerpräsidenten beschädigt wird. Es musste dann auch so kommen, wie es gekommen ist: Die Sender haben sich gegen diese Einmischung verwahrt und Verfassungsklage eingereicht.

Ich habe damals in diesem Landtag schon relativ frühzeitig eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, ob das alles verfassungskonform sei, was da beschlossen worden ist. Der Ministerpräsident dieses Landes hat sehr leutselig gesagt: Ja, das sei alles sehr vernünftig, aber die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik sei zurzeit so angespannt, dass man die Gebühren etwas absenken müsse. Man müsse also von diesem Beschlussvorschlag absehen und die Gebühren sozialverträglicher anpassen. Das war seinerzeit die Begründung. Dann haben wir uns darüber gewundert, dass es nicht allzu lange gedauert hat, bis man die höchste Steuererhöhung in der Geschichte dieses Landes beschlossen hat. Die scheint also etwas sozialverträglicher zu sein. Das ist der Hintergrund dieser Debatte. Wenn man das KEF-Verfahren beibehalten hätte, dann hätten wir diese Probleme nicht.

Es gibt in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag einen weiteren Punkt, der sehr skurril oder bizarr ist. Man wollte nämlich den Bürokratieabbau beschleunigen oder wenigstens wollte man deregulieren, indem man gesagt hat: Die Befreiungstatbestände regeln wir einfacher. - Auch das ist bei diesem Staatsvertrag völlig in die Hose gegangen. Es gibt eine Klagewelle an den Verwaltungsgerichten in Bezug auf die Befreiung von den Rundfunkgebühren. Zeitgleich mit diesem relativ schlechten Staatsvertrag schafft die Niedersächsische Landesregierung - leider, leider - auch noch das Widerspruchsverfahren ab, sodass wir heute eine Situation erleben, dass die Verwaltungsgerichte in Klagen förmlich ertrinken.

Jetzt kommt der dritte wichtige Punkt - über ihn reden wir heute -, nämlich die unsinnige PCGebühr, die hier ja ebenfalls mit großer Mehrheit beschlossen worden ist. Diese PC-Gebühr hat meine Fraktion schon damals infrage gestellt; auch dazu haben wir eine Anfrage gemacht. Der Ministerpräsident dieses Landes hat gesagt: Das ist alles wunderbar; das ist vernünftig geregelt. Wir müssen das jetzt machen. - Umso verwunderter reibt man sich jetzt darüber die Augen, dass der von Ihnen beschlossene Staatsvertrag neuerdings als völlig widersinnig und unsinnig bezeichnet wird. Die CDU hat auf ihrem letzten Parteitag beschlossen, dass eine Änderung her muss, und die medienpolitische Sprecherin der FDP hat gesagt: Es ist widersinnig und unsinnig, was wir beschlossen haben. - Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, das war es auch. Das war widersinnig und unsinnig. Wir müssen also eine Änderung herbeiführen.

Das System der Verkoppelung von Gebührenpflicht und der Empfangsfähigkeit von Rundfunkgeräten ist völlig überholt. Ich glaube, darüber herrscht ein Stück weit Konsens. Das müssen wir unbedingt überdenken. Es macht im Zeitalter der modernen Kommunikationsmittel einfach keinen Sinn mehr, dass wir die Gebührenpflicht an Geräte koppeln. Wir müssen von diesem System wegkommen; wir müssen uns überlegen, wie wir ein neues System schaffen können. Wir könnten vielleicht darüber nachdenken, ob man eine allgemeine Mediengebühr für alle Haushalte einführen könnte. Auf jeden Fall brauchen wir ein neues System, weil das gegenwärtig bestehende System völlig ungerecht ist,

(Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

weil es hochgradig kompliziert ist und es keiner mehr wirklich durchschaut, weil es eine komplizierte Trennung zwischen privatem und gewerblichem Bereich macht und weil es fast nicht mehr möglich ist - auch das finde ich, ehrlich gesagt, ein Unding -, in diesem Land der Rundfunkgebühr zu entgehen. Das Gebührennetz wird immer dichtmaschiger, sowohl für die Gewerblichen als auch für die Privaten, und es ist einfach nicht gerecht. Wenn ich mir heutzutage einen Kühlschrank oder einen Mixer anschaffe, der leider Gottes auch zum Rundfunkempfang fähig ist, dann muss ich auch die Gebühr bezahlen. Wir müssen unbedingt zu neuen Regelungen kommen.

Ich will noch einmal deutlich machen, dass die Grünen auf jeden Fall für einen starken öffentlichrechtlichen Rundfunk stehen. Das will ich hier ganz klar betonen. Ich finde, das ist eine wichtige Aussage in dieser Debatte. Das soll keine prinzipielle Klatsche gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein; vielmehr richtet es sich in erster Linie gegen das Gebühreneinzugsverfahren. Wir haben gemerkt, dass der Rundfunk nicht ein ganz normales Wirtschaftsgut auf dem Gütermarkt ist, das man wie andere Wettbewerbsgüter auch behandeln könnte. Dazu gibt es momentan eine intensive und schwierige Debatte. Die EU-Kommission möchte nämlich ganz gern, dass der Rundfunk wie ein ganz normales Wettbewerbsgut behandelt werden soll. Das, finden wir, ist auf jeden Fall falsch. Wir merken jetzt, dass es auf den Medienmärkten so etwas wie eine Abwärtsspirale hinsichtlich der Qualität gibt. Jedenfalls haben sich die Blütenträume, die man bei der Einführung des Privatfernsehens hatte, nicht erfüllt. Vielmehr gibt es da sehr fragwürdige Angebote. Wir brauchen auf jeden Fall - das ist meine feste Überzeugung und auch die feste Überzeugung meiner Fraktion einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das ist ganz klar die Position meiner Partei und meiner Fraktion.