Protocol of the Session on July 13, 2006

(Reinhold Coenen [CDU]: Alles!)

Meine zweite Frage lautet: Warum hat die Landesregierung die Zwangsregelung unterstützt, obwohl sie nach den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen eindeutig als Flop angesehen werden kann?

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns doch alle darin einig, dass wir nach Möglichkeit zunächst einmal deutsche Arbeitslose wieder in Arbeit bringen sollten. Das Problem liegt aber doch in Folgendem: Jemand, der 1 600 Euro Arbeitslosengeld II bezogen hat, wird, wenn er zum Spargelstechen geht, rund 180 bis 200 Euro mehr haben. Leute, die nicht wiedergekommen sind, haben auf Nachfrage gesagt: „Warum soll ich für 180 Euro arbeiten?“

Solange die Rahmenbedingungen also so sind, dass man für das Nicht-Arbeiten fast genauso viel bekommt wie für das Arbeiten, werden wir in Sachen Erntehelfer nicht viel bewegen können. An diesen Rahmenbedingungen aber kann die Niedersächsische Landesregierung nicht viel drehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Klein, bitte!

Die Mehrheit von CDU und FDP hat im MärzPlenum einen Antrag verabschiedet, in dem die jetzt kritisierte Eckpunkteregelung gefeiert worden ist. Herr Biestmann sagte wörtlich:

„Diese von der Bundesregierung beschlossene Regelung wird von uns in besonderer Weise begrüßt.“

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass diese Verabschiedung gegen unseren Rat und gegen unsere Stimmen erfolgt ist. Wir haben von vornherein gesagt, diese Eckpunkteregelung funktioniert nicht. Sie haben damals beschlossen:

„Der Landtag bittet die Landesregierung daher, die Bemühungen der Arbeitsverwaltung bei der verstärkten Vermittlung von inländischen Arbeitskräften aktiv zu begleiten.“

Ich frage daher: Wie hat die Landesregierung diese aktive Begleitung konkret gestaltet, und welcher Erfolg wurde damit erzielt?

Der zweite Beschluss lautete:

„Auf Landesebene sollen beispielhafte Maßnahmen gemeinsam mit der Arbeitsverwaltung und den Arbeitgeberverbänden entwickelt und umgesetzt werden.“

Meine zweite Frage: Welche beispielhaften Maßnahmen wurden denn mit welchen Partnern entwickelt, und welchen Erfolg hatte das Ganze?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister!

Herr Kollege Klein, die beschlossenen Maßnahmen haben wir seitens der Landesregierung begleitet. Es haben sehr viele konstruktive Gespräche mit dem Verband der Spargelanbauer und auch mit dem Verband der Obstanbauer stattgefunden.

Der gute Wille der Betriebe, inländische Arbeitslose einzustellen, war ja da. Er ist auch jetzt noch da. Aber leider ist es so, dass von denen, die Adressen von Betrieben bekommen, um sich vorzustellen, sehr viele gar nicht kommen. Wir können eine Vorstellung nicht durch Beschluss erzwingen. Wir können die Betreffenden auch nicht von der Polizei dort vorführen lassen, wenn sie sich nicht melden und sagen „Ich will nicht dorthin“, oder wenn sie sich melden und sagen „Ich habe ein körperliches Leiden und kann dort nicht zur Arbeit antreten“. Es gibt in diesem Zusammenhang also auch Sachverhalte, die wir nicht beurteilen können.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das war aber alles vorher bekannt!)

- Herr Kollege Klein, ich glaube, Sie tun den deutschen Arbeitslosen ein bisschen Unrecht, wenn Sie von vornherein sagen, sie wollten alle nicht arbeiten. Wir stellen uns die Frage: Wie können wir die Bedingungen so gestalten, dass auch wirklich Interesse besteht, solche Arbeiten aufzunehmen?

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn Sie uns jetzt vorwerfen, wir hätten nichts getan, muss ich Ihnen sagen, dass das nicht wahr ist. Wir haben uns auf vielen, vielen Ebenen ein

gebracht. Wenn es sich leider aber so darstellt, wie es auch in der Vergangenheit schon einmal war, nämlich dass die Vorgaben für die Hilfe bei den Erntearbeiten für den Arbeitslosen so schlecht sind, dass er von seiner Arbeit keinen Vorteil hat und daher sagt „Ich bleibe lieber arbeitslos, statt hier zu arbeiten“, können wir daran nichts ändern. Das ist dann ein gesellschaftliches Problem.

Der gute Wille der Niedersächsischen Landesregierung und auch der Betriebe ist aber vorhanden gewesen. Das stelle ich hier noch einmal positiv heraus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landwirtschaftsminister ist manchmal ein bisschen bescheiden. Deswegen füge ich jetzt etwas in Ergänzung hinzu.

Von der Agentur für Arbeit sind Trainingsmaßnahmen für die deutschen Arbeitslosen durchgeführt worden. Das Landwirtschaftsministerium bereitet jetzt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds - ich weiß das deshalb, weil wir dabei koordinierend tätig sind - eigene Trainingsmaßnahmen vor, weil man weiß, dass Schwierigkeiten in der praktischen Arbeit bestehen.

Nach einer Pressemitteilung der Agentur für Arbeit vom 24. Mai dieses Jahres sind zu jenem Zeitpunkt 32 000 ausländische Arbeitskräfte angefordert worden; im Vorjahr waren es 38 500. In diesem Jahr sind es also fast 20 % weniger. Man kann daraus ersehen, dass die Bemühungen, die seitens des Landwirtschaftsministeriums zusammen mit der Agentur für Arbeit unternommen worden sind, doch von Erfolg gekrönt waren.

Ich denke, wir leiten hier einen Prozess ein, der in diesem Jahr erste Erfolge hatte, und meine, dass man davon ausgehen kann, dass dieser Prozess durch die weiteren Maßnahmen, die vorgesehen sind, zu noch besseren Ergebnissen führt. Klar ist auch, dass in der ersten Phase der Einsatz im Wesentlichen bei vor- und nachgelagerten Tätigkeiten erfolgte, nicht aber bei der Ernte selber. Dort

ist es in der Tat so, dass man sich im Wesentlichen auf die polnischen Spargelstecher verlässt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Eine Zusatzfrage stellt der Kollege Oetjen. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal dies an die Adresse der Grünen sagen: Wenn die Situation so ist, dass es 5 Millionen Arbeitslose gibt, ist aus meiner Sicht jedes Mittel recht und billig, die Arbeitslosen in Lohn und Brot zu bringen. Diesen Ansatz haben wir hier gewählt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Wir ha- ben eine Alternative vorgeschlagen! Sie haben sie abgelehnt!)

- Herr Kollege Klein, ich möchte an dieser Stelle auch Folgendes deutlich sagen. Die Untersuchungen decken sich durchaus mit den Erfahrungen, die von Betrieben an mich herangetragen werden. Diese Erfahrungen zeigen, dass wir Probleme im Bereich des Spargelanbaus, der abgeschlossen ist, gehabt haben. Zum Teil gibt es auch Probleme bei der Erdbeerernte, die jetzt dem Ende zugeht. Dies deckt sich im Prinzip mit den Ergebnissen, zu denen auch der Bauernverband gekommen ist.

Vor diesem Hintergrund hätte ich gern von der Landesregierung gewusst, ob ihr bekannt ist, wie die Reaktionen der Bundesagentur für Arbeit auf die Umfrage des Deutschen Bauernverbandes sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister!

Herr Kollege Oetjen, die Bundesagentur für Arbeit wird noch eine eigene Erhebung durchführen - Ende Juli wird sie damit starten -, um auch spezifisch auf die einzelnen Kulturen und auf die einzel

nen Region in Deutschland eingehen zu können. Um letztendlich auch die Auswirkungen darstellen zu können, ist es wichtig, dass wir uns dabei mit einbringen. Dass die Arbeitskräfte nicht erscheinen, ist das eine. Ebenfalls von Belang ist aber die Gefährdung der Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Bereichen. Dort kann ein sehr viel größerer Schaden eintreten als der, der entsteht, wenn ein vermeintlicher Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz erscheint. Es können dann nämlich auch noch andere Arbeitsplätze, die bisher von deutschen Arbeitnehmern besetzt waren, in Gefahr geraten. Die Bundesagentur für Arbeit hat eine Befragung in dieser Richtung geplant, um letztendlich auch diese Auswirkungen errechnen und bewerten zu können.

Vielen Dank, Herr Minister. - Frau Kollegin Schröder, bitte!

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung, ob eigentlich bekannt ist, aus welchen Gründen die Saisonarbeitskräfte die ihnen vermittelte Arbeit zum Teil überhaupt nicht aufgenommen haben. Es ist ja, wenn man in einem Spargelanbaugebiet wohnt, interessant, festzustellen, wie viel Hektar abgepflügt worden sind und wie viel Arbeitskräfte zugeteilt worden sind. Ich möchte von Ihnen gerne wissen, warum viele der Arbeitskräfte überhaupt nicht zur Arbeit angetreten sind.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Bitte schön, Herr Minister!

Frau Kollegin Schröder, es ist eine Vielzahl von Gründen, die hier anzuführen sind. Ich nenne Ihnen einmal einige, die ich mir aufgeschrieben habe: lange Arbeitszeiten, frühe Arbeitsaufnahme am Morgen, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, Arbeit bei jedem Wetter, bereits mit Arbeit an anderer Stelle begonnen, gesundheitliche Probleme, keine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Arbeitsstandorten, zu weite Anfahrt, wenn man keinen Führerschein hat, zu geringer Tariflohn - obwohl oftmals eine zusätzliche Unterstützung

durch die Arbeitsagenturen vor Ort erfolgt - und Anrechnung des Einkommens auf das Arbeitslosengeld II. Es gibt also sehr vielschichtige Gründe für den Nichtantritt der Arbeitslosen zur Arbeit. Man muss, wenn man sich diese verschiedenen Gründe vor Augen führt, auch sagen, dass manchmal auch nach Gründen gesucht wird, um letztlich nicht zur Arbeit antreten zu müssen.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Kollege Hoppenbrock, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anfrage des Kollegen Bäumer umfasst ja zwei Aspekte. Zum einen geht es um die nicht abgeernteten Felder. Ich weiß aus eigener Anschauung aus dem Landkreis Osnabrück, dass dort diverse Spargel- und Erdbeerfelder nicht abgeerntet werden konnten. Als Reaktion darauf werden die Landwirte dort mechanisieren, wo immer es möglich ist. Auf Dauer werden dann noch mehr Arbeitsplätze entfallen, als es bis jetzt schon geschehen ist.

(Zuruf von der SPD: Frage!)