Protocol of the Session on July 13, 2006

Sie haben gefragt, wo das Land bei der Begleitung von solchen demenziellen Krankheiten aktiv ist. Dazu weise ich darauf in, dass gerontopsychiatrische Beratung und Hilfe bei demenziellen Erkrankungen gefördert werden - von CDU und FDP in einen der letzten Haushalte eingebracht. Das wird im Zusammenhang mit gerontopsychiatrischer Beratung im Pflegebericht angedeutet. Vielleicht haben Sie das ja auch nur übersehen.

Aber eines sage ich Ihnen, was Sie verdrängt haben - ich kann durchaus verstehen, dass Sie das verdrängt haben -:

(Ulla Groskurt [SPD]: Habe ich nicht verdrängt!)

Es war Gerhard Schröder, der auf Bundesebene Ulla Schmidt - SPD - zurückgepfiffen hat, als sie versuchte, in der Pflegeversicherung Demenz bei der Einstufung in die Pflegestufen mit aufzunehmen. Ihre Partei hat also vor einiger Zeit in Berlin ganz deutlich und bewusst verhindert, dass es zu einer anderen Bewertung der demenziellen Erkrankung kommen konnte. Das war Ihre Partei und niemand anderes sonst.

Wir setzen mit der Ausgestaltung der niedrigschwelligen Angebote Akzente und wollen deshalb dieses Projekt ganz klar verbessern, optimieren, entbürokratisieren und flexibilisieren, damit es den Menschen, die Probleme haben, noch besser hilft.

(Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Der zweite Teil des Antrages befasst sich mit dem Thema Pflegezeit. Hierbei will ich dem Sozialverband ausdrücklich danken, der diese Problematik aufgegriffen und eine Regelung für Pflegezeit gefordert hat. Mit solchen Maßnahmen kann man einen Antrag insgesamt abrunden. Aber viele Fragen sind dazu noch zu beantworten. Daran wollen und müssen wir jedoch arbeiten.

Mir ist eines dabei ganz wichtig. Wir sollten festhalten, dass die häusliche Pflege überwiegend von Frauen geleistet wird. Dadurch, dass sie diese Aufgabe wahrnehmen, verzichten viele Frauen auf Rentenansprüche, und anschließend haben sie Schwierigkeiten, in den Beruf zurückzukehren. Wir sollten aber auch an die Frauen denken, die durch die Mehrfachbelastung durch Arbeit, Pflege und

Familie am Ende selber in ihren Kräften beeinträchtigt sind. Auch dieser Umstand steht ganz klar dahinter. Deshalb greifen wir das Thema Pflegezeit auf. Von Ihnen, Frau Groskurt, habe ich dazu so gut wie gar nichts gehört. Das spricht vielleicht auch für sich.

Frau Groskurt, lassen Sie mich noch eines abschließend sagen. Sie haben die Art und Weise bemängelt, wie wir unsere Anträge schreiben. Ich sage Ihnen: Die Art und Weise, wie wir - Fraktion und Landesregierung - miteinander umgehen, ist eine Frage des Stils und der gegenseitigen Wertschätzung. Ihre Selbstgefälligkeit, Frau Groskurt, und auch die von Herrn Schwarz - er ist nach der Beratung des letzten Themas hinausgegangen; die Pflege scheint ihn dann doch nicht so stark zu interessieren -, stinkt zum Himmel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ulla Groskurt [SPD]: Oje, oje, oje, oje! - Weitere Zurufe von der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, manchmal sollte man doch überlegen, ob man so miteinander umgeht. Es hat jeder für sich selbst zu bewerten, ob das in Ordnung ist. Man sollte aber bedenken, dass bei den Sitzungen dieses Parlaments die Öffentlichkeit vertreten ist.

Ich rufe nun die Landesregierung auf. Frau Ministerin Ross-Luttmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussionen heute unterstreichen die besondere Bedeutung der Thematik Pflege für uns und die nachfolgenden Generationen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels kommt der Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen und humanen Versorgung pflegebedürftiger Menschen zu Recht zunehmend Bedeutung zu. Unser Landespflegebericht bietet eine sehr gute Grundlage für weitere Diskussionen.

(Ulla Groskurt [SPD]: Genau!)

Selbstverständlich werden die Bereiche, die der Landespflegebericht zutreffend erwähnt, auch in Niedersachsen weiter ausgebaut. Eine breite Übereinstimmung in diesem Hause herrscht darin, dass an Altersdemenz leidende Menschen in ihrem

häuslichen Umfeld so lange wie möglich versorgt und betreut werden können sollten. Damit sie so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können, benötigen sie wie auch ihre pflegenden Angehörigen ein Netz von abgestuften, bedürfnisorientierten und gemeindenahen Hilfen und Versorgungsangeboten.

(Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Wir brauchen in Zukunft neben professionellen Pflegeleistungen auch niedrigschwellige Hilfen zur Alltagsbewältigung und Betreuung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen verfügt bereits über ein hervorragendes Angebot, das den an Altersdemenz erkrankten Menschen Zugang zu sozialen Kontakten und positiven Begegnungen ermöglicht und gleichzeitig auch der Entlastung pflegender Angehöriger dient.

Wir haben im Land Niedersachsen inzwischen 178 Anträge positiv beschieden. Das zeigt, wie groß das bestehende Netz ist. Es zeigt aber gleichzeitig, wie groß der Bedarf in Niedersachsen ist. Der Bedarf wird sicherlich weiter steigen. Von daher meine ich, es herrscht - das ist das, was ich aus der heutigen Debatte mitnehme - ein breiter Konsens über viele Punkte. Von daher freue ich mich auch auf die Diskussionen im Fachausschuss.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Wir können über die Ausschussüberweisung der Anträge zu den Tagesordnungspunkten 32 und 33 gemeinsam abstimmen, weil in beiden Fällen dieselben Ausschüsse betroffen sind. Federführend soll der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit tätig werden, mitberatend der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, der Ausschuss für Inneres und Sport sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung: Änderung der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/3022

und

Tagesordnungspunkt 35: Erste Beratung: Nicht der Entwicklung hinterherhinken Mitgestaltungsrechte der Bürger fördern und den Petitionsausschuss stärken - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/3024

Eingebracht wird der Antrag der CDU und der FDP-Fraktion durch den Abgeordneten Althusmann. Danach wird der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von der Abgeordneten Helmhold eingebracht. Zunächst haben Sie, Herr Althusmann, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Föderalismus in Deutschland hat die Bundesrepublik stark gemacht. Starke Länderparlamente sind ein Garant für den Erfolg im europäischen und, wenn Sie so wollen, auch im internationalen Wettbewerb. Insofern sind Geschäftsordnungen von Länderparlamenten - und insbesondere die Debatten darüber - auf den ersten Blick zwar lästig.

(Zuruf von Dieter Möhrmann [SPD])

Aber auf den zweiten Blick sind Geschäftsordnungen, werter Kollege Möhrmann, von hoher Bedeutung; denn sie stellen in der Regel einen geordneten und qualitätsvollen Beratungsgang von Gesetzentwürfen und Entschließungsanträgen in unserem niedersächsischen Landesparlament als Parlament der Herzen sicher.

(Zustimmung bei der CDU - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das haben Sie aber noch schnell dazugeschrieben!)

Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP legen dem Landtag heute diesen Antrag, der eine geringfügige Änderung der

Geschäftsordnung vorsieht, vor. Dieser Vorstoß geht auf eine gemeinsame, mit den Oppositionsfraktionen vorgenommene Änderung der Geschäftsordnung am 22. Februar dieses Jahres zurück. Wir haben damals vereinbart, erst die Erfahrung mit den erheblichen Änderungen im Debattenverlauf auszuwerten und dann gegebenenfalls nachzusteuern bzw. zu korrigieren.

Es ist ohne Zweifel ein Fortschritt, dass wir als Fraktionen jetzt selber durch die flexiblere Gestaltung der Redezeiten entscheiden können, bestimmte politische Schwerpunkte zu setzen.

Zur Veränderung mit Blick auf die Fragestunden muss ich - auch wenn diese eher der Opposition dienlich ist - doch anmerken, dass das Problem der Sprachakrobatik, die mancher hier vorne an den Tag legen musste, ein wenig entschärft wurde. Ihnen mag das recht sein. Manchmal wird dieses Instrument zwar nicht ganz so genutzt, wie man sich das wünschen mag. Dennoch ist es, glaube ich, ein geeignetes Instrument.

Für das Präsidium ist alles nicht immer einfacher geworden, aber insgesamt meine ich,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die schaffen das doch!)

das Präsidium schafft das sehr gut. Lob und Anerkennung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Im Zuge dieser Auswertung sind wir jedoch auch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kurzintervention, die wir ebenfalls zu Beginn dieses Jahres eingeführt haben und im Übrigen grundsätzlich für richtig halten - Stichwort „lebendiges Parlament“ -, nicht mehr bei der abschließenden Behandlung von Eingaben zugelassen werden sollte.

Alles andere in dieser geringfügigen Geschäftsordnungsänderung ist lediglich eine Konkretisierung der bereits angewandten Praxis.

Kurzinterventionen sind schon jetzt zugelassen. Nicht zugelassen sind sie bei Anfragen und in der Aktuellen Stunde. Die Ausweitung auf die Eingabenberatung hat sich aus unserer Sicht nicht bewährt, sondern sie ist sogar kontraproduktiv. Warum? Die Debattenkultur im Parlament hat sich so entwickelt, dass insbesondere die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, aber leider auch einzelne Abgeordnete der SPD-Fraktion das Instrument der Kurzintervention bei Eingaben zu einer ganz

grundsätzlichen politischen Auseinandersetzung mit Fragen der Integration, der Asyl-, Härtefalloder Ausländerpolitik genutzt haben.

Meine Damen und Herren, es kann nicht im Sinne des Petenten sein, wenn einzelne Abgeordnete beispielhaft an einem ganz persönlichen Fall, möglicherweise an einem schweren Einzelschicksal - manchmal sind ja auch noch Kinder betroffen -, eine grundsätzliche politische Auseinandersetzung über die Ausländerpolitik oder Integrationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland führen. Das wird den Petenten, den Einzelschicksalen in keinem Fall gerecht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, in der überwiegenden Zahl der Fälle sind die von Ihnen zur Berücksichtigung gestellten Petitionen nahezu durch alle Instanzen durchgeklagt. Dennoch wollten Sie bei einer der letzten Sitzungen unter tatkräftiger Mithilfe von Frau Merk die Kurzintervention immer wieder zum politischen Schlagabtausch nutzen. Das ist nicht hilfreich. Das Petitionsrecht ist ein hohes Gut in unserer Verfassung. Durch eine unsachgemäße Behandlung im Parlament sollte es keinesfalls weiter aufgeweicht werden.

Die Kürze des vorliegenden Antrages sagt aus, dass wir mit den anderen Änderungen der Geschäftsordnung im Wesentlichen zufrieden sind und sie für eine positive Fortentwicklung halten.

Ich gehe davon aus, dass die Oppositionsfraktionen in den nachfolgenden Redebeiträgen darauf hinweisen werden, dass es sich hierbei um eine Einschränkung der Oppositionsrechte handelt. Meine Damen und Herren, zu den Fakten: Trotz Einsetzung einer Enquete-Kommission im Jahre 2000, die bis 2002 unter einer anderen Mehrheit getagt hat, hat es erst mit dem Regierungswechsel 2003 tatsächlich einen Wechsel von der Ankündigung zur Tat gegeben.